III. Die Prophetie Daniels: Unterschied zwischen den Versionen

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:::::''Anmerkung 24: Gibt es Prophpetie auf weite Zeit hinaus?''
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In den seitherigen Ausführungen wurde ein Doppeltes versucht: einmal die große Zeitwende zu verstehen, innerhalb deren D a n i e l  lebte und wirkte, und von solchem Verständnis aus hinüberzublicken auf die Zeitwende der G e g e n w a r t ; sodann aus Daniels persönlicher Haltung Richtlinien zu gewinnen zum Durchleben der Gegenwart in biblischem Sinne. Daniel hat aber auch p r o p h e t i s c h e  Einblicke bekommen, die bis  zum Ende der Wege Gottes reichen Für seine Zeitgenossen waren sie noch nicht bestimmt, im Unterschied von den anderen Propheten, die Gottes Wort und Weisungen m ü n d l i c h  auszurichten hatten an die Menschen i h r e r  Zeit. Die dem Daniel gewährten Blicke umfassen alle Zeiten bis zur Vollendung des Reiches Gottes. Was er im besondern im voraus zu sehen bekam, das waren die Zeiten, die eine  W e n d e  im Geschehen darstellen, während die Zeiträume  z w i s c h e n  solchen wenden nur mit wenigen Worten angedeutet sind.*<br/><br/>
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'''''Anmerkung 24:'''''
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=====<big>''Gibt es Prophpetie auf weite Zeit hinaus?''</big>=====
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:''* Es ist schon oft gefragt worden, ob eine Prophetie möglich sei, die sich auf lange Zeiten, ja über den ganzen Geschichtslauf hinüber erstrecke; ebenso ob außer den weiten Ausblicken auch eine Vorausdarstellung erst künftiger Geschehnisse bis auf  E i n z e l h e i t e n  hinaus denkbar sei. Namentlich die letztere frage hat auch solchen Schriftforschern Not gemacht, die der Bibel ein ganz großes Zutrauen entgegenbrachten. In dieser Hinsicht ist es namentlich das 11. Kapitel des Danielbuches, an dem geradezu Bibel n o t entstanden ist (vgl. dazu auch Anm. 1). Das genannte Kapitel blickt hinaus auf die makkabäische Notzeit, die das Ergebnis der jahrzehntelangen Kämpfe zwischen Syrien  und Ägypten waren. Die beiden Länder werden in jenem Kapitel - vom Standort des Heiligen Landes aus gesehen - das Nordreich und Südreich genannt. Diese beiden Reiche waren die Ausläufer des durch Alexander den Großen zustande gekommenen griechischen Reichs, welches das dritte darstellt unter den in Nebukadnezars Traum (Dan 2) und im Gesicht Daniels von den vier Raubtieren (Dan 7) genannten Weltreichen. Jene Kämpfe haben, wie aus alten außerbiblischen Nachrichten zu ersehen ist, tatsächlich in der Weise stattgefunden, wie sie i Dan 11 des Danielbuchs vorausgesagt worden sind. Die Not des Gottesvolks unter dem syrischen König Antiochus Epiphanes ist ebenfalls in der  im 11. Kapitel des Buchs vorhergesagten Weise eingetroffen. Jene Zeit hat im [https://www.bibleserver.com/LUT/1.Makkabäer1 1. Makkabäerbuch]  eine sachkundige geschichtliche Darstellung erhalten.''
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:''Was soll dazu gesagt werden? Was nach unserem menschlich begrenzten Denk- und Urteilsvermögen  m ö g l i c h  sei, das muss sehr sorgsam durchdacht werden. Beispielsweise wurde noch vor einem halben Jahrhundert der Gedanke des lenkbaren Luftschiffes für etwas Unmögliches angesehen; an ein Flugzeug, das ohne Ballonhülle die Luft durchqueren könne, dachte man vollends nicht. Und doch ist der letzte große Krieg - menschlich gesprochen - hautsächlich durch Flugzeuge  von gewaltigem Ausmaß und Gewicht entschieden worden. Dementsprechend sind Urteile, wie sie n och vor einem halben Jahrhundert üblich waren, sehr vorsichtig geworden. wollte man nur gelten lassen, was der menschlichen Natur als möglich erscheint, dann