Gott-allein

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Aus der Reihe: Christi unausspürbarer Reichtum
Die ersten Gottes- und Christusoffenbarungen in der Vorschöpfungsperiode des Alls
von M. Jaegle und Mitarbeitern (1983)


Abschrift mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften:
Inhaltsverzeichnis

Die ersten Gottes- und Christusoffenbarungen in der Vorschöpfungsperiode des Alls

Wenn wir an die heilige Schrift herantreten mit dem Verlangen, die allererste Gottesoffenbarung erkennen zu dürfen, um von dort aus Gottes Schöpfungs-, Erlösungs-, und Versöhnungsplan im Geist zu durchwandern, so werden wir von ihr weit über 1Mo 1:1 hinausgeführt. Es ist ein großes Gebiet, das jenseits der eigentlichen Schöpfung liegt, in das uns Gott Einblick gewährt - ein überaus herrliches Gefilde, in dem der forschende Geist die wertvollsten Schätze der Gotteserkenntnis entdecken darf.

Im Lichte der Schrift werden uns des Schöpfers Vorbereitungen, die der Erschaffung des Alls vorausgingen, so klar geoffenbart, dass wir außer dem allgemeinen Einblick in dieselben auch ihre Reihenfolge erkennen und im Geist zu durchschreiten vermögen.

Zuerst dürfen wir sehen, wie alles mit und in Gott seinen Anfang nimmt. Dies führt weiter zum Schauen unseres Heilandes in Seiner Gottessohnschaft als dem Ursprung einer jeden Schöpfung. Und sodann ist es ganz besonders glaubensstärkend, wenn wir uns selbst in jener Frühperiode als Erstlinge in Gottes großem Schöpfungs- und Erlösungsplan finden, im Zusammenhang mit Gaben, die Er dort schon für uns bereitete. Endlich spiegelt sich in diesen frühen Offenbarungen schon klar sein herrliches Schlussziel mit Seiner Gesamtschöpfung wieder.

Ja, diese Aussprüche Gottes über das All, bevor Er dasselbe erschuf, gehören zu den herrlichsten Gnadengaben aus dem Schatz Seiner Erkenntnis. Unter Beachtung ihrer Ordnung lassen sich als einzelne Themen folgendermaßen aneinanderreihen:

Gott - allein!
Das All in Gott.
Die Zeugung des Sohnes Gottes.
Das All in Christus.

1. Gott - allein

Dieser kurze Satz darf wohl als die erste Gottesoffenbarung bezeichnet werden. Wohl haben wir keine Schriftaussage, die wörtlich so lautet. Sie fußt aber auf einem Gotteswort, das diese Enthüllung voraussetzt und sicher zu ihre zurückführt. Wir finden dasselbe Röm 11:36: „Denn a u s Ihm und d u r c h Ihn und z u Ihm ist das All“. Ebenso 1Kor 8:6: „Gott ... aus dem das All ist.“

Aus dieser Enthüllung „Das All ist auch Gott“ lässt sich der Glaubenssatz von Gottes Allein-Sein beweisen. Weil nämlich das All aus Gott ist war es zuvor in Ihm, war es verborgen in Ihm, ohne äußeres, sichtbares Dasein zu haben. Und somit war noch nichts und niemand außer Gott allein.

Demnach ist alles, was auch nur zu existieren vermag, Sichtbares und Unsichtbares, in jener unermesslichen Ferne fortzudenken, um mit tiefer Ehrfurcht vor dem überwältigend Großen: „Gott - allein“ tief gebeugt verweilen zu dürfen. Es ist ein gar wundersames Heiligtum, in das Gott dem Gläubigen in Christus den Eintritt gewährt, dort, wo Er thront in einsamer Majestät.

Es ist dies die äußerste Grenze in weiter Ferne, zu der wir im Geist zu gelangen vermögen. Über diese Marke hinaus liegt die Anfangslosigkeit und damit schlechthin die Unendlichkeit, und in diese hinein ragt allein Gott.

Gott hat keinen Anfang

Alles hat einen Anfang gehabt, nur Er nicht. Gott - ohne Anfang! Es gibt wohl kaum eine andere Wahrheit, die unsere Begriffe so völlig zum Versagen verurteilt, unser Denkvermögen so außer Tätigkeit setzt und von seiner Unzulänglichkeit so gründlich überführt, wie die von der Unendlichkeit des Daseins Gottes. Hier sind dem forschenden Geist Schranken gesetzt, über die hinaus er nicht gehen darf.

