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(Das alte Babel)
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Es gibt nur ein Menschheitsbuch, nämlich die Bibel. Dass sie das Buch der Menschheit ist, sieht man freilich nicht auf den ersten Blick. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, dieses Buch habe nur für ein einziges Volk ein Herz, nämlich für Israel, das Gottesvolk des Alten Bundes; und für die Gemeinde Jesu, das Gottesvolk des neuen Bundes. Aber das Herz der Bibel ist nicht eng, sondern schlägt weit für die ganze Menschheit. Israel und die Völkerwelt, die Gemeinde Jesu und die Menschheit: das sind die beiden Brennpunkte der Bibel. Und drei Bücher sind in der Bibel besonders weit, obwohl sie dem Anschein nach eng sind: das erste und das letzte und zwischen drin Daniel, die bestrittensten Teile der Schrift. Das erste Buch Mose mit seiner Erzählung vom dreifachen Anfang: dem Anfang der Welt, der Menschheit und Israels; die Offenbarung  mit der Bezeugung des dreifachen Ausgangs: Israels und der Gemeinde Jesu, der Menschheit und der gesamten Schöpfung; das buch Daniel mit dem tiefen Blick in das Ringen zwischen Gottesreich und Weltreich, in das Israel hinein verflochten ist. Das 1. Buch Mose und die Offenbarung bezeugen das Anfangs- und das Schlussstück der Geschichte von Welt und Menschheit; Daniel das Mittelstück.<br/><br/>
 
Es gibt nur ein Menschheitsbuch, nämlich die Bibel. Dass sie das Buch der Menschheit ist, sieht man freilich nicht auf den ersten Blick. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, dieses Buch habe nur für ein einziges Volk ein Herz, nämlich für Israel, das Gottesvolk des Alten Bundes; und für die Gemeinde Jesu, das Gottesvolk des neuen Bundes. Aber das Herz der Bibel ist nicht eng, sondern schlägt weit für die ganze Menschheit. Israel und die Völkerwelt, die Gemeinde Jesu und die Menschheit: das sind die beiden Brennpunkte der Bibel. Und drei Bücher sind in der Bibel besonders weit, obwohl sie dem Anschein nach eng sind: das erste und das letzte und zwischen drin Daniel, die bestrittensten Teile der Schrift. Das erste Buch Mose mit seiner Erzählung vom dreifachen Anfang: dem Anfang der Welt, der Menschheit und Israels; die Offenbarung  mit der Bezeugung des dreifachen Ausgangs: Israels und der Gemeinde Jesu, der Menschheit und der gesamten Schöpfung; das buch Daniel mit dem tiefen Blick in das Ringen zwischen Gottesreich und Weltreich, in das Israel hinein verflochten ist. Das 1. Buch Mose und die Offenbarung bezeugen das Anfangs- und das Schlussstück der Geschichte von Welt und Menschheit; Daniel das Mittelstück.<br/><br/>
  