müssten wir auch das W u n d e r streichen. Das Wort „unmöglich“ rechnet nicht mit dem lebendigen Gott, und vergisst  zugleich die Grenzen  unseres menschlichen Erkenntnisvermögens. Ob diese Grenze nicht auch überschritten wird, wenn man meint, mit den Mitteln der menschlichen Vernunft eine Prüfung darüber anstellen zu können, bis zu einemGrade, in welchem Ausmaß und auf wie lange hinaus Prophetie möglich sei? Prophetie entspringt ja gerade n i c h t menschlicher Vernunft, sondern ist eine Enthüllung des gegenwärtigen und  zukünftigen Geschehens durch G o t t e s  Geist.''
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:''Wenn man die prophetischen Voraussagen nicht antastet und einschränkt, dann werden freilich  n e u e  Fragen wach: inwiefern noch von menschlicher V e r a n t w o r t u n g  gesprochen werden könne, wenn Menschenhände, allerdings ohne es zu wissen, nur ausführen, was nach Gottes längst gefasstem Plan geschehen soll? Und bleibt noch Raum übrig für Gottes Eingreifen im e i n z e l n e n , wenn der Gang des Geschehens in großen Zügen schon mehr oder minder festgelegt ist? Hat dann ein gläubiges B i t t gebet, das doch mit dem Eingreifen Gottes rechnet, noch einen Sinn?''
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:''Um solche letzten Fragen durchzudenken und zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, dazu reicht unser menschlich beschränktes und zudem noch durch die Gottesferne getrübtes Erkenntnisvermögen nicht aus, selbst wenn es sich an Hand der Schrift schulen lässt. Unser Erkennen bleibt in  unserem irdisch-zeitlichen Stand noch Stückwerk ([[1Kor 13:9]]). Auch Paulus hat mit solchen Fragen gerungen. Sie haben ihn letzten Endes zur Anbetung Gottes veranlasst ([[Röm 9]]-11, besonders [[Röm 11:33]]-36). „Einst werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin“ ([[1Kor 13:12]]). Für jetzt werden solche Fragen still  unter dem Kreuz Christi.’'
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: ''Darum ist ein Blick auf die Passionsgeschichte des Herrn besser als alle noch so tiefgründigen Erwägungen. Seine Passion war im  g a n z e n  Alten Testament bis in ihre Einzelheiten hinein im voraus dargestellt, und zwar nicht nur im prophetischen Wort des Alten Testaments, ,sondern auch in dessen G e  s c h i c h t e n. Nur waren  die vielen E i n z e l züge der Passion im Alten Testament noch nicht zu einem prophetischen G e s a m t bild zusammengefasst. Israels Führer haben trotz c ihrer bis in das einzelnen gehenden Bibelkenntnis nicht geahnt, dass sie mit ihrem Handeln das prophetische Wort zur E r f ü l l u n g  brachten. Als sie Jesus am Kreuz erhöhten, wussten und bedachten sie nicht, dass ihre höhnenden Zurufe im [[Ps 22]] im voraus schon fast wortwörtlich aufgezeichnet waren. Hat das ihre Schuld aufgehoben? Schuldig waren sie d o c h, obwohl sie das Wort der Schrift verwirklichten. Und trotz der V o r a u s verkündigung der Passion Christi war sein Kreuzesleiden doch seine b e w u s s t e  Tat. Und innerhalb der Passionsgeschichte konnte sich trotz aller Vorausverkündigung der m e n s c h l i c h e n und s a t a n i s c h e n Übeltaten das v ä t e r l i c h e  Wirken Gottes am Sohn und an den Jünger wunderbar auswirken. „Die göttliche Torheit ist weiser, denn die Menschen“ ([[1Kor 1:25]]).’'
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:''Daniel selber hat vieles von dem, was er sehen durfte und m u s s t e, noch nicht verstanden und hat, weil er doch nichts Unverstandenes aufzeichnen wollte, mehrmals erst um Aufschluss bitten müssen. Vieles ist ihm aus den verhüllenden Zeichen heraus in die  Wirklichkeit des Geschehens übersetzt worden. Aber nicht alles. Er hat diese Blicke auch nicht mit einem satten Gemütszustand aufgenommen, sondern mehrmals unter einer solchen Beunruhigung und Erschütterung, dass er darüber zusammenbrach und erst wieder durch Boten aus der unsichtbaren Welt aufgerichtet werden musste, ehe er zum Empfang weiterer Weissagung fähig war. Und dies, obwohl ihm das Zeugnis  zuteil wurde, er sei Gott lieb und wert.''
