Das weisssagende Wort als Wegweiser: Unterschied zwischen den Versionen

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(Die Offenbarung als Abschluss des gesamten Schriftzeugnisses)
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Hier isst die Stelle, wo über die Offenbarung zu sprechen ist. So wie das Wort Daniels Licht wirft auf die Zeit bis zum Sieg Roms, so gibt die Offenbarung Licht über die Zeit zwischen dem Sieg Roms und dem Kommen des Gottesreichs in Kraft. Aber mühelos ist der Überblick über den Gang der Menschheit im Licht der Offenbarung trotzdem nicht. Es ist ein nachdenkendes Eindringen in dieses letzte Buch der Schrift nötig und ein eifriges Bemühen um das Verständnis des Geschichtsverlaufs im Licht dieses weissagenden Wortes, um die göttliche und die ungöttliche Linie im Geschichtslauf wahrzunehmen von der apostolischen Zeit an bis  zur Gegenwart und von der Gegenwart bis zur Endzeit.  
 
Hier isst die Stelle, wo über die Offenbarung zu sprechen ist. So wie das Wort Daniels Licht wirft auf die Zeit bis zum Sieg Roms, so gibt die Offenbarung Licht über die Zeit zwischen dem Sieg Roms und dem Kommen des Gottesreichs in Kraft. Aber mühelos ist der Überblick über den Gang der Menschheit im Licht der Offenbarung trotzdem nicht. Es ist ein nachdenkendes Eindringen in dieses letzte Buch der Schrift nötig und ein eifriges Bemühen um das Verständnis des Geschichtsverlaufs im Licht dieses weissagenden Wortes, um die göttliche und die ungöttliche Linie im Geschichtslauf wahrzunehmen von der apostolischen Zeit an bis  zur Gegenwart und von der Gegenwart bis zur Endzeit.  

Version vom 26. April 2020, 17:34 Uhr

Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: 4. Der Gang des Gottesreiches durch die Menschheit

in Bearbeitung

2. Teil
Vom apostolischen Zeitalter bis zur Gegenwart

Bis zu diesem Punkt gibt die Bibel deutliche Hinweise zum biblischen Verständnis des Geschichtsverlaufs. Wie soll die nun folgende lange Zeit der Kirchengeschichte verstanden werden, d. h. sowohl die Geschichte der Kirchen selber, als auch die Stellungnahme der Völker zum Evangelium und zu den Kirchen? Gerade diese Zeit möchten wir verstehen, weil sich auf ihr die Gegenwart auftut. Gibt die Schrift auch für diesen wichtigen Zeitraum eine Wegweisung?

1. Das weisssagende Wort als Wegweiser

Abschluss des gesamten Schriftzeugnisses

Hier isst die Stelle, wo über die Offenbarung zu sprechen ist. So wie das Wort Daniels Licht wirft auf die Zeit bis zum Sieg Roms, so gibt die Offenbarung Licht über die Zeit zwischen dem Sieg Roms und dem Kommen des Gottesreichs in Kraft. Aber mühelos ist der Überblick über den Gang der Menschheit im Licht der Offenbarung trotzdem nicht. Es ist ein nachdenkendes Eindringen in dieses letzte Buch der Schrift nötig und ein eifriges Bemühen um das Verständnis des Geschichtsverlaufs im Licht dieses weissagenden Wortes, um die göttliche und die ungöttliche Linie im Geschichtslauf wahrzunehmen von der apostolischen Zeit an bis zur Gegenwart und von der Gegenwart bis zur Endzeit.

Die im folgenden gegebene Verwendung der Offenbarung wertet die Offenbarung als Abschluss des gesamten Schriftworts. Die alten Nachrichten machen es wahrscheinlich, dass dieses Buch auch zeitlich den Abschluss der Bibel bildet, in dem Sinn, dass sämtliche anderen Schriften des Neuen Testaments ihm vorausgehen. Aber selbst wenn es zeitlich nicht die letzte Schrift der Bibel wäre, so bildet es inhaltlich doch den Abschluss nicht bloß des Neuen Testaments, sondern der ganzen Bibel. Es fasst die gesamte Weissagung der Schrift zusammen, die der Propheten, aber auch die Jesu in seinen irdischen Tagen und die der Apostel. Es ist weder als Geringschätzung der übrigen Weissagung gemeint, noch ist es tatsächlich eine solche, wenn der Blick vorwiegend auf der Offenbarung ruht. Die Christenheit könnte ohne die letztere die andern weissagenden Abschnitte der Schrift nur schwer verstehen; denn es würde das Einheitsband fehlen. Aber das ist richtig, dass die genannten Abschnitte ihrerseits wieder da Wort der Offenbarung verdeutlichen und ergänzen. Es ist gut, wenn die gesamte Weissagung der Schrift ineinander gesehen wird als eine große Einheit. Dann lösen sich die scheinbaren Widersprüche auf; und was noch nicht ganz deutlich ist, das wird durch den Fortgang der göttlichen Regierung noch deutlich werden.

