Die Tiere und der Mensch

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Version vom 30. Mai 2020, 18:06 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Vergleich der Gesichte des 1. und 2. Teils)

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Abschrift des Buches: Der Prophet Daniel und die Offenbarung Johannis
in ihrem gegenseitigen Verhältnis betrachtet und in ihren Hauptstellen erläutert.

Verfasser: Karl August Auberlen (1854)
Verlag: Bachmaier's Buchhandlung, Basel

Inhaltsverzeichnis des Buches
Kapitel vorher:
Die siebzig Jahrwochen


In Bearbeitung

DRITTER ABSCHNITT:

Die vier Tiere und der Menschensohn bei Daniel

Die exegetische Streitfrage über die Weltmonarchien des zweiten und siebten Kapitels im Buch Daniels ist dem Wesen nach die gleiche wie die über die siebzig Jahrwochen. Die moderne Kritik lässt nach einigen älteren Vorgängen, namentlich von Ephräm dem Syrer und Grotius, auch diese Weissagung nur bis auf Antiochus Epiphanes herab reichen; wir dagegen haben uns schon vorläufig zu der kirchlichen Auffassung bekannt, welche in der vierten Monarchie das römische Reich sieht, und von welcher L u t h e r sagen kann, in dieser Deutung und Meinung sei alle Welt einig. (vgl. W i e s e l e r, die 70 Wochen, S. 146ff., der auf die älteste Geschichte der Auslegung eingeht. J o s e p h u s schon versteht das vierte Reich vom römischen). Da das zweite und namentlich das siebte Kapitel von uns im ersten Abschnit ausfürhlicher besprochen wurde, so ist nicht nötig hier auf eine genauere Entwicklung ihres Inhalts einzugehen, sondern wir verweisen für die Gesamtanschauung der Sache auf das dort Gesagte, für die Erklärung des Einzelnen neben H ä v e r n i c k s Kommentar besonders auf die Auslegung H o f m a n n s (Weiss. u. Erf. I, S 278-291), mit welchem wir hier nun zu unserer Freude in allen Hauptsachen Hand in Hand gehen können. Richtige Gesichtspunkte, besonders zur Beurteilung der modernen Auffassung, gibt auch H. L. R e i c h l in seiner kleinen Abhandlung "die vier Weltreiche des Propheten Daniel" (Studien und Kritiken, 1848, IV, S 843-962). Wir werden also diesmal mit der Kritik der gegnerischen Ansichten beginnen und erst, nachdem dieselben beseitigt sind, einige positive Andeutungen zum näheren Verständnis hinzufügen, welche uns dann den Übergang zu den Tieren der Offenbarung Johannis bahnen sollen, deren erstes eine Zusammensetzung der vier danielischen ist.

Erstes Kapitel

I. Der gegenwärtige Stand der Frage

Die Gegner sind nun auch hier unter sich selber nicht einig, sondern gehen in drei Gruppen auseinander, als deren Repräsentanten wird die drei Hauptkommentatoren Daniels, welche die moderne Ansicht vertreten; B e r t h o l d t, v. L e n g e r k e und H i t z i g betrachten können. Da nämlich nach Abzug der römischen Monarchie eigentlich nur drei Reiche übrig bleiben, das babylonische, medopersische und griechische, so handelt es sich für die Gegner darum, aus diesen dreien vier zu machen, und das tun sie auf verschiedene Weise. B e r t h o l d t erklärt die erste Monarchie für die babylonische, die zweite für die medopersische, die Dritte für das Reich Alexanders, die vierte für das seiner Nachfolger. Er hilft sich also dadurch, dass er die dritte in zwei auseinander legt. Er versteht also unter dem ersten Reich das babylonische, unter dem zweiten das medische, unter dem dritten das persische unter dem vierten das Alexanderes und seiner Nachfolger. Gleichsam um die Möglichkeiten zu erschöpfen, schlägt H i t z i g den nun allein noch übrigen Weg ein und teilt die erste Monarchie, so dass ihm das erste Reich dasjenige Nebukadnezars, das zweite das seines Nachfolgers Baltasar (Belsazar), das dritte das medopersische, das vierte das Alexanders und seiner Nachfolger ist. Dies indes nur im zweiten Kapitel; im siebten legt er anders aus. Weil Daniel dieses Gesicht nach Nebukadnezars Tod und unter Belsazars Regierung erhielt, so sei hier unter dem ersten Reich dasjenige Belsazars, unter dem zweiten das medische, unter dem dritten das persische, unter dem vierten das Alexanders und seiner Nachfolger zu verstehen.

