Der offenbarungsgeschichtliche Ausgangspunkt: Unterschied zwischen den Versionen

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''Abschrift des Buches: [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Der_Prophet_Daniel_und_die_Offenbarung_Johannis '''Der Prophet Daniel und die Offenbarung Johannis''']<br/>
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siehe: [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Charakteristik_der_Buches_Daniels '''Charakteristik des Buches Daniels''']
''in ihrem gegenseitigen Verhältnis betrachtet und in ihren Hauptstellen erläutert.''<br/>
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''Verfasser: [https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_August_Auberlen '''Karl August Auberlen''']  (1854)''<br/>
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''Verlag: Bachmaier's Buchhandlung, Basel''<br/><br/>
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[http://www.bibelwissen.ch/index.php?title=Der_Prophet_Daniel_und_die_Offenbarung_Johannis&action=edit&section=1 <big>'''Inhaltsverzeichnis des Buches'''</big>]<br/>
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Kapitel davor: [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Der_Prophet_Daniel:_Einleitung<big>'''Einleitung'''</big>]<br/>
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<big><big>[[In Bearbeitung]]</big></big>
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<big><big>'''Erstes Kapitel:'''</big></big><br/>
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==<big>Charakteristik des Buches Daniels</big>==
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====Der offenbarungsgeschichtliche Ausgangspunkt====
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===<big>'''I. Die Bedeutung der babylonischen Gefangenschaft'''</big>===
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Wollen wir zum Verständnis unseres Buches gelangen, so haben wir von dem Standpunkt auszugehen, auf welchen es uns selbst gleich in seinen beiden ersten Versen stellt. Es ist der Gegensatz Israels und der heidnischen Weltmacht, in den wir uns hier hineinversetzt sehen, und zwar in demjenigen Stadium seines Verlaufs, welches mit dem babylonischen Exil eintritt. Das letztere bildet die historische Grundlage der danielischen Weissagungen, wie der Prophet selbst in dem Einleitungskapitel sehr geflissentlich hervorhebt, indem er es mit der Erwähnung des Beginns der Gefangenschaft eröffnet und mit der Erwähnung des Endes derselben schließt. (Dan 1:1-21, vergl. Dan 1:1.2). Ein kurzer Rückblick auf die frühere Entwicklung der Theokratie wird dienlich sein; um die offenbarungsgeschichtliche Bedeutung dieser Epoche anschaulich zu machen.
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Gott hatte durch Abrahams Berufung aus dem großen Völkergewoge, wie eine Insel aus dem Meer (Dan 7:2), ein Geschlecht abgesondert und zu seinem Eigentum erwählt, um dasselbe zum priesterlichen Vermittler seiner Offenbarungen an die Menschheit zu machen und so die Verbindung zwischen Himmel und Erde aufs Neue anzuknüpfen, auf welcher die ganze Zukunft der Menschheit beruht (1Mo 12:1-3; 2Mo 19:4-6). In Ägypten war die Familie Abrahams zum Volk erwachsen, durch Mose hatte das Volk das Gesetz von Gott empfangen, unter David und Salomo den Höhepunkt seiner alttestamentlichen Entwicklung in einem wohlgeordneten Staatsleben erreicht. Das eigentliche Wesen der Theokratie im Gegensatz zu heidnischer Religion und heidnischer Macht kam durch diese beiden Könige so völlig zur äußeren Darstellung, dass Israel nicht nur von den Heiden unabhängig war, sondern auch die umliegenden Völker sich unterworfen hatte. Die davidisch-salomonische Epoche, wo völlig und wesentlich erscheinen soll, was im A. T. nur äußerlich abgeschattet war.
