Hiobs Antwort - Hi 19:1-29

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

aus HSA Ist Gott mein Freund oder mein Feind? - Das Buch Hiob


Hiobs Antwort - Hi 19:1-29

Der Text in Hi 19:25-27 bringt nach Hi 16:19-21 einen weiteren Höhepunkt im Glaubensringen des schwergeprüften Edomiterkönigs. Doch zuvor achten wir noch auf die Verse Hi 19:1-24. Wieder finden wir da den schon in Hi 13:24 und Hi 16:9 geäußerten Gedanken Hiobs, Gott behandele ihn wie einen Feind. Darum geht es ja immer wieder in diesen Kapiteln: Ist Gott für mich oder gegen mich, ist Er Freund oder Feind? Nach Seinem Verhalten offensichtlich das Letztere! Doch Hiob findet sich damit nicht ab, er kann bei dem Gedanken nicht ruhig werden, und die Vorwürfe seiner Freunde ("Du bist an allem selber schuld") geben der Frage noch eine weitere Zuspitzung.

Hiob klagt: Gott hat mich völlig erniedrigt. Ich habe keine Ehre mehr - keine Hoffnung mehr - keine Freunde mehr. Wer möchte auch mit diesem elenden, übel riechenden Menschen etwas zu tun haben? Hiob weiß nicht mehr weiter, sodass er sogar seine Freunde, die doch dauernd gegen ihn argumentieren, um Erbarmen anruft (Hi 19:21). Er empfindet seine Not als so einzigartig, dass er wünscht, seine Worte würden in einem Buch aufgezeichnet und bleiben so der Nachwelt erhalten (Hi 19:23). Diesen Wunsch hat Gott ihm erfüllt.

Ganz überraschendkommt dann der Umschwung in den Versen Hi 19:25-27. Wer die Situation des leidenden Hiob bedenkt, wundert sich nicht über das Hin und Her zwischen Hoffnungslosigkeit und Todessehnsucht einerseits und plötzlich aufflammender höchster Hoffnung andererseits, zwischen der Gottesvorstellung des Feindes einerseits und es Anwalts und Freundes andererseits. Doch was Hiob hier im Glauben aussprechen kann, zu welchen geradezu neutestamentlichen Höhen er sich aufschwingt,ist einzigartig:

  • Mein Erlöser oder Anwalt lebt! Das bezeugte er ja schon in Hi 16:19. Doch das dort gebrauchte und im Alten Testament nur dort vorkommende Wort für "Anwalt, Bürge, Zeuge" wird von dem Wort "Erlöser" oder "Löser" in Hi 19:25 übertroffen. Der "Löser" war zur Zeit des Alten Testaments sowohl der Bluträcher als auch der Treuhänder, der Auslöser eines Schuldsklaven, der Empfänger des Sühnegeldes, der Helfer im Rechtsstreit (H. Bräumer). Das alles und noch viel mehr ist für uns Jesus - mit dem Unterschied, dass Er sich selbst und Sein Blut als Sühnegeld gab und am Kreuz statt Vergeltung Stellvertretung bewirkte. "In Ihm haben wir die Erlösung durch Sein Blut, die Vergebung der Sünden" (Eph 1:7). - Das alles konnte Hiob noch nicht sehen. Ihm ging es darum, einen Anwalt zu finden, der den ungerechten Vorwürfen der Freunde entgegentritt, sich auf Hiobs Seite stellt und aller Welt klarmacht, dass Hiob nicht wegen eigener schwerer Verfehlungen so schwer gepeinigt wird. Hiob kann glauben und fassen: Jawohl, es gibt diesen meinen "Löser" Er lebt und steht bereit, mir zu helfen.
  • Er wird sich als Letzter über dem Staub erheben, d.h. er hat das letzte Wort, er spricht das Schlussurteil. So geschieht es ja auch im Buche Hiob (vgl. Hi 38-41). Oft ist auch in den Psalmen davon die Rede, dass Jahweh aufsteht, sich erhebt, sei es um zu richten oder zu retten (Ps 3:8 - Ps 7:7 - Ps 9:20 - Ps 12:6 u.a.). Das letzte Wort- auch in der Weltgeschichte - hat nicht der sterbliche Mensch, sondern der ewige Gott.
  • Ich werde Gott schauen, und zwar als den, der nicht gegen mich, sondern für mich ist. "Ohne mein Fleisch", d.h. nach meinem Tod, werde ich irgendwann den Allerhöchsten sehen dürfen - Ihn, der die Antwort auf alle Fragen nicht nur hat, sondern ist. Und dann ist Er nicht mehr gegen mich, wie es jetzt der Fall zu sein scheint, sondern für mich. Auch wenn es Hiob bei alledem um sein Recht geht (vgl. Hi 27:6): "An meiner Gerechtigkeit halte ich fest") und er von der paulinischen Rechtfertigungslehrenoch meilenweit entfernt ist, so ist es doch beeindruckend, mit welch innerer Gewissheit er hier von der Anwaltstätigkeit Gottes und vom zukünftigen Schauen Gottes sprechen kann. Und wir haben allen Grund, uns zu fragen - uns, denen viel Größeres anvertraut ist -, ob wir auch so gewiss mit unserem Anwalt und Fürsprecher Jesus Christus rechnen (Röm 8:31-34 - 1Jo 2:1.2), den wir einmal schauen werden und sogar den Vater (Mt 5:8 - 1Jo 3:2 - Offb 22:4).