Die große Hure

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Version vom 14. März 2020, 16:05 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Das Bild in Dan 2)

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Abschrift des Buches: Die Apokalypse oder der Tag des Herrn
Verfasser: Verfasser: E. W. Bullinger (1902)

In Bearbeitung

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: Das sechste Gesicht "auf Erden 1. Teil " - Offb 16

Das sechste Gesicht "auf Erden" - 2. Teil

Offb 17

Die große Hure

Dies ist der zweite der drei großen Teile des sechsten Gesichts "auf Erden" Wir haben sie folgendermaßen dargestellt:

Offb 16: Die großen Gerichte
Offb 17: Die große Hure
Offb 18: Die große Stadt

Den ersten Teil haben wir soeben beendet und schreiten nun weiter zu dem zweiten in Offb 17, der vielleicht mehr als irgend ein anderer Teil der Apokalypse die verschiedenen Schulen der Ausleger weit voneinander trennt. Er enthält einen der hervorragendsten Gegenstände, von denen die Offenbarung handelt. In der Tat, dieses und das 18. Kapitel, das zu derselben Vision (der 6. "auf Erden) gehört, enthalten die wichtigste Weissagung des Buches. Von den verbreiteten Auslegungen ist keine einzige weder folgerichtig noch befriedigend genug. Die älteren Ausleger sind nicht einig darüber, ob unter der "großen Babylon" die Stadt Rom oder die Kirche Roms gemeint sei,das heidnische Rom oder das päpstliche. Wenn das jedoch alles sein soll, was diese heilig ernsten Kapitel zu bedeuten haben, so mögen wir wohl Dr. Seiss beistimmen, wenn er schreibt: Können wir keinen festeren Grund finden als den, auf welchem sich die Rom-Theorie aufbaut, so müssen wir den ganzen Gegenstand ins Gebiet des Zweifels und der Ungewissheit verweisen und diese furchtbaren Weissagungen als nichts sagend ansehen."

Wir werden aber unseren Zweck am besten erreichen, wenn wir uns an den Text des Wortes selbst halten, das Ziel aus dem Gedankenaufbau erlernend und der wörtlichen Übersetzung folgend.

Keine der verbreiteten Theorien umfass das ganze Ziel. Jede greift nur einen oder zwei Punkte heraus und behandelt diese unabhängig vom Übrigen. Anderes aber, das ebenso wesentlich ist, wird kurz abgetan oder garnicht beachtet. Eine befriedigende Auslegung muss indessen alles umfassen, was geschrieben ist, und jeden einzelnen Teil als unentbehrlich betrachten, nicht aber als lästig oder unbequem.

Das Kapitel zerfällt in zwei Teile. 1. Das Gesicht und 2. die Auslegung.

W - Y - Offb 17:1-6 = Das Gesicht
Z - Offb 17:7-18 = Die Auslegung

Erweitern wir zunächst W, das Gesicht = Offb 17:1-6, so finden wir dass es sich folgendermaßen aufbaut:

Versprechen:

Y (oben) - Offb 17:1-6 = Das Gesicht.
C - f - Offb 17:1 = Ort: "Komm!"
g - Offb 17:1 = Die große Hure
h - Offb 17:1 = Ihr Sitz
i - Offb 17:2 = Ihre Mitschuldigen

Erfüllung:

C - f - Offb 17:3 = Ort: Die Wüste
g - Offb 17:3 = Das Weib
h - Offb 17:3 = Ihr Sitz
i - Offb 17:4-6 = Sie selbst.

Offb 17:1.2
1. Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten.... Welcher der sieben es war, wird nicht gesagt, wahrscheinlich aber der letzte, da nach dem Ausgießen seiner Schale des großen Babylon gedacht wurde vor Gott.

....und redete zu mir und sprach: "Komm, ich will dir zeigen das Urteil der goßen Hure, die an vielen Wassern sitzt;
2. mit welcher die Könige der Erde gehurt haben; und die da wohnen auf Erden sind trunken worden von dem Wein ihrer Hurerei"
Wir haben schon bemerkt, dass die Symbole, welche in dem Buch gebraucht sind, gewöhnlich vom Heiligen Geist erklärt werden. Ist das nicht der Fall, so müssen wir natürlich unsere beste Urteilskraft anwenden und andere Schriftstellen zum Vergleich heranziehen, damit wir, soweit es uns möglich ist, die Bedeutung des Symbols verstehen. Wenn uns aber gesagt wird, was das Symbol bedeutet, so ist uns aus allem Zweifel und aller Ungewissheit geholfen. Wir können nicht irregehen, wenn wir an der vom Heiligen Geist gegebenen Auslegung festhalten. Wir dürfen seine Auslegung nicht abermals auslegen, noch seine Erklärung weiter erklären. Täten wir das, so behandelten wir die göttliche Auslegung, als wäre sie wieder ein Symbol. Das also dürfen wir nicht, sondern sollen Gottes Wort annehmen und glauben und daran festhalten. In diesem Kapitel hat es dem Heiligen Geist gefallen, uns seine eigene Auslegung des Gesichts zu geben. Wir haben gesehen, wie dies in dem Gedankenaufbau betont wird, der absichtlich in die beiden Teile zerfällt.

Y - (Vers 1-6): Das Gesicht und
Z - (Vers 7-18): die Auslegung.

Die beiden Teile zerfallen wieder in Unterabteilungen. Jeder wird eigeleitet durch ein Versprechen (C = Vers 1, 2 und D, E = Vers 7), worauf die Erfüllung des Versprechens folgt (C, Vers 3-6 und E, D = Vers 8-18). Siehe den Gedankenaufbau von Y, S (S. 369 im Original) und Z (siehe unten).

Auf diese Weise hat der Heilige Geist unsere Aufmerksamkeit auf seine Auslegung gelenkt und uns auf deren Wichtigkeit hingewiesen. Folgen wir seiner Weisung, so wird alles leicht und klar sein.

Wir geben hier sogleich den Gedankenaufbau der Auslegung (Vers 8-18) und behandeln die beiden Teile als ein Ganzes, damit der eine den anderen erläutere und uns beide zu größerem Gewinn gereichen.

Auslegung des Gesichts

Z (s. o.) Offb 17:7-18

Versprechen:

Z - D - Offb 17:7 = Das Weib
E - Offb 17:7 = Das Tier

Erfüllung:

E - Offb 17:8-17 = Das Tier
D - Offb 17:18 = Das Weib

Das Glied E (Offb 17:8-17) wird später noch zu erweitern sein, wenn wir ihm unsere besondere Beachtung zuwenden.

Es gibt nun einen wohl bekannten, in der Algebra oft mit großem Erfolg angewandten Grundsatz: da nämlich, wo ein Ding, ein anderes darstellt, setzt man dieses eine in den Ausdrücken an die Stelle des anderen.

Wir können hier, wo wir mit dem Gesicht und der von Gott gegebenen Auslegung zu tun haben, denselben Grundsatz befolgen und das Gesicht mit den Worten der Auslegung umschreiben, d.h. anstatt nur zu setzen, was Johannes sah, wollen wir sogleich die Deutung geben und uns so das Ganze klarer vor Augen stellen.

Damit wir sogleich deutlich unterscheiden können, was symbolische Weissagung und was göttliche Auslegung ist, sollen zwei verschiedene Arten von Buchstaben gebraucht werden. Wir setzen also für die Auslegung, welche im letzten Teil des Kapitels gegeben ist, anstelle der zu Anfang des Kapitels gebrauchten Symbole.

Offb 17:1 - Komm, ich will dir zeigen das Urteil der großen Stadt, die das Reich über die Könige auf Erden hat (Offb 17:18) und über Völker und Scharen und Nationen und Sprachen (Offb 17:15), mit welcher Abgötterei getrieben haben*) die Könige auf Erden, und die da wohnen auf Erden haben teilgenommen an ihrem Götzendienst."

