Die Zeitdauer Roms als 6. Reich

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Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: 2. Rom als 6. Reich

in Bearbeitung

2. Teil
Vom apostolischen Zeitalter bis zur Gegenwart

3. Die Zeitdauer Roms als 6. Reich

Bisher wurde von 3 Abschnitten in der Geschichte des 6. Reichs gesprochen. Diese Dreiteilung wurde nahegelegt sowohl durch die Einteilung des das 6. Reich darstellenden unteren Teils von Nebukadnezars Traumbild in Schenkel, Füßen und Zehen als auch durch den tatsächlichen Geschichtsverlauf. Es wurde gesprochen von dem alten römischen Reich mit seiner westlichen und östlichen Hälfte und deren beiden politischen Mittelpunkten Rom und Konstantinopel. Das alte Doppelreich erhielt im Mittelalter seine Fortsetzung in der römisch-germanischen Welt des Abendlands mit seinem politischen und kirchlichen Brennpunkt, dem Kaisertum und Papsttum, und in der griechisch-slawischen Welt des Ostens, deren kirchlicher Mittelpunkt Konstantinopel blieb. In dieser Zeit vollzog sich trotz der großen Einbußen im Süden und Osten des alten römischen Kaiserreichs eine nicht geringe Erweiterung des 6. Reichs: es umfasste nun Europa. Dieses große Ganze, das noch im Mittelalter nur aus zwei Kulturkreisen bestand, ist war in der Neuzeit in eine Anzahl von Nationen und Staatsgebilden auseinandergegangen; aber diese Gebilde gehören trotz der vielen gegenseitigen Auseinandersetzungen wie eine Art Familie zusammen, und in dem erfolgreichen Streben Frankreichs und Russlands nach der Vorherrschaft auf dem europäischen Festland erneuerte sich die Zweigestalt des alten Reichs, sofern Frankreich der Erbe Westroms und Russland der Erbe Ostroms ist. Und mitten in den nationalen, politischen, konfessionellen und wirtschaftlichen Kämpfen der Neuzeit blieb die römische Kirche bestehen als geistliche Erbin des alten Roms und strebt nach einer alles umfassenden, machtvollen Weltgeltung.

Aber es blieben noch eine Reihe von Fragen übrig. Nahe liegt die Frage nach der Stellung Deutschlands innerhalb Europas, nahe liegt der Blick auf die Völker außerhalb des europäischen Festlands; nahe liegt endlich die Frage nach der Zeit. Der Eindruck wird immer lebhafter, zumal nach den furchtbaren Erschütterungen der Kriegs- und Nachkriegszeit, dass es mit Europa abwärts gehe. Die Geschichte ist zur Weltgeschichte geworden: merkwürdig greifen die Ereignisse und Bewegungen ineinander, selbst bei großer räumlicher Entfernung. Tiefgreifende Gärung hat alle Lebensbereiche ergriffen, und zwar auf der ganzen Erde. Das Zeitmaß des Geschehens ist erstaunlich rasch geworden. Auch für diejenigen, die nicht von biblischen Gedanken bewegt werden, wir die Frage brennend: wohin steuert die Weltgeschichte? Das Bangen vor den Dingen, die da kommen sollen, von dem Jesus gesprochen hat Lk 21:26, hat begonnen. Und wo auf das weissagende Wort der Schrift geachtet wird, da verdichtet sich die Erwartung zu der Frage: steht die Endzeit bevor, nicht im Sinn des Endes der Welt, aber im Sinn des Endes des gegenwärtigen Zeitlaufs, der mit dem Offenbarwerden Christi und mit dem Antritt seiner machtvollen Regierung abschließt? Der Eindruck, dass die Endzeit nahe sei, ist weit verbreitet. Ist wes nur ein Eindruck oder gibt es Zeichen bestimmter Art?