Schon J a h n ist Hitzig darin vorangegangen, in den beiden Kapiteln verschieden auszulegen; konnte aber nirgends mit seiner Ansicht durchdringen. Es ist diese Auseinanderreißung der zwei Offenbarungen so ganz gegen den natürlichen Eindruck, den jeder Leser des Propheten empfängt, das wir unsere Leser mit einer Widerlegung der Hitzig'schen Ansicht nicht aufhalten zu dürfen glauben. Sein Auffassung von Kap. 2, schon 1832 in den Heidelberger Jahrbüchern vorgetragen, hat zwar die Zustimmung R e d e p e n n i n g s gefunden (Stud. und Krit. 1833, S 863) beseitigt sich aber durch die einfache schon von v. L e n g e r k e geltend gemachte und von Hitzig S. 33 nicht entkräftete Beobachtung, dass Dan 2. 7. 8 Königreich und König durchweg in der Weise zusammenfallen, dass nie und nirgends mehrere aufeinander folgende Könige desselben Reiches genannt sind, sondern wo ein Herrscher besonders hervortritt wie Dan 2:37.38 Nebukadnezar; Dan 8:5 Alexander, er immer als Repräsentant, als die Personifikaktion dieses gesamten Weltreiches erscheint. Wenn sodann Hitzig im 2. Kap die medopersische Monarchie zusammennimmt, im 7. aber die medische und persische trennt: so können wir hierin nur einen Beweis jener exegetischen Willkür sehen, die dem heiligen Buche von vorn herein keine in sich vernünftige und folgerichtige Anschauung zutraut (vgl. S. 98f.), und der daher keine Inkonsequenz und Unwahrscheinlichkeit der Auslegung zu groß ist, um nur das a priori feststehende Resultat zu gewinnen, dass die Weissagung nicht über Antiochus hinausreiche.

Nach dem allem erscheinen uns die Abweichungen H i t z i g s von v. L e n g e r k e zu unbegründet und unbedeutend, um beide gesondert zu behandeln; in der Hauptsache, dass Alexander und seine Nachfolger zusammen zu nehmen seien und die vierte Monarchie bilden, stimmen beide gegen Bertholdt zusammen. Eben daher darf wohl die Ansicht dieses letzteren Gelehrten jetzt als veraltert angesehen werden, da sie von den neueren Vertretern der modernen Gesamtauffassung, zu denen auch noch E w a l d *) gehört, einstimmig aufgegeben ist. Man fühlt jetzt allgemein, wie textwidrig und unpassende es ist, bei der vierten Monarchie, der schrecklichsten von allen, welche die ganze Erde verschlingt und zertritt und zermalmt (Dan 7:23), an die verhältnismäßig so schwachen und unbedeutenden Reiche der Diadochen zu denken. Eine ausführliche Widerlegung der Bertholdt'schen Meinung hat überdies schon Hengstenberg gegeben (Beitr. 203ff.) Als die herrschende Ansicht der Gegner dürfen wir daher die L e n g e r k e - E w a l d - H i t z i g 'sche bezeichnen,welcher auch D e W e t t e (a.a.D. S 381), L ü c k e (a.a.D S. 45) u. an. sich anschließen, und wonach unter dem ersten Reich das babylonische, unter dem zweiten das medische unter dem dritten das persische, unter dem vierten das Alexanders und seiner Nachfolger zu verstehen ist. Mit dieser Ansicht haben wir es im Folgenden zu tun.

*) Mit einigen geringen Modifikationen s. a.a.d S. 558ff. E w a l d s Hypothese enthält auch hier wieder ein unwillkürliches Zeugnis für die Wahrheit. Er nimmt an, der Verfasser des Buches denke sich unter den vier Reichen das chaldäische, medische, persische und griechische; nun gehöre aber das persische und medische zusammen, wie der Verf. selbst dadurch andeute, dass er Kap 8 beide unter dem Bild eines zweigehörnten Widders zusammen begreife; er müsse also wohl ein Buch benutzt haben, das unter den vier Reichen das a s s y r i s c h e, chaldäische, medopersische und griechische verstand. Damit ist eigentlich zugestanden, es sei im Text außer den drei zuletzt genannten Monarchien noch eine vierte enthalten. Aber um nur nicht über Antiochus herunter gehen zu müssen, greift man lieber rein willkürlich (gegen Dan 2:37.38) über Nebukadnezar zurück und setzt die vierte Monarchie vorn statt hinten an.

