Erläuterungen zum Philipperbrief

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von Heinz Schumacher aus der HSN

Zeit und Ort der Abfassung dieses Briefes sind umstritten. Paulus schreibt als Gefangener, gegen den ein Prozess geführt wird. Kommt es zu einem Todesurteil oder zu einem Freispruch? Paulus ist bereit zu sterben oder aber dem Herrn weiterhin zu dienen. Er gewinnt die innere Gewissheit, dass er weiterleben darf (Phil 1:20-25). Hat nun Paulus diesen Brief wie den Epheserbrief in der ersten römischen Gefangenschaft geschrieben, also ums Jahr 60? Dass er von einem "Prätorium" und von Kaisersklaven schreibt (Phil 1:13 - Phil 4:22), ist noch kein Beweis für eine Abfassung in Rom; beides gab es auch außerhalb Roms. Mehrere Forscher denken in neuerer Zeit an eine Abfassung des Philipperbriefs in einer Gefangenschaft in Ephesus, während seines dortigen dreijährigen Aufenthalts. Eine solche wäre, auch wenn die Apostelgeschichte davon nicht berichtet, aufgrund von 2Kor 6:5 und 2Kor 11:23 durchaus denkbar.

Dann wäre der Brief bereits 54 oder Anfang 55 verfasst worden. Als Gründe für eine Abfassung in Ephesus macht man vor allem gelten: a) die nähere Entfernung von Ephesus nach Philippi (im Unterschied zu der Entfernung Rom - Philippi) angesichts der verschiedenen Reisen, die in Phil 2:19-28 genannt werden, und b) die Schwere seiner Haft, die mit der relativ leichten Haft während der ersten römischen Gefangenschaft (Apg 28:30-31) nicht zu vereinbaren sei. – Auch Sprache, Stil und Inhalt des Philipperbriefes passen besser zu früheren Briefen (an die Galater, Thessalonicher, Römer, Korinther) als zum Epheser- und Kolosserbrief. Dies gilt besonders für die Ausführungen des Paulus in Phil 3 (Beteuerung der Glaubensgerechtigkeit, Erwartung des kommenden Herrn).

Ist der Epheserbrief der reifste, der 2. Korintherbrief der persönlichste, so der Philipperbrief der herzlichste alle Paulusbriefe. Besonders beeindruckend ist seine Freudigkeit und seine lebendige Hoffnung mitten im Leiden, ferner die gewaltige Christusschau in Phil 2:5-11, bei der es Paulus aber keineswegs nur um eine Lehre geht, sondern um die Verwirklichung der Gesinnung Christi in den Glaubenden.