==='''Das alte Babel'''===
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===<big>'''Das alte Babel'''</big>===
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====Babels Werdegang und Bedeutung====
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An der Stelle, da im ersten Buch der Bibel der Übergang  stattfindet von der alten Geschichte der Menschheit zu Werden Israels, steht eine merkwürdige Geschichte, die von Babel (1Mo 1:1-9). Mit dieser Geschichte entlässt die Schrift die Menschheit auf lange Zeit aus ihrer Berichterstattung. Wir achten, dass diese Stelle grundlegend ist für das Verständnis der ganzen Menschheitsgeschichte. Sie schließt die alte Geschichte ab und begründet die Berufung Israels als des Volks der Wahl Gottes. Die Menschheit war bestimmt für das Reich Gottes. Ehe Gott die von uns wahrnehmbare Schöpfung schuf, war Gottes Reich bereits vorhanden in der lichten, oberen Welt. Aber die Menschheit sollte einen wichtigen Teil derselben bilden. Gott wollte die neugeschaffene  Menschheit, die er aus kleinstem Anfang zu einem großen Organismus ausbauen wollte (1Mo 1.2., in sein Reich hinein leiten. Aber die Menschheit entzog sich ih bereits im Anfang unter dem Einfluss des aus seinem Reich herausgefallenen Reichs der Finsternis unter dessen Oberhaupt, dem Satan (1Mo 3). Trotzdem, obwohl die Sünde, der Tod und die Gewalt des Teufels ihren Einzug hielten in der für Gott geschaffenen Menschheit, gab er seinen Plan nicht auf. Denn es blieb auch im Niedergang eine Menschheitslinie übrig, in welcher Gottesfurcht und Hoffnung hochgehalten wurden (1Mo 5). Die Linie war dünn und wurde so schal, dass Gott das ganze alte Geschlecht dem Gericht der Sündflut überantworten musste. Nur Noah mit seinen 3 Söhnen bildete die schmale Brücke zwischen der ersten und zweiten Menschheit. (1Mo 6-8).
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Auch in der zweiten Menschheit riss das Verderben ein, in zweifacher Weise: auf der einen Seite durch die Pietätlosigkeit Menschen gegenüber, die über das Heiligste im Menschenleben spottete, über die Vaterwürde, und die damit den reinen Aufbau der neuen Menschheit in Frage stellte (1Mo 9:20-27); und durch die Pietätlosigkeit gegen Gott, die seines Namens nicht mehr achtete und dafür der Menschheit einen Namen machen wollte (1Mo 11:4).So kam es, noch in der Anfangszeit der zweiten Menschheit, ehe die Aussonderung in Völker und Völker und Völkergruppen erfolgte, zu dem Versuch eine großen Menschheitszusammenfassung, einer einheitlichen Menschheitsorganisation. Diese letztere war aber da Gegenstück zum Reich Gottes. Wohl mag bei dieser Bildung das Zusammengehörigkeitsgefühl mitgewirkt haben - das ist an sich berechtigt, denn die Menschheit bildet tatsächlich nach Gottes Willen eine Einheit, der an Geschlossenheit im Bereich der Schöpfung sonst nichts zur Seite steht. Aber die Triebkraft war nicht Gottesfurcht und Gottesliebe, nicht das Verlangen, mit dem genannten Vorhaben dem Willen Gottes zu dienen; was die damalige Menschheit trieb, war vielmehr selbstsüchtiger Art. Die willentliche Lösung von Gott war bereit weit gediehen, und der Traum, das göttliche Ziel ohne Gott zu erreichen, hielt die Gemüter in Bann. Die letzte Triebkraft jenes Vorhabens aber war die Macht der Finsternis, welche die Menschheit Gott entwinden und ihren Zwecken dienstbar machen wollte, ohne dass diese es ahnte. Was ihr bei den ersten Menschen gelungen war, die Loslösung von Gott, das gelang ihr nun auch beim Menschheitsganzen.<br/><br/>
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====Teilung der Menschheit in 3 Völkergruppen====
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Das Kennzeichen dieses ungöttlichen Menschheitsreichs war Babel, die Stadt am unteren Euphrat, mit ihrem Turm. Stadt und Turm zusammen sind das Sinnbild des himmelstürmenden Menschheitsreiches. Aber Gott hinderte die Vollendung von Stadt und Turm und zerschlug das erste Menschheitsreich. Denn das Weitergehen auf diesem Weg hätte das Kommen des Reichs Gottes unmöglich gemacht. Gottes Eingreifen war Gericht und Gnade in einem. Nun musste die Menschheit auseinander in Völker und Völkergruppen und trat ihren Weg an in die Weite der Erde. Einem neueN Gericht, ähnlich dem der Sündflut, überantwortete Gott sie nicht; aber dass er sie ihre eigenen Wege gehen ließ, wie es Paulus auf seiner ersten Missionsreise bezeugt hat (Apg 14:16), das war auch Gericht. Diese eigenen Wege führten, obwohl Gott auch der irrenden Menschheit nicht ferne war (Apg 17:27.28), und obwohl er sich ihr mit vielen Wohltaten (Apg 14:17) und im Gewissen (Röm 2:14) bezeugte, tief hinein in die Gottesferne des Heidentums und in die Nacht des Götzendienstes.