Die Bekämpfung derselben ist insofern schwierig, als gerade über die zweite und dritte Monarchie, um welche es sich hier zunächst handelt, der Text in beiden Kapiteln aus früher entwickelten Gründen ziemlich hinweggeht (Dan 2:32.39; Dan 7:5.6.17). Dagegen haben wir auch wieder einen großen Vorteil dadurch, dass der zweite Teil unseres Buches (Dan 8. und Dan 10-12) sich über eben diese Monarchien ausführlich verbreitet. Hier ist ein fester, über allen Streit erhabener Punkt, von welchem aus der Kampf geführt werden kann. Wir beginnen denselben daher mit einem allgemeinen Vergleich der auf die Weltmacht bezüglichen Gesichte des ersten und zweiten Teils.

II. Kritik der modernen Auffassung

Vergleich der Gesichte des 1. und 2. Teils

Die moderne Auffassung des Buches Daniels erkennt den Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Teil desselben, wie wir ihn oben entwickelt haben, den Unterschied zwischen Weissagungen, welche nur die nähere Zukunft betreffen, nicht an. Nach ihr geht das 2. und 7. Kapitel, wie das 8. und 11. nur auf Antiochus Epiphanes; sie alle sind vaticania post eventum und wiederholen immer dasselbe, nur unter anderen Formen. Es wurde schon in der Einleitung darauf hingewiesen, welche ein geistlose Monotonie dadurch unserm Buch aufgebürdet wird. Und man darf hiergegen nicht etwas einwenden, das 7. Kapitel sei doch jedenfalls eine Wiederholung des 2. und das 11. eine Wiederholung des 8.; denn nicht nur ist immer noch ein großer Unterschied, ob ich etwas zweimal oder ob ich es vier- und fünfmal sage, sondern wir haben auch gesehen, dass das 7. Kap. gegenüber den 2 und das 11. gegenüber dem 8. nicht bloße Wiederholungen enthält, sondern teils andere Seiten, teils nähere Entwicklungen derselben Sache, was z. B. beim 8. Kapitel gegenüber dem 7.. nicht in entsprechender Weise der Fall wäre. Jetzt wird es nun unsere Aufgabe sein, zu zeigen, dass wirklich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Teil besteht, und ass mithin die gegnerische Ansicht mit dem Text des ersten Teiles unvereinbar ist.

1) Wir wollen mit dem einleuchtendstem Punkt beginnen, mit dem Schluss der Gesichte. Mit 2. und 7. Kapitel erscheint beide Male nach den vier Weltmonarchien und zum Gericht über dieselben das messianische Reich, dort unter dem Bild des Steines, welcher das Metallbild zertrümmert, hier in der Gestalt des Menschensohnes, welchem die Herrschaft über alle Welt gegeben wird. Im 8. und im 11-12. Kapitel findet sich davon nichts. Jenes schließt einfach mit dem Tod des Antiochus (Dan 8:25), und dieser Unterschied des Gesichts von den beiden früheren musste sicher dem Propheten selbst gewaltig auffallen: nach dem Gericht über den Kap. 7 geschilderten Feind des Reiches Gottes erscheint der Messias, um für immer die Weltherrschaft einzunehmen; nach dem Tode des im 8. Kapitel geschilderten Feindes, in welchem alle den Antiochus erkennen, erscheint er noch nicht. Wie können nun die beiden Feinde identisch sein?