In dieser Gottesoffenbarung haben wir den ausführlichen Kommentar zu den zahlreichen Schriftzeugnissen, die ausdrücklich betonen, dass es nur einen Gott gibt. „Keinen Gott außer Mir und keinen neben Mir“. So belehrt uns Sein Wort schon durch diese erste Enthüllung über die Vorschöpfungsperiode. Es gibt keinen anderen, der wie Er aus der Unendlichkeit kommt, und auch keinen anderen, der diesen einzigartigen Rang mit Ihm teilen könnte.

In der Vergangenheit als auch in der Zukunft ist Gott grenzenlos, nur mit dem Unterschied, dass Er allein aus jener Unendlichkeit herkommt, während Er nach Seinem Liebesplan auch Seine Geschöpfe an Seiner zukünftigen Endlosigkeit teilhaben lässt.

Doch ist dies erst eine von den unmessbaren Eigenschaften Gottes. Nach des Sohnes Aussage (Joh 4:24) ist Er Geist, und das ist Sein eigentliches Wesen. Demnach besitzt Gott zu Seinem endlosen Dasein auch noch unfassbare Größe und Kraft. Dazu kommt Seine Unsichtbarkeit. Und dies alles stellt sich wie eine Kluft zwischen Ihn und uns. Wir erkennen daraus, wie weit Gott uns entrückt ist, wenn wir Ihn nicht in Christus, Seinem Sohn, dem Mittler, als den Vater schauen.

Obschon an diesen Ausmaßen unsere ganze Nichtigkeit offenbar wird, so heißt doch der Glaube diese, unser Denken übersteigende Gottes-Enthüllung willkommen, in der Erkenntnis, dass ein solcher Gott, der nach keiner Seite hin mit menschlichen Maßen zu messen ist, allein sichere Gewähr für das Gelingen dessen bietet, was Er Sich vorgenommen hat.

Hier wollen wir innehalten und nochmals dankbar bedenken, welche Würde uns Gott gewährt durch den Blick, den wir in Sein vorweltliches Allein-Dasein tun dürfen.

Aber dies ist noch nicht alles, was der Geist aus jener Vorzeit über Gott enthüllt. Nach 1Kor 2:10 erforscht er ja alles, auch die Tiefen Gottes. Bisher war vorwiegend die Rede von Gottes äußerem Sein, nicht von Seinem inneren Wesen. Aber nun wird uns vom Geiste Einsicht geschenkt in das, was Er in den Tiefen Gottes erkannt hat, nämlich das ganze All! Das was Gott zu schaffen Sich vorgenommen hatte, bestand folglich nicht nur in Seinem Vorsatz, sondern war in realer Weise eingeschlossen in Ihm. Damit kommen wir zum nächsten Punkt und zu der kühnen Behauptung:

Das All in Gott!

Wie schon vorher, so muss auch hier zuerst gesagt werden, dass die Schrift einen solchen Ausspruch nicht wörtlich enthält. Doch setzt die Wahrheit: „Das All aus Gott“ die kostbare Tatsache: „Das All in Gott“ einfach voraus. Um aus etwas herkommen zu können, muss es zuvor ein „Darin-Gewesensein“ gegeben haben. Dies ist ein unumstößlicher Lehrsatz.

Wohl aber gilt es, diese indirekte Vermittlung tieferer Gottes-Erkenntnis und die Wege dahin mit Feingefühl zu behandeln, um eine gewisse, in dieser Offenbarung liegende Zurückhaltung nicht taktlos zu übergehen. Die Tür, die zu Seinem Inneren führt, hat Er vor aller Auffälligkeit geschützt, auf dass sie nicht auf den ersten Blick gesehen werde. Ist es doch der Eintritt in Sein Allerheiligstes, und derselbe kann nur in keuscher, geheiligter Ehrfurcht geschehen, damit wir, gebeugt durch das Bewusstsein dessen was wir sind, einen Blick in Sein Inneres tun dürfen.

Es ist ein überaus köstliches und liebliches Bild, das uns hier enthüllt wird: Das All am Vaterherzen Gottes ruhend! Welche Gnade, sämtliches Geschaffene in seiner Urquelle, sicher verwahrt bis zu seiner Erzeugung, entdecken zu dürfen. Dazu gehört ohne Ausnahme die gesamte Schöpfung und auch Christus, der Sohn Gottes. Dies ist die erste Sohnesoffenbaarung, die dem Glauben dargereicht wird, und ist die Grundlage von Gottes Vaterschaft und von des Sohnes Herrlichkeit. Sämtliche anderen Geschöpfe sind Kol 1:16 in zwei Arten zergliedert und benannt: „Das All, das in den Himmeln und das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare. Es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstlichkeiten oder Obrigkeiten ..“. Obwohl diese Aufteilung des Alls in Beziehung zu Christus geschieht, so darf vor seiner Erschaffung bereits auf sie hingewiesen werden, eben weil das All sich ja zuvor in Gott befand.