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Die Bibel unterscheidet die Völkergruppen nicht nach körperlichen Merkmalen und nach Sprachzusammenhängen, sondern nach der Abstammung. So sind drei Gruppen zu unterscheiden nach den drei Söhnen Noahs: Die Semiten, Hamiten und Japhetiten, s. 1Mo 10. Die Japhetiten entsprechen den Indogermanen; zu den Semiten gehörten in der alten Zeit die Assyrer und Babylonier, in der Gegenwart die Juden und Araber; unter Hamiten versteht man sonst die schwarzhäutigen Afrikaner. Es gibt nun ernstliche Gründe, die Mongolen und Malaien, sowie die Indianer ebenfalls den Hamiten (im Sinn der Bibel) zuzuzählen. Es sei in dieser Hinsicht verwiesen auf zwei Abhandlungen, die eine von Zigeunermissioniar R Urban mit dem Titel: 2Sem, Ham und Japhet. Der biblische Schlüssel zur Urgeschichte", während des Kriegs bei der Evangel. Buchhandlung P. Ott in Gotha erschienen; die andere von Samuel Jäger: "Kultureintwicklung im Lichte der Bibel", enthalten in der Aprilnummer 1923 der Zeitschrift "Bethel", herausgegeben in Bethel bei Bielefeld. Beide Abhandlungen kommen von verschiedenen Ausgangspunkten her zum gleichen Ergebnis, dass nämlich der größere Teil der Menschheit hamitischen Ursprungs sei. Nicht hamitisch ist nur Europa und das heutige Amerika und die Oberschicht Indiens,m sowie die wenigen semitischen Völker. Das Interesse an diesen Ausführungen ist nicht rein geschichtlicher Art, sondern biblisch begründet. In 1Mo 10 liegen Schätze,  die noch lange nicht gehoben sind - die biblischen Nachrichten aus ältester Zeit sind mindestens ebenso viel wert, wenn nicht mehr, als die von den nichtisraelischen Völkern.
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Sodann: in der Weltgeschichte ist des Stammvaters Fluch und Segen in Erfüllung gegangen: sein Segen wandte sich Sem zu - ihm entstammte das Volk Israel; in abgestuftem Maßen auch Japhet - die Japhetiten haben die Vorherrschaft in der Menschheit erlangt und ihnen wurden die Segnungen des von Israel ausgehenden Christentums zuteil. Im Schatten dagegen standen die Hamiten, die zum Teil erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit in die Weltgeschichte eingetreten sind.; und besonders legte sich der Fluch auf die Kanaaniter, die Nachkommen von Hams jüngste Sohn. Noahs Fluch und Segen war eine Weissagung, deren göttliche Erfüllung die Menschheitsgeschichte ist.
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Es ist wahrscheinlich, dass die eigentlichen Träger er ersten ungöttlichen Menschheitsorganisation die Hamiten waren. Denn in 1Mo 10:8-12 ist Babel als hamitische Gründung bezeichnet. Vielleicht ging jener schlimme Reichsgedanke von Nimrod aus, dessen Name die Bedeutung ha: "wir wollen uns empören!" Tatsache ist jedenfalls, dass im Zweistromland zuerst hamitische Kultur zuhause war; die semitische der alten Babylonier und der Assyrer kam erst nach der hamitischen auf. So ist der ehrfurchtslose Sinn Hams auch in der ältesten Menschheitsorganisation zum Durchbruch gekommen.  Aber die beiden anderen Gruppen haben sich ebenfalls beteiligt. Seitdem haben die Hamiten innerhalb der Menschheit keine führende Rolle mehr erlangt; die Führung ging später auf die Semiten und Japhetiten über. Aber die Zeit ist gekommen, da auch die von Ham herrührenden Völker sich kräftig regen - ein Zeichen, dass die Menschheitsgeschichte dem Ende des gegenwärtigen Zeitlaufs entgegengeht. <br/><br/>
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===<big>'''Das alte Jerusalem'''</big>===
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====Jerusalems Urbild====
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Das Kennzeichen des ungöttlichen Menschheitsreichs ist Babel und sein Turm; da Kennzeichen des Gottesvolks und des Reiches Gottes ist Jerusalem und der Tempel. Jerusalem ist die Friedensstadt. Es gibt ein oberes Jerusalem Gal 4:26: "Das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie, die ist unser aller Mutter". Die Gemeinde Jesu hat jetzt schon Heimatrecht "auf dem Berge Zion, in der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, bei der Menge vieler tausend Engel, bei der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, bei Gott, dem Richter über alle, bei den Geistern der vollendeten Gerechten, beim Mittler des Neuen Bundes, Jesus." (Hebr 12:22-24). "Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt' Gott, ich wär' in dir!" "O Jerusalem, du schöne, da man Gott beständig ehrt!"<br/><br/>