Überlegungen zur Zahl 666

Um der Antwort näher zu kommen, ziehen wir die hier [1] besprochenen Aussagen der Offenbarung hinzu. Die Endzeit im eigentlichen Sinn des Wortes ist die antichristliche Zeit des 8. Reichs. Ihr soll das kurz dauernde 7. Reich vorausgehen, das wohl als Überleitung vom 6. zum 8. Reich zu verstehen ist. Nun ist zwar nicht gesagt, welche Zeitdauer dem 7. Reich zukommt. Das "kurz" der Schrift miss nicht notwendig auf wenige Jahre zusammengefasst sein. Aber die Aussage wird gemacht werden dürfen: wenn der Eindruck recht hat, dass unsere Zeit in rascherem Tempo als früher der Endzeit entgegeneilt, dann muss die Zeit des 6. Reichs dem Ausgang nahe sein. Gibt es nun einen Anhaltspunkt, um über die Zeitdauer des 6. Reichs ins Klare zu kommen?

Eine geschichtliche Beobachtung bewegt den Verfasser dieses Buches seit Jahren. In der Geschichte des 6. Reichs hat es bereits zweimal einen Zeitraum von je 666 Jahren gegeben. Rom trat im Jahr 30 v. Chr. in seine Herrscherstellung ein. 667 Jahre nachher fiel Jerusalem in die Hand der Araber und damit des Islams. Nach weiteren 666 Jahren kam für das mittelalterliche Papsttum die entscheidende Wende im Jahr 1303. 666 bzw. 667 ist der dritte Teil von 2000 Sollten dem 6. Reich 2000 Jahre bestimmt sein, die in drei gleichlangen Abschnitten von je 666 bzw. 667 (genauer 666 2/3) Jahren ablaufen? Dann würde gegen 1970 die Zeit des 6. Reichs zu Ende sein und die antichristliche Zeit könnte nach einem kürzeren Reich rasch näher rücken. Aber es müsste eingehend an der Geschichte geprüft werden, ob die Jahre 637 und 1303 tatsächlich entscheidende Einschnitte in der Geschichte des 6. Reichs sind, und ob die Geschichte der Neuzeit und die Gegenwart dem Gedanken vom Ausgang dieses Reichs nach einem starken Menschenalter günstig ist; ebenso ob die so entstehenden Zeitabschnitte sich decken mit den bereits besprochenen.

Die genannte geschichtliche Beobachtung würde belangloser erscheinen, wenn nicht in der Offenbarung die Zahl 666 ebenfalls genannt wäre. Sie wird in Offb 13:17.18 als die Zahl des Tieres bezeichnet und gleichzeitig als Menschenzahl; an der angegebenen Stelle wird auch zur Berechnung der Zahl aufgefordert. Diese Aufforderung klingt zwar anders als die oft ausgesprochene Versicherung, das das Verständnis der Bedeutung dieser Zahl der Endzeit vorbehalten sei. Aber sie entbindet nicht von der Aufgabe, zu prüfen ob die Zahl 666 als ZEITangabe der Endzeit verwendet werden darf. Ergibt aber eine ernsthafte biblische Prüfung die Berechtigung dazu, und erweist eine geschichtliche Prüfung der Jahre 637 und 1303 deren Bedeutsamkeit für den Gang des 6. Reichs, dann hat die Beobachtung eine biblische Stütze erhalten, und die Gegenwart erscheint als der Vorabend von Ereignissen, die in raschem Tempo zur Endzeit hinüberführen. So ist die nächste Aufgabe eine Prüfung der Frage, welche Bedeutung die in Offb 13:17.18 genannte Zahl 666 habe.

Es gibt keine feststehende Erklärung dieser Zahl; aber unter den bisherigen Erklärungsversuchen können einige Gruppen unterschieden werden. Die Erklärungen knüpfen an die Bemerkung Offb 13:18, dass die Zahl 666 die Zahl des Tiers sei und daran, dass die Tierzahl zugleich als Menschenzahl bezeichnet wird. Bemerkenswert ist, dass durch die Gleichung: Tierzahl - Menschenzahl der Mensch dem Tier gleichgestellt wird. Daraus geht klar hervor, dass es sich um den Gott entfremdeten Menschen handelt. Nicht dem Menschen an sich, sondern nur den Menschen in seiner Empörung gegen Gott meint die genannte Zahl. Es ist nun nicht unwichtig, zu betonen, dass die meist gebrauchte Übersetzung "eines Menschen Zahl" den Sinn des biblischen Ausdrucks sofort nach einer bestimmten Richtung wendet und auf diese Weise einengt. Bei der genannten Übersetzung wendet sich der Blick sofort dem Antichristen zu. Die Zahl 666 scheint dann nur zur Kennzeichnung des letzten ungöttlichen Menschheitsführers verwendbar zu sein. Die richtige Übersetzung, welche für die Deutung Spielraum lässt, ist "Menschenzahl". "Mensch" bedeutet entweder eine Einzelperson oder den Menschen überhaupt. Im letzteren Falle ist die Benennung "Mensch" eine Sammelbezeichnung für die ganze Menschheit. Beide, sowohl der Antichrist, "der Mensch der Sünde", als auch die wider göttlich und wider christlich gewordene Menschheit sind in der Offenbarung als "Tier" bezeichnet. So dient auch die "Tierzahl" 666 zur Kennzeichnung beider, also des Antichrists und der entarteten Menschheit.