Die Offenbarung ist der Abschluss der Weissagung der Schrift; aber auch der Abschluss des übrigen Schriftinhalts. Nirgends ist die unsichtbare Welt und die Vorgänge in ihr so zusammenfassend und deutlich dargestellt wie im letzten Buch der Bibel. Es beschreibt nicht bloß die kommenden Ereignisse und die kommende Welt, sondern auch die jetzige Regierung Gottes. Was Johannes in Offb 1:9-20 sah vom lebendigen Herrn, der trotz seiner Erhöhung unter seinen Gemeinden anwesend ist, ist eine wichtige Ergänzung der Evangelien und der Briefe. Und Offb 4 und 5 und eine Reihe anderer Stellen geben geben wichtige Blicke in das überirdische Geschehen, das allem irdischen Geschehen zur Seite, ja vorausgeht. Ferner: das Bild der Gemeinde Gottes und Christi, wie es sein sollte und wie es meist an allerlei Trübungen leidet, ist kaum irgendwo so schlicht und doch so eindringlich gezeichnet, wie in Offb 2 und 3. Auch das Evangelium mit seinem Angebot der vollen Gnade und mit dem durchdringenden Bußruf ist deutlich gesagt. Vor allem aber macht die Offenbarung das Auge hell für die unheimlichen Mächte der Finsternis und zeigt, in welch ungeahntem Maße die menschliche Geschichte von ihnen beeinflusst ist. Diesem Offenstehen der Menschheit für die satanische Welt entsprechen die Gerichte Gottes, die in der Endzeit und bei der Entscheidung an Schärfe zunehmen. Beide, die Bezeugung der Verhaftung der Menschheit an die teuflischen Mächte und die Bezeugung der Gerichte Gottes, ist lange für übertrieben gehalten worden. Aber die Empfindung der Wirklichkeit dieser Schrecknisse ist wacher geworden, seit der Weltkrieg und seine Folgeerscheinungen den Traum von der stetigen Aufwärtsentwicklung der Menschheit empfindlich gestört haben.

Was nun im vorliegenden Zusammenhang an der Offenbarung besonders geschätzt wird, das ist das weissagende Wort in ihr. Wichtig ist gleich der Eingang, mit welchem Johannes das Buch einführt: es ist eine Enthüllung Gottes an Jesus Christus für seine Gemeinde (Offb 1:1-3). Hier kehrt die schlichte Arte wieder, wie Jesus in seinen irdischen Tagen sprach, als er die fragen der Jünger nach den kommenden großen Ereignissen beantwortete: er stellte sein Wissen, obwohl er der Sohn war, unter das des Vaters (Mt 24:36; Mk 13:32). Auch in seinem erhöhten Stand ist er mit seinem Handeln und Wissen an den Vater gebunden. Aber er durfte auch das verschlossene Buch öffnen, als er am Thron und auf dem Thron angelangt war. Der Vater ließ ihn an seinem ganzen Ratschluss teilnehmen und übertrug ihm die Ausführung des Heilsplans. So ist Offb 1:1-3 zugleich eine Bezeugung der Majestät Christi. Ob die Schranke, von der er noch in seinen irdischen Tagen sprach, nicht in seinem jetzigen Herrlichkeitsstand gefallen ist, so dass vor ihm jetzt alles klar und aufgedeckt daliegt? Der Vater hat ihm alles übergeben! Dann hat er aber auch das Recht, über die von ihm selbst in Mk 13:32 gezogene Grenze hinaus zu geben und mehr zu offenbaren als in den Tagen seines Fleisches, zumal je näher es seinem Heraustreten aus der Verborgenheit entgegen geht.

