Das Gottesreich in seiner Niedrigkeitsgestalt: Unterschied zwischen den Versionen

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=='''Das Gottesreich in seiner Niedrigkeitsgestalt'''==
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===<big>'''Jesus und sein Eintritt in den Geschichtslauf'''</big>===
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Zur Zeit des  4. Reichs sah Daniel das Gottesreich kommen und mit dem Weltreich, genauer mit dem römischen Reich, zusammenstoßen. Das ist bei Jesu Geburt in Erfüllung gegangen; wenn auch erst anfangsweise. Das Reich Gottes stammt nicht von dieser Welt, sondern es kam vom Himmel; darum ist sein ursprünglicher Namen "Himmelreich" (Mt 3:2). Es senkte sich in das Gottesvolk hinein, obwohl der böse Feind seit längerer Zeit starken Einfluss auf dasselbe gewonnen hatte Denn Gott steht zu seinen Verheißungen, auch gegenüber menschlicher Untreue, und satanischer Gegenwirkung zum Trotz. Und wie mit dem Reich, so ist es mit dem von Gott bestimmten König des Reichs, mit Jesus, welcher der Christus ist, der Herr: er gehört nicht zu dieser Welt, denn er ist der Sohne des Gottes, der da lebt.  Und trotzdem hat ihn des Vaters Liebe zur Welt und sein Erbarmen gegen sie völlig in die Welt hineingestellt, so dass er ein Glied er Menschheit wurde. Und weil Israel die Hoffnung ist für die von Gott losgekommene Völkerwelt, deshalb stellte Gott seinen Sohn in dieses Volk hinein, und zwar in Israels Königshaus. Und wie der Vater ihn sandte, so kam der Sohn und nahm seinen Platz, seinen Standort in der Welt, in der Menschheit, in Israel, im Königshaus - er wurde Menschensohn, Abrahams Sohn, Davids Sohn; er kam aus der Ewigkeit und trat ein in die irdische, in die menschliche, in die israelitische Geschichte, und zwar in dem Augenblick, als die für ihn bestimmte Zeit gekommen war.
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Sein Eintritt in die Menschheit erfolgte freilich nicht kraft der Natur, nicht durch das Zusammenwirken von Eltern; aber im übrigen war er nicht vom Eintritt eines jeden Menschen in seinen geschichtlichen Standort unterschieden - er hatte eine Mutter wie jedes Glied der Menschheit, seit Gott die ersten Eltern schuf. Sein Geburtsort musste Bethlehem sein, damit er nicht bloß durch seine Abstammung, sondern auch durch seine Geburtsstätte als der große Sohn der Verheißung erwiesen sei. Er kam, als Davids Geschlecht am Boden lag und so arm war, dass seine letzten Glieder nur noch zum Armenopfer fähig waren; Davids Geschlecht war tatsächlich nur noch ein Stumpf. Er kam, als auch Israel nach den Jahren der durch die Makkabäer neu erkämpften Freiheit stärker als zuvor in das Joch der Weltmacht eingespannt wurde. Er kam, als das römische Reich sich in der Welt eingerichtet hatte als das seit Babel tauglichste Werkzeug zur Aufrichtung des Gegenstücks des Gottesreichs, und als es eben im Begriff war, das Gottesvolk nach Familien und Geschlechtern ins Verzeichnis, ins Register der Glieder des Weltreichs einzutragen, als ihm gehörig und dienstbar. Denn seine Geburt geschah zur Zeit der großen Schätzung (Lk 2:1). Und ein kaiserlicher Machtbefehl führte Maria und Joseph nach Bethlehem, und das neugeborene Kind konnte gleich als Glied des großen Römerreichs in die Liste eingetragen werden.
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Unter armseligen Umständen fing das Gottesreich in der Welt an. Und doch ist's der Stein von oben, der das stolze hochragende Menschenbild zum Umstürzen bringt und es zertrümmert und der an seiner Stelle die Erde ausfüllt (Dan 2:34.35). Und der Alleinherrscher des Weltreichs musste gerade in dem Augenblick, da er auf seines Reiches Belange bedacht war, der Handlanger sein des "rechten Alleinherrschers, des Königs der Könige und des Herrn aller Herren" (1Tim 6:15), und der Diener des Reiches Gottes, damit der Sohn dieses Alleinherrschers und des Königs dieses Reiches an dem Ort geboren werde, der ihm durch  den Mund des Propheten zum Geburtsort bestimmt war (Mi 5:1), zu einer Zeit, als Rom erst in den Anfängen war; ja welcher die Heimatstadt von Christi Ahnherrn David gewesen ist, zu einer Zeit, da Rom noch nicht stand.