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====Die göttliche Wahl====
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Von diesem oberen Jerusalem ist das untere ein Abbild. Denn auch dieses ist "des großen Königs Stadt" (Nt 5;35). Auch darin ist das irdische Jerusalem ein Abbild des oberen, dass es hochgelegen ist. Die Weltstädte, so Babel, liegen in der Tiefe, meist am Meer oder vom Meer aus leicht zu erreichen, und sind Mittelpunkte es Verkehrs. Jerusalem liegt vom eigentlichen Verkehr abseits. Es ist die Hauptstadt des heiligen Landes, dieses von den Ländern abgesonderten Landes, durch Wüste, Gebirge und tiefes Tal von ihnen getrennt, und doch inmitten der Länder. Es liegt inmitten des sog. Kontinentalblocks, d.h. der drei zusammenhängenden Erdteile Asien, Afrika und Europa. Und Jerusalem ist durch diese seine Lage zum Weltmittelpunkt bestimmt. Verglichen mit dieser zentralen Lage des heiligen Landes liegt Amerika und die große Inselwelt im Stillen Ozean einschließlich Australien draußen. Diese Gebiete gehören, biblisch gesprochen, zu den "Inseln" (Jes 49:1) und zu den "Enden der Erde" (Ps 2:8). Aber das Heilige Land und Jerusalem bilden die Mitte. Die Menschheit wird diese biblische Geographie wieder verstehen lernen. Ist ja doch Vorderasien bereits zu einem Brennpunkt des großen Geschehens geworden.<br/><br/>
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====Jerusalem und Israels Höhepunkt====
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Das Heilige Land ist das Land des Gottesvolkes, und Jerusalem ist seine Hauptstadt. Als Gott die Völker nach dem schlimmen Menschheitsversuch von Babel ihre eigenen Wege ziehen ließ, da schuf er sich ein neues Volk, durch das er zu seiner Zeit der irrenden Menschheit sich wieder nähern wollte. Abraham ist sein Stammvater, der Mann des Gehorsams und des harrenden Glaubens (1Mo 12:1-3). Merkwürdig ist, dass Jerusalem schon in Abrahams Gesichtsreis trat, als die Stadt des Priesterkönigs Melchisedek (1Mo 14; Hebr 6:20; Hebr 7:1.2) und als der Ort, der bereit war, den Sohn der Verheißung Gott wieder zum Opfer zu bringen (1Mo 22). Das letztere geschah auf dem nachmaligen Tempelberg, der damals noch nicht Tenne Aravanas war, die David kaufte als Stätte des späteren Tempels (2Sam 24:2; 2Chr 3:1). Durch Melchisedek, das Urbild auf Jesus, und durch die Opferung Isaaks trat schon zu Abrahams Zeit die Beziehung Jerusalems zu Jesus an den Tag. Jerusalem ist Christi Stadt.
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Erst zu Davids Zeit kam Jerusalem vollends ganz in Israels Hand; erst da wurde die Eroberung aus kanaanitischer Hand vollständig. David machte Jerusalem zur Hauptstadt des heiligen Landes und Volkes. Und Salomo vollendete das Werk, indem er Jerusalem zur Gottesstadt machte durch die Erbauung des Tempels.
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Der Höhepunkt der alttestamentlichen Geschichte Israels ist die Zeit Davids und Salomos. Damals erst kam die Einsetzung Israels zum Gottesvolk zur Vollendung. Freilich war durch die Erlösung  aus Ägypten und durch den Bundesschluss am Sinai durch Mose der Grund gelegt und durch die Eroberung des heiligen Landes unter Josua ein gewisser Abschluss erreicht worden. Aber wie vorher schon, nach dem Bundesschluss, so war nach Josuas Tod der lange schwere Fall Israels in der Richterzeit gekommen, aus dem erst unter dem treuen Gottesmann Samuel das Aufstehen folgt. Und dann musste noch ein weiterer Rückschlag überwunden werden, als Israel mit dem Begehren nach dem Königtum nach Art der umliegenden Völker seine Sonderstellung verleugnete. Gott hat des Volkes verhängnisvolles Begehren zum Guten gewandt und dem Volk einen König nach seinem Herzen gegeben in David, hat Davids Versündigung auf dessen Buße hin vergeben. Ja, das neue Königshaus sollte nach seiner gnädigen Verheißung ausmünden in Israels rechtem König, der nicht nur Davids Sohn sein sollte, sondern Davids Herr (Ps 110:1; Mt 22:41-46). Und nun schenkte Gott dem Volke seine Gegenwart in seiner Mitte im Tempel. Wer nicht zum Volke Israel gehört, kann es kaum fassen, was Israels Tempel bedeutete: nämlich Gottes Gegenwart inmitten seines Volkes, zwar noch verhüllt aber doch wirklich. Nun war Jerusalem wirklich Gottes Stadt geworden.  <br/><br/>
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====Israels Abstieg und der Aufstieg Babels====