Auslegung der Offenbarung

Leicht ist die Auslegung der Offenbarung nicht. Das zeigt ein Blick auf die verschiedenen Arten der Auffassung dieses Buches, von denen 4 unterschieden werden können. Am wenigsten verträgt sich mit der Wertung der Offenbarung als "Schrift" die sog. zeitgeschichtliche Auffassung, die darin in der Hauptsache einen Hinweis auf die Zeit sieht, welche dem Erscheinen des Buches unmittelbar folgte. Dabei wird Babel auf das Rom der Kaiserzeit gedeutet und in Offb 11 wird ein Hinweis auf den Fall Jerusalems durch die Römer gesehen. Eine Folge dieser Auffassung ist, dass man dann die Offenbarung noch vor das Jahr 70 legen muss, während, wie bereits bemerkt, alte Nachrichten sie in die Zeit des Kaisers Domitian verlegen, etwas in das Jahr 95. Nun soll nicht bestritten werden, dass das Buch zur Mahnung und zum Trost für seine damaligen Leser bestimmt war; aber wenn es nur die Ereignisse der nächstfolgenden Zeit hätte darstellen sollen, dann wäre es durch den Gang der Geschichte widerlegt worden. Denn ein großer Teil des Inhalts handelt von der Endzeit, wenngleich die unwiderlegbare Feststellung, welche Stücke des Buchs NUR endgeschichtlich verstanden werden dürfen, schwierig ist. Und die eigentliche Endzeit ist immer noch nicht da, obwohl viele Jahrhunderte vergangen sind, seitdem jene 7 Gemeinden in Kleinasien das Buch zu lesen bekamen. Wäre die Offenbarung wirklich NUR zeitgeschichtlich zu verstehen, dann könnte sie zum Verständnis der Zeit seit 70 wenig beitragen.

Einen andern Weg der Deutung der Offenbarung hat die sog. reichsgeschichtliche Auslegung der Offenbarung beschritten, die in ihr den grundsätzlichen, durch die ganze Geschichte bis zum Ende fortgehenden Kampf zwischen Gottesreich und Weltreich abgebildet sieht und auf Einzeldeutung lieber verzichtet. Vielleicht ist manchem ein Dienst getan durch den Hinweis auf ein älteres Buch, das aber keineswegs veraltert ist. Es ist das Buch des Baslers Karl August Auberlen aus dem Jahre 1854: "Der Prophet Daniel und die Offenbarung des Johannis, in ihrem gegenseitigen Verhältnis betrachtet und in ihren Hauptstellen erläutert." Auberlen vertritt die oben genannte reichsgeschichtliche Deutung der Offenbarung. Ebenso wichtig wie das, was er in seinem Buch über die Offenbarung sagt, sind seine Ausführung über Daniel. Sie haben gegenüber den mancherlei Zweifelsfragen, die z. T. unnötig sind, eine befreiende Wirkung.

Andere sahen in den Siegel- und Posaunengesichten eine prophetische Vorausdarstellung der Weltgeschichte und in den Aussagen über die 7 Gemeinden eine Schilderung von kirchengeschichtlichen Zeiträumen. So wird die Offenbarung im trefflichen Dächsel'schen Bibelwerk verstanden. Die Beobachtung der Kirchengeschichte durch diesen Spiegel hat vieles Ansprechende zutage befördert. Aber sie wird weder der Geschichte noch dem weissagenden Wort gerecht. Bald muss id erstere, bald das letztere gepresst werden. Deshalb kam bei dieser Auffassung auch keine Übereinstimmung der Auslegungen zustande. Immerhin sind auch heute noch solche Ausführungen wie die von Dächsel mit Gewinn zu lesen.

Die neueren Ausleger neigen in der Mehrzahl der sog. endgeschichtlichen Deutung zu, die in der Offenbarung eine Darstellung der schweren, dem Reich Gottes vorangehenden Endzeit sieht. Eine treffliche, übersichtliche Einführung in diesem Sinn, aber unter eingehender Berücksichtigung der anderen Auffassungen, namentlich Bengels, gibt der Pfarrer Th. Weber in seiner Schrift mit dem Titel: "Zur Auslegung der Offenbarung des Johannes" (Licht und Leben-Verlag Elberfeld 1920) Auch die Siegelgerichte (Offb 6) werden da schon endgeschichtlich gedeutet. Das Gesicht vom 1. Reiter sieht er verwirklicht im Siegeslauf der Mission im 19. und 20. Jahrhundert; das 2. Siegel habe seine Erfüllung im Weltkrieg gefunden.