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Aber neben Bethlehem traten Nazareth und Jerusalem; Nazareth als Stadt, wo Jesus Christus in aller Stille nach seinem wunderbaren Eintritt in die Menschheit in die letztere hineinwuchs und zu seinem Beruf heranreifte; und Jerusalem als die Stadt, wo durch ihn die größten Taten geschehen sind, seit die Erde und die Welt geschaffen wurde, nämlich das Werk der Erlösung und Heiligung. Jerusalem und der Tempel  gehören zusammen. Wie Jesus zum ersten mal mit beiden bekannt wurde und was dabei vorging, das ist Gegenstand der einzigen Geschichte aus seiner Jugendzeit. In Jerusalem hat er sein Christusamt begonnen nach wenigen Tagen der Stille in Galiläa an jenem Passah, 3 Jahre vor seinem Todes-Passah, von dem in Joh 2 erzählt wird. Seine erste Tat war die Reinigung des Tempels. Er hat den Tempel nicht beseitigt, sondern ihn hochgeehrt als Haus seines Vaters; und doch kam er als Herr des Tempels. Damals bereits entschieden sich die Führer des Volkes gegen ihn. Diese Stellungnahme zwang ihn, vorwiegend außerhalb Jerusalems zu wirken; aber immer wieder suchte er Jerusalem auf, wie Johannes berichtet und wie aus Mt 23:37 hervorgeht. In Jerusalem handelte es sich immer wieder um die Grundfrage: "Was dünkt euch um Christus?" So kam der letzte Gang zu seiner Kreuzigung. Als Israels König zog er ein. Aber Israel stieß seinen König hinaus und kreuzigte ihn. So wurde Jerusalem zur Stadt des Kreuzes. Das war Christi irdischer Königsthron. Die Inschrift vom Kreuz, gefasst vom Vertreter des Kaisers, bezeugt es durch alle Zeiten: Jesus von Nazareth, der König der Juden!<br/><br/>
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====Rom und Jerusalem tauschen ihre Rollen====
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Rom war ebenfalls an der Kreuzigung Jesu beteiligt, aber wider Willen, wie zu seiner Ehre gesagt werden muss. Der Vertreter des Kaisers sprach das Todesurteil aus und vollstreckte es auch; aber er meinte dazu durch Israel gezwungen zu sein. Merkwürdig: sonst waren die Statthalter dem Volk gegenüber stark, wenn es Unrecht auszuüben galt; aber in d dem einen Fall, da der Vertreter Roms hätte das höchste Recht ausüben sollen und können, das je in der Welt verübt werden konnte, da ergriff ihn Angst und er zitterte vor dem geknechteten Volk. So wurde Rom Mithelfer zum  größten Unrecht, das je geschehen ist, ja Vollstrecker des Unrechts. Aber mitten im Unrecht wurde es zum Ehrenretter des Gemarterten. Sein Henker beteuerte seine Unschuld und bezeugte schriftlich, dass nicht Freveltat die Ursache seiner Hinrichtung sei, sondern seine Königsstellung über Israel. Das sind weltgeschichtliche Vorgänge ohnegleichen: Israel hätte die Völkerwelt seinem König zuführen sollen; und nun musste die Völkerwelt dem Volk Israel seines Königs Königsamt bezeugen. Die Rolle war vertauscht. Sie war auch nachher vertauscht, als das Evangelium Aufnahme suchte in der Welt: Israel verweigerte der Friedensbotschaft mehr und mehr das Heimatrecht und stieß schließlich Jesu Boten aus. Das Römerreich nahm sie auf! Ja zweimal kam es vor, dass Rom sich schützend vor Jesus größten Boten, Paulus stellte und ihn Israels Angriff entzog: in Korinth und in Jerusalem! Der König des Reichs hat dem römischen Reich die ihm bei der Kreuzigung erwiesene Ehrerbietung und den seinem Boten erwiesenen Schutz reichlich vergolten. Auch das römische Reich war und ist noch nicht ganz Tier geworden; es steckt immer noch etwas vom Menschenbild in ihm drin. Ganz dem satanischen Willen darf erst das antichristliche Reich verfallen.
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Aber eine tiefernste Sache bleibt es doch, dass bei der Ausstoßung des Sohnes Gottes aus der Menschheit die gesamte Menschheit zusammenwirkte. Zwei Teile hat die Menschheit: Israel und die Völkerwelt. Beide Teile reichten sich bei der Beseitigung des Christus die Hand. Ganz Israel  wirkte mit, mit Ausnahme von wenigen; denn nicht bloß Israels Führer waren schuldig, sondern das Gesamtvolk ließ sich schuldig machen. Im gleichen Sinn wie Israel war die Völkerwelt an der großen Menschheitssünde freilich nicht beteiligt; aber sie wurde vertreten durch das römische Reich, und das letztere wurde vertreten durch seinen Beamten. Es war so gefügt. So hat kein Teil dem anderen etwas vorzuwerfen. Denn beide sind schuldig geworden. Israels Schuld war freilich größer; und voran standen in der Schuld Israels Führer; und ihr Chorleiter war der Hohepriester! Der Hohepriester tötete den rechten Hohepriester! Und indem er es tat, sorgte er dafür, dass der rechte Hohepriester das große Opfer brachte für die Sünde des ganzen Volks, ja der ganzen Menschheit, so dass er mit seinem eigenen, reinen Opferblut ins Allerheiligste gehen konnte am großen Versöhnungstag, der Israel und mit ihm der Menschheit und dem ganzen Gebiet der Schöpfung beschert wurde am Tag von Golgatha! "In dem Augenblick, als die Sünde überhand nahm, ist die Gnade überreich geworden" (Röm 5:20).<br/><br/>
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===<big>'''Jesus - der Sohn Gottes'''</big>===

