Das siebte Gesicht "im Himmel"

Aus Bibelwissen
Version vom 21. März 2020, 16:29 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Die erste Äußerung)

Wechseln zu: Navigation, Suche

Abschrift des Buches: Die Apokalypse oder der Tag des Herrn
Verfasser: Verfasser: E. W. Bullinger (1902)

In Bearbeitung

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: Das sechste Gesicht "auf Erden" 3. Teil - Offb 18

Das siebte Gesicht "im Himmel"

Offb 19:1-16

Wir gelangen und zu dem letzten der sieben "im Himmel" geschauten Gesichte, Offb 19:1-19, das uns sie letzten himmlischen Äußerungen und Handlungen vorführt und die fünf Endgerichte einleitet und erklärt. Die Endgerichte beschließen die Dinge dieser Zeit und führen hinüber zur Ewigkeit.

Dieses letzte Gesicht "im Himmel" zerfällt in zwei Teile, von denen jeder seinen eigenen vom anderen unabhängigen Gedankenaufbau hat. Der erste Teil enthält die Worte der himmlischen Stimmen, und der zweite schildert die Taten der himmlischen Wesen.

H - Offb 19:1-16 = das siebte (und letzte) Gesicht "im Himmel"
H - P - Offb 19:1-10 = die letzten himmlischen Äußerungen.
Q - Offb 19:11-16 = die letzten himmlischen Handlungen.

Beide Teile werden nacheinander erweitert werden, damit Schönheit und Ziel jedes Teiles sichtbar wird.

Die letzten himmlischen Äußerungen

Wir haben schon auf die siebzehn himmlischen Äußerungen in den sieben Gesichten "im Himmel" aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass zehn davon im ersten und letzten Gesicht vorkommen, nämlich sechs im ersten (Offb 4-5) und vier im letzten (Offb 19:1-10). Der ganze Himmel scheint bei der ersten Ankündigung und Eröffnung der Endgerichte, die zum Rauswurf des Usurpators führen, in Erregung zu geraten, und auch bei den letzten Szenen dieser Gerichte ist der ganze Himmel in Bewegung.

Nur in der ersten und letzten Vision im Himmel hören wir die Äußerungen der vier Lebewesen. Das erste Mal preisen sie Gott, dass endlich Seine Zeit gekommen isst, in die Geschichte dieser Welt einzugreifen und Seinen Streit mit ihr und dem Satan zu Ende zu führen. Und dann hören wir sie wieder in Offb 19, wo der große Kampf vorüber ist.

Nur in diesen beiden Visionen vernehmen wir ihre bedeutsamen Worte. In allen andern Gesichten im Himmel schweigen sie.

Das zeigt uns, dass wir dem Ende nahe kommen und bereitet uns auf die letzten Taten im Himmel (Offb 19:11-16) vor.

Der Gedankenaufbau scheint hier nicht von den Äußerungen selbst beherrscht zu erden. Die Erregung im Himmel ist nicht in die Ordnung der literarischen Form gebracht. Dennoch ist der Gedankenaufbau as Ganzes betrachtet vollkommen, und die Äußerungen sind in bedeutsamer Weise dadurch gekennzeichnet, dass sie mit dem Niederfallen und der Anbetung erst der Ältesten und dann des Johannes abwechseln. Das wird besonders hervorgehoben, ebenso wie auch die Stimme der "großen Schar". (siehe den Gedankenaufbau weiter unten).

In A und A haben wir die erste und vierte Äußerung, während in B und B die Hure und das Weib in strengem Gegensatz zueinander gestellt sind, der Rauch, der einem zum Kleid und der Seligkeit der anderen.

In C und C ist die Rede von dem Niederfallen der Anbetenden, in C von der Anbetung der Ältesten und in C von der des Johannes. Jedes Mal ist eine Ermahnung damit verbunden, die bei C an die Knechte und bei C an Johannes, den Mitknecht, gerichtet ist.

Die vier Äußerungen selbst sind so angeordnet dass wir in der 1. und 4. die Stimme Vieler vernehmen, die von den beiden symbolischen Weibern, der Hure und dem Weib, reden, während wir in der 2. und 3. Äußerung Stimmen vom Thron ausgehend hören, die von Gott sprechen.

x - Offb 19:1-3 = Viele (über die Hure)
y - Offb 19:4 = Die Ältesten und die Lebewesen (Anbetung Gottes)
y - Offb 19:5 = Stimmen vom Thron her (Lob Gottes)
x - Offb 19:6-7 = Große Schar (redend vom Weib)

Die beiden Mittelglieder haben den Thron und Gott zum Thema: das eine handelt von der Anbetung Gottes (Offb 19:4), das andere vom Lob Gottes (Offb 19:5).In einem fallen die Ältesten und die Lebewesen vor dem Thron nieder, im anderen geht die Stimme vom Thron aus.