Allein man beruft sich auf Dan 12:2.3: da sei ja deutlich nach dem Tode Antiochus und nach der durch diesen König über Israel hereinbrechenden Drangsalszeit (Dan 11.45; Dan 12:1) die Auferstehung und somit der Beginn des messianischen Reiches verheißen. Das ist aber eben das Charakteristische, dass hier nur von der Auferstehung die Rede ist, also von dem, was an den Einzelnen geschehen soll , während das 2. und das 7. Kapitel von dem Sturz der Weltreiche durch das Messiasreich reden. Dort ist etwas Individuelles herausgehoben, und die individuelle Bedeutung der Sache wird ausdrücklich noch durch das רַבִּים betont, womit die Ankündigung der Auferstehung Dan 12:2 beginnt; hier ist ein durchaus universelles Ereignis geweissagt, und zwar Kap. 2 und 7. gleichmäßig, während die Auferstehung nur im 12. nicht aber im 8. Kapitel erwähnt wird. Wenn also auch allerdings, wie wir übrigens erst aus dem N. T. sicher wissen, beide Begebenheiten, die Offenbarung des messianischen Reiches und die Auferstehung, gleichzeitig miteinander sind: so ist es doch einleuchtend, dass der Erwähnung der ersteren Tatsache im 2. und 7. Kapitel eine ganz andere Bedeutung zukommt, als der der letzteren im 12. Kapitel.

Dies wird noch deutlicher, wenn wir das Verhältnis, in welchem die Ankündigung der Auferstehung zu der ihr vorangehenden Gesamtweissagung des 11. Kapitels steht, genauer ins Auge fassen und mit dem Verhältnis vergleichen, welches im 2. und 7. Kapitel zwischen dem Anbruch des messianischen Reiches und den demselben vorangehenden Entwicklungen stattfindet. Die מַּשְׂכִּלִים Dan 12:3 erinnern an die מַשְׂכִּילֵים Dan 11:33.35, die מַצְדִּיקֵי הָֽרַבִּים an יִכָּֽשְׁלוּ לִצְרֹוף Dan 11:33. Daraus ersieht man, warum hier überhaupt die Auferstehung erwähnt wird, und zwar mit ausdrücklicher Unterscheidung der Auferstehung zum ewigen Leben und derjenigen zu ewiger Schmach und Schande. Es soll nicht etwa ein Fortschritt in der Geschichtsentwicklung angegeben, sondern es soll auf die ewige Vergeltung hingewiesen werden, die das Verhalten der Israeliten in der großen Versuchungszeit unter Antiochus nach sich ziehen wird: die Bundesbrüchigen sind ewig verloren, die Getreuen aber und besonders diejenigen, welche auch noch andern zur Stärkung dienen und den Weg des Lebens zeigen, werden ewig selig und herrlich. Wir haben hier also das Nämliche vor uns, wie in den Sendschreiben der Offenbarung, Verheißungen für die Überwinder, Drohungen für die Abfallenden. Es soll lediglich der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Einzelnen in der Prüfungszeit und ihrem ewigen Los hervorgehoben werden; über das Temporalverhältnis zwischen dieser Prüfungszeit und der Auferstehung ist nicht das Mindeste ausgesagt*)

*) Es ist also im Grunde nicht einmal notwendig, sich mit H e n g s t e n b e r g (Beitr. I, S 197f) und H o f m a n n (W. u. E. I ; S. 314) auf die prophetische Perspektive zu berufen oder mit H ä v e r n i c k und E b r a r d (Offb. Joh. S. 85f) die Dan 12:1 genannte Zeit bis zur Parusie sich ausweiten zu lassen (nach Analogie von Mt 24:21-29).

Man beachte in dieser Beziehung, dass Dan 12:1 zweimal steht "zu dieser Zeit", während V. 2 und 3. jede Zeitbestimmung fehlt. Nachdem der Engel im Bisherigen bloß den Verlauf der Geschichte geweissagt hat ohne irgend eine Paränese, schließt er nun seine Rede mit dem kräftigsten Motiv zum treuen Ausharren, das sich denken lässt. Dieses Motiv musste umso mächtiger wirken, da die Auferstehung, obwohl schon bei früheren Propheten Spuren davon sich finden (Jes 26:19.21; Hes 37), doch noch nie so klar und gewaltig wie hier verkündigt und namentlich noch nicht so mit der Vergeltung verbunden worden war. Wie sehr dieses Wort auch wirklich gefruchtet hat, zeigt jene makkabäische Mutter mit ihren Söhnen, welche mit dem Bekenntnis der Auferstehung auf den Lippen sich hinrichten ließen, und deren Worte an die unseres Verses erinnern (2Makk 14:23). Anders stellt sich die Sache im 2. und 7. Kapitel. Da handelt es sich wirklich um objektiven Geschichtsfortschritt. Da ist nach dem vierten Reich von einem fünften, dem messianischen, die Rede, welches ebenso dem vierten folgt und ein Ende macht, wie dieses dem dritten usw. Man frage sich nur: macht etwa nach Dan 12:2.3 die Auferstehung Antiochus ein Ende, wie die Erscheinung des Steines oder des Menschensohnes den Weltreichen ein Ende macht? so hat man den gewaltigen Unterschied anschaulich vor sich, der sich auch hier zwischen den Offenbarungen des ersten und zweiten Teils findet. Es ist also klar: die Erwähnung der Auferstehung Dan 12:2.3 ist etwas anderes und hat einen andere Bedeutung als das Kommen des messianischen Reiches im 2. und 7. Kapitel; dies darf beides in keinem Sinn auf eine Linie gestellt werden. Die Weissagung des 11.-12. Kapitels ist daher von derselben Art, wie die des 8.