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:''Übrigens isst der letztgenannte Charakterzug Daniels auch ein Hinweis auf unsere Zeit. Gewiss: es ist eine Erquickung und Befreiung, zu ahnen und wahrzunehmen, dass auch die Gegenwart und was noch kommen mag, von Gott längst vorbedacht ist. Aber es wäre gut, wenn mit der Wahrnehmung, dass wir etwas vom Schritt G o t t e s durch die Weltgeschichte sehen, auch eine innere E r s c h ü t t e r u n g verbunden wäre.''
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:''Der vorstehende Gedankenganz möge noch ergänzt werden durch einen Ausblick in die Ewigkeit. Wir werden alle einmal vor Gottes Angesicht und vor Christi Thron stehen. Wenn es so weit ist, werden wir den Verlauf unseres Lebens während unserer Erdenzeit in einer Weise übersehen, wie es uns jetzt, solange wir noch leben, noch nicht möglich ist. Gewiss werden wir auch jetzt schon in  unserem Leben nicht nur eine Aneinandereihung von e i n z e l n e n  Geschehnissen und Handlungen erblicken, sondern etwas ahnen von einem inneren Z u s a m m e n h a n g.  So ist vor einer Anzahl von Jahren eine Lebensbeschreibung erschienen mit dem Titel: “Die Fußspuren Gottes in meinem Leben“. Diese Überschrift besagt viel. Aber einst werden wir in ungleich stärkerem Maß wahrnehmen, dass nicht wir selber es gewesen sind, die unser Leben nach eigenen Gedanken und Plänen gestaltet haben, sondern dass sich durch unser Leben ein roter Faden durchzieht, an dem Gottes Gedanken und Pläne und Ziele mit uns aufgereiht sind. Dann werden wir mit Beschämung wahrnehmen, wie wir den von Gott geplanten Grundriss unseres Lebens und Wirkens oft gestört haben, so dass Gottes Regierung wieder neu mit uns anfangen musste, um doch so noch zu Stand und Wesen zu bringen, was er sich mit uns vorgenommen hatte. „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und Mühe mit deinen Missetaten“ ([[Jes 43:24]]). W i e unser e i g e n e s Wollen  und Wirken mit G o t t e s Gedanken und Wegen in unserem Leben sich zusammenreimt, das können wir jetzt noch nicht ü b e r s c h a u e n. Aber es ist gut, wenn wir es einmal a h n e n; und wenn es uns zu einem anliegen wird, endgültig auf Gotte Bahnen e i n z u g e h e n. Unser ganzes Anliegen wird, endgültig auf Gotte Bahnen e i n z u g e h e n. Unser eigenes wollen und Wirken wird durch Gottes Planen und Eingreifen in unser Leben nicht ausgeschlossen und ebensowenig unsere Schuld, wenn wir hinter dem Plan Gottes mit uns zurückbleiben und seine Wege kreuzen. An dieser Stelle haben wir wieder einen der wundersamen biblischen Z u s a m m e n blicke vor uns, die n e b e n einander und i n einander sehen, was wir mit dem Mitteln unseres menschlichen Verstandes nicht zusammenreimen können. Deswegen heißt es einmal ([[Phil 2:12]].13): gerade deswegen, w e i l Gott es ist, der uns zum Wollen befähigt und zum Wollen das Vollbringen  hinzufügt, d e s w e g e n lasst uns unser Heil wirken mit Furcht und Zittern!''<br/><br/>
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===<big>'''1. Die Einordnung der prophetischen Blicke Daniels'''</big>===
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Daniels Weissagung ist aus seinem Lebenslauf herausgewachsen.
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'''''Anmerkung 25:'''''
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=====<big>Geschichtliche Fragen zum Danielbuch</big>=====
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::'''1. Die Einordnung der prophetischen Blicke Daniels'''
 