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Schon mit Salomo aber beginnt der Verfall. Derselbe fing damit an, dass sich das israelitische Gottesreich in zwei Reiche spaltete und danach die innere Kraft und den Halt nach außen verlor. Das nördliche Reich der zehn Stämme, welche von dem Heiligtum Jehovas zu Jerusalem und von der Dynastie der Verheißung abgefallen war, suchte zuerst seine Stärke in der Hingabe an heidnisches Wesen; es schloss sich Juda gegenüber an Phönizien und Syrien an und hing sich buhlerisch an Götzendienst und weltliche Macht. Aber wenn Gottes Volk seinem Herrn untreu wird, und mit der Weltmacht sich einlässt, so erweckt Gott eben diese Weltmacht zur Strafe über sein Volk. Wer auf das Fleisch sät, der wird von dem Fleisch Verderben ernten (Gal 6:8). Da musste das Reich Ephraim erfahren, indem ihm im Jahr 722 v. Chr. durch die Assyrer ein Ende gemacht wurde. Dieselbe Entwicklung finden wir auch im Reich Juda, nur dass sie sich hier langsamer vollzog, weil verhältnismäßig noch länger die Treue gegen Jehovah herrschte, indem das davidische Haus von Zeit zu Zeit wieder gottesfürchtige Könige hervorbrachte. Allein auch Juda ließ sich verführen und hurte Ephraim nach. Ungefähr vom Jahr 740 an, wo Ahas sich um Hilfe gegen Ephraim und Syrien trotz Jesajas Warnung nach Assyrien wandte (Jes 7.).
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Denn so herrlich hatte die Propheten von der Erlösung geredet, dass die Juden hofften, es werde ein Zustand vollkommenen Glücks und Heils für sie eintreten, sobald sie aus der babylonischen Gefangenschaft errettet seien. Da sie aber von so vielen Drangsalen heimgesucht wurden, und nicht bloß auf kurze Zeit, sondern über vierhundert Jahre lang, während sie doch nur siebzig Jahre im Exil gewesen waren, so konnte es den Anschein gewinnen, als sei die Erlösung ein Spott geworden. So ist es unzweifelhaft, dass Satan viele Seelen zum Abfall reizte, als hätte Gott seinen Spott mit ihnen getrieben, da er sie aus Chaldäa geführt und ins Vaterland zurück gebracht hatte. Aus diesen Gründen zeigte Gott seinem Knecht im Gesicht, welch zahlreiche und schwere Drangsale das auserwählte Volk erwarteten. Der Knecht Gottes, welcher zum Empfang dieser neuen Offenbarungen ausersehen war ist D a n i e l.
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Den Wendepunkt, welchen die ganze göttliche Reichsgeschichte mit dem Exil nimmt, hat in seiner prinzipiellen Bedeutung für das Verständnis der danielischen Weissagungen, so viel ich sehe, am tiefsten und schärfsten unter allen bisherigen Auslegern M a g n u s  Friedrich R o o s erkannt, der große Schriftforscher voll stiller Tiefe, wie ihn Delitzsch nennt. Er gab 1771 als Pfarrer zu Lustnau bei Tübingen eine treffliche Schrift heraus unter dem Titel: Auslegung der Weissagungen Daniels, die in die Zeit des N. T. hineinreichen, nebst ihrem Vergleich mit der Offenbarung Johannis nach der Bengelischen Erklärung derselben. Hier teilt er gleich im ersten Paragraphen der Einleitung, "das Reich Gottes in der Verbindung mit den häuslichen und politischen Anstalten" betrachtend, die Weltzeiten in vier Hauptperioden ein: 1.) von Adam bis zum Auszug aus Ägypten, 2.) bis zum Anfang der babylonischen Gefangenschaft, 3.) bis auf den Anfang der glückseligen tausend, oder, wie Roos irrtümlich mit Bengel annimmt, zweitausend Jahre (Offb 20:1-6), 4.) diese zweitausend Jahre selber bis ans Ende der Welt. Wir sehen, wie der dritte Zeitraum mit Anschluss des vierten genau der von der danielischen Weissagung umfasste ist. Die nähere Begründung und Ausführung, welche Roos dieser beim ersten Anblick seltsam scheinenden Periodenteilung gibt, ist so reich an lichtvollen Blicken in die Hl. Schrift, dass wir es uns nicht versagen können, diesen ganzen Abschnitt als Beilage unten anzufügen. Über Stellung und Bedeutung der mit dem Exil beginnenden Periode des ReichesGottes vgl. außerdem Mich. B a u m g a r t e n, die Nachtgesichte Sacharjas, I. S. 24 ff.<br/><br/>
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===<big>'''II. Die Stellung Daniels'''</big>===
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====Die Stellung des Propheten am babylonischen Hofe====
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Der neue Aufschluss, welcher dem Volke Gottes für die mit der babylonischen Gefangenschaft beginnende Zeit not tat, musste so beschaffen sein, dass dasselbe zunächst inne wurde, was es um die Weltmächte sei, denen es nun gehorchen sollte, was ihr Wesen und ihr Ende sei, und sodann, wie sich hierzu das in Israel begonnene göttliche Heilswerk verhalten werde. Es war also  jetzt der Prophetie ein neuer Gegenstand gegeben, welcher der Natur der Sache nach erst mit dem Exil hervortreten konnte, hier aber auch mit innerer Notwendigkeit gleichsam der Weissagung sich aufdrängte.