*) Hurerei wird allenthalben in der Bibel zur Bezeichnung der Sünde des Götzendienstes gebraucht, nicht nur, weil es Untreue ist gegen Gott, ihn den treuen Gott zu verlassen, um falschen Göttern anzuhangen, sondern auch, weil die Hurerei einen wesentlichen Teil alles heidnischen Götzendienstes bildete. Siehe 3Mo 20:5.; 4Mo 25:2; 2Chr 21:11; Jes 1;21; Jes 23:17; Jer 2:20; Jer 3:1.6.8; Hes 16:15-17.28.29.31.35.41; Hes 20:30; Hes 23:5.9.43.44; Hos 2:7; Hos 3:3; Hos 4:5.10.13-15; Mi 1:7.

Diese Worte kennzeichnen selbstverständlich den Götzendienst des heidnischen Roms, passen aber nicht auf das Rom der Päpste, auf welchen Götzendienst die Auslegung des Kapitels allgemein Bezug nimmt. Da aber alle heidnischen Völker dem Götzendienst ergeben waren, so kann deswegen allein diese Stadt noch nicht mit dem heidnischem Rom identifiziert werden, denn das es eine Stadt ist, sagt der Geist (Offb 17:18).

Sieben Häupter und zehn Hörner

Offb 17:3
Und er (der Engel) brachte mich durch den Geist.... wie Offb 1:10 welche Stelle hierdurch beleuchtet wird. En pneumati bedeutet: durch den Geist oder durch geistige Macht wie Offb 1:10; Offb 4:2; Offb 21:10; Apg 8:26.29.36

in die Wüste. Und ich sah ein Weib... d.h. die große Stadt (Offb 17:18) sitzen auf einem scharlachroten Tier... d. h. gehalten von dem Wesen das in Offb 17:8-11 beschrieben wird; voll Namen der Lästerung, und hatte sieben Häupter und zehn Hörner.
Wir müssen nun diesen Vers ebenso behandeln wie Offb 17:1.2 und die Vision in den Worten der Auslegung wiedergeben.

Offb 17:3: Und ich sah die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden (Offb 17:18), gehalten von dem Tier, voll Namen der Lästerung, welches ist gewesen und ist nicht, und wird wiederkommen aus dem Abgrund, und wird fahren in die Verdammnis (Offb 17:8), das ist der achte König, und ist von den sieben (Offb 17:11) und hatte sieben Könige (Offb 17:10=, welche halten die große Stadt die das Reich hat über die Könige auf Erden (Offb 17:9.18), und die zehn Könige, die zu gleicher Zeit leben, die das Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie eine Zeit Macht empfangen mit dem Tier (Offb 17:12), das der achte König ist (Offb 17:11), das gewesen ist, und ist nicht, und wird wieder kommen (Offb 17:18).

Geht nun hieraus nicht klar hervor, dass wir nicht mit aufeinander folgenden Weltmächten zu tun haben, sondern mit Individuen, die zu gleicher Zeit und in übermenschlicher Gestalt auftreten.

Es ist für uns von größter Wichtigkeit, dieser bedeutsamen Tatsache unsere Beachtung zu schenken, da dieselbe wesentlich ist für das Verständnis der ganzen Vision und der von Gott gegebenen Auslegung.

Unser Sache ist es nicht, die Vision zu deuten. Das ist schon für uns geschehen. Was wir zu tun haben, ist dies: wir müssen zunächst glauben, was Gott sagt, und es dann versuchen, es zu verstehen.

In Dan 2 sehen wir die Weltmächte in sterblicher Gestalt und darum in ihrer Aufeinanderfolge als rivalisierende Mächte. In Offb 13 und Offb 17 treten sie in übermenschlichem Zustand auf und bilden dort eine einzige und ungeheure Macht, welche unumschränkte Weltherrschaft besitzt. In Dan 7:26 wird diese Macht als ein Ganzes gerichtet und vollständig vertilgt. Diese Stelle zeigt die übermenschliche Form, ebenso wie hier Offb 13 und Offb 17.

Das Tier empfängt die tödliche Wunde als sterbliches Wesen, ehe es in den Abgrund niederfährt. Es steigt auf mit den anderen Häuptern und den zehn Hörnern. Sie kommen gemeinsam und werden zusammen als übernatürliche Wesen geschaut. Wird Offb 12 mit Offb 13 und Offb 17 verglichen, so erkennt man, dass von zwei großen Heeren von Verbündeten die Rede ist: dem himmlischen Heer und dem irdischen, die nicht miteinander identisch sind.

Das eine ist die verbündete Streitschar des Drachen, bestehend aus sieben himmlischen Mächten mit ihren zehn Heeren: ein Bund der bösen Engel, an deren Spitze Satan steht.

Das andere Bündnis haben Sterbliche gebildet, welche zum Abgrund niedergestiegen sind und als ein Bundesheer von übernatürlichen Wesen zur Erde emporkommen (Offb 13 u. 17).

Engel bilden das unter Satans Führung stehende Heer des Himmels. Menschen in übernatürlicher Gestalt gehören zu dem vom Tier befehligten Bundesheer auf Erden. Die beiden Heere von Verbündeten sind deutlich voneinander unterschieden.

Was uns nun in Offb 17:4 von dem Tier gesagt wird, bezieht sich auf sein Verhältnis zu Babylon.

Offb 17:4
Und das Weib (d.h. die große Stadt = Offb 17:18) war bekleidet mit Purpur (Ri 8:26; Est 1:6) und Scharlach, und vergoldet mit Gold und edlen Steinen und Perlen, und hatte einen goldenen Becher (Jer 51:) in der Hand, voll Gräuel und Unsauberkeit ihrer Hurerei.

Wieder müssen wir die Vision dieses Verses in den Worten der Auslegung darstellen:

Und die große Stadt, die das Reich über die Könige auf Erden hat (Offb 17:18), war geschmückt mit Purpur und Scharlach, mit Gold und edlen Steinen und Perlen, und hatte ein verführerisches System des Götzendienstes voll Gräuel und Unsauberkeit ihrer götzendienerischen Gebräuche.

Die Stadt wird geschildert als mit allem Luxus ausgestattet, der mit ihrem Götzendienst verbunden ist. Das Wort "Gräuel" bezeichnet ein Götzenbild (s. 2Kön 23:13; Jes 44:19), und im Plural gebraucht, bedeutet es: Götzendienst (s. 5Mo 18:9; 5Mo 29:17; 5Mo 32:16; 1Kön 14:24; 2Kön 16:3; 2Kön 21:2; 2Kön 23:24; Hes 8:6.9.13.15.17; Hes 11:18; Hes 14:6; Hes 16:2; Hes 20:7.8). Ohne Zweifel wurden Götzenbilder und Götzendienst wegen der damit verbundenen Unreinheit so genannt. Kann noch ein Zweifel darüber bestehen, dass sich das Wort hier Offb 17:4.5 auf dieselbe götzendienerische Unsauberkeit bezieht?

Babylon, die große

Offb 17:5
.... und an ihrer Stirn geschrieben, einen Namen, ein Geheimnis: "Babylon die Große", die Mutter der Hurerei und der Gräuel der Erde.
Auf des Weibes Stirn sind die Worte als Geheimzeichen oder Symbol geschrieben. Nicht das Weib, oder überhaupt irgend ein Weib, sollte dadurch gekennzeichnet werden. Da aber erst im allerletzten Vers die Erklärung gegeben wird, so war die Bedeutung des Namens ein Geheimnis, bis es dort offenbart wurde, dass "die große Stadt" gemeint sein (Offb 17:18), nicht aber ein Weib oder irgendein menschliches Wesen.