Aus allen Auffassungen der Offenbarung ist zu lernen, auch aus der zeitgeschichtlichen. Die letztere hält den Blick in der Nähe fest: "Siehe, ich komme bald!" Die reichsgeschichtliche lässt den Blick nicht abirren vom Reich Gottes. Die kirchengeschichtliche bezeugt, dass das Ende sich schon längst vorher anbahnt. Die endgeschichtliche mahnt, sich das Auge durch die vielen Augenblickserscheinungen nicht blenden zu lassen, sondern es klar auf die eingreifende und doch selige Wendung hin zu richten.

Der Weg des Gerichts

Bezüglich der Siegelgerichte wagt der Verfasser dieses Buchs keine bestimmte Aussage, wie sie zu deuten seien. Aber er hält es für wohl möglich, dass Offb 6. einen Überblick über den Gang der Geschichte gibt, seitdem das Evangelium um seine Aufnahme ringen muss. Trotz aller Schwierigkeiten geht es seinen Siegeszug durch die Welt: die von ihm Besiegten und die dann mit demselben Siegenden sind die Glieder der Gemeinde Jesu. Aber auf der Erde selber kann trotzdem der ihr seinerzeit bei Jesu Geburt angekündigte Friede noch nicht einkehren, weil sich die Menschheit als Ganzes der Herrschaft Christi noch nicht unterordnet ; vielmehr muss die Welt als Folge ihrer verkehrten Haltung Kriege und Mangel und Sterben auskosten. Die Gemeinde Jesu muss dies alles mit hindurch gehen und auf sie legt sich noch eine besondere Last: sie wurde und wird zur Märtyrergemeinde (5. Siegel) Gott lässt sein Reich doch kommen (nicht ausdrücklich beschriebenes 7. Siegel); aber es kommt nur nach furchtbaren Erschütterungen, die bis zum Abbruch der jetzigen Welt fortschreiten (6. Siegel). So mag es wohl sein, dass die Siegelgerichte die ganze Zeit seit Christi Kreuz ausfüllen; aber was durch die ganze Zeit hindurchgeht, kann in der Endzeit selber und in der in die Endzeit ausmündenden Zeit in verstärktem Maß in Erscheinung treten. Gerade in den letzten Zeiten des Geschichtslaufs mach das Evangelium reiche Beute, aber die Erschütterungen der Völkerwelt und im Naturgebiet und der Kampf gegen die Gemeinde Jesu werden ebenfalls stärker. In einer solchen Deutung reichen sich alle Auffassungen der Offenbarung die Hand.

Ob es aber möglich ist, die Posaunengerichte schon vor die Endzeit zu setzen, das ist fraglich. Der Trompetenstoß ist das Zeichen, dass ein wichtiges Ereignis bevorsteht. So ist es wahrscheinlich, dass die Gerichte, die mit den Posaunen angedeutet sind, das Ende ankündigen sollen, nicht das Ende der Welt, sondern das Ende des widergöttlichen Menschheitsganges. Eine Einreihung der Posaunengerichte in die bereits vergangene Geschichte wäre nur möglich unter weitgehender Umdeutung. Dass für das Verständnis Schwierigkeiten bestehen bleiben, auch wenn man die Erfüllung dieser Weissagungen erst am Eingang der Endzeit annimmt, ist richtig. Denn die ersten vier Posaunen werden dann wohl nur verstanden werden können als Naturereignisse von einer uns bis jetzt noch unbekannten Schwere und die 5. Posaune (das 1. Wehe) als der Einbruch höllischer Mächte in die Gott entfremdete Menschheit. Doch verlieren diese Gedanken ihr Befremdendes, wenn bedacht wird dass die Schrift öfter von Erschütterungen der Naturordnung in der Endzeit redet, und dass eine Überflutung der Menschheit mit satanischen Mächten nicht verwunderlich ist, da ja die Menschheit zuletzt ganz unter teuflischen Bann geraten soll. So ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die Posaunengerichte noch bevorstehen und an den Beginn der eigentlichen Endzeit gehören.