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Sollte nun aber nach Gottes Absicht eine Offenbarung über die Weltmächte und ihre Entwicklung gegeben werden, so musste der Prophet einen anderen Standort einnehmen als die bisherigen Propheten. Denn das göttliche Wort hat immer einen geschichtlichen Anknüpfungspunkt, welcher den, dem es zuteil wird, zur Aufnahme desselben tauglich macht. Die Offenbarung fällt nicht als ein geschriebenes Buch vom Himmel, das man nur mit den Händen nehmen und lesen dürfte; sondern damit sie dem Bedürfnis und Gesichtskreis der Menschen angemessen wird, muss ein Mensch lebendig im Geiste empfangen und aufschreiben. Damit er aber dies könne, muss er selbst geschichtlich so gestellt sein, dass im das Wort von oben nicht ein völlig fremdes ist, sondern dass seine ganze Situation gleichsam zur menschlichen Frage wird, auf welche die Offenbarung die göttliche Antwort bringt. Handelte es sich nun jetzt nicht mehr, wie bei den früheren Propheten, um Israel in seinem Verhältnis zu den Weltmächten, sondern um die Weltmacht in ihrem Verhältnis zu Israel: so konnte der Gottesmann, der hierüber weissagen sollte, nicht unter seinem Volke, er musste am Sitze der heidnischen Weltmacht leben. Denn von da aus allein gewann er für diese in ihrer ganzen Art und Entwicklung den rechten Blick, ,an welchen die Offenbarung von oben sich anzuknüpfen vermochte. So finden wir denn die prophetische Warte Daniels neben dem Throne zu Babel aufgeschlagen: er steht in und über der ersten Weltmonarchie und überschaut von hier aus mit göttlich geöffnetem Seherauge die wechselnden Gestalten und Geschicke der kommenden Reiche in ihren Beziehungen zum Volke Gottes bis in die fernsten Zeiten hinaus.
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Von seiner frühen Jugend bis ins höchste Alter, mehr als siebzig Jahre lang lebte der Prophet am babylonischen und medopersischen Hofe (Dan 1:1.6.21; Dan 10:1). Doch nicht bloß das; sondern er war selbst auch Staatsmann und bekleidete die einflussreichsten Ämter (Dan 2:48 f. Dan 5:29; Dan 6:29; Dan 8:27). Dadurch bekam er eine Anschauung und ein Verständnis von dem Gang der politischen Dinge in den Weltreichen, welche ihn vorzüglich befähigten, der Empfänger dieser, dass ich so sage, politischen Offenbarungen zu werden.  Mitten in der Politik fehlte aber der geistliche Gesichtspunkt nicht. Die Erfahrungen, welche Belsazars Sturz, von dem raschen Aufblühen, Zerfallen, Verschwinden der babylonischen Monarchie, von seiner eigenen und seiner Freunde wunderbarer Errettung (Dan 3-6), alle diese Ereignisse gaben ihm tiefe Eindrücke über die Nichtigkeit der Weltmacht und die unüberwindliche Herrlichkeit des Gottesreiches.
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Auch den Unterricht in der Weisheit der chaldäischen Magier dürfen wir hier in Betracht ziehen. Denn dass die geheimen Kenntnisse und Künste der Heiden nicht Nichts waren, das zeigt uns die Hl. Schrift z. B. an den ägyptischen Zauberern, die Mose gegenübertraten.
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Aktuelle Version vom 20. Mai 2020, 18:39 Uhr

siehe: Charakteristik des Buches Daniels