:::::''Anmerkung 25: Geschichtliche Fragen zum Danielbuch''
 
 
:::::''Anmerkung 26: Die prophetische Perspektive''
 
:::::''Anmerkung 26: Die prophetische Perspektive''
 
:::::::::''Der Unterschied zwischen Einblicken von Weltmenschen und Propheten''
 
:::::::::''Der Unterschied zwischen Einblicken von Weltmenschen und Propheten''

Version vom 12. Dezember 2020, 05:54 Uhr

Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

Siehe weitere interessante Bücher unter: Abschriften

Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Wende zur Zeit Daniels
II. Das Vorbildliche an der Haltung Daniels

In Bearbeitung

III. Die Prophetie Daniels

In den seitherigen Ausführungen wurde ein Doppeltes versucht: einmal die große Zeitwende zu verstehen, innerhalb deren D a n i e l lebte und wirkte, und von solchem Verständnis aus hinüberzublicken auf die Zeitwende der G e g e n w a r t ; sodann aus Daniels persönlicher Haltung Richtlinien zu gewinnen zum Durchleben der Gegenwart in biblischem Sinne. Daniel hat aber auch p r o p h e t i s c h e Einblicke bekommen, die bis zum Ende der Wege Gottes reichen Für seine Zeitgenossen waren sie noch nicht bestimmt, im Unterschied von den anderen Propheten, die Gottes Wort und Weisungen m ü n d l i c h auszurichten hatten an die Menschen i h r e r Zeit. Die dem Daniel gewährten Blicke umfassen alle Zeiten bis zur Vollendung des Reiches Gottes. Was er im besondern im voraus zu sehen bekam, das waren die Zeiten, die eine W e n d e im Geschehen darstellen, während die Zeiträume z w i s c h e n solchen wenden nur mit wenigen Worten angedeutet sind.*

Anmerkung 24:

Gibt es Prophpetie auf weite Zeit hinaus?
* Es ist schon oft gefragt worden, ob eine Prophetie möglich sei, die sich auf lange Zeiten, ja über den ganzen Geschichtslauf hinüber erstrecke; ebenso ob außer den weiten Ausblicken auch eine Vorausdarstellung erst künftiger Geschehnisse bis auf E i n z e l h e i t e n hinaus denkbar sei. Namentlich die letztere frage hat auch solchen Schriftforschern Not gemacht, die der Bibel ein ganz großes Zutrauen entgegenbrachten. In dieser Hinsicht ist es namentlich das 11. Kapitel des Danielbuches, an dem geradezu Bibel n o t entstanden ist (vgl. dazu auch Anm. 1). Das genannte Kapitel blickt hinaus auf die makkabäische Notzeit, die das Ergebnis der jahrzehntelangen Kämpfe zwischen Syrien und Ägypten waren. Die beiden Länder werden in jenem Kapitel - vom Standort des Heiligen Landes aus gesehen - das Nordreich und Südreich genannt. Diese beiden Reiche waren die Ausläufer des durch Alexander den Großen zustande gekommenen griechischen Reichs, welches das dritte darstellt unter den in Nebukadnezars Traum (Dan 2) und im Gesicht Daniels von den vier Raubtieren (Dan 7) genannten Weltreichen. Jene Kämpfe haben, wie aus alten außerbiblischen Nachrichten zu ersehen ist, tatsächlich in der Weise stattgefunden, wie sie i Dan 11 des Danielbuchs vorausgesagt worden sind. Die Not des Gottesvolks unter dem syrischen König Antiochus Epiphanes ist ebenfalls in der im 11. Kapitel des Buchs vorhergesagten Weise eingetroffen. Jene Zeit hat im 1. Makkabäerbuch eine sachkundige geschichtliche Darstellung erhalten.
Was soll dazu gesagt werden? Was nach unserem menschlich begrenzten Denk- und Urteilsvermögen m ö g l i c h sei, das muss sehr sorgsam durchdacht werden. Beispielsweise wurde noch vor einem halben Jahrhundert der Gedanke des lenkbaren Luftschiffes für etwas Unmögliches angesehen; an ein Flugzeug, das ohne Ballonhülle die Luft durchqueren könne, dachte man vollends nicht. Und doch ist der letzte große Krieg - menschlich gesprochen - hautsächlich durch Flugzeuge von gewaltigem Ausmaß und Gewicht entschieden worden. Dementsprechend sind Urteile, wie sie n och vor einem halben Jahrhundert üblich waren, sehr vorsichtig geworden. wollte man nur gelten lassen, was der menschlichen Natur als möglich erscheint, dann müssten wir auch das W u n d e r streichen. Das Wort „unmöglich“ rechnet nicht mit dem lebendigen Gott, und vergisst zugleich die Grenzen unseres menschlichen Erkenntnisvermögens. Ob diese Grenze nicht auch überschritten wird, wenn man meint, mit den Mitteln der menschlichen Vernunft eine Prüfung darüber anstellen zu können, bis zu einemGrade, in welchem Ausmaß und auf wie lange hinaus Prophetie möglich sei? Prophetie entspringt ja gerade n i c h t menschlicher Vernunft, sondern ist eine Enthüllung des gegenwärtigen und zukünftigen Geschehens durch G o t t e s Geist.
Wenn man die prophetischen Voraussagen nicht antastet und einschränkt, dann werden freilich n e u e Fragen wach: inwiefern noch von menschlicher V e r a n t w o r t u n g gesprochen werden könne, wenn Menschenhände, allerdings ohne es zu wissen, nur ausführen, was nach Gottes längst gefasstem Plan geschehen soll? Und bleibt noch Raum übrig für Gottes Eingreifen im e i n z e l n e n , wenn der Gang des Geschehens in großen Zügen schon mehr oder minder festgelegt ist? Hat dann ein gläubiges B i t t gebet, das doch mit dem Eingreifen Gottes rechnet, noch einen Sinn?
Um solche letzten Fragen durchzudenken und zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, dazu reicht unser menschlich beschränktes und zudem noch durch die Gottesferne getrübtes Erkenntnisvermögen nicht aus, selbst wenn es sich an Hand der Schrift schulen lässt. Unser Erkennen bleibt in unserem irdisch-zeitlichen Stand noch Stückwerk (1Kor 13:9). Auch Paulus hat mit solchen Fragen gerungen. Sie haben ihn letzten Endes zur Anbetung Gottes veranlasst (Röm 9-11, besonders Röm 11:33-36). „Einst werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin“ (1Kor 13:12). Für jetzt werden solche Fragen still unter dem Kreuz Christi.’'
