Das antichristliche Reich der Endzeit

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Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor: 2. Der Abschluss des 6. Reiches

in Bearbeitung

3. Teil

3. Das antichristliche Reich der Endzeit

Der letzte Weltherrscher

Damit sind wir in die Beschreibung des antichristlichen Reiches eingetreten. Worin besteht dessen Fortschritt gegenüber der ganzen bisherigen Entwicklung? Da wird, um einen kurzen Ausdruck zu gebrauchen, alles auf die Spitze getrieben. Aus der Menschheit heraus, und doch zugleich teuflisch geleitet und völlig dem Satan dienstbar und von ihm zu Ehren gebracht, erscheint der Mensch der Sünde, d. h. der Mensch, dessen ganzes Wesen Sünde ist. Bis dahin war in jedem Menschen noch wenigsten ein göttlicher Funke, wenigsten EIN Punkt, wo Sehnsucht bestand nach dem lebendigen Gott und wo Er anknüpfen konnte. Bei dem Menschen der Sünde ist das nicht mehr der Fall. So stellt dieser Mensch die Spitze der von Gott abgewichenen Menschheit dar, in dem doppelten Sinn, dass in diesem Mann zur Reife gekommen und auf die Spitze getrieben ist, was in der Menschheit an Un- und Widergöttlichem auftauchte durch die Länge der Zeiten hindurch und über die Breite der Erde hin; und dass er deshalb auch an die Spitze der Menschheit kommt, in die überragende Führerstellung, wie sie vorher noch kein Menschheitsführer eingenommen hat, auch beim Turmbau nicht. Er bekommt tatsächlich seinem Wesen nach die abgefallene Menschheit verkörpert und weil die Menschheit ihn anerkennt, und weil er ihr vom Fürsten dieser Welt zum Regenten bestellt wird.

Auf diese Weise wird diese Führerpersönlichkeit der Endzeit zum Antichrist. Das Wort kommt zwar nicht in der Offenbarung vor - dort wird er abwechselnd mit dem antichristlichen Reich, das er verkörpert, schlechtweg mit Tier genannt; aber in 1Jo 2:18. Aus dieser Stelle geht zugleich hervor, dass das Wort vom Antichristen von Anfang an zum eisernen Bestand der christlichen Erkenntnis gehörte. Antichristus heißt Gegenchristus und hat einen doppelten Sinn: er ist das Gegenstück zum Christus und zugleich sein Widersacher. Er steht dem rechten Christus gegenüber als sein vollendetes Gegenteil. Er ist auch ein Christus, d. h. ein kraft Salbung mit einem überragenden Amt innerhalb der Menschheit Beauftragter. Aber seine Salbung stammt aus der Tiefe, sein Auftraggeber ist der Satan, sein Amt besteht darin, die Lostrennung der Menschheit von Gott vollständig zu machen. Darum ist er der geschworene Feind eines jeden, der ein göttliches Amt hat.

Vor allem ist er der Feind Christi, weil der Christus die Gott wohlgefällige Menschheit herstellen soll. Aber er ist auch der Feind der Organe Christi in dieser Welt, des Gottesvolks in seiner nationalen Gestalt oder des rechten Israels, wie es sich gerade in den Zeiten des Antichrists aus dem Judentum herausbildet, und des Gottesvolks in seiner aus allen menschlichen Verhältnissen gesammelten, aber an keine menschliche Form gebundenen Gestalt, also der Gemeinde Jesu. Christus selber ist seiner Feindschaft entzogen; darum macht er sich an seine beiden, auf der Erde erreichbaren Organe. Solange diese beiden vorhanden sind, ist der Auftrag des Antichrists der Menschheit gegenüber noch nicht vollendet. Deshalb müssen die beiden beseitigt, aus der Menschheit ausgetilgt werden.

Aber ehe der Kampf und seine geschichtliche Voraussetzungen dargelegt werden, ist noch ein Wort zu sagen über die Art, wie das Aufkommen des Antichrists vorstellbar ist.

Die Aussagen über die Wunde des Tieres (Offb 13:3) und über dessen Wiedererstehen aus dem Nichtsein (Offb 17:8) sind hierfür verwendet worden, indem man diese Aussagen auf den Antichrist deutete. Dann ergäbe sich der sinn, dass der Antichrist eine Zeit des Niedergans erleben werden, aus dem er sich zu um so stolzerer Höhe erheben werde. Weiter ist der Gedanke erwogen worden, ob er nicht eine kraft teuflischer Machtwirkung aus der Totenwelt wiedererstehende geschichtliche Persönlichkeit früherer Zeit sein werde. Nach Offb 17:11 müsst die letztere zur Zeit des Empfangs der Offenbarung bereit der Vergangenheit angehört haben. Hätte die letzter Deutung recht, dann wäre das Geheimnis des Antichrist noch größer als es vorher schon ist. Seine Einsetzung als Weltherrscher wäre in diesem Fall eine teuflische Nachäffung der Auferweckung Christi und seiner Erhebung zum Thron.

Weil der Antichrist das Gegenbild Christi ist, deshalb ist eine solche Möglichkeit nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Aber die Zahl der in Betracht kommenden Persönlichkeiten ist dann beschränkt. Es ist an Antiochus Epiphanes gedacht worden, jenen Vertreter der griechischen Weltmacht, der es sich zum Ziel gesetzt hat, dem alttestamentlichen Gottesvolk seine göttliche Sonderstellung und seinen göttlichen Beruf zu entwinden. Darum scheint er sich auch für die gleiche Aufgabe gegenüber dem neuerstehenden Gottesvolk und gegenüber der Gemeinde Jesu zu eignen. Es ist auch schon an Judas Ischarioth gedacht worden. Dann wäre mit dem Verrat Jesu dessen Rolle noch nicht erschöpft.