Im ersten und vierten Glied (denn diese vier letzten Äußerungen sind als Einwärtskehrung angeordnet) entsprechen sich die "großen Scharen" von Offb 19:1 uKursiver Textnd die "große Schar" von Offb 19:6. Wir sehen da auch den scharfen Gegensatz zwischen der Vernichtung der Hure und dem Segen des Weibes.

Dieser herrliche Gedankenaufbau zeigt uns die Wichtigkeit des Gegenstandes, der uns in dem Kapitel vor Augen gestellt ist, und die letzten himmlischen Stimmen, die wir hören, tun uns den Ernst der Endgerichte kund, die nachher geschildert werden.

Alles ist vollkommen, denn alles ist göttlich. Die Äußerungen beschließen Gottes Verkündigungen, und die fünf Endgerichte beendigen den großen Streit der 1Mo 3:15 begann und in Offb 20 zum Abschluss kommt.

Folgendes ist der Gedankenaufbau des ganzen Gliedes Offb 19:1-10, das die vier letzten himmlischen Äußerungen enthält:

A - a - Offb 19:1 = Die Stimme der großen Schar.
b - d - Offb 19:1 = Halleluja
e - Offb 19:2.3 = Grund (1. Äußerung)
B - Offb 19:3 = Der Rauch und die Vernichtung der Hure.
C - f - Offb 19:4 = Niederfallen der Ältesten (2. Äußerung)
g - Offb 19:5 = Ermahnung vom Thron aus (3. Äußerung) an die Knechte Gottes.
A - a - Offb 19:6 = Die Stimme der großen Schar.
b - d - Offb 19:6.7 = Halleluja
e - Offb 19:7 = Grund (4. Äußerung)
B - Offb 19:8.9 = Das Kleid und die Seligkeit des Weibes
C - f - Offb 19:9.10 = Niederfallen des Johannes
g - Offb 19:10 = Ermahnung des Engels an Johannes, seinen Mitknecht.

Die Stimme der großen Schar

Offb 19:1
Danach hörte ich wie eine laute Stimme von vielem Volk im Himmel, die sprachen
Das stellt uns auf sicheren Grund, da uns kundgetan wird, dass das Gesicht wieder zum siebten und letzten Mal "im Himmel" geschaut wird. Die Stimme, auf die wir lauschen, und die Worte, die wir vernehmen sollen, wollen uns vorbereiten und uns alles erklären, was geschehen wird. Babylon ist zerstört worden, und es ist gerade die Aufforderung ergangen: "Freue dich über sie. Himmel!" Hier wird dem Befehl Folge geleistet, der ganze Himmel freut sich. Babylons Bewohner haben geschrien: "Weh, weh!" Ihre Kaufleute weinten und klagten, weil ihr Markt dahin war. Nun freut sich der ganze Himmel darüber, dass die Erlösung da ist, es ertönt der Ruf: "Halleluja, Halleluja!"

Die Vernichtung der Hure

Die erste Äußerung

"Halleluja! Das Heil und die Herrlichkeit und die Kraft unseres Gottes ist erschienen.
Das Attribut Gottes ist ein dreifaches, nicht vierfaches, wenn wir mit den ältesten und besten Handschriften "die Ehre" weglassen. Die Äußerung ist eine Ellipse, denn es ist kein Verbum darin. Es muss also ein Verbum gesetzt werden. Wir könnten hinzufügen "sei"; doch es scheint noch besser, die Worte zu lassen, wie sie oben stehen und am Ende zu setzen: "ist erschienen". Denn diese Tatsache soll durch die Äußerung der großen Scharen gefeiert werden; der Grund dazu wird unmittelbar darauf hinzugefügt.

Hier steht zum ersten Mal im Neuen Testament das Wort "Halleluja". Es ist ein zusammengesetztes hebräisches Wort (Hallelu-Ja) preiset Ja. Es kommt im ganzen achtundzwanzig Mal im Alten und Neuen Testament*) vor, vierundzwanzig Mal im alten und viermal im Neuen Testament.