Wird nun die Zahl 666 von der Menschheit gebraucht, so wird sie sinnbildlich verstanden, und zwar als Kennzeichnung der Erfolglosigkeit alles unheiligen Menschheitsstrebens. Zur 7, der Zahl Gottes, bringt es die Menschheit nicht, wenn sie auf ihrem bösen Weg verharrt, selbst wenn sie ihre Anstrengung verzehnfacht und verhundertfacht. Einzeldeutungen wären mehrere möglich. Auch wenn die Zahl zur Kennzeichnung des Antichrists dient, wird sie in sinnbildlicher Weise verwendet. Offb 13:17 ist von der Zahl des Namens des Tiers die Rede. Daran knüpft die Deutung an: man sieht in der Zahl eine Darstellung des Namens des Antichrists. Diese Art des Zahlengebrauchs ist dadurch möglich, dass zur Bezeichnung der Zahlen auch Buchstaben verwendet wurden. Die Ausrechnung der Zahl eines bestimmten Namens war leicht; zu diesem Zweck waren nur die für die Buchstaben geltenden Zahlenwerte zusammenzuzählen. Deren Summe ergab die "Zahl" eines Namens. Aber nahezu aussichtslos sind die Versuche, aus einer gegebenen größeren Zahl den Rückschluss zu ziehen auf den zugrundeliegenden Namen. Denn zu diesem Zweck müsste die Zahl zerlegt gedacht werden in mehrere Posten. Das ergibt aber bei einer Zahl wie 666 eine übergroße Menge von Möglichkeiten, die sich noch dadurch vermehrt, dass die Zahl der Buchstaben des Namens nicht bekannt ist. Wenn die Gemeinde Jesu einmal stutzig wird, ob ein die Menschheit in seinen Bann ziehender Führer der Antichrist sei, dann mag sein Name geprüft werden, ob er die Zahl 666 ergibt. In dieser Weise kann einst diese Zahl ein Wegweiser sein für eine frühzeitige Erkennung des Antichrists bereits in seinen Anfängen.

Nun ist die Frage, ob die sinnbildliche Deutung der Zahl mit den genannten Formen die einzig mögliche ist. Die Meinung ist nicht die, dass die bisherigen Deutungen aufgegeben werden müssten, wenn eine weitere Deutung sich als möglich erweist, sondern dass die verschiedenen Deutungen miteinander zurecht bestehen können. Eine Weissagung kann ja in mehrfacher Weise ihre Erfüllung finden; man vergleiche die Weissagung des Jeremia von den 70 Wochen. So ist es wahrscheinlich, dass die Zahl 666 in erster Linie zur Verhüllung und Enthüllung des Namens des Antichristen dient. In diesem Sinn wird ihr Verständnis wohl der Endzeit vorbehalten sein. Trotzdem kann ihre Bedeutung als Kennzeichnung der erfolglosen Menschheitsversuche bestehen bleiben. Es ist etwa Großes um die Erkenntnis, dass aller Glanz und alle Pracht der Welt die Menschheit nicht zum Ziel führt. Solche Erkenntnis kann auch dazu beitragen, dass das "Tier" nicht angebetet wird. Wie oft wird die Humanität, die Kultur verehrt! Das Bild des Tiers steht ja jetzt schon und Propheten, die zu seiner Anbetung drängen, sind schon da, auch wenn noch kein Standbild zum Niederknien errichtet ist, und der falsche Prophet der Endzeit noch aussteht.