Version vom 10. April 2020, 16:46 Uhr

Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: 1. Von den Anfängen

in Bearbeitung

1. Teil
Bis zum Ausgang des apostolischen Zeitalters

Das Gottesreich in seiner Niedrigkeitsgestalt

Jesus und sein Eintritt in den Geschichtslauf

Zur Zeit des 4. Reichs sah Daniel das Gottesreich kommen und mit dem Weltreich, genauer mit dem römischen Reich, zusammenstoßen. Das ist bei Jesu Geburt in Erfüllung gegangen; wenn auch erst anfangsweise. Das Reich Gottes stammt nicht von dieser Welt, sondern es kam vom Himmel; darum ist sein ursprünglicher Namen "Himmelreich" (Mt 3:2). Es senkte sich in das Gottesvolk hinein, obwohl der böse Feind seit längerer Zeit starken Einfluss auf dasselbe gewonnen hatte Denn Gott steht zu seinen Verheißungen, auch gegenüber menschlicher Untreue, und satanischer Gegenwirkung zum Trotz. Und wie mit dem Reich, so ist es mit dem von Gott bestimmten König des Reichs, mit Jesus, welcher der Christus ist, der Herr: er gehört nicht zu dieser Welt, denn er ist der Sohne des Gottes, der da lebt. Und trotzdem hat ihn des Vaters Liebe zur Welt und sein Erbarmen gegen sie völlig in die Welt hineingestellt, so dass er ein Glied er Menschheit wurde. Und weil Israel die Hoffnung ist für die von Gott losgekommene Völkerwelt, deshalb stellte Gott seinen Sohn in dieses Volk hinein, und zwar in Israels Königshaus. Und wie der Vater ihn sandte, so kam der Sohn und nahm seinen Platz, seinen Standort in der Welt, in der Menschheit, in Israel, im Königshaus - er wurde Menschensohn, Abrahams Sohn, Davids Sohn; er kam aus der Ewigkeit und trat ein in die irdische, in die menschliche, in die israelitische Geschichte, und zwar in dem Augenblick, als die für ihn bestimmte Zeit gekommen war.