Version vom 8. April 2020, 04:44 Uhr

Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: Zur Einführung

in Bearbeitung

1. Teil

Von den Anfängen

Die 3 Menschheitsbücher in der Schrift

Es gibt nur ein Menschheitsbuch, nämlich die Bibel. Dass sie das Buch der Menschheit ist, sieht man freilich nicht auf den ersten Blick. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, dieses Buch habe nur für ein einziges Volk ein Herz, nämlich für Israel, das Gottesvolk des Alten Bundes; und für die Gemeinde Jesu, das Gottesvolk des neuen Bundes. Aber das Herz der Bibel ist nicht eng, sondern schlägt weit für die ganze Menschheit. Israel und die Völkerwelt, die Gemeinde Jesu und die Menschheit: das sind die beiden Brennpunkte der Bibel. Und drei Bücher sind in der Bibel besonders weit, obwohl sie dem Anschein nach eng sind: das erste und das letzte und zwischen drin Daniel, die bestrittensten Teile der Schrift. Das erste Buch Mose mit seiner Erzählung vom dreifachen Anfang: dem Anfang der Welt, der Menschheit und Israels; die Offenbarung mit der Bezeugung des dreifachen Ausgangs: Israels und der Gemeinde Jesu, der Menschheit und der gesamten Schöpfung; das buch Daniel mit dem tiefen Blick in das Ringen zwischen Gottesreich und Weltreich, in das Israel hinein verflochten ist. Das 1. Buch Mose und die Offenbarung bezeugen das Anfangs- und das Schlussstück der Geschichte von Welt und Menschheit; Daniel das Mittelstück.

Das alte Babel

Babels Werdegang und Bedeutung

An der Stelle, da im ersten Buch der Bibel der Übergang stattfindet von der alten Geschichte der Menschheit zu Werden Israels, steht eine merkwürdige Geschichte, die von Babel (1Mo 1:1-9). Mit dieser Geschichte entlässt die Schrift die Menschheit auf lange Zeit aus ihrer Berichterstattung. Wir achten, dass diese Stelle grundlegend ist für das Verständnis der ganzen Menschheitsgeschichte. Sie schließt die alte Geschichte ab und begründet die Berufung Israels als des Volks der Wahl Gottes. Die Menschheit war bestimmt für das Reich Gottes. Ehe Gott die von uns wahrnehmbare Schöpfung schuf, war Gottes Reich bereits vorhanden in der lichten, oberen Welt. Aber die Menschheit sollte einen wichtigen Teil derselben bilden. Gott wollte die neugeschaffene Menschheit, die er aus kleinstem Anfang zu einem großen Organismus ausbauen wollte (1Mo 1.2., in sein Reich hinein leiten. Aber die Menschheit entzog sich ih bereits im Anfang unter dem Einfluss des aus seinem Reich herausgefallenen Reichs der Finsternis unter dessen Oberhaupt, dem Satan (1Mo 3). Trotzdem, obwohl die Sünde, der Tod und die Gewalt des Teufels ihren Einzug hielten in der für Gott geschaffenen Menschheit, gab er seinen Plan nicht auf. Denn es blieb auch im Niedergang eine Menschheitslinie übrig, in welcher Gottesfurcht und Hoffnung hochgehalten wurden (1Mo 5). Die Linie war dünn und wurde so schal, dass Gott das ganze alte Geschlecht dem Gericht der Sündflut überantworten musste. Nur Noah mit seinen 3 Söhnen bildete die schmale Brücke zwischen der ersten und zweiten Menschheit. (1Mo 6-8).