*) In sieben Psalmen je einmal: Ps 104:35; Ps 105:45; Ps 111:1; Ps 112:1; PS 115:18; ps 116:19; Ps 117:2 In sieben Psalmen je zweimal: Ps 106:1.48; Ps 118:1.9; Ps 146:1.14; Ps 147:1.20; Ps 148:1-9; Ps 150:1.6. In einem Psalm dreimal: Ps 135:1.3.21. Das sind zusammen 24 Mal, oder zweimal zwölf, wodurch die göttliche Herrschaft auf Erden bezeichnet wird. Fügen wir die vier der Offenbarung hinzu, so haben wir 28, oder viermal sieben, wodurch die geistliche Vollkommenheit mit Bezug auf die Erde ausgedrückt ist.

Die griechische Schreibweise im Neuen Testament ist alleluia und das Wort ist, wie auch im Alten Testament, nicht übersetzt worden. Das erste Vorkommen des Wortes im Alten Testament Ps 104:35 stimmt in bezeichnender Weise mit dem ersten Vorkommen im Neuen Testament überein.

Die Sünder müssen ein Ende nehmen auf Erden, und die Gottlosen nicht mehr sein. Lobe den Herrn, meine Seele! Halleluja!"

Ebenso hier in Offb 19:1. Die Äußerung beginnt und endet mit dem Wort "Halleluja". Ja wird aus einem ähnlichen Grund gepriesen, denn endlich ist das Heil und die Herrlichkeit und die Kraft Gottes erschienen, kundgetan in dem Gericht von Offb 18 und Offb 19:11-16, wo die Sünder von der Erde vertilgt und die Bösen nicht mehr sein werden, wo Gottes Volk gerächt werden soll.

Weil die Äußerung mit demselben Wort beginnt (Offb 19:1) und endet (Offb 19:3), so ist sie eine rednerische Figur (Epanadisplosis), welche die Behauptung eindrücklich machen will und sie als ebenso vollständig wie wichtig kennzeichnet.

Ja, endlich wird das Heil erschienen sein in der vollkommenen Befreiung der Erde von der Gewaltherrschaft Satans.

Worüber die Menschen auf Erden klagen, darüber jauchzen die großen Scharen im Himmel. "Weh, weh!" rufen, singen die andern: "Halleluja, halleluja!" So verschieden urteilt der Himmel über die Dinge dieser Welt. Der Dank gilt der Rache und der Vergeltung. Darum gehört er der zukünftigen Zeit des Gerichts an, nicht dem gegenwärtigen Bund der Gnade.

Die christliche Gemeinde singt jetzt auf eRden ihr Halleluja. Hier wie auch sonst in der Heiligen Schrift ist das Wort mit den furchtbaren Gerichten Gottes über Seine und Seines Volkes Feinde verbunden; es ist der Lobpries für eine völlige Vergebung.

Offb 19:2.3
2. "Denn wahrhaftig und gerecht sind Seine Gerichte, denn Er hat gerichtet die große Hure, welche die Erde mit ihrer Hurerei verdarb, und hat das Blut Seiner Knechte an ihrer Hand gerächt."
3. Und zum zweiten Mal sprachen sie: "Halleluja!"

So ist also der besondere Grund, der den ganzen Himmel zum Lobe veranlasst, das Gericht über Babylon, das endlich vollendet ist, und die Vergeltung für das Blut aller Heiligen Gottes.

Hier wird Bezug genommen auf "das Lied des Moses" (5Mo 32:43)

"Jauchzet alle, die ihr Sein Volk seid;
denn Er wird das Blut Seiner Knechte rächen;
und wird sich an Seinen Feinden rächen
und gnädig sein dem Lande Seines Volkes."

In Offb 6:10 ertönt der Ruf: "Herr, Du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest Du nicht und rächest unser Blut an denen, die auf Erden wohnen?
Darum erschallen alle Lobpreisungen und Freudenrufe, weil dieser Ruf nun endlich erfüllt und das Gericht erschienen ist.

Die Vernichtung der Hure

3. Und der Rauch von ihr gehet auf ewiglich. Die Vernichtung der großen Hure ist (durch den Gedankenaufbau= dem 8. und 9. Vers gegenübergestellt, wo wir (in B) das Kleid und die Seligkeit des Weibes haben. Es geht ähnlich zu wie bei der Zerstörung des Weibes haben. Es geht ähnlich zu wie bei der Zerstörung von Sodom und Gomorra, welche "leiden des ewigen Feuers Pein (Jud 1:7). Es gibt ewige Feuer, die nicht gelöscht werden können. Solch ein Feuer wird Babylon endlich zerstören. Das wird schon in Offb 14:11 (siehe Offb 18:9) angedeutet.

