Trauer und Freude in den Psalmen

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Von Daniel Muhl

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Einführung

Die Psalmen oder anders übersetzt "die Lobenden" beinhalten nicht nur eine Fülle von Liedern, sondern sie widerspiegeln auch sehr eindrücklich, eine Fülle von seelischen und geistlichen Emotionen. Da finden wir nicht nur die Lob- und Jubelgesänge Israels, sondern auch alle anderen Gefühle des menschlichen Daseins. Manche Christen titulieren jede menschliche Emotion als "seelisch". Indirekt wollen einige damit zum Ausdruck bringen, dass solche "Gefühlsschwankungen" ein Hinweis auf eine mangelnde "Geisterfüllung" ist.
Der Mensch existiert aus Geist, Seele und Leib! Diese Struktur ist ein "Produkt" göttlicher Schöpfung. Die Gefühlsschwankungen gehören zum Leben eines jeden Menschen. Selbst der Sohn Gottes empfand als Mensch, Freude (Joh 15:11), Betrübnis (Mk 14:34), Zorn (Mk 3:5) und seine Traurigkeit kam durch sein Weinen zum Ausdruck (Lk 19:41). Wir sehen; auch die Seele von Jesus verspürte die unterschiedlichsten Emotionen. Selbstverständlich herrschte sein Geist über seine Seele, aber auch Jesus konnte und musste die Gefühle seiner Seele nicht einfach ausblenden, sodass er sie nicht gespürt hätte.
Eine schwankungsfreie Seele gibt es nicht. Solange wir uns noch in diesem sterblichen Leib befinden, ist die Seele einer Wellenbewegung unterworfen. Das musste auch Jakobus von Elia berichten:

  • ELB Jak 5:17 - Elia war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir; und er betete inständig, dass es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate.

Die starke Ausdrucksweise der Psalmisten, die unter anderem auch ein Ergebnis ihrer Empfindungen waren, gibt uns viele wertvolle Hinweise für den Umgang mit den Gefühlen. Sowohl die Psalmisten als auch die Propheten hielten ihre Emotionen vielfach nicht zurück. Das ist nicht notwendig und das sollten wir auch nicht tun! Damit ist aber nicht gemeint, dass wir unbeherrscht sein sollen. Die meisten Menschen halten ihre Emotionen nicht zurück. Aber Viele machen es oft an der falschen Adresse! Freude, Trauer, Zorn und Ärger bringen wir Menschen meist zuerst bei den Mitmenschen zum Ausdruck, statt bei Gott. Viele deponieren ihre Gefühle erst viel später bei Gott, wenn überhaupt. Die Psalmisten und die Propheten haben im Laufe ihres Lebens gelernt, ihre Empfindungen zuerst bei Gott abzuladen. Bei Menschen kann das auch mal nötig sein, aber in der Regel haben wir auch hier eine falsche Gewichtung. Ärger und Empörung bringen wir bei den Menschen oft sehr schnell zum Ausdruck, währenddem wir mit Anerkennung und Dankbarkeit sehr sparsam umgehen.

Der richtige Umgang mit Emotionen

Der Umgang mit Trauer und Betrübnis

Die Psalmisten machen uns vor, wie wir mit unseren Emotionen umgehen können. Sie breiten alle ihre Gefühle vor Gott aus, sie sagen ihm, wie sie sich fühlen, was sie bedrückt, welche Schmerzen sie empfinden. Kurzum, sie schütten ihr ganzes Herz vor ihm aus. Ein solches Ausschütten kommt aber vielfach erst durch grössere seelische Nöte zustande. Bei Hanna wird das besonders deutlich, als sie zu Eli sagte:

  • ELB 1Sam 1:15 - "Nein, mein Herr! Ich bin nichts anderes als eine betrübte Frau. Wein und Rauschtrank habe ich nicht getrunken, sondern ich habe mein Herz vor dem HERRN ausgeschüttet."

Hanna hatte ihre ganze Betrübnis vor dem Herrn ausgeschüttet. Dadurch wurde auch sie zu einem Vorbild in Bezug auf den Umgang mit Emotionen. Das Ausschütten des Herzens bewirkt mehrere Dinge gleichzeitig:

  1. Wer sein Herz vor Gott ausschüttet, erwartet von Gott auch die notwendige Hilfe. Dadurch wird ein ausharrender Glaube sichtbar. Gleichzeitig setzt man sein Vertrauen auf den unsichtbaren Gott.
  2. Durch das Ausschütten des eigenen Herzens werden für den Betroffenen auch Dinge des eigenen Unterbewusstseins sichtbar, so wie beim Aufstechen einer Eiterwunde, der Eiter an die Oberfläche dringt und dadurch sichtbar wird.
  3. Wer sein Herz vor Gott ausschüttet, entleert sein Herz. Dadurch wird auch die Seele "entschlackt".
  4. Ein entleertes Herz hat auch den entscheidenden Vorteil, dass es von Gott neu gefüllt werden kann.
  5. Das Offenlegen unserer Emotionen vor Gott bewirkt auch, dass wir wahr werden und so immer mehr in die Wahrheit hineinkommen. Die Wahrheit macht uns ganz frei (Joh 8:32), frei von jeglicher Knechtschaft, frei von aller Gebundenheit und frei von uns selbst!