Das Wort, griech. Mysterion, bezeichnet ein Geheimnis. Es kommt in der Septuaginta (280 v.Chr.) nur neun mal vor, in dem Traum Nebukadnezars, von dem "verborgenen Ding, das ihm entfallen war" (Dan 2:18.19.27.28.29.30.47 [2 mal] und Dan 4:6). Siehe auch den Gebrauch des Wortes in den apokryphen Büchern, wo es denselben Sinn hat.*). Die griechischen Kirchenväter gebrauchten indessen das Wort von jedem geheimen Zeichen in Wort und Tat. So sprachen sie von der Opferung Isaaks als einem mysterion, d.h. einem Zeichen oder Vorbild für das geheime Vorhaben Gottes in Bezug auf seinen Sohn Jesus Christus. Sie gebrauchten das Wort ohne Unterschied mit den Wörtern "typos" = Vorbild, "symbolon" = Sinnbild und "parabole" = Gleichnis.

*) Sirach 22:27: "Hast du gegen deinen Freund den Mund aufgetan, so sei ohne Sorge, denn man kann alles versöhnen, ausgenommen die Schmach, Verachtung, Offenbarung und Heimlichkeit und böse Tücke. Solche Stücke verjagen den Freund."
Sirach 27:17: "Wer Heimlichkeit offenbart, der verliert den Glauben und wird nimmermehr einen treuen Freund kriegen."
Sirach 27:18.19: " Halte deinen Freund wert, und halte ihm Glauben. Wo du aber seine Heimlichkeit offenbarst, so wirst du ihn nicht wieder kriegen."
2Makkabäer 13:21: "Es war aber einer unter den Juden, Nodokus, der verriet den Feinden alle Heimlichkeiten."
Weisheit 2:22: "Das sie (die Gottlosen) Gottes heimliches Gericht' nicht erkennen.'
Weisheit 14:23: "sie erwürgten ihre Kinder ... oder pflegen Gottesdienst, der nicht zu sagen ist."
Tobias 12:3.11: "Der Könige und Fürsten Rat und Heimlichkeit soll man verschweigen; aber Gottes Werke soll man preisen und offenbaren."
Judith 2:2: "Und er (Nebukadnezar) forderte alle seine Räte, Fürsten und Hauptleute und ratschlagte heimlich mit ihnen", wörtlich: sagte ihnen das Geheimnis seines Willens, d.h. den Plan des Feldzugs, zu welchem sie ausrücken wollten. Der Ausdruck hier ist beachtenswert: "to mysterion tes boulos" In Eph 1:9 finden wir einen ähnlichen Ausdruck: "to mysterion tou tholulematos," das Geheimnis seines Willens. Die Bezeichnung für "Wille" ist in den zwei Fällen verschieden. Bei Nebukadnezar ist der Wille gemeint, der aus seinem Entschluss hervorgeht. Bei Gott (Eph 1:9) der Wille, welcher aus der Lust entspringt, das geheime Vorhaben, den geheimen Plan auszuführen.

In Offb 17:5 muss das Wort Mysterium also die spätere Bedeutung, welche es angenommen hatte, besitzen. Wir geben in einer Anmerkung eine Beispiele dafür*). Es könnten noch andere Belege angeführt werden, doch werden diese genügen, um uns zu zeigen, dass das Wort Mysterium zu jener Zeit im Sprachgebraucht dasselbe bedeutete wie Symbol. Es wäre vielleicht durch "Geheimzeichen" am besten wiederzugeben, und diesen Sprachgebraucht hatte das Wort, als dem Johannes die Offenbarung gegeben wurde. Darum müssen wir es der Apokalypse in diesem Sinne auffassen.

*) Justus Martyr (114-165 n.Chr.) sagt, dass die Schlange in allen falschen Religionen als ein großes Symbol und Mysterium dargestellt wurde (Apg 1:27)
Bezugnehmend auf das Passahlamm: Das Mysterium des Lammes war also ein Typus auf Christus.
Über Jes 7:14: "Siehe, eine Jungfrau wird schwanger und wird einen Sohn gebären". Da sich diese Stelle auf das Haus David bezieht, hat Jesaja erklärt, wie die Verheißung, die Gott dem David in einem Mysterium gegeben hat, sich wirklich erfüllen würde. Vielleicht, fügt er hinzu, wisst ihr, meine Freunde, nicht, dass es viele dunkle Worte, "epikekalymenos", gab, so wie solche "en parbolais" in Gleichnissen, "mysteriois" zu geheimen Zeichen oder "en symbolois, in Symbolen, welche ausgelegt wurden von Propheten, die später lebten als die Menschen, welche solche Worte und Zeichen sprachen und taten. (Trypho, v. 68)

In Offb 1:20 sind die sieben Sterne ein geheimes Zeichen für das, was sie bedeuten (ebenso Eph 5:32).

Das Geheimnis der Bosheit

So ist es auch hier, Offb 17:5.6; der Name des Weibes ist ein Geheimzeichen und hat ein viel tiefere Bedeutung als er an und für sich ausdrücken könnte. Es war nicht der Name eines Weibes, sondern "der großen Stadt", Babylons Name. Jedoch er bezeichnet nicht nur die wirkliche Stadt als solche, sondern auch das ganze System des Götzendienstes, das mit ihr in Verbindung stand. Darum folgt die Erklärung des Geheimzeichens: "...die Mutter der Hurerei und der Gräuel der Erde." Nicht nur Roms oder Babylons (als einer Stadt), sondern "der Erde" d.h. die Mutter oder Quelle aller Systeme des Götzendienstes, welche seither die Erde überflutet haben, und zu denen auch der Romanismus gehört.

Dies ist das "Geheimnis der Bosheit", von dem 2Thes 2:7 redet. Babylon war die Quelle alles Götzendienstes.

Wir haben hier zweierlei: 1. das Wirkliche, nämlich die "große Stadt", welche die Uneingeweihten sehen werden, und 2. das Weib, das "geheime Zeichen" dessen, was die Stadt bedeutet.

Das Bild des Weibes, wie es geschildert wird, mag als der herabgelassene Vorhang betrachtet werden. Die Eingeweihten werden hinter den Vorhang treten dürfen und die "Tiefen Satans" kennenlernen; hinter den Kulissen werden sie in Satans großem Theater lernen, worin seine Religion besteht, wenn sie den Drachen anbeten.

Die Nichteingeweihten werden nur den Vorhang sehen: die herrliche Stadt. Vergleiche Spr 9:13-18, wo beides gezeigt wird. so dass die Stelle hier wohl recht angewendet werden mag.

Der Götzendienst war nicht eine Sünde, in welche die Völker allmählich versanken, sondern es war die aus satanischer Klugheit hervorgegangene Erfindung und Aufrichtung eines mächtigen Systems, wodurch Satan die Menschen zu seinen Anbetern machen wollte.

Nimrod musste dieses großartige System Satans auf Erden gründen (1Mo 10:10). Sollte nicht vor der Sintflut die Stadt Kains unter den Menschen demselben Zweck gedient haben wie später Babylon (1Mo 4:17)? Jede wäre dann als Mittelpunkt eines götzendienerischen Systems anzusehen. Die Worte: "Kain ging fort von dem Angesicht des Herrn" sind höchst bezeichnend. Ebenso der Name von Kains Stadt. Er nannte sie "Hanoch", d.h. "eingeweiht". (Von der Wurzel chanak = einweihen, weihen). Die Verdorbenheit der Menschheit, von welcher in 1Mo 6 die Rede ist, muss zu abnormen Formen geführt haben, wodurch die halbmenschlichen oder übermenschlichen Wesen zu erklären wären, welche die Nephilim, Rephaim und Enakim der Schrift wurden, die Titanen der Griechen. Dadurch wäre auch die Anbetung vom Istar, Isis und Asthoreth zu erklären und aller Gräuel der geistlichen Hurerei.

So sehen wir, wie die von Nimrod gegründete "große Stadt" Babylon die Quelle allen Götzendienstes war.

