Einführung

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Abschrift des Buches: Zeitenwende
Eine Bibelhilfe aus dem Danielbuch

Verfasser: Georg Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach)
Verlag: Wilhelm Fehrholz Baden-Baden (1947)

Siehe weitere interessante Bücher unter: Abschriften

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Die Gegenwart als Zeitwende

Dass die Gegenwart als Zeitenwende zu verstehen ist, das wird nicht nur von Christen empfunden, sondern im Grund genommen von jedermann. Zeitwenden sind Zeiten voll äußeren und inneren Dranges. Eine f r ü h e r e Zeit ist abgeschlossen; was k o m m e n soll, zeichnet sich erst langsam ab; und die Zeit z w i s c h e n d r i n ist voller Spannungen. Es ist kein Wunder, dass in solchen Zeiten ein lebhaftes Fragen aufwacht. Aber es ist schwer, auf dieses Fragen eine befriedigende Antwort zu finden oder zu erhalten.

Die Hilfe der Bibel für solche Zeiten

Gerade in Zeitwenden werden Christen nach einer b i b l i s c h e n Antwort suchen, wie sie eine solche Zeit verstehen sollen. Es handelt sich aber um m e h r als nur um das V e r s t ä n d n i s der Zeit, und die Bibel bietet auch mehr: sie gibt Winke, wie solche Zeiten in der richtigen Weise d u r c h l e b t werden können und sollen. Nun kann aus der g a n z e n Bibel Auskunft und Rat geholt werden. Aber zwei biblische Bücher bieten sich in besonderer Weise zu solchem Dienst an: das letzte Buch, nämlich die Offenbarung des Johannes, die den Abschluss des Neuen Testaments wie der ganzen Bibel darstellt; und innerhalb des Alten Testaments das D a n i e l b u c h.*

Anmerkung 1:

Behebung von Einwänden gegen das Danielbuch
*Das Danielbuch ist eines der liebenswertesten Bücher der ganzen Bibel, namentlich, was die in ihm enthaltenen Geschichten betrifft (Dan 1-6). Auf der anderen Seite haben sich an dieses Buch, und namentlich an dessen Weissagung (Dan 7-12), eine Menge F r a g e n geheftet, die für viele Leser des Buchs zu einer großen Not geworden sind, wenn sie mit denselben bekannt wurden. Gerade um solcher Bibelnot zu begegnen, sei im folgenden einiges darüber gesagt. Was am Danielbuch aufgefallen ist, und zu den genannten Fragen Anlass gegeben hat, das sind verschiedene Punkte, von denen hier einige genannt werden. Das Buch steht merkwürdigerweise in der hebräischen Bibel nicht an der gleichen Stelle wie in unserer deutschen. Da hat es seinen Platz nach den ersten drei großen Propheten Jesaja, Jeremia und Hesekiel. In der hebräischen Bibel steht es überhaupt nicht bei den prophetischen Schriften, sondern erst im dritten Teil, u. a. zusammen mit den Psalmen. Ein Teil dieses Buches ist ferner nicht in der eigentlichen hebräischen Sprache geschrieben, sondern in einer Abart derselben, der a r a m ä i s c h e n, die zur Zeit Jesu die Verkehrssprache des Orients war neben dem Griechischen.
Besonders deutlich wird im Danielbuch auf die makkabäische Notzeit hingewiesen, etwa 165 Jahre vor Christi Geburt. An diesen Tatsachen ist die Frage entstanden, ob das Danielbuch tatsächlich in die Zeit hineingehöre, von der es ausgeht, nämlich in die Zeit der babylonischen Gefangenschaft Israels. Es wird dabei zugegeben, dass, wie schon aus Hes 14:15.20 hervorgeht, in der Zeit der babylonischen Gefangenschaft ein Frommer, namens Daniel gelebt hat; aber die Frage wird gestellt, ob das Buch selber, namentlich der weissagende Teil, nicht in der makkabäischen Notzeit entstanden sei, als Werk eines Frommen der d a m a l i g e n Zeit, der mit den Geschichten von Daniel die vom syrischen König in ihrem Glauben Bedrängten hatte stärken wollen.
Daran schließt sich die weitere Frage, welche die e i g e n t l i c h e Bibelnot um dieses Buch ausmacht, ob die Prophetie des Danielbuches e c h t e P r o p h e t i e sei und nicht eine künstliche. Der Verfasser möchte die schlichten Bibelleser ermutigen, sich durch solche Fragen am Danielbuch, wie überhaupt an der Bibel, nicht irre machen zu lassen. Wir nehmen die Geschichten des Buchs als tatsächliche Geschichten aus der Zeit der babylonischen Gefangenschaft, und die Prophetie des Buches als Gottes Wort. Denn die oben genannten Bedenken gegen das Danielbuch lassen sich auf irgendeine Weise lösen, so z. B. der Umstand, dass es in der hebräischen Bibel nicht unter den prophetischen Schriften steht. Das kann darin seinen Grund haben, dass die Prophetie Daniels anderer Art ist als die der übrigen Propheten. Daniel hatte eine dienstliche Stellung am Hof des babylonischen Königs. Die ihm zuteil gewordenen Aufschlüsse bekam er nicht in allgemein verständlicher Form, und zum Zweck der Mitteilung an sein Volk, sondern in Form von Gesichten, von denen an manchen Stellen ausdrücklich gesagt ist, dass sie zu versiegeln seien und erst in späterer Zeit zur Kenntnis kommen sollten.
Diese Eigenart der Prophetie Daniels ist ein genügender Grund für die besondere Stellung des Buches. Was die Tatsache anbelangt, dass ein Teil des Buches in der aramäischen Sprache geschrieben ist, so kann daraus noch nicht auf eine spätere Entstehung des Buches geschlossen werden. Denn das Aramäische wurden schon v o r Daniels Zeit gesprochen; wenn auch noch nicht vom Volk selber, so doch von dessen Oberschicht. Ein Beispiel dafür ist 2Kö 18:26: bei der Belagerung von Jerusalem durch Sanherib zur Zeit des Königs Hiskia haben beauftragte des assyrischen Königs die Belagerten durch Zurufe in h e b r ä i s c h e r Sprache mutlos machen wollen. Darauf baten die Beamten Hiskias, man möge doch mit ihnen a r a m ä i s c h reden, weil sie diese Sprache verstünden. Daraus geht hervor, dass die aramäische Sprache nicht e r s t in der makkabäischen Notzeit gesprochen worden ist. Tatsache ist weiter, dass auch ein Teil des Buches Esra, das v o r der makkabäischen Zeit entstand, aramäisch geschrieben ist. Was den anderen Gedanken anbelangt, d,ass die besondere Bezugnahme der Geschichte Daniels auf die makkabäische Notzeit ein Zeichen sein werde, dass sie erst aus der letzteren stamme, geht von einer Voraussetzung aus, die nicht zutrifft: dass nämlich die Prophetie nur die jeweilige G e g e n w a r t der Propheten und deren n ä c h s t e Zukunft beleuchten könne. Das ist aber eine menschliche M e i n u n g, die nicht standhält. Darum möge der Bibelleser mit gutem Gewissen die Geschichten des Danielbuches als t a t s ä c h l i c h e Geschehnisse zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft und die Gesichte des Buchs als w i r k l i c h e Prophetie nehmen.