Im Urtext steht „das All“ in der Mehrzahl, wörtlich „die alle“. Obwohl sich dieser Ausdruck des Sprachgebrauchs wegen nicht verwenden lässt, so zeigt er doch sehr deutlich, dass in ihm alles enthalten ist, was an Stoff, Elementen und lebenden Wesen zu existieren vermag. Es gibt absolut nichts, was damals außerhalb von Gott seinen Bestand haben konnte.

Zu alledem redet „das All in Gott“ noch ganz persönlich zu uns, denn hier erfahren wir das erste Mal von unserem Sein, finden wir uns, längst ehe wir geboren waren. Welch tief beglückendes Gefühl, zu wissen um jenen seligen Ort, wo auch wir uns einst befanden, die Quelle zu kennen, der wir entstammen. Ja, welche glaubensstärkende Freude, sich selbst in Gott finden zu dürfen! Wir können uns wahrlich keine befriedigendere Antwort wünschen auf die Frage nach dem „Woher“ unseres Lebens!

Angesichts dieser göttlichen Aussage mag sich wohl die Frage erheben, wie es denn möglich war, dass sich einst das ganze All in Gott befand. Sein Wort führt auf mehreren Wegen aus dieser Schwierigkeit. Wenn nach Hebr 11:1 der Glaube ein Überführtsein von Sachen ist, die nicht erblickt werden, so wird wohl kein wirklicher Gläubiger dieser Gottesoffenbarung Bedenken oder Zweifel entgegenbringen.

Aber Gott belässt es nicht bei diesem beweislosen Ausspruch, sondern erleichtert dem, Ihn also ehrenden Glauben, das Verständnis in dem Einen. Gott hat diesen Grundsatz direkt in Seine Schöpfung hinein gebaut.

Die Herkunft des Universums

Als auf das göttliche Gebot hin die Erde Grünes, Kraut und Fruchtbäume hervorsprossen ließ, trugen ihre ersten Früchte ihren Samen in sich, und mit diesem auch jeden folgenden. Es ist garnicht auszusprechen, was dies alles in sich schließt. Sämtliche Ernten seit damals bis heute und weiterhin, waren in jenen ersten Früchten enthalten und sind aus diesen hervorgegangen. Selbst die Natur vermag also die tiefe Wahrheit von dem Einschluss des Alls in Gott sehr anschaulich darzustellen.

Noch deutlicher wird uns dieses Prinzip im Menschengeschlecht vor Augen geführt, denn sämtliche Menschen sind aus ihrem Stammvater Adam hervorgegangen, waren also eingeschlossen in ihn.

Durch diese tiefe Offenbarung von dem Einschluss des Alls in Gott wird allen spekulativen Folgerungen über die Herkunft des Universums der Boden entzogen, denn Gott allein ist der Urquell alles Erschaffenen. Wenn die Wissenschaft alles Bestehende auf eine Urzelle zurückführt, so ist das schon eine gute Spur; aber die Klippe, an der diese Forscherfahrt oft scheitert, ist die Weigerung, diese Urzelle bei ihrem wahren Namen zu nennen und sie als Gott und Schöpfer anzuerkennen.

Durch den Einschluss des Alls in Gott war die Gesamtschöpfung lebensmäßig mit ihren Schöpfer verbunden. So trennend auch Sünde und Gericht dazwischen getreten sind, so sind doch die Wurzeln dieser Zusammengehörigkeit davon unberührt geblieben, und haben als Grundlage für die Hinausführung Seines Heilsplanes ihre volle Gültigkeit und ungeschmälerte Bedeutung beibehalten.