Von Rom kann das nicht behauptet werden. Das heidnische Rom war nur einer der Giftströme aus jener verdorbenen Quelle. Das päpstliche Rom ist auch nur ein einzelner Strom. Ein Teil kann aber unmöglich das Ganze sein. Einer der vielen Ströme kann nicht den Urquell aller Ströme bilden. Gab es keinen Götzendienst vor dem heidnischen Rom? Woher kam denn die Anbetung des Moloch und Remphan und Chiium in der Wüste (Apg 7:43; Am 5.25.26) und die Anbetung von Asthoreth, der Gräuel (d.h. der Götze) derer von Sidon, und Milkom, der Gräuel der Amoniter, welche durch Salomo eingeführt wurden (1Kön 11:5; 2Kön 23:13)? War Rom deren Mutter? Die Schilderung hier, in der Offenbarung geht zu dem Ursprung alles heidnischen Götzendienstes zurück. Roms Stellung in der Geschichte macht dies zu einer absoluten Unmöglichkeit. Es wäre gerade so falsch als wollte man sagen, die zionistische Bewegung unserer Tage wäre die Quelle und Mutter der jüdischen Nation!

Ebenso wenig kann es das Babylon aus der Zeit Nebukadnezar sein, und zwar aus demselben Grund. Es liegt nicht weit genug zurück. Wir müssen noch mehr zurückgehen, bis 1Mo 10:8-10 und 1Mo 11:9. Da finden wir es im Land Sinear. Unter Nimrod begann das Werk im Geist des Antichrists; sein Streben ging dahin, eine Stadt zu bauen und seinem Volk einen Namen zu machen, damit es nicht zerstreut werde, Babylon wurde im Widerstand gegen Gott gegründet. Nimrod war ein "gewaltiger Herr auf Erden" (1Mo 10:8). Er nannte seine Stadt Bab-El (von Babah = Pforte, und El = Gottes im Gegensatz zu Beth-El, Haus Gottes), was den Keilinschriften zufoge bedeutet: Pforte Gottes; er überhob sich über Gott selber, wie einst auch der Antichrist, sein Abbild, tun wird (2Thes 2:4).

Andere leiten das Wort von Belus ab, dem Namen des Hauptgötzen der Babylonier, der auch Bel geschrieben wird. Ist dies die richtige Ableitung, so bedeutet Babel: für Bel, dem Bel.

Ursprung des Götzendienstes

In jedem Fall werden wir zur Quelle zurückgeführt, zum Ursprung des Götzendienstes. Nimrod wird ein mächtiger Jäger (von "tsud" = auf der Lauter liegen) genannt. Das Targum Jonathan (ein alter jüdischer Kommentar) legt das Wort aus: ein mächtiger Empörer vor dem Herrn. Das Targum Jeruschalami gibt der Stelle die Bedeutung: mächtig inSünde, auf der Lauer liegend, um die Menschen zu fangen und zu überwältigen, sie fortlockend von der Anbetung des wahren Gottes, wie sie Sem lehrte, zu Anbetung hin, welche Nimrod lehrte. Darum wurde sein Name sprichwörtlich für jeden großen Empörer oder Abtrünnigen (Lies 1Mo 10:9).

Ebenso unmöglich ist es, die Worte als von Rom geltend auszulegen und zu sagen, Rom wäre dieses Weib, welches trunken machte mit dem Wein ihrer Hurerei die das wohnen auf Erden, d.h. die ganze Erde an ihrem götzendienerischen Kult teilnehmen ließ. Weder vom heidnischen, noch vom päpstlichen Rom kann das behauptet werden. Beide tranken aus dem Kelch des Weibes, aber es ist eine vollständige Verdrehung der Geschichte, zu sagen, das eine oder das andere sei der Lehrer alle Völker gewesen, und es ist den gesunden Menschenverstand ein Schlag ins Gesicht. Roms Götzendienst auf ein Geschlecht anzuwenden, das mehr als 3000 Jahre, bevor man an Rom überhaupt dachte, auf Erden wohnte. Wie Dr. Seiß es ausdrückt, war dieser Wein schon vor der ersten Zerstreuung "in Flaschen abgefüllt und mit Etiketten versehen" (1Mo 11).

Durch die Zerstreuung wurde er in alle Länder und Völker unter dem Himmel getragen. Es ist eine Tatsache, dass er sich heutzutage bei allen Völkern der Erde findet, ihr Denken, ihre Politik, ihren Glauben und ihren Gottesdienst beeinflusst, wenn nicht sogar beherrscht. Nicht weniger als zwei Drittel der Erde sind zu dieser Stunde Heiden, von demselben alten Rausch umfangen, der von Nimrod und Babylon ausging, während die große Mehrzahl des letzten Drittels entweder mohammedanisch, katholisch, jüdisch oder ungläubig ist, oder auch einem verdorbenen und antichristlichen Glauben anhängt. Es gibt auf der ganzen Erde zur Stunde kein Reich und keine Regierung, wo nicht von dem Geist Nimrods mehr verkörpert wäre, als von dem Geist und den Geboten Gottes.

Die babylonische Hure

Alle Könige der Erde und alle Regierungen unter dem Himmel haben mehr oder weniger an der Unsauberkeit der alten babylonischen Hure teilgenommen, die jeden Flecken und Winkel der ganzen bewohnten Erde vergiftet hat, obwohl ihr Gott von Anfang an das Siegel seines Zorns aufgedrückt hat. Die jüdische Hurerei, die päpstliche Hurerei, die mohammedanische Hurerei und die Hurerei aller falschen christlichen Frömmler hat zwar nicht gänzlich das Bekenntnis zu einem wahren Gott aufgegeben, ist aber doch im Prinzip dieselbe alte Hurerei, die zuerst ihre Stätte und Verkörperung an den Ufern des Euphrat fand. Dasselbe alte Babylon herrscht noch mit seinen Hurentöchtern über die Reiche der Erde und macht trunken, die da wohnen auf Erden mit dem Wein seiner Hurerei". (Dr Seiß: "Vorträge über die Apokalypse", Band III, Seite 121 ff.)

Es ist in der Tat zu verwundern, dass man in der Identifikation dieses Weibes fehlgehen konnte. Denn der Heilige Geist zeigt uns zunächst ihren Namen auf ihrer Stirn. Dann sagt er uns in Offb 17:18 so klar, wie es Worte nur ausdrücken können: Das Weib, das du gesehen hast, ist die große Stadt, die das Reich (Dez 2003: "Reich" nach dem Urtext besser mit "Königsherrschaft" wiederzugeben) über die Könige der Erde hat. Und Offb 16:19, wie auch Offb 17:5 zeigen, dass die Stadt identisch ist mit Babylon. Gott sagt, es ist eine "Stadt". Er sagt nicht ein System oder eine Religion, sondern eine "Stadt".

Wenn nun das Gesicht ein "Weib" ist und Gott uns sagt, das Weib bedeute "die große Stadt", sind wir dann berechtigt, dieses wieder für ein Symbol zu halten und zu sagen, es sei nicht die Stadt, die er nennt, sondern eine andere?

Bei einem solchen Verfahren gäbe es keine Grenze. Wir könnten weitergehen und sagen; Rom bedeute London und London wieder irgend einen anderen Ort. Warum sich nicht begnügen mit der Erklärung, die Gott selber gegeben hat? Wollen wir statt dessen die Verantwortung auf uns laden zu sagen, es sei etwas ganz anderes gemeint? Wir behaupten nicht, es gäbe keine Symbole; aber Gott lässt uns nicht im Zweifel darüber, was er sagt und was er meint. Das ist zu beachten. Wir dürfen aber seine eigene Auslegung eines Symbols nicht so behandeln, als wäre sie wieder ein Symbol, welches wir auszulegen hätten.

Nicht als ob wir die furchtbaren Gräuel des Romanismus auch nur im Geringsten verkleinern möchten. Keiner kann sie mehr als wir verabscheuen. Wir sehen darin einen der schmutzigsten alle Ströme, die von Babylon ausgegangen sind; aber wir möchten so enge Grenzen wegräumen, wenn wir mit Gottes Enthüllung über das Ende seiner großen Streitsache mit Juden und Heiden, mit Erde und Hölle zu tun haben. Unser Blick muss über den Tiber hinausreichen. Wir müssen mehr sehen als Romanismus und Protestantismus. Sie machen nicht die ganze Geschichte des Weltalls aus, weder der Zeit noch der Ausdehnung nach.