Es hat sich schon an vielen Punkten erwiesen, dass die früher übliche Kritik an der Bibel, und namentlich am Alten Testament, weit über das zulässige Maß hinausgegangen ist, und viele u n n ö t i g e Bibelnot erzeugt hat. Es sei an dieser Stelle auf einige Beispiele dieser Art hingewiesen. Früher wurden manche geschichtlichen Berichte mehr oder minder als S a g e n angesehen; und später hat es sich aus geschichtlichen Funden erwiesen, dass es t a t s ä c h l i c h e Geschehnisse waren. Ein Beispiel hierfür ist der in 1Mo 14 berichtete Kriegszug des babylonischen Königs Amraphel (in babylonischer Sprache Hamurabi) gegen die Städte des Jordantals. Etwas ähnliches gilt angesichts des Misstrauens gegen viel biblische Zahlenangaben. Wie lange hat man gemeint - und meint es zum Teil heute noch - , man müsse den Zahlenangaben a n d e r e r Völker über ihre Geschichte mehr Glauben schenken als den b i b l i s c h e n Z e i t a n g a b e n, und müsse die letzteren nach den ersteren korrigieren. Es wird sich noch mehr als bisher herausstellen, dass das umgekehrte Verfahren das richtige ist.
Es sei ferner hingewiesen auf den Bericht der Bibel über den Anfang der Gesamtmenschheit aus e i n e m Blut und auf das Gericht, das über die frühere Menschheit in der S i n t f l u t erging. Ferner auf den Bericht über den Anfang der neuen Menschheit nach der Sintflut. Das sind keine S a g e n; da handelt es sich um G e s c h i c h t e. Dementsprechend ist die Dauer der seitherigen menschlichen Geschichte nach der Bibel erheblich kürzer als die weltliche Geschichtsschreibung annimmt. - Was die sogenannten vorgeschichtlichen Funde anbelangt, aus denen man auf ein sehr hohes Alter der Menschheit meint schließen zu müssen, so ist zuzugeben, dass sich der biblische Bericht damit schwer zusammenreimt. Es ist aber wohl möglich, dass manche Partien der Erdgeschichte, die menschliche Spuren aufweisen, nicht mit den großen erdgeschichtlichen Zeiten v o r der menschlichen Geschichte zusammenhängen, sondern in irgendeinem Zusammenhang stehen mit der Sintflut. Die letztere war eine Erdkatastrophe, die auch auf die Erdgeschichte tiefer eingewirkt haben mag, als wir bis jetzt ahnen.
Um ein Missverständnis zu vermeiden, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weiter oben nur von einer verhältnismäßig kurzen Dauer der seitherigen m e n s c h l i c h e n Geschichte die Rede war, dass aber auch die Bibel Raum lässt für lange Zeiten, in denen sich die E r d e zum Schauplatz der menschlichen Geschichte gestaltet hat. Dabei ist es verhältnismäßig unerheblich, ob man die langen Zeiträume der E r d g e s c h i c h t e im sogenannten Sechstagewerk in 1Mo 1 dargestellt findet, oder ob man sie zwischen den beiden ersten Sätzen der Bibel suchen muss, also zwischen dem 1. und 2. Vers von 1Mo 1.
Auf diese Dinge ist nur aus d e m Grund näher eingegangen worden, um eine kleine Hilfestellung zu geben gegenüber der vielfachen Bibelnot, die aus dem Vergleich der Bibel mit der w e l t l i c h e n Geschichtsdarstellung und mit der Geologie (Erdgeschichte) entstanden ist. Wer seine Bibel liebhat, soll ihr auch guten Gewissens trauen können. Sonst ist die Gefahr, dass der schlichte, an der Bibel entstehende, und sich nährende Glaube gegenüber den mancherlei Einreden und Einsprüchen von anderer Seite nicht standhält.

Warum gerade das Danielbuch?

Dass gerade diese beiden Schriften der Bibel für Zeitwenden besonders wichtig sind, das hängt damit zusammen, dass sie selber in Z e i t w e n d e n entstanden sind. Darum werden auch die späteren Zeitwenden und die Zeitenwende der G e g e n w a r t durch die beiden Schriften beleuchtet. Im folgenden ist nur vom Danielbuch die Rede. Mag dieses Buch uns Heutigen auch in manchen Stücken fremdartig erscheinen, so ist es doch gegenwartsnah wie nur irgendein Buch. Und diese Gegenwartsnähe teilt es mit dem letzten Buch der Bibel.

Lies weiter:
I. Die Wende zur Zeit Daniels