Da wo das Herz mit Sorge und Not erfüllt ist, da darf man das Herz vor Gott ausschütten. Sehr oft erlebt dann das Herz eine grosse Erleichterung.

Der Umgang mit Freude

An dieser Stelle möchte ich aber nicht nur die Trauer und die Betrübnis erwähnen, sondern auch die Freude und der Jubel! Freude ist etwas sehr Schönes! Wir alle wünschen uns Freude und Freude ist wohl für kaum jemand ein Problem. Sie ist einfach schön und man möchte möglichst viel davon geniessen.
Weil wir uns alle möglichst viel Freude wünschen, jagen wir bewusst oder unbewusst den Dingen nach, von denen wir denken, dass sie uns Freude vermitteln. Doch wenn wir bedenken, dass viele Dinge gar keine bleibende Freude vermitteln, dann stellt sich natürlich die berechtigte Frage: "Jagen wir den richtigen Dingen nach oder verfolgen wir immer noch Freuden, die uns nicht wirklich befriedigen?"
Wo bleibende Freude zu finden ist, erklärt uns Paulus:

  • ELB Phil 4:4 - Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!

Bleibende und wahre Freude ist nur "im Herrn" zu finden. Er ist die Quelle ewiger Freude, denn er selbst sagt uns:

  • ELB Joh 16:22 - Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.

Allein die Gegenwart des Herrn vermittelt uns eine Freude, die niemand wegnehmen kann.
Wie in der Trauer, so gilt auch in der Freude, dass wir auch dieses Empfinden mit dem Herrn teilen, indem wir ihm von Herzen dankbar sind, für die Freude, die wir empfinden dürfen. Wenn unser Gefühl der Freude nicht mit dem Herrn in Verbindung gebracht wird, dann haben wir noch nicht den richtigen Umgang mit der Freude gelernt. Auch das soll und darf gelernt sein. Das bekannte Sprichwort, "geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude", gilt gerade auch in Bezug auf unseren Herrn. Mehr noch; die Freude mit und in unserem Herrn, ist weit mehr als doppelte Freude! Im Gegensatz zu der eigenen Freude, hält die Freude im Herrn an, wie uns das Paulus in Phil 4:4 deutlich gemacht hat. Die Freude im Herrn bedeutet aber keineswegs ein ununterbrochenes Glücksgefühl der Seele. Gerade im Philipperbrief redet Paulus auch von grosser Traurigkeit, die er in seinem Leben empfand (Phil 2:27). Auch hier sehen wir, wie sowohl Traurigkeit, als auch eine bleibende Freude im Leben des Apostels eine Rolle spielte. Die Seele kann traurig sein und gleichzeitig kann sie sich im Herrn über alles freuen, was er getan hat. Es ist ein Grund der Freude, dass der allmächtige Gott sich unser erbarmt hat, dass er unsere Schuld weggetan hat, dass er uns mit Gnade und Erbarmen krönt (Ps 103:4). Es ist ein Grund unaufhörlicher Freude, dass er uns mit ewigem Leben beschenkt, dass er uns in Christus mit jedem geistlichen Segen gesegnet hat, dass er uns eine unübertreffliche Zukunft versprochen hat. Es ist ein Grund grösster Freude, dass er uns bedingungslos liebt und uns gar nichts von seiner Liebe trennen kann. Gleichzeitig kann unser eigenes Schicksal oder das Schicksal unserer Mitmenschen, in uns eine grosse Traurigkeit auslösen.
Es gibt natürlich auch Zeiten, wo unser Leben angenehm ist. Trotz diesen angenehmen Zeiten bleibt die tief greifende Freude manchmal aus. Es stellt sich so eine oberflächliche Freude ein und man weiss gar nicht genau, warum. Auch David erkannte, dass der materielle Überfluss keine tief greifende Freude vermittelt:

  • Ps 4:8 - Du hast Freude in mein Herz gegeben, mehr als jenen zu der Zeit, da sie viel Korn und Most haben.

David beginnt diesen Psalm mit den Worten:

  • Ps 4:2 - Wenn ich rufe, antworte mir, Gott meiner Gerechtigkeit! In Bedrängnis hast du mir Raum gemacht; sei mir gnädig und höre mein Gebet!