Auch in der zweiten Menschheit riss das Verderben ein, in zweifacher Weise: auf der einen Seite durch die Pietätlosigkeit Menschen gegenüber, die über das Heiligste im Menschenleben spottete, über die Vaterwürde, und die damit den reinen Aufbau der neuen Menschheit in Frage stellte (1Mo 9:20-27); und durch die Pietätlosigkeit gegen Gott, die seines Namens nicht mehr achtete und dafür der Menschheit einen Namen machen wollte (1Mo 11:4).So kam es, noch in der Anfangszeit der zweiten Menschheit, ehe die Aussonderung in Völker und Völker und Völkergruppen erfolgte, zu dem Versuch eine großen Menschheitszusammenfassung, einer einheitlichen Menschheitsorganisation. Diese letztere war aber da Gegenstück zum Reich Gottes. Wohl mag bei dieser Bildung das Zusammengehörigkeitsgefühl mitgewirkt haben - das ist an sich berechtigt, denn die Menschheit bildet tatsächlich nach Gottes Willen eine Einheit, der an Geschlossenheit im Bereich der Schöpfung sonst nichts zur Seite steht. Aber die Triebkraft war nicht Gottesfurcht und Gottesliebe, nicht das Verlangen, mit dem genannten Vorhaben dem Willen Gottes zu dienen; was die damalige Menschheit trieb, war vielmehr selbstsüchtiger Art. Die willentliche Lösung von Gott war bereit weit gediehen, und der Traum, das göttliche Ziel ohne Gott zu erreichen, hielt die Gemüter in Bann. Die letzte Triebkraft jenes Vorhabens aber war die Macht der Finsternis, welche die Menschheit Gott entwinden und ihren Zwecken dienstbar machen wollte, ohne dass diese es ahnte. Was ihr bei den ersten Menschen gelungen war, die Loslösung von Gott, das gelang ihr nun auch beim Menschheitsganzen.

Teilung der Menschheit in 3 Völkergruppen

Das Kennzeichen dieses ungöttlichen Menschheitsreichs war Babel, die Stadt am unteren Euphrat, mit ihrem Turm. Stadt und Turm zusammen sind das Sinnbild des himmelstürmenden Menschheitsreiches. Aber Gott hinderte die Vollendung von Stadt und Turm und zerschlug das erste Menschheitsreich. Denn das Weitergehen auf diesem Weg hätte das Kommen des Reichs Gottes unmöglich gemacht. Gottes Eingreifen war Gericht und Gnade in einem. Nun musste die Menschheit auseinander in Völker und Völkergruppen und trat ihren Weg an in die Weite der Erde. Einem neueN Gericht, ähnlich dem der Sündflut, überantwortete Gott sie nicht; aber dass er sie ihre eigenen Wege gehen ließ, wie es Paulus auf seiner ersten Missionsreise bezeugt hat (Apg 14:16), das war auch Gericht. Diese eigenen Wege führten, obwohl Gott auch der irrenden Menschheit nicht ferne war (Apg 17:27.28), und obwohl er sich ihr mit vielen Wohltaten (Apg 14:17) und im Gewissen (Röm 2:14) bezeugte, tief hinein in die Gottesferne des Heidentums und in die Nacht des Götzendienstes.

Die Bibel unterscheidet die Völkergruppen nicht nach körperlichen Merkmalen und nach Sprachzusammenhängen, sondern nach der Abstammung. So sind drei Gruppen zu unterscheiden nach den drei Söhnen Noahs: Die Semiten, Hamiten und Japhetiten, s. 1Mo 10. Die Japhetiten entsprechen den Indogermanen; zu den Semiten gehörten in der alten Zeit die Assyrer und Babylonier, in der Gegenwart die Juden und Araber; unter Hamiten versteht man sonst die schwarzhäutigen Afrikaner. Es gibt nun ernstliche Gründe, die Mongolen und Malaien, sowie die Indianer ebenfalls den Hamiten (im Sinn der Bibel) zuzuzählen. Es sei in dieser Hinsicht verwiesen auf zwei Abhandlungen, die eine von Zigeunermissioniar R Urban mit dem Titel: 2Sem, Ham und Japhet. Der biblische Schlüssel zur Urgeschichte", während des Kriegs bei der Evangel. Buchhandlung P. Ott in Gotha erschienen; die andere von Samuel Jäger: "Kultureintwicklung im Lichte der Bibel", enthalten in der Aprilnummer 1923 der Zeitschrift "Bethel", herausgegeben in Bethel bei Bielefeld. Beide Abhandlungen kommen von verschiedenen Ausgangspunkten her zum gleichen Ergebnis, dass nämlich der größere Teil der Menschheit hamitischen Ursprungs sei. Nicht hamitisch ist nur Europa und das heutige Amerika und die Oberschicht Indiens,m sowie die wenigen semitischen Völker. Das Interesse an diesen Ausführungen ist nicht rein geschichtlicher Art, sondern biblisch begründet. In 1Mo 10 liegen Schätze, die noch lange nicht gehoben sind - die biblischen Nachrichten aus ältester Zeit sind mindestens ebenso viel wert, wenn nicht mehr, als die von den nichtisraelischen Völkern.