Das Niederfallen der Ältesten

Offb 19:4
Und die vierundzwanzig Ältesten und die vier Lebewesen fielen nieder und beteten an Gott, der auf dem Thron sitzt, und sprachen: "Amen, Halleluja!"
Jetzt erscheinen wieder die Ältesten. Wir haben oben bei Offb 5:9.10 gesehen, dass sie nicht die christliche Kirche noch überhaupt Menschen sind, auch nicht Erlöste, obwohl sie von Erlösung reden. Hier werden sie zum letzten Mal erwähnt. Sie treten da vor uns, wo der Thron zum Gericht aufgerichtet wird. Nachdem das Gericht vollendet ist, erscheinen sie nicht mehr. Sie sprechen nur das bedeutende Wort "Amen", wodurch sie allem zustimmen, was geschehen ist, und "Halleluja", um Jehova zu preisen, dass die Vergeltung endlich vollendet ist. Ihr Niederfallen steht dem Niederfallen des Johannes gegenüber (in f = Offb 19:10), und wie Johannes dem Mitknecht, eine Ermahnung gegeben wird, so erhalten auch hier die Knechte Gottes die Mahnung, Gott zu preisen.

Offb 19:5
Und eine Stimme ging aus vom Thron und sprach: "Lobet unsern Gott, alle Seine Knechte (Ps 134:1), und die Ihn fürchten, beide klein und groß" (Ps 115:13).
Hier werden wir zweimal deutlich auf die Psalmen verwiesen, wodurch gezeigt wird, dass die Auslegung diese Worte in Verbindung mit Gottes volk auf erden stellen muss, denn auf dieses Volk und auf diese Zeit beziehen sich die Psalmen. Noch immer sind Gottes Gerichte der Gegenstand des Lobes. Es wird nicht gesagt, von wem die Stimme kommt, nur dass sie von der Stätte der Macht ausgeht. Von dem zukünftigen König in Seiner Regierung wurde geweissagt: (Ps 22:25.24.26).

"Ich will Deinen Namen predigen Meinen Brüdern;
Ich will Dich in der Gemeine rühmen.
Rühmet den Herrn, die ihr Ihn fürchtet;
es ehre Ihn aller Same Jakobs,
und vor Ihm scheue sich aller Same Israels."

Der Grund dafür wird in Ps 22:28.29 angegeben:

Denn des Herrn ist das Reich,
und Er herrschet unter den Heiden."

Nun ist die Zeit für die Erfüllung von Mt 5:10.12 gekommen. "Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich." "Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel wohl belohnet werden".

Es kann wohl kaum die Stimme Christi sein, die hier ertönt; denn Er stellt sich nicht so als unseresgleichen dar. Im Gegenteil, Er unterscheidet sich von Seinem Volke und sagt "Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott" (Joh 20:17) Siehe Hebr 2:11.

Die Stimme der großen Schar

Offb 19:6.7
6. Und ich hörte wie die Stimme einer großen Schar und die Stimme vieler Wasser und wie die Stimme starker Donner, die sprachen: "Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, ist König geworden. Lasset uns freuen und fröhlich sein, und Ihm die Ehre geben. Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und Sein Weib hat sich bereitet.
Wir können diese himmlische Äußerung niemals richtig verstehen, wenn wir die Kirche der paulinischen Episteln, das Geheimnis Gottes, da hineinbringen.

Man sollte meinen, es wäre überflüssig, diese Bemerkung zu machen, da wir so wiederholt auf Israel oder Israels auserwähltem Rest im Alten Testament hingewiesen werden. Und zwar ohne Rücksicht auf die christliche Kirche, die der Gegenstand späterer Offenbarung ist.

Was nun das Verhältnis Gottes zu Israel betrifft, so ist es die Wiederaufnahme früherer Beziehungen. Das Alte Testament redet immer wieder von dem Ehebund zwischen Gott und Seinem Volk. Von der Kirche bezeugt das Neue Testament so klar wie nur möglich, dass sie "verborgten in Gott" war. Man beachte es heißt nicht in der Schrift verborgen, sondern "verborgen in Gott" selbst. Es ist also unmöglich, dass im Alten Testament von dem Geheimnis der christlichen Kirche geredet sein könnte, oder dass es dort offenbart wäre.