Mit den verbreiteten Auslegungen stehen noch viele andere Ungereimtheiten in Verbindung, welche wir beachten werden, wenn wir erst weiter in das Kapitel eindringen werden und der Auslegung nachgehen, die Gott von der Vision des Ganzen gibt. Auf eins müssen wir aber hier hinweisen: auf den Becher. Er ist "golden" und sieht darum schön und anziehend aus. Es ist "ein" Becher. Dieser Umstand sagt uns, dass die giftigen Ströme, die von dem einen Urquell ausgehen, alle ihrem Wesen und ihrer Wirkung nach eins sind. Es ist die Religion, welche ursprünglich Nimrod auf Antrieb Satans in Babylon einführte.

Sie zeigt sich in allen großen Religionssystemen der Welt. Alle sind darin gleich, dass sie einen anderen Gott an die Stelle des Gottes der Bibel setzen: einen Gott, entweder von Händen gemacht oder durch die Einbildungskraft geschaffen, aber gleicherweise gemacht. Das menschliche Verdienst ist oben angesetzt. Diese Kennzeichen sind allen falschen Religionssystemen gemein und vereinigen sie zu einem einzigen. Wohl sind einige der Ströme, die von der verdorbenen Quelle ausgehen, groß und mächtig, andere sind kleiner; aber ihre Wasser sind eins, und es ist ein Becher. Die da sagen, der Becher sei der in der Messe gebrauchte Kelch, geben ein gutes Beispiel an die Hand, was von solchen Auslegungen zu halten ist. Wir haben nur in Bezug auf diesen "Becher" daran zu erinnern, dass alle Nationen daraus trunken geworden sind, während das Kennzeichen des in der Messe gebrauchten Kelches darin besteht, dass er dem Volk vorenthalten wird.

Offb 17:6
Und ich sah das Weib (d.h. die große Stadt; Offb 17:18) trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Märtyrer Jesu. Und ich verwunderte mich sehr, da ich sie sah.

Wir geben das Gesicht nun in den Ausdrücken der göttlichen Auslegung:
Vers 6: Und ich sah die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf der Erde (Offb 17:18). getränkt mit dem Blut der Heiligen und dem Blut der Märtyrer Jesu. Und ich verwunderte mich sehr, da ich die Stadt sah.

Wieder wird hier darauf hingewiesen, dass viele Märtyrer sein werden zu der Zeit, von welcher die Apokalypse handelt.

Sie werden auch in Offb 13:7 erwähnt. Ebenso in Dan 7:21; Dan 11:7 und Dan 12:1.

Auch die Psalmen verlegen diese Verfolgungen in die zukünftige "Zeit der Trübsal" während der Herrschaft des Tieres:

Gott, schweige doch nicht also, und sei doch nicht so still;
Gott, halt doch nicht so inne!
Denn siehe, deine Feinde toben,
und die dich hassen, richten den Kopf auf.
Sie machen listige Anschläge wider dein Volk,
und ratschlagen wider deine Verborgenen.
"Wohl her!" rufen sie; "lasst uns sie ausrotten,
dass sie kein Volk seien,
dass des Namens Israel nicht mehr gedacht werde.
Denn sie haben sich miteinander vereinigt,
und einen Bund wider dich gemacht." (Ps 82:2-6)

Der Psalm redet ann weiter von einem Bund von zehn Reichen, ähnlich dem, von welchem Offb 17 spricht.

Auch Ps 79 beschäftigt sich mit jener Zeit.

"Gott, es sind Heiden in dein Erbe gefallen;
sie haben deinen heiligen Tempel verunreinigt,
und aus Jerusalem Steinhaufen gemacht.
Sie haben die Leichname deiner Knechte
den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben
und das Fleisch deiner Heiligen den Tieren im Land.
Sie haben Blut vergossen um Jerusalem her wie Wasser;
und da war niemand, der begrub." (Ps 79:1-3)

Dass viele, sehr viele Märtyrer durch die römische Kirche, wenn nicht in der Stadt Rom selbst, getötet worden sind, kann niemand leugnen.

Aber dass sind doch nicht alle, die auf Erden als Märtyrer erwürgt worden sind. Tausende von Märtyrern für Gott uns sein eWahrheit sind viele Hunderte von Jahren vorher getötet worden, ehe Rom auch nur einen Papst hatte. Die "Propheten" des Alten Testamentes waren schon tot, und viele waren Jahrhunderte vorher als Märtyrer erschlagen worden, ehe Rom, sei es das heidnische oder päpstliche, bestand.

So groß auch Roms Verschuldung in dieser Sache ist, so kann man ihm doch nicht "alle" Verfolgungen der Märtyrer zu allen Zeiten zur Last legen. Sie sind aber alle auf falsche Religion zurück zu führen. Dieser it von jeher ein Geist der Verfolgung eigen gewesen, von dem Tag an, da Kain seinen Bruder Abel erschlug, und Rom, als einer der größten Ströme, von dem babylonischen Giftquell, hat sein Maß erfüllt und wird gerichtet werden für seine Schuld, wenn "die Städte der Nationen fallen". Aber es sind noch nicht alle Märtyrer erwürgt worden. Viele Stellen in diesem Buch weisen uns darauf hin, dass die Tage der zukünftigen großen Trübsal das Maß von Babylons Blutschuld voll machen werden (Siehe Offb 6:9-11; Offb 11:7.8; Offb 12:13.17; Offb 13:7; Offb 18:24; Offb 20:4). Von dieser Zeit des Märtyrertums weissagen auch die Psalmen (siehe Ps 9; Ps 10; Ps 79:2.3; Ps 44:22; Ps 94:5; ebenso Dan 7:25,28; Dan 8:27; Dan 11:33.35). Alle diese Stellen sind aufmerksam zu lesen. Auf welche andere Zeit können diese alttestamentlichen Stellen Bezug nehmen, wenn nicht auf die, von welcher die Apokalypse redet? Im Zusammenhang gelesen, bilden sie ein harmonischen Ganzes; werden sie aber nicht recht geteilt, gemäß der Zeit, der sie angehören, so richten sie nichts als Verwirrung an.

Wir gelangen nun zu der Auslegung des Gesichts (welches Johannes in Offb 17:7-18 sah, die durch göttliche Inspiration gegeben ist.

Das Tier und das Weib

Offb 17:7-18

Auslegung des Gesichts:

Versprechen:

Z - D - Offb 17:7 = Das Weib
E - Offb 17:7 = Das Tier

Erfüllung:

E - Offb 17:8-17 = Das Tier
D - Offb 17:18 = Das Weib

Mit freundlichen Worten wendet sich der auslegende Engel an Johannes. "Ich will dir sagen das Geheimnis von dem Weib und dem Tier" (Offb 17:7). So können auch wir ohne menschliche Ausleger fertig werden, denn Gott hat uns seinen besonderen Engelboten gesandt und durch ihn die Vision deuten lassen. Wahrlich, wir sind hier gleich hoch gestellt wie der Apostel Johannes selbst. Der auslegende Engel hat auch ihm keine weitere Erklärung als diese zuteil werden lassen. Wenn wir die Worte lesen, so haben wir also ganz dasselbe was Johannes hatte, nicht weniger und nicht mehr. Gott möge uns Gnade und Wahrheit geben, um seine Worte zu verstehen!

