Die Wiederbringung aller Dinge

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nach dem gleichnamigen Buch von Andrew Jukes:
Der zweite Tod und die Wiederbringung aller Dinge

in Bearbeitung


Die Wiederbringung aller Dinge

Brief an einen Freund

Mein lieber E....!

Was Du mir von den Schwierigkeiten schreibst, über die Du nicht hinwegkommen kannst, und wie einige Deiner Freunde versucht haben, Dir zu helfen, das erinnert mich, wenn ich solchen Vergleich ziehen darf, an eine Begebenheit, die vor einigen Monaten in einer Sonntagsschule vorkam. Die Knaben einer Klasse lasen das Kapitel, welches davon erzählt, wie David auf dem Dache seines Hauses wandelnd die Bathseba sah. Da fragte einer der Knaben, indem er durch das Fenster des Schulzimmers auf die steilen Dächer der gegenüberliegenden Häuserreihe blickte: "Aber wie konnte denn David auf dem Dach seines Hauses wandeln?" Der Lehrer, der in diesem Punkt ebenso unwissend war wie sein Schüler, brach alles Fragen mit dem barschen Worten ab: "Zweifle nicht an der Bibel, Junge!" Der Lehrer der Nachbarklasse, der die Unterhaltung mit angehört hatte, beugte sich zu seinem Kollegen und flüsterte ihm zu: Die Antwort auf diee schwierige Frage ist: "Bei den Menschen ist's unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich" (Mt 19:26). Das war also die Lösung der Schwierigkeit, und wie ich fürchte, ein treues Beispiel dafür, wie man auf der einen Seite ehrlichen Zweifeln oft begegnet als ob alles Fragen nach dem, was in der Schrift schwer verständlich ist, ein Verbrechen wäre, und wie auf der anderen Seite getrost die reinsten Absurditäten als rechte Auslegungen von Gottes Wort und Absicht dargeboten werden.

Diese Schwierigkeit liegt darin, wie wir als bibelgläubige Christen die prophetischen Aussagen betreffs der endlichen Wiederbringung aller Dinge mit anderen Schriftstellen vereinbaren könne, die so oft als Beweise für die weige Strafe angeführt werden. Die Schrift, sagst Du, versichert, dass Gott, unser Vater, ein Erlöser ist, voller Erbarmen für die Verlorenen, die Er selig machen will. Seine Liebe ist so groß, dass Er den Menschen Seinen eingeborenen Sohn gegeben hat, in dem und durch welchen der Fluch überwunden und alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden sollen. Und dennoch sollen etliche dahingehen in nie endende Strafe, "da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlischt". Wie ist es möglich, fragst Du, dies miteinander zu vereinigen? Sind nicht die einzelnen Aussagen geradezu einander widersprechend? Und wenn das so ist, müssen dann nicht die Erklärungen der Bibel, wie auch bei anderen Büchern durch das Licht der Vernunft und des Gewissens, welches die Natur oder Gott einem jeden von uns gegeben hat, berichtigt werden?

Nun gebe ich sofort zu, dass hier eine Schwierigkeit vorliegt, und ferner, dass die Frage, wie sie zu lösen ist, unsere aufmerksamste Beachtung verdient. Auch stimme ich Dir durchaus zu, wenn Du sagst: "Gleichgültigkeit oder fromme Ängstlichkeit, die sich selbst Ergebung nennt, mag solchen Fragen als unpraktisch oder selbst gefährlich ausweichen, Trägheit unter dem Schein von Demut mag jede Berührung mit ihnen zu vermeiden suchen und geistige Selbstsucht, eingehüllt in den Mantel ihrer eigenen eingebildeten Sicherheit, mag solche Forschungen als vermessen verbieten - so können doch Christus-gleiche Seelen ebensowenig teilnahmslos bleiben bei der Frage, was Gottes Vorsatz ist mit der großen Masse der Menschheit, als sie gleichgültig dabei stehen können, wenn der Verlassene vor Hunger umkommt oder der Sterbende in seinem Schmerz mit dem Tode ringt." Das scheint mir alles selbst verständlich.

Aber wenn ich auch mit Dir hierin übereinstimme, so kann ich doch nicht zugeben, dass es für die Schwierigkeit, die Du vorbringst, keine Lösung gäbe, oder dass Du, selbst wenn dies der Fall wäre, Recht tätest, aus solchem Grund die Schrift zu verwerfen. Hat Gott irgendeine Offenbarung gegeben, die frei von Schwierigkeiten wäre? Gibt es nicht selbst bei den Tasachen des gegenwärtigen Lebens ganz unlösbare Schwierigkeiten? Ist es nicht eine Tatsache, dass der Mensch als gefallene Kreatur in diese Welt kommt? Und doch ist Gott, der den Menschen schuf, gerecht, heilig und barmherzig? Du meinst, dass der Mensch nicht deshalb allein ein Sünder ist, weil er Übles tut. Vielmehr glaubst Du, dass er Übles tut, weil er ein Sünder ist, und dass, wenn er auch noch so gut bewacht und erzogen wird, dennoch Übles von ihm ausgehen muss, weil es bereits in ihm ist; das der Beste selbst unfähig ist, das Gute, das er will, zu tun; dass ein jeder Eigenwillen und Eigenliebe hat, die bedeutungsvolle Wurzel jeder Art von Sünde. Und doch sagst Du: "Gott ist gut". Zugegeben, dass das Böse durch Adams Ungehorsam gekommen ist: ist es aber darum gerecht, dass wir für eine Übertretung leiden müssen, die Tausende von Jahren vor unserer Geburt begangen wurde?

Dass hier eine Schwierigkeit vorliegt, sieht man schon an den vielen Versuchen, welche gemacht worden sind, um sie zu lösen. Dennoch glaubst Du und ich an beide Seiten des Geheimnisses. Wir glauben, dass der Mensch von Natur verdorben ist, und sein Herz böse von Mutterleib an, ein sterbendes, sündiges Geschöpf, das sich selbst weder ändern noch erretten kann, ganz ohne Hoffnung, wenn nicht Gottes erbarmende Gnade wäre.

Aber wir glauben auch, dass Gott gut ist, und dass Er uns nicht unrecht tut, wenn er erklärt, dass nicht Er, sondern wir daran schuld sind. Wenn Du nun siehst, dass das Leben ein Geheimnis ist dass Widersprüche birgt, die unvereinbar scheinen und auf deren rechte Lösung wir oft warten müssen, meinst Du dann, dass die eine Schwierigkeit, welche Dich beunruhigt, Dir das Recht gäbe, schnell dieselbe Schrift zu verwerfen, von der Du oft erfahren hast, dass sie ein Licht ist an einem dunklen Ort? Sieh sie Dir lieber immer und immer wieder mit größerer Sorgfalt an. Dann wirst Du sehen, wie ich es zu sehen glaube, wie diese Schrift, wenn recht verstanden, dem Menschen viel erhabenere und herrlichere Erwartung erschließt, als seine eigene hilflose Einbildung, als sein Verstand jemals zu ahnen gewagt oder auch nur auszudenken fähig gewesen wäre.

I. Die Natur der Schrift