Aber nicht nur mit Gott, auch mit Christus befand sich die Schöpfung in Gott in einer lebensvollen Verbindung. Organisch hat Gott Christus in sie eingegliedert, und sie bildeten mit Gott zusammen eine Einheit. Nach Gottes Willen soll nicht nur Er selber, sondern auch Christus mit den Kreaturen schöpfungsgemäß verbunden sein, und das ist der Grund, in dem der Anker Seines Amtes ruht, sie alle ausgesöhnt zu Seinem Vater zurückzubringen. Mit dem „das All in Gott“ wird das gesamte Universum mit Gott und Christus zusammengeschlossen, wird als die gewaltigste und größte Einheit dargestellt. In diesen ersten Gottes- und Christusoffenbarungen aus der Vorschöpfungsperiode sind die Grundrisse des Normalstandes der Schöpfung schon erkennbar.

Der Ursprung Satans

Dieser einstige Einschluss des Alls in Gott ist so allumfassend, dass auch k e i n G e s c h ö p f Anspruch auf eine selbstständige Entstehung erheben könnte. Diese unanfechtbare Wahrheit lässt unwillkürlich an ein einzigartiges und mächtiges Wesen denken - Satan, den Widerwirker Gottes. Auch er hatte seinen Anfang in Gott. Der Aufschluss über diese seine Herkunft ist von vielseitiger Bedeutung, denn er bildet die eigentliche Grundlage für das richtige Verstehen seiner Laufbahn und seiner Werke, und ist der Schlüssel für die Lösung des Problems des Bösen in der Welt.

Seine Stellung und Beziehung zu Gott in jenem Urzustand muss festgehalten, und dem Glauben eingeprägt werden. Dort befand er sich nämlich unter absolut göttlicher Überlegenheit, bildlich geredet als der unbewusste, gefügige und willenlose Ton in der Hand des großen Töpfers, der ihm nicht nur seine äußere Gestalt verlieh, sondern der dieses, sich in Ihm befindliche Wesen in unbeschränkter Vollmacht beeinflusste und veranlagte.

Wäre folglich Satan, so wie er ist, nicht gott-gewollt, so hätte er tatsächlich Gottes Liebesplan mit dem All gegen dessen Willen, zu Seinem und Christi Ungunsten wirksam zu durchkreuzen vermocht, und hätte ferner von sich aus den Tod des Sohnes Gottes notwendig gemacht, dessen Erlösungs- und Versöhnungskraft er wiederum auf ein Mindestmaß zu beschränken verstand. Hier gibt es einfach kein Ausweichen. In diesem Falle wäre dem Schöpfer ein schwerwiegender Fehler unterlaufen. Sein Tun mit und an diesem Geschöpf käme einem gründlichen Versagen gleich, das Seinen Plan von Anfang an als einen Fehlschlag kennzeichnen würde. Am allerersten Anfang hätte Gott das Ziel verfehlt, und Zielverfehlung ist in den Ursprachen der Bibel die eigentliche Definition des Begriffes „Sünde".

Geschickte Ärzte vermögen oft, aufgrund ihrer Kenntnis der inneren Beschaffenheit des Menschen, bevorstehende Krisen und Krankheiten vorauszusehen und Vorkehrungen zu ihrer Verhinderung zu treffen.

Wenn sich schon der menschliche Geist eine solche Fähigkeit zu erwerben vermag, wieviel mehr besitzt Gott eine alles durchdringende Einsicht in das verborgene Wesen sämtlicher Geschöpfe, und das nicht nur seit ihrer Erschaffung, sondern bestimmt auch im Zustand des Einschlusses in Ihn.

Gottes Liebespläne

Schon der Psalmist wusste um diesen göttlichen Einblick, denn er sagt: „Meinen Keim sahen Deine Augen!“ (Ps 139:6). Und dem Propheten Jeremia macht Jehova die erstaunliche Mitteilung: „Ehe Ich dich im Mutterleibe bildete, habe Ich dich erkannt“ (Jer 1:5). Ferner bezeugt David „dass Er alles Gebilde der Gedanken erkennt“ (1Chr 28:9), und sie sogar „von ferne versteht“ (Ps 139:2). Das sind zwar nur kleine Ausläufer, unbedeutende Bruchteile einer gewaltigen Gottesvorschau in der Vorschöpfungsperiode. Dieselbe wurzelt aber viel tiefer als nur in Seinem Vorherwissen von allem Geschehen und von der Entwicklung Seiner Schöpfung. Unausweichbar führen diese so klaren Voraussagen zu der Überzeugung, dass Gott nach einem zuvor gefassten Plan die Wege für die großen, wie auch die kleinen Schöpfungen vorzeigt und niedergelegt hat, und bei der Ausführung desselben wird Ihm nichts Unvorhergesehenes in den Weg kommen, denn: „Er bewirkt alles nach dem Ratschluss Seines Willens“ (Eph 1:11). Von sämtlichem Geschehen kann darum nur Er erste und letzte Ursache sein.