Sodann: in der Weltgeschichte ist des Stammvaters Fluch und Segen in Erfüllung gegangen: sein Segen wandte sich Sem zu - ihm entstammte das Volk Israel; in abgestuftem Maßen auch Japhet - die Japhetiten haben die Vorherrschaft in der Menschheit erlangt und ihnen wurden die Segnungen des von Israel ausgehenden Christentums zuteil. Im Schatten dagegen standen die Hamiten, die zum Teil erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit in die Weltgeschichte eingetreten sind.; und besonders legte sich der Fluch auf die Kanaaniter, die Nachkommen von Hams jüngste Sohn. Noahs Fluch und Segen war eine Weissagung, deren göttliche Erfüllung die Menschheitsgeschichte ist.

Es ist wahrscheinlich, dass die eigentlichen Träger er ersten ungöttlichen Menschheitsorganisation die Hamiten waren. Denn in 1Mo 10:8-12 ist Babel als hamitische Gründung bezeichnet. Vielleicht ging jener schlimme Reichsgedanke von Nimrod aus, dessen Name die Bedeutung ha: "wir wollen uns empören!" Tatsache ist jedenfalls, dass im Zweistromland zuerst hamitische Kultur zuhause war; die semitische der alten Babylonier und der Assyrer kam erst nach der hamitischen auf. So ist der ehrfurchtslose Sinn Hams auch in der ältesten Menschheitsorganisation zum Durchbruch gekommen. Aber die beiden anderen Gruppen haben sich ebenfalls beteiligt. Seitdem haben die Hamiten innerhalb der Menschheit keine führende Rolle mehr erlangt; die Führung ging später auf die Semiten und Japhetiten über. Aber die Zeit ist gekommen, da auch die von Ham herrührenden Völker sich kräftig regen - ein Zeichen, dass die Menschheitsgeschichte dem Ende des gegenwärtigen Zeitlaufs entgegengeht.

Das alte Jerusalem

Jerusalems Urbild

Das Kennzeichen des ungöttlichen Menschheitsreichs ist Babel und sein Turm; da Kennzeichen des Gottesvolks und des Reiches Gottes ist Jerusalem und der Tempel. Jerusalem ist die Friedensstadt. Es gibt ein oberes Jerusalem Gal 4:26: "Das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie, die ist unser aller Mutter". Die Gemeinde Jesu hat jetzt schon Heimatrecht "auf dem Berge Zion, in der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, bei der Menge vieler tausend Engel, bei der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, bei Gott, dem Richter über alle, bei den Geistern der vollendeten Gerechten, beim Mittler des Neuen Bundes, Jesus." (Hebr 12:22-24). "Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt' Gott, ich wär' in dir!" "O Jerusalem, du schöne, da man Gott beständig ehrt!"