In einer seiner Bibelausgaben hat Luther in einer Anmerkung zu Offb 13:17 die Zahl 666 als ZEITBEzeichnung aufgefasst. Er sah im Tier das weltliche Papsttum, und fand in der Zahlenangabe die Aussage, die Zeitdauer für dessen weltliche Herrschaft werde 666 Jahre betragen. In dieser Form hat sich Luthers Auslegung als unrichtig erwiesen; denn das Papsttum mit seinem Herrschaftsanspruch hat längere Dauer. Aber bemerkenswert ist, dass Luther 666 als wirkliche Zahl nahm und zwar zur Benennung von Jahren. Nun ist zwar neuerdings das Recht zur Deutung der Zahl als Zeitbezeichnung bestritten worden. Die Bestreitung hätte recht, wenn eine derartige Deutung als die einzig mögliche oder als die in erster Linie zu Recht bestehende dargestellt würde. Diese buchstäbliche Deutung wird zwar im vorliegenden Buch in Anspruch genommen; aber nicht in ausschließlichem Sinn. Und damit fällt ein guter Teil der Einwände gegen die rein zahlenmäßige Verwendung der Zahl 666 weg.

Doch ist immer noch das biblische Recht zu dieser Art der Verwendung zu begründen. Es liegt meines Erachtens darin, dass die Zahl als Tierzahl bezeichnet wird. Weiter oben (S. 162) wurde ausgeführt, dass das Tier in den Aussagen der Offenbarung und Daniels drei Formen habe: es ist die entartete Menschheit und der in der Endzeit zu erwartende Mensch der Sünde und außerdem diejenige Entwicklungsstufe der Menschheit, die am wirkungskräftigsten aus der alten Zeit in die Endzeit hinüber leitet, die bei Daniel als das unbenennbare 4. Tier und in der Offenbarung als 6. Tierkopf bezeichnet wird. Es wäre wohl begreiflich, wenn die der widergöttlichen Menschheit als Ganzem und dem Antichristen als Einzelperson zukommende Kennzeichnung durch die Zahl 666 auch dem 6. Reich zukäme. Zunächst in dem schon besprochenen sinnbildlichen Sinn, dass sie die schließliche Erfolglosigkeit der ganzen Entwicklung dieses Reichs zum Ausdruck bringt; sodann aber auch in dem besonderen Sinn, dass sie die Zeitdauer dieses Reichs andeutet. In einem einmaligen Lauf von 666 Jahren erschöpft sich dessen Dauer freilich nicht. Über eine dreimalige Wiederholung gäbe einen guten Sinn. Dann wären beim 6. Reich drei Erscheinungsweisen zu unterscheiden von gleichlanger Dauer und von einer Gesamtfrist von 2000 Jahren. Zwar ergibt der 3. Teil von 2000 = 666 2/3 Jahre; aber die Weglassung der Bruchteile wäre denkbar. Bei der geschichtlichen Nachprüfung wären, unter Aufrundung der Bruchteile drei Abschnitte von 667, 666 und wieder 667 Jahren zu unterscheiden, was von 30 v. Chr. an gerechnet, auf die schon fast genannten Jahre 637, 1303 und 1970 führt.

Im bisherigen wurde versucht, durch eine biblische Untersuchung die Berechtigung zu erbringen, die in Offb 13:17.18 genannte Zahl 666 auch als Zeitbestimmung für das 6. Reich zu verwenden. Nun steht die weitere Aufgabe bevor, die Jahre 637 und 1303 auf ihre Bedeutung für dessen Geschichte zur prüfen. Und weiterhin ist die Gegenwart darauf anzusehen, ob sie dem Gedanken Rechnung trägt, dass 1970 einen weiteren, noch tieferen Einschnitt bedeuten könnte, der das 6. Reich zu seinem Abschluss bringt und über das kürzer währende 7. Reich zur eigentlichen Endzeit hinüber leitet. Dass Untersuchungen namentlich letzterer Art eine ernste Sache sind und fehlgreifen können, ist zugegeben. Wenn aber dieses Forschen geschieht nicht im Sinne eines Vorhersagenwollens, sondern im Bemühen, die Gegenwart im Sinn der Schrift zu verstehen, dann wird dem Vorwurf des Vorwitzigseins die Spitze abgebrochen sein.

Das Jahr 637 als Knotenpunkt