Mit dieser souveränen, nach jeder Seite hin einzigartigen, und absolut vollkommenen Schöpfermacht hätte Ihm niemals die Möglichkeit einer Krise in Seiner Schöpfung entgehen können, bei der sich ein hochgestelltes Geschöpf aus dem Gehorsam gegen Ihn eigenmächtig löst, das Böse aus sich erzeugt, sich in Seinen erbittertsten Feind wandelt, und so Ihm und Seiner Schöpfung unberechenbaren und nie wieder gutzumachenden Schaden zufügt.

Einen solchen Widerstand hätte Gott auch sofort im Keime entdeckt, und es wäre Ihm ein Leichtes gewesen diese, gegen Seinen Willen bestehende Anlage in Satan, als Übel tragende Wurzel im Urzustand für immer zu beseitigen. Statt dessen lässt Er sie sich immer machtvoller entwickeln, bis sie die gesamte Menschheit und gewaltige Mengen himmlischer Heere mit sich reißt, und in einen Abgrund des Verderbens stürzt, aus dem angeblich nur ein Bruchteil durch unsägliche Leiden und Opfer für Gott selbst und Seinen Christus gerettet wird.

Die große Masse aber würde durch ihr schreckliches Schicksal in alle Ewigkeit einen Triumph Satans und eine Niederlage Gottes bezeugen. Wie hätte ein absolut guter und allmächtiger Gott eine solche Möglichkeit zulassen können, die Seine Liebespläne von vorne herein zu einem Fehlschlag verurteilen musste!

Den Ursprung des Bösen in Satan sehen zu wollen, kommt darum einer tiefgreifenden Beschneidung der absoluten Vollkommenheit Gottes gleich, und bedeutet einen großen Nachteil für ein siegesbewusstes Glaubensleben, denn es verdunkelt schon am Anfang den Endsieg Gottes und Christi! Wo bliebe Seine Allmacht, wenn Ihm e i n Geschöpf Seine Pläne zu stören vermöchte? Er, der zunichte macht den Ratschluss der Nationen (Ps 33:10) und sie ihrer gefassten Beschlüsse entleert (Jer 19:7), sollte dem Plan eines Geschöpfes machtlos gegenüberstehen? Wie müsste doch Pauli wunderbarer Lobpreis auf Gottes Weisheit und Erkenntnis verblassen! (Röm 11:33).

Die tiefe Bedeutung der Offenbarung „Das All in Gott“ duldet jedoch keine Anschauung, nach der einem Geschöpf ein willkürliches Schalten und Walten zukäme, sondern auch dieses ist mit allem anderen von Anfang an in einen unabänderlichen festgelegten, göttlichen Plan eingefügt. Der Beweis ist die Tatsache, dass der Widerwirker nur ausführt, was einer in der Tiefe der Liebe Gottes verankerten Absicht entspricht, und dass das So-Sein dieses Geschöpfes einen hohen Zweck im göttlichen Liebesplan erfüllt. Das ist die einzige annehmbare Lösung dieses so schwierigen Problems, deren Richtigkeit durch Gottes Wort fortgesetzt bestätigt wird.

Die innigste Beziehung Gottes zum All

Der Einfluss der Gesamtschöpfung in Gott, vor ihrer eigentlichen Erschaffung, zeigt mit welch starken Banden sie mit ihrem Schöpfer verbunden ist. Nicht außerhalb von Sich, ohne nähere Beziehung zu Sich, hat Er sie gebildet, sondern sie ist aus Ihm hervorgegangen, stammt und ist von Ihm. So besteht von Anfang an eine unauflösliche Verbundenheit zwischen Schöpfer und Geschöpf.

Die Tatsache, dass alles aus Gott ist, wie es Paulus so unmissverständlich bezeugt, gehört auch zu den Beweisen, der biblische Sinn von „Schaffen“, wenn auf Gott bezogen, sei ein ins Dasein-Rufen aus Ihm selber. Wir wissen, dass Er den Menschen erschuf. Und dennoch steht Hebr 2:11 geschrieben, dass der Sohn Gottes und Seine Brüder aus Einem seien. Vergl. auch Jak 1:18: „Er hat uns erzeugt ... auf dass wir seien ein Erstling Seiner Geschöpfe“.