Sein Eintritt in die Menschheit erfolgte freilich nicht kraft der Natur, nicht durch das Zusammenwirken von Eltern; aber im übrigen war er nicht vom Eintritt eines jeden Menschen in seinen geschichtlichen Standort unterschieden - er hatte eine Mutter wie jedes Glied der Menschheit, seit Gott die ersten Eltern schuf. Sein Geburtsort musste Bethlehem sein, damit er nicht bloß durch seine Abstammung, sondern auch durch seine Geburtsstätte als der große Sohn der Verheißung erwiesen sei. Er kam, als Davids Geschlecht am Boden lag und so arm war, dass seine letzten Glieder nur noch zum Armenopfer fähig waren; Davids Geschlecht war tatsächlich nur noch ein Stumpf. Er kam, als auch Israel nach den Jahren der durch die Makkabäer neu erkämpften Freiheit stärker als zuvor in das Joch der Weltmacht eingespannt wurde. Er kam, als das römische Reich sich in der Welt eingerichtet hatte als das seit Babel tauglichste Werkzeug zur Aufrichtung des Gegenstücks des Gottesreichs, und als es eben im Begriff war, das Gottesvolk nach Familien und Geschlechtern ins Verzeichnis, ins Register der Glieder des Weltreichs einzutragen, als ihm gehörig und dienstbar. Denn seine Geburt geschah zur Zeit der großen Schätzung (Lk 2:1). Und ein kaiserlicher Machtbefehl führte Maria und Joseph nach Bethlehem, und das neugeborene Kind konnte gleich als Glied des großen Römerreichs in die Liste eingetragen werden.

Unter armseligen Umständen fing das Gottesreich in der Welt an. Und doch ist's der Stein von oben, der das stolze hochragende Menschenbild zum Umstürzen bringt und es zertrümmert und der an seiner Stelle die Erde ausfüllt (Dan 2:34.35). Und der Alleinherrscher des Weltreichs musste gerade in dem Augenblick, da er auf seines Reiches Belange bedacht war, der Handlanger sein des "rechten Alleinherrschers, des Königs der Könige und des Herrn aller Herren" (1Tim 6:15), und der Diener des Reiches Gottes, damit der Sohn dieses Alleinherrschers und des Königs dieses Reiches an dem Ort geboren werde, der ihm durch den Mund des Propheten zum Geburtsort bestimmt war (Mi 5:1), zu einer Zeit, als Rom erst in den Anfängen war; ja welcher die Heimatstadt von Christi Ahnherrn David gewesen ist, zu einer Zeit, da Rom noch nicht stand.

Aber neben Bethlehem traten Nazareth und Jerusalem; Nazareth als Stadt, wo Jesus Christus in aller Stille nach seinem wunderbaren Eintritt in die Menschheit in die letztere hineinwuchs und zu seinem Beruf heranreifte; und Jerusalem als die Stadt, wo durch ihn die größten Taten geschehen sind, seit die Erde und die Welt geschaffen wurde, nämlich das Werk der Erlösung und Heiligung. Jerusalem und der Tempel gehören zusammen. Wie Jesus zum ersten mal mit beiden bekannt wurde und was dabei vorging, das ist Gegenstand der einzigen Geschichte aus seiner Jugendzeit. In Jerusalem hat er sein Christusamt begonnen nach wenigen Tagen der Stille in Galiläa an jenem Passah, 3 Jahre vor seinem Todes-Passah, von dem in Joh 2 erzählt wird. Seine erste Tat war die Reinigung des Tempels. Er hat den Tempel nicht beseitigt, sondern ihn hochgeehrt als Haus seines Vaters; und doch kam er als Herr des Tempels. Damals bereits entschieden sich die Führer des Volkes gegen ihn. Diese Stellungnahme zwang ihn, vorwiegend außerhalb Jerusalems zu wirken; aber immer wieder suchte er Jerusalem auf, wie Johannes berichtet und wie aus Mt 23:37 hervorgeht. In Jerusalem handelte es sich immer wieder um die Grundfrage: "Was dünkt euch um Christus?" So kam der letzte Gang zu seiner Kreuzigung. Als Israels König zog er ein. Aber Israel stieß seinen König hinaus und kreuzigte ihn. So wurde Jerusalem zur Stadt des Kreuzes. Das war Christi irdischer Königsthron. Die Inschrift vom Kreuz, gefasst vom Vertreter des Kaisers, bezeugt es durch alle Zeiten: Jesus von Nazareth, der König der Juden!