Dachten die frommen Juden wohl an die christliche Kirche, wenn sie in Jes 54:5-8 lesen?

"Der dich gemacht hat, ist dein Mann,
Herr Zebaoth heißt Sein Name;
und dein Erlöser der Heilige in Israel,
der aller Welt Gott genannt wird.
Denn der Herr hat dich zu Sich gerufen,
wie ein verlassenes und von Herzen betrübtes Weib
und wie ein junges Weib, das verstoßen ist, spricht dein Gott.
Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen;
aber mit großer Barmherzigkeit will Ich dich sammeln.
Ich habe MeinAngesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen;
aber mit ewiger Gnade will Ich Mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser." (Jes 54:5-8)

Meinten sie die Kirche, wenn sie Jes 62:4.5 lasen?

Man soll dich nicht mehr die Verlassene,
noch dein Land eine Wüste heißen,
sondern du sollst "Meine Lust an ihr",
und dein Land "Wüste" heißen;
denn der Herr hat Lust an dir,
und dein Land hat einen Vermählten.
Denn, wie ein Jüngling sich seiner Jungfrau vermählt,
so werden sich deine Kinder vermählen;
Und wie sich ein Bräutigam erfreut an der Braut,
so wird sich dein Gott über dich freuen." (Jes 62:4.5)

Woran dachen sie, wenn sie Hos 2:19 und Jer 3:14 lasen?

Alsdann, spricht der Herr, wirst du Mich heißen
mein Mann, und Mich nicht mehr mein Baal (d.h. mein Herr) heißen....
Ich will Mich mit dir verloben in Ewigkeit....
Ja, im Glauben will Ich Mich mit dir verloben;
und du wirst den Herrn erkennen." (Hos 2:18.21.22)
"Bekehret euch, ihr abtrünnigen Kinder, spricht der Herr;
denn Ich will euch Mir nehmen." (Jer 3:14)

Auf dieses bräutliche Vertrauen deutet Jes 4:4 hin. Es wird da gesagt, dass der Herr den Unflat der Töchter Zions abwaschen wird, und dann heißt es weiter: "Denn es wird eine chuppah (= Decke) sein über allem, was herrlich ist." Die Stelle weist hin auf Jes 62 (s. oben). Die chuppah wird sonst nur in Ps 19:6 und Joe 2:16 erwähnt. Es ist der Brautbaldachin, unter dem die jüdische Hochzeitszeremonie bis auf den heutigen Tag stattfindet.

Warum sollten wir alle diese Bezugsstellen beiseite lassen und die Stellen in einer Weise auslegen, wie die ersten Leser sie niemals verstanden haben können? Entweder irrten sie sich, wenn sie die stellen als von Israel gesprochen verstanden, oder wir müssen uns irren, wenn wir sie von der christlichen Kirche auslegen. Nur eine von beiden Ansichten kann richtig sein.

Die verschiedenen Berufungen

Das "Weib" ist irdisch (Offb 19); die "Braut" ist himmlisch (Offb 21). Die Hochzeit der Einen ist auf Erden (obwohl sich der Himmel schon im Voraus darüber freut) und vollzieht sich auf Erden während einer Zeit von 1000 Jahren. Alle irdische, menschliche Verwandtschaft muss aussterben und vergehen wie die Erde, ehe die himmlische Verwandtschaft beginnt. Wenn wir so Offb 19 von Israel und Offb 21 von dem auserwählten Rest verstehen, so haben wir weder auf der einen Seite Polygamie, noch Ehescheidung auf der anderen.

Es ist wichtig, auf die verschiedenen Berufungen zu achten:

  1. Zunächst ist da die irdische Berufung, der ganz Israel angehört - das Weib (gyne) Offb 19 ("der Staub" aus 1Mo 13:16).
  2. dann die himmlische Berufung eines auserwählten Restes von Israel - die Braut (nymphe) Offb 21:9 ("die Sterne" aus 1Mo 15:5), und
  3. die klare Berufung der christlichen Kirche, welche nach Eph 5 das Geheimnis ist.

Diese drei unterschiedlichen Berufungen haben jede ihren besonderen Stand, sie haben verschiedene Hoffnungen, verschiedene Verheißungen und verschiedene Bestimmungen.