Wie tief die Wurzeln dieser Verbundenheit reichen, kann garnicht ergründet werden. Das „in Ihm“ und „aus Ihm“ redet von einer noch innigeren Beziehung als das „durch Ihn“ (Röm 11:36). Was ein Mensch mit seinen Händen herstellt, ist außerhalb von ihm entstanden und hat keine Lebensbeziehung zu ihm. Aber mit seinen Nachkommen, die in ihm waren und aus ihm sind, steht er in innigster, lebensvoller Verbindung. Sie sind ihm die Nächsten und Liebsten, sein größter und wertvollster Besitz, dessen Verlust ihm den herbsten Schmerz bereitet. Solche Beziehungen ist Gott mit dem All eingegangen, dadurch, dass Er es zuerst in Sich trug. Das Eigentumsrecht an Seine Schöpfung beruht in erster Linie darauf, dass sie ursprünglich eingeschlossen war in Ihn. Das ist die erste Urkunde von Seinem Besitzrecht an das ganze All. Er ist Sein wahrer und einziger Eigner. Es war aufgrund dieser Wahrheit, dass Paulus vor den Athenern den Ausspruch ihrer ungläubigen Dichter gut hieß: „Da wir nun zu dem Geschlecht Gottes gehören“ ... (Apg 17:28-29). Die ist aber nicht mit der besonderen Vaterschaft Gottes zu verwechseln, an der nur Erlöste in Christus heute Anteil haben.

Die Wurzeln der Allaussöhnung

In der hier beschriebenen Offenbarungsfrühe finden wir bereits die Notwendigkeit und das eigentliche Wurzelgebiet der Allaussöhnung, denn in diesen ersten göttlichen Aussagen über das All liegt das herrliche Liebesziel des Schöpfers begründet und verankert. Ein klares Überdenken dieser innigen Beziehung zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung, wie sie sich aus dem „Das All in Gott“ ergibt, lässt auch gar keinen anderen Schluss zu, denn das Eingehen einer solche innigsten Verbindung kann nur auf Liebe beruhen.

In diese ersten Lichtstrahlen göttlicher Offenbarung gestellt, verliert die Lehre von der endlosen Qual der weitaus größten Zahl der Geschöpfe Gottes jede Glaubwürdigkeit, denn sie übergeht den hier schon deutlich hervortretenden Liebeszug des Herzens Gottes. Und doch muss man demselben die größte Beachtung schenken, da ja Gott diese Herzensbestätigung der Liebe Seiner Schöpfung unverlierbar auf ihren Weg mit- und eingegeben hat.

Es ist das Familienleben als göttliche Institution zur Fortpflanzung des Menschengeschlechts, in dem diese Schöpferliebe einen mehr oder weniger vollkommenen Ausdruck findet.

Die Herkunft der Kinder als Leibesfrucht der Eltern hat nämlich eine wunderbare, einzigartige Liebe der Erzeuger zu denen zur Folge, die von ihnen sind, welche sich im Leben als starkes, mächtiges Band erweist. Der Unterbruch dieser Liebesbande bereitet Eltern den größten Schmerz. Wenn ihnen ihre Kinder entrissen oder in Not gestürzt werden, so vermag ihnen dies das Herz zu brechen. Würden sie aber mit wenigen, oder einem einzigen ihnen verbliebenen Kindern jeden Tag in Lust und Freude verbringen, ohne Regung von Trauer und Mitleid für die andern, sie würden mit Recht als herz- und lieblos verurteilt werden.

Also bei sündigen Menschen setzt man bei solchen Verlusten Schmerz und Kummer einfach voraus und findet es begreiflich, wenn diese Eltern nie mehr ihres Lebens froh werden könnten. Und man findet es selbstverständlich, ihnen in solchem Falle herzlichste Teilnahme zu bezeugen.

Sogar in der niederen Schöpfung kann man diesen Zug des Schmerzes beobachten. Es ist etwas Ergreifendes um das Weh eines seiner Jungen beraubten Tieres.

Gott aber, dessen Liebe zu Seinen Geschöpfen unvergleichlich größer ist als Elternliebe, Ihm sollten solche Gefühle fremd sein! Und Ihm, der die Liebe ist, sollte man solche Unnatur zutrauen, die größte Zahl der von Ihm ins Dasein Gerufenen für immer in endloser Qual sehen zu können! Als Zion sprach: „Jehova hat mich verlassen und der Herr hat meiner vergessen!“ antwortet Er Seinem irrenden Volk mit den köstlichen Worten: „Könnte auch ein Weib ihres Säuglings vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes (eben des Kindes, das von ihr stammt)? Sollten selbst diese vergessen, Ich werde deiner nie vergessen“ (Jes 49:14-15). Hier schon, in den Propheten, als noch nicht der ganze Heilsratschluss enthüllt war, versichert Gott, Er werde nie die vergessen, die aus Ihm sind.