Darum ist ein Blick auf die Passionsgeschichte des Herrn besser als alle noch so tiefgründigen Erwägungen. Seine Passion war im g a n z e n Alten Testament bis in ihre Einzelheiten hinein im voraus dargestellt, und zwar nicht nur im prophetischen Wort des Alten Testaments, ,sondern auch in dessen G e s c h i c h t e n. Nur waren die vielen E i n z e l züge der Passion im Alten Testament noch nicht zu einem prophetischen G e s a m t bild zusammengefasst. Israels Führer haben trotz c ihrer bis in das einzelnen gehenden Bibelkenntnis nicht geahnt, dass sie mit ihrem Handeln das prophetische Wort zur E r f ü l l u n g brachten. Als sie Jesus am Kreuz erhöhten, wussten und bedachten sie nicht, dass ihre höhnenden Zurufe im Ps 22 im voraus schon fast wortwörtlich aufgezeichnet waren. Hat das ihre Schuld aufgehoben? Schuldig waren sie d o c h, obwohl sie das Wort der Schrift verwirklichten. Und trotz der V o r a u s verkündigung der Passion Christi war sein Kreuzesleiden doch seine b e w u s s t e Tat. Und innerhalb der Passionsgeschichte konnte sich trotz aller Vorausverkündigung der m e n s c h l i c h e n und s a t a n i s c h e n Übeltaten das v ä t e r l i c h e Wirken Gottes am Sohn und an den Jünger wunderbar auswirken. „Die göttliche Torheit ist weiser, denn die Menschen“ (1Kor 1:25).’'
Daniel selber hat vieles von dem, was er sehen durfte und m u s s t e, noch nicht verstanden und hat, weil er doch nichts Unverstandenes aufzeichnen wollte, mehrmals erst um Aufschluss bitten müssen. Vieles ist ihm aus den verhüllenden Zeichen heraus in die Wirklichkeit des Geschehens übersetzt worden. Aber nicht alles. Er hat diese Blicke auch nicht mit einem satten Gemütszustand aufgenommen, sondern mehrmals unter einer solchen Beunruhigung und Erschütterung, dass er darüber zusammenbrach und erst wieder durch Boten aus der unsichtbaren Welt aufgerichtet werden musste, ehe er zum Empfang weiterer Weissagung fähig war. Und dies, obwohl ihm das Zeugnis zuteil wurde, er sei Gott lieb und wert.
Übrigens isst der letztgenannte Charakterzug Daniels auch ein Hinweis auf unsere Zeit. Gewiss: es ist eine Erquickung und Befreiung, zu ahnen und wahrzunehmen, dass auch die Gegenwart und was noch kommen mag, von Gott längst vorbedacht ist. Aber es wäre gut, wenn mit der Wahrnehmung, dass wir etwas vom Schritt G o t t e s durch die Weltgeschichte sehen, auch eine innere E r s c h ü t t e r u n g verbunden wäre.
Der vorstehende Gedankenganz möge noch ergänzt werden durch einen Ausblick in die Ewigkeit. Wir werden alle einmal vor Gottes Angesicht und vor Christi Thron stehen. Wenn es so weit ist, werden wir den Verlauf unseres Lebens während unserer Erdenzeit in einer Weise übersehen, wie es uns jetzt, solange wir noch leben, noch nicht möglich ist. Gewiss werden wir auch jetzt schon in unserem Leben nicht nur eine Aneinandereihung von e i n z e l n e n Geschehnissen und Handlungen erblicken, sondern etwas ahnen von einem inneren Z u s a m m e n h a n g. So ist vor einer Anzahl von Jahren eine Lebensbeschreibung erschienen mit dem Titel: “Die Fußspuren Gottes in meinem Leben“. Diese Überschrift besagt viel. Aber einst werden wir in ungleich stärkerem Maß wahrnehmen, dass nicht wir selber es gewesen sind, die unser Leben nach eigenen Gedanken und Plänen gestaltet haben, sondern dass sich durch unser Leben ein roter Faden durchzieht, an dem Gottes Gedanken und Pläne und Ziele mit uns aufgereiht sind. Dann werden wir mit Beschämung wahrnehmen, wie wir den von Gott geplanten Grundriss unseres Lebens und Wirkens oft gestört haben, so dass Gottes Regierung wieder neu mit uns anfangen musste, um doch so noch zu Stand und Wesen zu bringen, was er sich mit uns vorgenommen hatte. „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und Mühe mit deinen Missetaten“ (Jes 43:24). W i e unser e i g e n e s Wollen und Wirken mit G o t t e s Gedanken und Wegen in unserem Leben sich zusammenreimt, das können wir jetzt noch nicht ü b e r s c h a u e n. Aber es ist gut, wenn wir es einmal a h n e n; und wenn es uns zu einem anliegen wird, endgültig auf Gotte Bahnen e i n z u g e h e n. Unser ganzes Anliegen wird, endgültig auf Gotte Bahnen e i n z u g e h e n. Unser eigenes wollen und Wirken wird durch Gottes Planen und Eingreifen in unser Leben nicht ausgeschlossen und ebensowenig unsere Schuld, wenn wir hinter dem Plan Gottes mit uns zurückbleiben und seine Wege kreuzen. An dieser Stelle haben wir wieder einen der wundersamen biblischen Z u s a m m e n blicke vor uns, die n e b e n einander und i n einander sehen, was wir mit dem Mitteln unseres menschlichen Verstandes nicht zusammenreimen können. Deswegen heißt es einmal (Phil 2:12.13): gerade deswegen, w e i l Gott es ist, der uns zum Wollen befähigt und zum Wollen das Vollbringen hinzufügt, d e s w e g e n lasst uns unser Heil wirken mit Furcht und Zittern!

