Klagelied angesichts der Zerstörung Jerusalems nach Ps 74

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aus HSA: "Die Psalmen Israels"

Klagelied angesichts der Zerstörung Jerusalems (Ps 74)

Verfasser und Situation: Nicht alle Asaf-Psalmen können von dem Zeitgenossen Davids (1Chr 15:16-17) verfasst worden sein. Dies ergibt sich aus dem Inhalt. Ps 74 beschreibt die Zerstörung Jerusalems und des Tempels. Eine Katastrophe solchen Ausmaßes traf Israel 587 v. Chr. durch Nebukadnezar und 168 v. Chr. durch Antiochus Epiphanes, wo es allerdings nur zu einer Tempelschändung kam. Ps 74 wird wohl auf die erstgenannte Katastrophe zurückblicken, die aber schon (wegen V. 1 - 3 - 9) längere Zeit zurückliegt; so mag er irgendwann etwa um 540 entstanden sein. Mehrere Asaf-Psalmen "mögen von Nachkommen des berühmten Asaf stammen, die wahrscheinlich zum Teil selbst wieder den Namen Asaf trugen" (E. König).

Sinn: Der Psalm besteht aus drei Teilen:
a) die Schilderung der Katastrophe, verbunden mit Fragen an Gott (Ps 74:1-11);
b) dem glaubenden Aufblick zu Gott und seinen Taten in der Vergangenheit (Ps 74:12-17);
c) der dringenden Bitte um Gottes Eingreifen (Ps 74:18-23).

a) Einige Jahrzehnte mögen seit der Zerstörung Jerusalems (587 v. Chr.) vergangen sein. Da ist es verständlich, dass Gottes Volk fragt: Herr, wie lange soll das noch gehen? Kümmern dich die Trümmer Jerusalems nicht? Ist dir Israel, Jerusalem, der Tempel, das Volk, das Land etwa gleichgültig geworden? Hast du uns für immer verstoßen (vgl. Röm 11:1)?

b) Der kostbare mittlere Teil aber zeigt, dass der Beter dennoch an Gott als seinem König festhält. Er ist ein Gott, der Rettungen vollbringt. Mit einem siebenfachen betonten "Du" weist er auf Gottes Wunder in der vergangenen Geschichte Israels hin, ja er geht zurück bis auf die Großtaten des Schöpfergottes in 1Mo 1. Sollte es diesem Gott nicht ein Leichtes sein zu helfen?

c) Darauf folgen sehr konkrete dringende Bitten: Gedenke - Schau hin - Steh auf - Streite deinen Streit - Vergiss nicht! - Und tatsächlich: Die Hilfe kam! Gott erweckte den Geist des Perserkönigs Kyrus, der 538 v. Chr. den verschleppten Israeliten die Heimkehr in ihr Land, den Wiederaufbau Jerusalems und der Städte Judas und den Neubau des Tempels erlaubte (vgl. Jes 40 und Jes 45).

Wir können aus Ps 74 lernen (wie auch aus anderen Psalmen), alle Nöte bis ins Einzelne vor Gott auszubreiten und konkret um seine Hilfe zu bitten. Doch was das Mittelstück des Psalms uns lehrt, sollte nicht fehlen: Unser Gebet sei nicht geprägt vom "Ich - ich - ich", sondern vom gläubigen, dankbaren, hoffenden "Du - du - du".

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