Im Schein der Gottesliebe

Im lichten Schein dieser Gottesliebe wird die Lehre von der endlosen Qual Seiner meisten Geschöpfe als ein verhängnisvoller Trugschluss, und eine Gott höchst verunehrende Irrlehre bloßgestellt. Denn zu dem großen Verlust, den Er Selber erleiden würde, käme der unausdenkbare Schmerz Seines liebe-erfüllten Herzens. Warum vermisst man so völlig das Hervorheben dieses Schmerzes? Menschen werden in solchen Fällen von ihresgleichen edler behandelt als Gott von manchen der Seinen. Erstaunlich hart und kalt halten solche fest an dieser Lehre und verfechten sie, als müsse sie Gott große Ehre einbringen. Wenige bedenken die Folgen, die sie für Gottes Vaterherz haben würde. Sein, und Seines Sohnes Schmerz um die unzähligen, hoffnungslos leidenden Wesen, die er einst an Seinem Herzen trug, sowie auch das Leid der wenigen Geretteten um ihre Geliebten, wäre so groß, dass wohl keinem der Genuss der Seligkeit möglich wäre.

Wenn nun Eltern in unauslöschlicher Liebe ihren irrenden Kindern nachgehen, ihnen für ihren Fehltritt eine gerechte Züchtigung erteilen, und diese Kinder darauf den Weg ins Vaterhaus wieder finden, mit einer bleibenden, unwandelbaren Hingabe und vertieften Liebe, so hätte kein rechtlich denkender Mensch etwas dagegen einzuwenden. Im Gegenteil, er würde sich mit diesen Eltern freuen und sie als Vorbild hinstellen.

Hiermit ist im Kleinen schwach abgeschattet, was Gott mit Seiner Schöpfung erreichen wird. Auch Seine Sehnsucht nach der Heimkehr Seiner verirrten Kinder wird gestillt werden. Wohl geht dies nicht ab ohne schwere Gerichte, aber nur zur Erreichung Seines Zieles gebraucht Er solche. Die Freude, die dann Gottes Herz erfüllen wird, hat Er in alle Verheißungen gelegt, die diesen Liebessieg im voraus verkünden. Und sie wird allen jetzt schon zuteil, die den hehren Abschluss der Allaussöhnung glauben.

Gottes Wort will uns also mit diesem tiefen Ausspruch „Das All auch Gott“ weit mehr offenbaren, als nur die Herkunft der Schöpfung, und die sich daraus ergebenden Schöpferbande. Seine Liebe zu Seinen Geschöpfen erwachte nicht erst bei ihrem Abfall von Ihm, sondern bestand schon, als sie noch in Ihm waren.

Diese einstige, innige Verbundenheit des Schöpfers mit der Schöpfung muss unbedingt ihren Niederschlag auf sie gehabt haben, muss ihr etwas aufgedrückt und mitgegeben haben, als Zeichen ihrer hohen Herkunft. Und dieses Siegel, das sie tatsächlich besitzt, ist „Das All ist zu Gott“ (Röm 11:36).

Das All ist zu Gott

Dieser Vers fasst mit den wenigen Worten: „Denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All“, Anfang, Herkunft, Entstehung, Weg und Ziel der Schöpfung zusammen. Er bildet das große Gottesmotto, das den Ausgangspunkt mit dem Ziel verbindet und den Anfang in das Licht der Vollendung stellt.

An dem zielhinweisenden „Das All ist zu Gott“ vermögen wir die innere Einstellung zu erkennen, die Gott Seiner Schöpfung einprägt, und die Veranlagung, die Er ihr mit auf den Weg gegeben hat. Es ist der Zug: „Zurück zum Schöpfer“.