Auf festerem Boden steht die Auslegung der 6. Posaune (dem 2. Wehe) an. Denn dieses Wehe reicht bereits in die antichristliche Zeit hinein (Offb 11:14). Für diese werden 2 mal 3 1/2 Jahre genannt. Wenn diese Zeitbestimmung wirklich genommen werden darf - wogegen kein triftiger Gegenstand geltend gemacht werden kann, zumal da die 3 1/2 Jahre auch mit 1260 Tagen und 42 Monaten gleichgesetzt werden (Offb 11:2.3; Offb 12:6.14) - dann gehört das 6. Posaunengericht in die Endzeit. Die 7. Posaune füllt deren Schluss aus, der 42 Monate währen soll (Offb 13:5), und der nach den 7 Zornschalen hinüber leitet in das Reich Gottes auf Erden, das nach der in Offb 20:2.3.4.5.7 gebrauchten Zeitbestimmung gerne das 1000-jährige Reich genannt wird. Es hat eine Zeit gegeben, wo sogar dieses Reich, an dessen Zukunftscharakter kaum mehr gezweifelt wird, als schon gekommen betrachtet wurde. Die Offenbarung schließt ab mit einem Blick in die neue Welt.

Der Abfall von Gott

Wenn nun nach dem bisherigen anzunehmen ist, dass die Erfüllung der Weissagung von Offb 8 an, ja von Offb 6:9 an noch in der Zukunft liegt, so erscheint die Ausbeute für das Verständnis der langen Zeit seit der Zerstörung Jerusalems bis zur Gegenwart, ja bis zum Beginn der eigentlichen Endzeit, als gering. Aber wenn auch bisher noch keine unmittelbare Wegleitung genannt wurde, so enthält die Offenbarung doch eine Reiche wichtiger Bezeugungen, die wegweisend wirken. Es seien die wichtigsten genannt: die menschliche Geschichte mündet nicht geradlinig in das Reich Gottes ein, vielmehr geht der Menschheitsgang in Unbußfertigkeit und Verhärtung Gott gegenüber aus. Die Menschheit geht schließlich in offene Empörung über gegen Gott und seinen Christus; die Welt wird offenkundig widergöttlich und antichristlich. Alle sündige Selbstherrlichkeit ballt sich schließlich zusammen in einem die ganze Menschheit umfassenden Reich unter einem von satanischem Willen geleiteten Menschheitsführer und mit einer allen Abfall von Gott zusammenfassenden Welthauptstadt, Großbabel, genannt.

Diese Bezeugungen der Offenbarung, die denen aus Jesu Mund und in den Briefen der Apostel entsprechen, gehören freilich an den Schluss der menschlichen Geschichte, Aber darf angenommen werden, dass der Menschheitsgang erst am Schluss diese schlimme Wendung nehmen werde? Vielmehr steht es so, dass der schlimme Ausgang nur zur Reife bringt, was sich längst angebahnt hat. Der Sündenfall und die Verwerfung Jesu in seinen irdischen Tagen erhält durch die in der Schrift bezeugten Schlussereignisse nur seine Spitze. Wenn es aber so ist, dann ist in der Schrift bezeugt, dass das Angebot des Evangeliums die Menschheit als Ganzes nicht für Christus gewinnen kann. Damit ist weiter gesagt, dass eine wohlgemute Betrachtung der Welt- und Kirchengeschichte seit der Apostel Zeit der Schrift nicht entspricht.

Trotzdem leitet die Weissagung nicht zur Schwermut, zum Pessimismus, an. Das Reich Gottes kommt trotz allem. Aber auf dem Weg des Gerichts. Das gerichtliche Eingreifen Gottes wird gegen das Ende des gegenwärtigen Zeitlaufs zunehmen. Der Widerstand gegen Gott und Christus wird schließlich durch Christi Eingreifen abgebrochen, aber erst nachdem die Gemeinde Christi durch Drangsal und Tod hindurch gegangen ist.

Dieses Schlussbild der Offenbarung vom Gang der Menschheit ist eine große Hilfe für das Verständnis der geschichtlichen Linien trotz der drückenden Empfindungen, die ein derartiger Ausblick auslöst. Aber zugleich entsteht an diesem Zukunftsbild eine Reihe von Fragen: wie kommt es zu solch schlimmen Ausgang? Gibt es Entwicklungsstufen auf dem Weg dahin? Wie kann trotz des Vorhandenseins der Kirchen ein für die Kirchen beschämendes Schlussergebnis zustande kommen? Kann man in der Vergangenheit und Gegenwart bereits etwas wahrnehmen von einer abwegigen kirchlichen Entwicklung? So ist ersichtliche, dass für eine biblische Erkenntnis der Menschheitsgangs seit dem Anfang unserer Zeitrechnung noch manche Frage offen bleibt.

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