Gott erweist sich als Israels König - Jes 52:1-12

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aus HSA: Verkündiger von Gericht und Heil nach Jesaja (40-66) Bd.2


Gott erweist sich als Israels König - Jes 52:1-12

Gott wirkt etwas Neues - so hören wir es in diesen Kapiteln immer wieder - und darum soll sein Volk und seine heilige Stadt Jerusalem wach werden. Es soll nicht länger schlafen, nicht länger in Traurigkeit und Passivität verharren. Jerusalem ist heilig, nicht wegen besonders hoher sittlicher Qualitäten seiner Bewohner (vgl. Hes 16:46-48 - Offb 11:8), sondern weil Jahwe diese Stadt - wie auch das Land Israel - "für sich und seine Offenbarungszwecke in besonderer Weise in Anspruch nimmt"; Jerusalem und Israel sind "Schauplatz seiner Offenbarungstaten" (E.F. Ströter). Heilig sein heißt zunächst: von Gott beschlagnahmt und gebraucht werden, und erst dann in zweiter Linie sich gebrauchen zu lassen und entsprechend zu leben, Gott geweiht und vom Bösen abgesondert.

Auch der obenstehende Abschnitt hat Israels Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft zum Thema. Jahwe erinnert sein Volk in den Versen Jes 52:3-5 an die Vergangenheit, an die ägyptische und assyrische Knechtschaft, um dann auf Babel zu sprechen zu kommen. "Umsonst seid ihr verkauft, bedrückt, weggeführt worden." Es war jedes Mal ein Preisgegebensein an fremde Herrscher, die Jahwe für ihre "Beute" nicht bezahlt haben; es erwuchs Jahwe kein Vorteil daraus; Israel wurde "seiner Sünde wegen verkauft" (Jes 50:1). So schuldet Gott auch niemand Silbergeld, wenn er Israel zurückkauft ("erlöst"). "Mag Jahwe sich an Israel als den Gerechten oder als den Gnädigen, als der Richter und als der Erlöser erweisen: er handelt immer... als der Absolute, der nichts zu nehmen braucht, aber alles zu geben vermag; er empfängt keine Gegengabe und gibt keine; strafend und erlösend wahrt er die Ehre seines Volkes, indem er sich - allgenugsam, allmächtig - frei aus sich selbst heraus handelnd zeigt" (Delitzsch).

Dieser frei und souverän handelnde Gott wird sich nunmehr als Israels König erweisen. Freudenboten sollen auf den Bergen Judas die Rettung verkündigen und Jerusalem sagen: Dein Gott hat sein Königtum angetreten! Delitzsch schreibt von "Jahwes Wiederbringung Zions", von "Wiederherstellung" und Wiedererhebung Jerusalems" aus seinen Trümmern. Dies ist richtig, aber nicht genug; Jes 52:8 drückt noch mehr aus. Mann kann zwar übersetzen: "dass Jahwe Zion zurückringt", doch besser dürfte der Sinn durch die Wiedergabe getroffen sein: "Auge in Auge schauen sie (die Wächter Jerusalems!" (vgl. Sach 1:16). Er hat sich zeitweilig von seinem Volk abgewandt (wenn auch nicht in seinem Herzen) - nun wendet er sich ihm wieder zu! (Dasselbe, Abwendung und Zuwendung, geschieht später noch einmal, wie es Jesus in Mt 23:37-39 weissagt.)

Paulus hat Jes 52:7 in Röm 10:15 zitiert; denn der Vers ist über die damalige Situation hinaus von Bedeutung. Er spricht in diesem Zitat vom "Evangelium des Friedens" und vom "Evangelium des Guten" und denkt dabei an die Botschaft von Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Er beschäftigt sich in Röm 9-11 mit der "Judenfrage" bzw. "Israelfrage". Die Masse Israels war Jesus gegenüber "verstockt", im Herzen verhärtet - wie geht es weiter? Nur der Glaube kann retten, das glaubende Anrufen seines Namens (Röm 10:12-14). Vor dem Glauben aber kommt das Hören und vor dem Hören das Verkündigen. Darum ist Evangeliumsverkündigung so wichtig!

Und noch an eine andere neutestamentliche Stelle erinnert Jes 52:7, nämlich an Offb 11:17. In der Zukunft, zur Zeit der 7. Posaune, wird es noch einmal heißen: Gott hat seine große Macht ergriffen und die Königsherrschaft angetreten! Daraufhin wird Satan gestürzt (Offb 12), der sich ein letztes Mal gewaltig aufbäumt (Offb 13), bevor die letzten Endgerichte über diese Welt ergehen (Offb 16-18) und Jesus als Richter und König weiderkehrt (Offb 19-20). - Zwar ist Jahwe-Jesus von jeher Israels König - König der Juden und König der Welt (Ps 2:9 - Joh 18:33- Joh 18:37 - Joh 19:19)-, aber immer wieder war sein Königrum ein verborgenes, nur geistliches in den Herzen seiner Gläubigen. Als Jahwe damals das Ende der babylonischen Gefangenschaft herbeiführte, war das eine gewaltige Machtdemonstration, ein königliches Handeln, die Rückkehr nach Zion. Aber das unzerstörbare messianische Friedensreich auf Erden war damit noch nicht gekommen. Immer wieder wurde Israel von den Weltmächten bedrängt und bedrückt; auf das assyrische und babylonische Weltreich folgten das persische, griechische und das römische (vgl. Dan 2:31-45), das sich gewissermaßen bis in die Endzeit hineinerstreckt (Beine und Füße des Standbildes, das Nebukadnezar schaute); dann erst folgt die endgültige Zertrümmerung der Weltmacht und das Königreich Jesu Christi.

Unser Text beginnt und endet mit Hinweisen auf Heiligung und Reinigung (Jes 52:1 - Jes 52:11). Nur Geheiligte und Gereinigte können dem Herrn dienen. "Heilig" hat, wie wir sahen, die Doppelbedeutung von Weihung und Absonderung, Gottes Volk soll darum Babel verlassen (Jes 52:11, vgl. Jes 48:20 - Offb 18:4). Es soll aber nicht in Eile ausziehen wie einst beim Auszug aus Ägypten und auch nicht in Angst. Diesmal werden keine Reiter des Pharao hinter Israel herjagen (2Mo 14); vielmehr ist Jahwe selbst Anführer und Nachhut; er selbst wird den Zug der 42 360 Heimkehrer (Esr 2:64) mit den Geräten des Hauses des Herrn (Esr 1:7-11) leiten und beschützen.