Aus Ps 4:8 dürfen hier sehen, dass eine grosse Freude nicht an den materiellen Überfluss gekoppelt ist, auch nicht an die Gesundheit, sondern an das Einwirken Gottes.
Jede Freude über eine Annehmlichkeit des Lebens, die wir für uns alleine geniessen möchten, ist keine tief greifende und nachhaltige Freude. Wenn wir sie mit einem Menschen teilen, dann "verdoppelt" sich die Freude, und wenn wir sie mit dem Herrn erleben, dann vertieft sich die Freude und dann wirkt sie nachhaltig in uns.
Aber wie können wir die Freude über die irdischen Annehmlichkeiten mit dem Herrn erleben? Wenn wir mit irdischen Annehmlichkeiten beschenkt werden und dem Herrn von ganzem Herzen dafür danken und ihn loben für das, was er uns geschenkt hat, dann ist auch diese Freude viel nachhaltiger und dann haben wir auch den richtigen Umgang mit der Freude gelernt. Damit wir uns allezeit im Herrn freuen können, ist es auch ganz wichtig, dass wir immer wieder das praktizieren, was David uns rät:

  • SCH Ps 103:2 - Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan!

Trauer in den Psalmen

Welche Begriffe hängen mit der Trauer zusammen?

Wenn man über die Trauer in den Psalmen nachdenken will, dann geht es nicht nur um den Begriff "Trauer". Es gibt etliche andere Begriffe, die mit der Trauer zusammenhängen. Folgende Begriffe sollten in diesem Thema deshalb mitberücksichtigt werden:

-Betrübnis, -Kümmernis, -Gram, -Jammer, -Kummer, -Niedergeschlagenheit, -Trübsal usw.

Was hat die Traurigkeit bei den Psalmisten ausgelöst?

  1. Ps 35:14 - Der Verlust einer nahestehenden Person; in diesem Fall die Mutter.
  2. Ps 38:7 - Sünden, Leiden und Bedrängnis.
  3. Ps 43:2 - Die Bedrückung durch den Feind.

Was sind die Auswirkungen der Traurigkeit?

  1. Ps 43:2 - Es entsteht immer wieder die Frage nach dem "Warum".
  2. Ps 43:2 - Es kommt das Gefühl hoch, von Gott verworfen zu sein.

Was sind die Auswirkungen der Kümmernis und des Jammers?

  1. Ps 119:28 - Die Seele zerfliesst, sie "tropft", sie wird entkräftet, sie entsickert oder sie verschmachtet.
  2. Ps 107:39 - Der Jammer beugt die Menschen.

Freude in den Psalmen

Auch die Freude hängt noch mit anderen Begriffen zusammen:

-Jubel, -Frohlocken, -Jauchzen, -Loben, -Beglückung, -Erheiterung, -Fröhlichkeit, -Heiterkeit usw.

Wo kann man sich freuen?

  1. Ps 9:3 - In Gott kann man sich tief greifend und bleibend freuen.
  2. Ps 16:11 - Eine Fülle von Freuden ist vor dem Angesicht des Herrn.
  3. Ps 31:7 - In seiner Güte (o. Huld; hb. chêsêd).
  4. Ps 90:14 - Wer am Morgen mit seiner Gnade gesättigt wird.

Was bewirkt Freude?

  1. Ps 19:9 - Die Vorschriften des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz.
  2. Ps 21:2 - Ein Leben in der Kraft JHWH's und die Rettung JHWH's.
  3. Ps 40:17 - Es sollen sich freuen und fröhlich sein, alle, die Gott suchen.
  4. Ps 92:5 - Das Tun des Herrn.
  5. Ps 104:15 - Wein erfreut des Menschen Herz.

Was soll mit Freuden geschehen?

  1. Ps 100:2 - Dienet dem Herrn mit Freuden (o. in Freude).

Wer wird sich freuen können?

  1. Ps 5:12 - Alle, die sich in Gott bergen.
  2. Ps 34:3 - Die Demütigen (o. Sanftmütigen) freuen sich, wenn sich eine Seele in dem Herrn rühmt.
  3. Ps 97:11 - Für die von Herzen Aufrichtigen wird Freude gesät.
  4. Ps 104:31 - JHWH wird sich über seine Werke freuen, d. h. auch, dass seine Werke in den Zustand kommen werden, der ihm gefällt.
  5. Ps 109:28 - Der Diener des Herrn.

Ein Beispiel

In Psalm 43 kommt in sehr wenigen Sätzen, das zum Ausdruck, was man in den Psalmen immer wieder findet, nämlich eine Freudenerwartung trotz Niedergeschlagenheit.

Weitere Informationen

Predigten und Wortdienste zu diesem Thema

Siehe auch

Literatur

Quellen

Weblinks