Wohl geriet sie auf einen Weg, der sie in die Gottesferne führte, aber unverlierbar ist ihr dieser innere Zug aufgedrückt. Was ist alles Streben in der Welt nach etwas Besserem anders, als das unbewusste Tasten und Zurücksuchen nach dem verlorenen Paradies! Nicht die Sehnsucht des Herzens nach Freude ist verkehrt, denn dieselbe hat ja der Schöpfer selbst hineingelegt, wohl aber die Versklavung unter die Sünde, der das Geschöpf anheim gefallen ist, und nun ferne vom Schöpfer dieses Sehnen zu stillen sucht. Aber Gott hatte schon vorher den großen Führer ersehen, dessen sichere Hand alle Verirrten zum herrlichen Ziel bringen wird. Nicht mit einem Vorbeigleiten an Ihm wird darum die letzte Etappe enden, sondern mit einer Rück- und Heimkehr ins Vaterhaus. Dass es sich dabei um etwas tief Innerliches handelt, geht aus dem wörtlichen Sinn von Röm 11:36 hervor, denn im Urtext heißt es: „hinein in Ihn“.

Zurechtgebracht durch tiefe Gerichte und überwunden durch Gottes Liebe kehren Seine Geschöpfe wohl nicht buchstäblich zurück in Ihn, wie es am Anfang gesegnete Tatsache war, aber mit Herzenshingabe an Ihn als ihrem Vater in Christus; und als Erwiderung Seiner großen Liebe schließen sie Ihn in ihr Herz, auf dass Er ihr Alles werde. Dieser Wiedervereinigung von Herz zu Herz ist 1Kor 15:28 mit den kurzen Worten ausgesprochen: „Gott alles in allen“.

In völliger Harmonie, frei von jeglichem Missklang, lassen sich Anfang und Ende von Gottes Schöpfungs- und Versöhnungsplan zusammenfügen:

Am Anfang: „Das A l l in G o t t“
Am Abschluss: „Gott a l l e s in a l l e n“.

Das sind die beiden allumfassenden Pole, auf denen die Gesamtschöpfung sicher ruht, und durch welche ihre ganze Entwicklung schon mit dem herrlichen Ausgang verbunden wird. Und wir könnten uns kein erhabeneres Ziel erdenken, das Gott so große Ehren einbringen wird, wie dieses, dass alle Seine Geschöpfe, die im Anfang in Ihm waren und von Ihm ausgingen, an diesem Ziel angelangt, mit ganzer Hingabe und Willigkeit Ihm in ihren Herzen den Ihm gebührenden Platz einräumen, auf dass Er sei alles in allen!

Gott alles in allen

Mag uns darum auf dem Weg, der zu diesem lichten Ausgang führt noch so Erschreckendes begegnen, mag er noch so hart und dunkel und mit Sünde und Gericht besät sein - letzten Endes muss doch alles zur Erreichung dieses herrlichen Zieles und zur Enthüllung der anbetungswürdigen Handlungsweise Gottes dienen.

Wenn wir nun diese Grenzen „Das All in Gott“ und „Gott alles in allen“ nach beiden Seiten hin überschreiten, so finden wir ein erhabenes Gegenbild jener Phase, in welcher der aus der Unendlichkeit herkommende Gott allein das Dasein besaß. Seinem liebe-erfüllten Herzen konnte dieser Zustand nie und nimmer genügen. Fragen wir, worin an jenem Anfang Seine Sehnsucht eigentlich bestand, so finden wir im Anschauen dieses herrlichen Zieles die klare Antwort in wunderbarer Realität vor unserem Geiste erstehen, nämlich Gott mit Seiner ausgesöhnten und Ihm willig dienenden Schöpfung vereinigt.

Nun fehlt uns aber für die weitere Entwicklung des göttlichen Heilsplanes das Wichtigste. Bisher geschah diese Gottesschau nämlich ohne Christus, den Mittler Gottes und Seiner Schöpfung, der uns allein Seine Liebe und Gnade zu offenbaren vermag. Nur im Blick auf Gottes Liebe, die uns im Angesicht Christi Jesu entgegen strahlt, konnte so bestimmt von Seinem liebenden Vaterherzen in Verbindung mit Seinem Vorschöpfungs-Dasein gesprochen werden. Doch musste dieser kostbarste aller Namen bisher mehr im Hintergrund bleiben, um bei dieser Ausführung die rechte Reihenfolge innezuhalten.

Doch nun hat uns der betretene Weg zu des Vaters Christi Jesu erster Enthüllung über Seinen Sohn geführt, und wir dürfen im Geist Zeugen davon sein, wie Er mit Ihm das erste Mal auf den Plan tritt, und zwar in einem solchen Vollglanz der Sohnesherrlichkeit, dass die Hoffnungs-Ansätze der Schöpfung zu einer sicheren Erwartung geformt und gestaltet werden.

Lies weiter:
2. Die Zeugung des Sohnes Gottes