Offb 17:7
Und der Engel sprach zu mir: "Warum hast du dich verwundert? Ich will dir sagen das Geheimnis (d.h. die Bedeutung des geheimen Zeichens) von dem Weib und dem Tier, das sie trägt, und hat sieben Häupter und zehn Hörner."
Hier haben wir das Versprechen, wie es der Gedankenaufbau zeigt (Offb 17:7), und in dem übrigen Teil des Kapitels (Offb 17:8-18} folgt die Erfüllung des Versprechens. Das Weib und das Tier werden zuerst in kurzen Worten erwähnt, und dann wir die volle Erklärung gegeben, wobei das zuerst behandelt wird, was hier (im Versprechen) zuletzt steht. Zunächst wird das Tier erklärt und dann das Weib. Zehn Verse (Offb 17:8-18) gelten dem Tier und nur einer (Offb 17:18) dem Weib; das Tier ist also offensichtlich jetzt das bedeutendere der beiden Themen.

Wir haben das größere Glied, das vom "Tier" handelt, auszudehnen; in dem Gedankenaufbau oben ist es mit E bezeichnet.

Das Tier und seine Verbündeten

E - F1 - k1 - Offb 17:8 = Das Tier (sein Ursprung und seine Geschichte)
l1 - Offb 17:9.10 = Seine Verbündeten (die sieben Häupter oder Könige).
F2 - k2 - Offb 17:11 = Das Tier (weitere Geschichte).
l2 - Offb 17:12 = Seine Verbündeten (die zehn Hörner; ihre Stunde "mit dem Tier")
F3 - k3 - Offb 17:13 = Das Tier (die Macht der Hörner wird ihm gegeben)
l3 - Offb 17:14-17 = Seine Verbündeten (ihr Streit mit dem Lamm).

Aus diesem Gedankenaufbau ist zu ersehen, dass die Auslegung des Gesichts vom Tier (E - Offb 17:8-17) aus drei Paaren von Gliedern besteht, worin das Tier abwechselnd mit seinen Verbündetet beschrieben wird.

F1 (Offb 17:8-10) ist das erste Paar,
F2 (Offb 17:11-12) ist das zweite Paar,
F3 (Offb 17:13-17) ist das dritte Paar.

Um die Worte der hier gegebenen Auslegung zu verstehen, wäre es gut, wenn wir alles vergessen könnten, was wir je über dieses Thema gehört haben. Auf Schritt und Tritt fühlen selbst wir uns durch das von der Überlieferung Angenommene behindert. Erst dann, wenn wir uns von allen traditionellen Auslegungen bereit haben, können wir hoffen, die in diesen Versen gegebene Deutung zu verstehen.

Der Gedankenaufbau zeigt, dass das Tier und seine Verbündeten die beiden Themen sind, mit denen wir zu tun haben.

Sie sind in der Form einer wiederholten Wechselfolge angeordnet. Behalten wir dies im Auge, so werden wir sie zu unterscheiden vermögen, wenn wir weiter fortschreiten.

Das Tier aus dem Abgrund

Das erste Paar

Offb 17:8
Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen, und ist nicht, und wird wieder aufsteigen aus dem Abgrund, und fahren in die Verdammnis, und werden sich verwundern, die auf Erden wohnen, deren Name nicht geschrieben in dem Buch des Lebens von Grundlegung der Welt her, wenn sie sehen das Tier; denn es ist gewesen und ist nicht und wird da sein.
Diese drei Zeitangaben (die in dem Vers zweimal vorkommen) weisen uns so deutlich wie nur möglich, auf höchst wichtige und zur Auslegung nötige Punkte hin.

Das Tier "hat sieben Häupter und zehn Hörner" (Offb 17:7). "Hat" gilt von den zehn Hörnern wie auch von den sieben Häuptern. Die sieben sind also Zeitgenossen der zehn.

In ihrem sterblichen Zustand folgen die sieben Könige aufeinander. Doch davon ist im Buch Daniel die Rede, nicht in der Offenbarung.

In Offb 13 steigt da Tier aus dem Abgrund auf; es ist also übermenschlich. Während der ersten Hälfte der Woche ist es in sterblichem Zustand, in der zweiten Hälfte aber in übermenschlichem Zustand, dann Offb 13:3 hat es die "tödliche Wunde" empfangen. Hier aber in Offb 17 werden wir zurückversetzt, um über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Tieres weiter belehrt zu werden.

Es "ist gewesen" in sterblicher Gestalt.

Es "ist nicht"; denn es ist (z.Zt., von der das Gesicht spricht) schon ermordet worden; es hat "die tödliche Wunde" erhalten, durch die es war, "als wäre es tödlich wund", und ist gestorben (Offb 13:3).

Es "wird da sein", denn es wird wieder kommen aus dem Abgrund.

Der achte Vers spricht also von der mittleren Laufbahn des Tieres; die Vision liegt zwischen dem Auftreten des Tieres in sterblicher Gestalt und seiner Erscheinung in übermenschlichem Zustand, also zwischen Offb 12 und Offb 13.

Im neunten Vers ist die Rede von der früheren sterblichen Gestalt der sieben Häupter. Da folgten sie einer auf den anderen; in übermenschlichem Zustand aber sind sie Zeitgenossen.

Wir haben schon gesehen, dass die sieben Häupter oder Könige Individuen sind, und dass das Tier selbst, wenn es vom Tod lebendig geworden ist, der "achte" König sein wird. Alle Verwirrung und alle Verschiedenheit der Meinungen über dieses Kapitel rührt, wie wir glauben, daher, dass man die einfache Tatsache nicht kennt und die Häupter für Königreiche statt für "Könige" hält, für Weltmächte, statt Individuen.

Auch dadurch ist Verwirrung geschaffen worden, dass man die Worte des auslegenden Engels (in Offb 17:10) auf die Zeit bezogen hat, in der er mit Johannes redete, während sie, wie in allen anderen Fällen, für die Zeit der Erfüllung des Gesichts gelten. Mit anderen Worten: die Ausdrücke "das gewesen ist, und ist nicht" (Offb 17:8.11) und "einer ist, und der andere ist noch nicht gekommen" (Offb 17:10) werden so aufgefasst, als bezögen sie sich auf die Zeit, in welcher der Engel wirklich mit Johannes sprach.

Warum soll man sie nicht, wie es in allen anderen Fällen geschieht, von der Zeit gelten lassen, wo sich die Vision erfüllen wird?

Die Worte der Seelen unter dem Altar (Offb 6:9-11) werden aufgefasst, als wären sie z.Zt. der Öffnung des fünften Siegels gesprochen. Der Ruf: "Ihr Felsen, fallet über uns!" wird beim sechsten Siegel ertönen. Der Engel berichtet selbst, dass die Vision das künftige Gericht über die große Stadt zeigen wird. Wenn in der prophetischen Sprache das Präsens in dieser Weise gebraucht wird, so bezieht es sich auf die Zukunft, die als gegenwärtig hingestellt ist, nicht aber auf die Zeit, wo die Weissagung geschrieben oder gesprochen wurde.

Wir haben immer wieder gesehen, dass das ganze Buch der Offenbarung vom "Tag des Herrn" redet. An jenem Tag wird das Tier als übermenschliches Wesen mit den sieben Häuptern und den 10 Königen kundgetan werden. Zu der Zeit, von welcher Offb 17:10 redet, werden fünf von den Königen, was ihr menschliches Wesen betrifft, "gefallen", d. h. durch gewaltsamen Tod*) beseitigt worden sein, einer der Könige (der sechste) wird regieren, und der siebte wird dann noch nicht gekommen sein. Wenn er gekommen sein wird, so wird er zuerst die drei letzten der sieben überwältigen (Dan 7:8); doch bleibt er nur während der ersten Hälfte der sieben Jahre oder ungefähr so lange in sterblichem Zustand (Offb 17:10); denn er erhält dann die tödliche Wunde vom Schwert (wird wahrscheinlich ermordet) Offb 13:3; später wird er durch Satans Macht wieder ins Leben zurückgerufen - von seiner tödlichen Wunde heil - und ist nun der "achte" König. Als sterbliches Wesen ist er das siebte Haupt, als übermenschliches aber der achte König.