Rom und Jerusalem tauschen ihre Rollen

Rom war ebenfalls an der Kreuzigung Jesu beteiligt, aber wider Willen, wie zu seiner Ehre gesagt werden muss. Der Vertreter des Kaisers sprach das Todesurteil aus und vollstreckte es auch; aber er meinte dazu durch Israel gezwungen zu sein. Merkwürdig: sonst waren die Statthalter dem Volk gegenüber stark, wenn es Unrecht auszuüben galt; aber in d dem einen Fall, da der Vertreter Roms hätte das höchste Recht ausüben sollen und können, das je in der Welt verübt werden konnte, da ergriff ihn Angst und er zitterte vor dem geknechteten Volk. So wurde Rom Mithelfer zum größten Unrecht, das je geschehen ist, ja Vollstrecker des Unrechts. Aber mitten im Unrecht wurde es zum Ehrenretter des Gemarterten. Sein Henker beteuerte seine Unschuld und bezeugte schriftlich, dass nicht Freveltat die Ursache seiner Hinrichtung sei, sondern seine Königsstellung über Israel. Das sind weltgeschichtliche Vorgänge ohnegleichen: Israel hätte die Völkerwelt seinem König zuführen sollen; und nun musste die Völkerwelt dem Volk Israel seines Königs Königsamt bezeugen. Die Rolle war vertauscht. Sie war auch nachher vertauscht, als das Evangelium Aufnahme suchte in der Welt: Israel verweigerte der Friedensbotschaft mehr und mehr das Heimatrecht und stieß schließlich Jesu Boten aus. Das Römerreich nahm sie auf! Ja zweimal kam es vor, dass Rom sich schützend vor Jesus größten Boten, Paulus stellte und ihn Israels Angriff entzog: in Korinth und in Jerusalem! Der König des Reichs hat dem römischen Reich die ihm bei der Kreuzigung erwiesene Ehrerbietung und den seinem Boten erwiesenen Schutz reichlich vergolten. Auch das römische Reich war und ist noch nicht ganz Tier geworden; es steckt immer noch etwas vom Menschenbild in ihm drin. Ganz dem satanischen Willen darf erst das antichristliche Reich verfallen.

Aber eine tiefernste Sache bleibt es doch, dass bei der Ausstoßung des Sohnes Gottes aus der Menschheit die gesamte Menschheit zusammenwirkte. Zwei Teile hat die Menschheit: Israel und die Völkerwelt. Beide Teile reichten sich bei der Beseitigung des Christus die Hand. Ganz Israel wirkte mit, mit Ausnahme von wenigen; denn nicht bloß Israels Führer waren schuldig, sondern das Gesamtvolk ließ sich schuldig machen. Im gleichen Sinn wie Israel war die Völkerwelt an der großen Menschheitssünde freilich nicht beteiligt; aber sie wurde vertreten durch das römische Reich, und das letztere wurde vertreten durch seinen Beamten. Es war so gefügt. So hat kein Teil dem anderen etwas vorzuwerfen. Denn beide sind schuldig geworden. Israels Schuld war freilich größer; und voran standen in der Schuld Israels Führer; und ihr Chorleiter war der Hohepriester! Der Hohepriester tötete den rechten Hohepriester! Und indem er es tat, sorgte er dafür, dass der rechte Hohepriester das große Opfer brachte für die Sünde des ganzen Volks, ja der ganzen Menschheit, so dass er mit seinem eigenen, reinen Opferblut ins Allerheiligste gehen konnte am großen Versöhnungstag, der Israel und mit ihm der Menschheit und dem ganzen Gebiet der Schöpfung beschert wurde am Tag von Golgatha! "In dem Augenblick, als die Sünde überhand nahm, ist die Gnade überreich geworden" (Röm 5:20).

Jesus - der Sohn Gottes