Und somit haben wir das wichtige Resultat: die (hierher gehörigen) Weissagungen des zweiten Teils schließen mit dem Tod des Antiochus, die des ersten mit dem Sturz der Weltmacht durch das Messiasreich. Es findet mithin, was wenigstens den Endpunkt betrifft, ein bedeutender Unterschied zwischen beiden statt. Und zwar reicht der zweite Teil nicht so weit in die Zukunft hinaus wie der erst. Den da der im 7. Kap, geschilderte Feind der letzte ist, nach dessen Sturz das ewige Messiasreich anbricht, so muss der im 8. und 11. Kap. geschilderte notwendig früher sein. Die griechische Monarchie, die in Antiochus gipfelt, muss also der vierten und letzten, den Daniel 7. geschaut hat vorangehen.

2) Aber nicht bloß in Bezug auf den Endpunkt der Gesichte, sondern auch in Bezug auf den Anfangspunkt und die vorgeführten Weltmächte findet ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Teil unseres Buches statt. Es ist Tatsache, d,ass im 2. und 7. Kapitel je von vier, im 8. und 11. dagegen nur von zwei Weltreichen die Rede ist, nämlich von dem medopersischen und griechischen (Dan 8:20.21; Dan 11:2). Dass der erste Teil auch noch das babylonische Reich hinzunimmt, darüber ist n ach Dan 2:37.38 ebenfalls kein Streit.

Nun ist bei der Ansicht der Gegner überhaupt schon kein vernünftiger Grund einzusehen, warum der makkabäische Verfasser sich so viel Mühe mit den alten, längst untergegangenen Weltreichen gemacht hat. Wenn derselbe mit seiner Schrift eine Aufrichtung seiner duldenden und kämpfenden Volksgenossen beabsichtigte (D e W e t t e, Einl. ins A. T. S. 390), so war es doch ein recht unnützer Aufwand von historischer Gelehrsamkeit, den er seinem Buch niederlegte. Man denke namentlich an das 11. Kap., welches bei der Annahme eines vaticinium post ebentum in Wahrheit noch unerklärlicher wird, als wenn man es nimmt, wie es sich ergibt. Gerade da, wo es auf eine zündende begeisternde Wirkung im Moment ankam, konnte der angebliche Verfasser doch kaum eine unglücklichere Form wählen, als die einer solchen ausführlichen, historischen Entwicklung, die für alle nach der Erfüllung Lebenden so mancherlei Kenntnisse voraussetzt und ein langsames, mühseliges Studium erfordert. Würde er da nicht weit eher die begeisterte Rede der alten Propheten gewählt haben, die ihm doch, wie wir aus dem Gebet des 9. Kap. sehen, auch zu Gebote stand? Wie konnte er überhaupt seinen Landsleuten in einer solchen Zeit den Glauben an eine ganz neue, bisher noch nie dagewesene Art der Weissagung zumuten? Da waren alte, vaterländische Akkorde anzuschlagen! Wie konnte er hoffen, mit solchen Menschensündlein gelehrter Dichtung das Volk Gottes zu begeistern? Wahrlich, wenn die Israeliten damals erst in der Hitze der Verfolgung unser Buch kennenlernen und studieren mussten, wenn es bei ihnen nicht längst in Fleisch und Blut übergegangen war, so hat es ihnen nichts genützt.