*) Das Wort wird, falls es sich um Individuen handelt, immer von gewaltsamem Tod gebraucht. Siehe Ri 3:25; Ri 5:27; 2Sam 1:10.11.25. Auch bezeichnet es das gewaltsame Ende des Reiches. Jes 21.9; Jer 50:15; Jer 51:8; Hes 30:6-9.

So ist alles durchaus individuell. Wir wissen nicht wer die fünf Könige als sterbliche Wesen sein werden, noch wer der sechste König sein wird; jedoch ist das auch nicht zum Verständnis des Gesichts nötig. Wer der siebte sein wird, das ist uns gesagt, nämlich das Tier in sterblicher Gestalt, das "kleine Horn" in der Vision Daniels. Es wir in übermenschlichem Zustand "der achte" König sein, die endliche Verkörperung der satanischen Macht, deren Tun Offb 13 schildert.

Als sterbliches Wesen folgen die zehn Könige von Offb 17:12-17 nicht einer dem anderen; sie sind vielmehr Zeitgenossen und bilden einen Teil des Tieres. Die sieben Häupter und die zehn Hörner samt den notwendigen gliedern, welche die Pardelteile, die Bären- und Löwenteile des Tieres zu einem organisierten Körper ergänzen, wie in Offb 13:2 gezeigt wird, sind alle übermenschlich, alle Zeitgenossen; sie waren einmal sterbliche Wesen und haben den ersten Tod erlitten, so dass sie später zusammen "lebendig ... in den feurigen Pfuhl geworfen" werden können, welches der andere Tod ist (s. Offb 19:20).

Die letzte Zeit

Es wird gut sein, uns daran zu erinnern, dass "die Zeit des Endes" (Dan 8:17) die ganze Dauer der Herrschaft der Heiden umfasst. "Die letzte Zeit" (Dan 8:23) beschließt die Zeit des Endes; es ist die synteleia oder Vollendung. Hingegen der "letzte der Tage" (Dan 10:14 im Urtext) ist das telos, die Krisis der "letzten Zeit".

Die synteleia oder "letzte Zeit" beginnt sogleich nach der Entrückung der Gemeinde Gottes und mag 30 oder 40 Jahre währen, wovon die letzten sieben Jahre die letzte "Woche" Daniels (Dan 9:27) bilden.

Auf diese Weise können die in den Weissagungen erwähnten 42 Monde, 1260 Tage oder 3 1/2 Jahre als wirkliche Monate, Tage und Jahre aufgefasst werden. Wir nehmen dann an, dass sie zu diesen letzten sieben Jahren gehören, welche die Krisis bilden und mit dem Endgericht abschließen.

Wenn die Zeit, welche durch das Wort "Stunde" (ein und dieselbe Stunde oder Zeit) bezeichnet wird Offb 17:12 und Offb 3:10 mit 42 Monden zusammenfällt, so mag der "Tag der Rache" Jes 61:2 in diesen 42 Monden bestehen.

Die Bezeichnungen Könige und Königreiche werden im Buch Daniel ohne Unterschied gebraucht. Die Königreiche Dan 2:37.39.40.42 werden in Dan 2:44 und auch sonst (im Urtext) "Könige" genannt.

Wenn wir uns ihnen nun zuwenden, so müssen wir vier sehr wichtige Leitsätze beachten, die uns sicher und gewiss in das Verständnis der Sache hineinführen werden. Es sind die folgenden:

Das Volk Gottes und die Völker

Jerusalem ist auch der Mittelpunkt der Windrose. Ost und West, Nord und Süd müssen von Jerusalem aus gerechnet werden, vom Standpunkt des Schreibers aus, nicht von dem des Lesers oder sonst einer willkürlich gewählten geographischen Stellung.

Die "Häupter" sind Oberste über das jüdische Volk, über die Stadt und das Land Israel.

Als Weltmächte oder Königreiche der Weissagung sind nur die in Betracht zu ziehen, welche mit dem Land Israel in Berührung kommen oder Land und Stadt einnehmen.

In diesen vier einfachen Sätzen werden wir den Schlüssel zum Verständnis der Vision und ihrer Auslegung finden.

Die Nationen wurden ursprünglich im Hinblick auf Israel gebildet; denn in dem herrlichen "Lied Moses" heißt es ausdrücklich: "....da der Allerhöchste (der Titel, welcher Gottes Herrlichkeit über die Erde betont) die Völker zerteilte und zerstreute der Menschen Kinder, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israels" (5Mo 32:8). Nicht vom Zufall sind die Völker verteilt worden, ebenso wenig wie die Sterne des Himmels, von denen 5Mo 4:1 geschrieben steht: "... welche der Herr, dein Gott, verordnet (wörtl. zugeteilt) hat allen Völkern unter dem ganzen Himmel."

In der Bibel werden viele Völker erwähnt; aber nur die, welche in Beziehung zu Israel treten, sind der Gegenstand der Geschichte und Weissagung der Bibel, und auch diese wieder mit Unterschied, je nachdem ihr Beziehung zu Israel eine nähere oder entferntere war. So zeigen z.B. ägyptische Bauwerke die große Zahl der Dynastien und Könige, welche in Ägypten herrschten. Aber nur die werden im Wort Gottes genannt, die mit Israel zu tun hatten. Es haben sich schon viele darüber verwundert, dass die Bibel über die alten Königreiche in Ägypten, Assyrien usw. ganz schweigt; dieser Grundsatz jedoch erklärt jenes Schweigen. Die Pharaonen der Bedrückungszeit und der Zeit des Auszugs wären bloße Namen geblieben, wären sie nicht in Beziehung zu Mose und Israel getreten. "Pharao, der König Ägyptens, ist ein Schall" (Jer 46:17, Urtext), ein Schall, der ans Ohr dringt und im nächsten Augenblick verhallt ist. Das wäre auch das Schicksal der Pharaonen Ramses II und Menphatah gewesen; nur um Moses und Israels willen sind sie nicht vergessen.

Es waren viele Pharaonen in Ägypten vor den in der Bibel erwähnten, und viele Könige herrschten zu Babylon durch die Jahrhunderte hindurch; doch werden nur die genannt, welche in Berührung mit Israel treten. Die Bibel kennt sie nur aus diesem Grunde.

Das Bild in Dan 2

Darum konnte zu Nebukadnezar gesagt werden: "Du bist das goldene Haupt" (Dan 2:38). Das gilt von ihm nur im Hinblick auf die Ratschläge Gottes und das Volk Gottes; denn Nebukadnezar war nicht das Haupt, der erste König von Babylon. Von Nimrod steht geschrieben: "Der Anfang seines Reiches war Babel" (1Mo 10:10). Nimrod war also Babylons erster König, und eine lange Reihe von Könige folgte ihm, ehe Nebukadnezar Babylons Thron bestieg.

Warum wird denn nach einer so langen Zwischenzeit Nebukadnezar ausgesondert und als "Haupt" bezeichnet? Es ist dies nur durch den Grundsatz zu erklären, auf den wir hinweisen möchten, dass sich nämlich die Bibel mit der Geschichte der Heiden, mit ihren Königen und Reichen nur dann befasst, wenn sie in Gottes Ratschlüsse in Bezug auf Israel hineinreichen: wen sie "Häupter" über Gottes Land, Stadt und Volk sind.

Dadurch ist unserer Deutung der großen Reiche oder Häupter in den Weissagungen des Buches Daniel und der Apokalypse eine Grenze gesetzt. Nur innerhalb dieser Grenze beschäftigen sich die Weissagungen mit ihnen.

Nebukadnezar (S.a. Jer 25:8-14; Jer 27:1-8) und sein Vater erlangten große Macht und machten Babylon im Jahr 624 v.Chr. zur neuen Hauptstadt von Assyrien. Darum, und weil er der erste der heidnischen Machthaber war, dem die Herrschaft über Gottes Land, Stadt und Volk übergeben wurde, konnte es von ihm heißen: "Du bist das goldene Haupt" (Dan 2:38). Kein Wort deutet an, wann er das "Haupt" wurde; sondern es wird die Tatsache hingestellt, dass er als das Haupt von Babylon auch das Haupt des Bildes ist, das Haupt also der Herrschaft der Heiden.