Die göttliche Wahl

Von diesem oberen Jerusalem ist das untere ein Abbild. Denn auch dieses ist "des großen Königs Stadt" (Nt 5;35). Auch darin ist das irdische Jerusalem ein Abbild des oberen, dass es hochgelegen ist. Die Weltstädte, so Babel, liegen in der Tiefe, meist am Meer oder vom Meer aus leicht zu erreichen, und sind Mittelpunkte es Verkehrs. Jerusalem liegt vom eigentlichen Verkehr abseits. Es ist die Hauptstadt des heiligen Landes, dieses von den Ländern abgesonderten Landes, durch Wüste, Gebirge und tiefes Tal von ihnen getrennt, und doch inmitten der Länder. Es liegt inmitten des sog. Kontinentalblocks, d.h. der drei zusammenhängenden Erdteile Asien, Afrika und Europa. Und Jerusalem ist durch diese seine Lage zum Weltmittelpunkt bestimmt. Verglichen mit dieser zentralen Lage des heiligen Landes liegt Amerika und die große Inselwelt im Stillen Ozean einschließlich Australien draußen. Diese Gebiete gehören, biblisch gesprochen, zu den "Inseln" (Jes 49:1) und zu den "Enden der Erde" (Ps 2:8). Aber das Heilige Land und Jerusalem bilden die Mitte. Die Menschheit wird diese biblische Geographie wieder verstehen lernen. Ist ja doch Vorderasien bereits zu einem Brennpunkt des großen Geschehens geworden.

Jerusalem und Israels Höhepunkt

Das Heilige Land ist das Land des Gottesvolkes, und Jerusalem ist seine Hauptstadt. Als Gott die Völker nach dem schlimmen Menschheitsversuch von Babel ihre eigenen Wege ziehen ließ, da schuf er sich ein neues Volk, durch das er zu seiner Zeit der irrenden Menschheit sich wieder nähern wollte. Abraham ist sein Stammvater, der Mann des Gehorsams und des harrenden Glaubens (1Mo 12:1-3). Merkwürdig ist, dass Jerusalem schon in Abrahams Gesichtsreis trat, als die Stadt des Priesterkönigs Melchisedek (1Mo 14; Hebr 6:20; Hebr 7:1.2) und als der Ort, der bereit war, den Sohn der Verheißung Gott wieder zum Opfer zu bringen (1Mo 22). Das letztere geschah auf dem nachmaligen Tempelberg, der damals noch nicht Tenne Aravanas war, die David kaufte als Stätte des späteren Tempels (2Sam 24:2; 2Chr 3:1). Durch Melchisedek, das Urbild auf Jesus, und durch die Opferung Isaaks trat schon zu Abrahams Zeit die Beziehung Jerusalems zu Jesus an den Tag. Jerusalem ist Christi Stadt.

Erst zu Davids Zeit kam Jerusalem vollends ganz in Israels Hand; erst da wurde die Eroberung aus kanaanitischer Hand vollständig. David machte Jerusalem zur Hauptstadt des heiligen Landes und Volkes. Und Salomo vollendete das Werk, indem er Jerusalem zur Gottesstadt machte durch die Erbauung des Tempels.

Der Höhepunkt der alttestamentlichen Geschichte Israels ist die Zeit Davids und Salomos. Damals erst kam die Einsetzung Israels zum Gottesvolk zur Vollendung. Freilich war durch die Erlösung aus Ägypten und durch den Bundesschluss am Sinai durch Mose der Grund gelegt und durch die Eroberung des heiligen Landes unter Josua ein gewisser Abschluss erreicht worden. Aber wie vorher schon, nach dem Bundesschluss, so war nach Josuas Tod der lange schwere Fall Israels in der Richterzeit gekommen, aus dem erst unter dem treuen Gottesmann Samuel das Aufstehen folgt. Und dann musste noch ein weiterer Rückschlag überwunden werden, als Israel mit dem Begehren nach dem Königtum nach Art der umliegenden Völker seine Sonderstellung verleugnete. Gott hat des Volkes verhängnisvolles Begehren zum Guten gewandt und dem Volk einen König nach seinem Herzen gegeben in David, hat Davids Versündigung auf dessen Buße hin vergeben. Ja, das neue Königshaus sollte nach seiner gnädigen Verheißung ausmünden in Israels rechtem König, der nicht nur Davids Sohn sein sollte, sondern Davids Herr (Ps 110:1; Mt 22:41-46). Und nun schenkte Gott dem Volke seine Gegenwart in seiner Mitte im Tempel. Wer nicht zum Volke Israel gehört, kann es kaum fassen, was Israels Tempel bedeutete: nämlich Gottes Gegenwart inmitten seines Volkes, zwar noch verhüllt aber doch wirklich. Nun war Jerusalem wirklich Gottes Stadt geworden.

Israels Abstieg und der Aufstieg Babels