1. Die Einordnung der prophetischen Blicke Daniels

Daniels Weissagung ist aus seinem Lebenslauf herausgewachsen.



Anmerkung 25:

Geschichtliche Fragen zum Danielbuch



Anmerkung 26: Die prophetische Perspektive
Der Unterschied zwischen Einblicken von Weltmenschen und Propheten
Anmerkung 27: Prophetische Geschichtsdarstellung
2. Daniels Wort zu den v o r christlichen Zeitwenden
Warum Babel fiel
Anmerkung 28: Woran die Völker fallen
Warum das Perserreich längeren Bestand hatte
Anmerkung 29: Das Ergehen der Völker durch ihre Beziehung zu Israel
Anmerkung 30: Raum und Geschichte der japhetitischen Völkergruppe
Anmerkung 31: Welt r e i c h e und Welt h e r r s c h e r
Die Wanderung des K a i s e r t i t e l s
Die e u r o p ä i s c h e G e s c h i c h t e der letzten zwei Jahrtausende
Die S p r a c h zusammenhänge
Das Besondere des g r i e c h i s c h e n Reichs
Anmerkung 32: Das Judentum im griechisch-römischen Kulturkreis
Israels Sammlung
Antiochus Epiphanes
Anmerkung 33: Der Werdegang des Antichrists
Das Danielbuch und die Offenbarung
Beiträge zum Werdegang des Antichrists
Tiere und T i e r k ö p f e
Das Warten der Völker’’
Das Warten der Gemeinde
Die Vorläufer des Antichrists
Das „Geheimnis der Bosheit“
Gibt es einen p e r s ö n l i c h e n Werdegang des Antichrists?
3. Daniels Wort zur c h r i s t l i c h e n Zeitwende’'’
Die Veranlassung dazu
Anmerkung 34: Die Frage der Jünger Apostelgeschichte 1
Anmerkung 35: Tipps zum Forschen im prophetischen Wort
Korrektur der Erwartung Daniel
Anmerkung 36: Geschichtliche Leerläufe
Die Jahrwochen
Anmerkung 37: Die Textschwierigkeit Dan 9 und ihre Lösung
Die e r s t e Heilswoche Israels zur Zeit Jesu
4. Daniel Wort zur l e t z t e n Stunden (innerhalb Anm. 37)
Wiederholung der Heilswoche Israels bei Abschluss
Die große Trübsal
Anmerkung 38: Unterschied zwischen Trübsalen und der g r o ß e n Trübsal
Die Auswahl
Anmerkung 39: Geschichtliches dazu
5. Ausblicke Daniels auf das Reich Gottes auf E r d e n
Anmerkung 40: Was heißt „H i m m e l“ reich?
Anmerkung 41: Der „Menschensohn“
Anmerkung 42: Gemeinde Jesu, Kirchen und Reich Gottes
Israels Herrscherstellung im Zeichen des D i e n s t e s
Anmerkung 43: Das Gericht und der Richter
6. Blicke Daniels in die n e u e Zeit
Anmerkung 44: Der letzte Ausblick des P a u l u s
Anmerkung 45: Der Blick a u f wärts und v o r wärts
Vorläufiges Schlusswort
Der Dienst der Prophetie
Die Gegenwart als Zeitenwende