Die frühere Geschichte Babylons wird übergangen. Die nach Gottes Ratschluss erfolgte Einsetzung Nebukadnezars zum König von Babylon bildet den Anfang einer neuen Zeitrechnung.

Gott machte ihm die Tatsache in jenem wunderbaren Traum kund, welcher die Herrschaft der Heiden über das Volk Israel, über die heilige Stadt und das heilige Land in weiten Umrissen darstellt:

Das Bild in Dan 2 besteht aus fünf unterschiedlichen Teilen:

Dan 2:32 = "Desselben Bildes Haupt war von feinem Gold;
Dan 2:32 = seine Brust und Arme waren von Silber,
Dan 2:32 = sein Bauch und seine Lenden waren von Erz,
Dan 2:33 = seine Schenkel waren von Eisen,
Dan 2:33 = seine Füße waren eines Teils von Eisen und eines Teils Ton.

Das erscheint klar und deutlich, nur sind wir es so gewohnt, den fünften Teil als zu vierten zugehörig anzusehen, oder als wieder erstandenen vierten, dass wir die Schrift im Licht der Überlieferung lesen.

Man ann dagegen nicht einwenden Dan 2 erwähne nur vier heidnische Mächte. Nichts Derartiges steht dort geschrieben. das Kapitel spricht von "der vierten", nicht von "vier". Das Wort im Urtext ist nicht "arba = vier", (wie Dan 1:18; Dan 8:8.22; Dan 10:4; Dan 11:4) sondern "rebiajah = vierte (wie Dan 3:25; Dan 7:7.19.23). Es ist höchst wichtig, den Unterschied zwischen der Ordnungszahl und der Grundzahl zu beachten. Nirgends wird gesagt, es wären nur vier Reiche. Im Gegenteil, die fünf werden zweimal (Dan 2:35.45) aufgezählt, als vollkommen voneinander getrennt und unabhängig.

Dan 2:35:
1. Eisen
2. Ton
3. Erz
4. Silber und
5. Gold
Dan 2:45:
1. Eisen
2. Erz
3. Ton
4. Silber und
5. Gold

Hier werden die fünf einzeln aufgezählt, nicht allein nach ihrer Art, sondern sogar in verschiedener Reihenfolge, damit "der Ton" als einer von fünf Teilen betrachtet werde und nicht als ein Teil des Eisens (des "vierten"), wie es gewöhnlich geschieht.

Ebenso geht aus der Deutung klar hervor, dass von fünf Königreichen geredet wird:

Dan 2:28 = "Du bist das goldene Haupt".
Dan 2:39 = "Und nach dir wird ein anderes Königreich aufkommen".
Dan 2:39 = "Und danach das dritte Königreich..."
Dan 2:40 = "Und das vierte..."
Dan 2:41 = "Und das du gesehen hast die Füße und Zehen ..."

Wir brauchen bei den Einzelheiten in der Erfüllung des Bilder nicht lange zu verweilen. Sie sind wohl bekannt und gehören mehr zum Buch Daniel als zur Apokalypse. Wir begnügen uns damit, die Reiche aufzuzählen.

1. Das erste der heidnischen Reiche wurde Nebukadnezar vom Gotte des Himmels verliehen. Die Herrschaft war Israel in aller Form genommen und den Heiden "gegeben". Das babylonische Reich war vor allen anderen Mächten, die es zu jener Zeit in der Welt gab, dadurch ausgezeichnet worden, dass es (außer über die heidnischen Reiche) über Jerusalem herrschte.

2. Das zweite war das medisch-persische Reich
3. das dritte, Griechenland,
4. das vierte, Rom.

5. Das fünfte ist entweder die jetzt noch herrschende Macht, welche in den Jahren 636 - 7 (es kann keine Zeit v. Chr. gemeint sein. Also kann "7" eigentlich nur als 1907 [osmanisches Reich] interpretiert werden) auf Rom folgte und heute noch Jerusalem zertritt, des Herrn Weissagung Lk 21:24 erfüllend, oder es ist ein Reich, das in der letzten Zeit der "synteleia" erst aufkommen wird, nachdem die Gemeinde entrückt ist. In diesem letzteren Fall, würde Christi Weissagung Lk 21:24 auf ein Zertreten in künftiger Zeit hinweisen, nämlich das, wovon Offb 11:1.2 redet.

Die verbreitete Auslegung betrachtet die "Füße und Zehen" als zu den "Schenkeln" gehörend und spricht von einer zweiten Darstellung der vierten Macht: einer der Vergangenheit angehörenden und einer zukünftigen. Aber selbst dann könnte die künftige Darstellung der vierten Macht als fünftes Reich gezählt werden.

Sicherlich dar das Gemenge von Eisen und Ton, ebenso wenig wie eines der ersten vier Metalle, von unserer Betrachtung ausgeschlossen werden.

Welches die fünfte Macht ist, muss sich noch zeigen. Sie ist zum Teil stark undzum Teil zerbrechlich, (diese Bedeutung hat das chaldäische "tovar", das nur an dieser Stelle vorkommt), denn sie besitzt die Stärke des Eisens und die Schwäche des Töpfertons. Diese beiden wesentlichen Eigenschaften des fünften Reiches machen eine wahre Einheit desselben unmöglich. Es ist nur ein mechanisches Gemenge, wie das von Eisen und Ton; denn es ist so wie Dan 2:43 geschrieben steht: "Eisen lässt sich mit Ton nicht vermengen.

Andererseits gibt es ein fünftes Reich, das tatsächlich auf das vierte gefolgt ist, wie das vierte dem dritten, das dritte dem zweiten und das zweite dem ersten folgte.

Keines von diesen Reichen hat, so viel wir wissen, die anfänglich verliehene Weltherrschaft je ausgeübt; was aber die wahre Folge kenntlich machte, war die Herrschaft über Gottes Land und Stadt.

Israel jedoch blieb von der Machtstellung ausgeschlossen, die den Heiden gegeben war.

Als der Herr (Lk 21:24) vom Zertreten Jerusalems durch die Heiden (nicht "Nationen) weissagte, herrschte die vierte heidnische Macht über das Land. Welches Zertreten meinte er? Wies er auf das Reich hin, das 636-1907 auf das vierte folgte? Oder sprach er von einem noch zukünftigen Zertreten und überging dabei die gegenwärtig herrschende Macht, die Jerusalem schon so lange zertreten hat, wie die vier anderen zusammen genommen.

Wie auch immer wir diese Frage beantworten mögen, jedermann muss dem zustimmen, dass irgend eine heidnische Macht in Besitz von Palästina sein muss, wenn nach der Entrückung der Gemeinde die Zeit erschienen sein wird, wo Israel in sein Land wieder eingesetzt werden soll.

Der Beginn der "synteleia" muss irgend eine heidnische Macht über die Stadt und das Land herrschend finden: und es mag sein, dass die gegenwärtig das Land besitzende Macht ihre Herrschaft noch ausübt, wenn Israel wieder in Berührung mit Palästina kommt.

Es kann natürlich jeder Zeit ein plötzlicher Wechsel der Herrschaft im Nahen Osten eintreten. Was aber auch geschehen mag, die dann das Land in Besitz haltende Macht wird die fünfte sein, auf welche Dan 2, sowie die Worte des Engels in Offb 17:10 hinweisen. "Fünf sind gefallen", usw.; das wird sowohl von den heidnischen Reichen gelten, als auch von den Individuen, den Häuptern oder Königen, die sich nach seiner Gründung indem neuen jüdischen Staat erheben werden, unmittelbar ehe der Antichrist den Bund mit Israel machen wird am Anfang des "telos", der 70. Jahrwoche von Dan 9.