Durch den Sohn

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
I. Gott hat geredet

2. Durch die Propheten

3. Durch den Sohn

Hebr 1:2

Wenn wir das über das Reden Gottes Ausgeführte mit dem vergleichen, was wir über sein Reden "durch die Propheten" gesagt hatten, dann lernen wir aus der nächsten Phase:

1. Dass Gott wiederum sprach, nachdem die Propheten ihr Zeugnis beendet hatten.

2. Dass dieses Reden in diesen letzten Tagen geschah, d.h. es war damals noch gar nicht lange her, dass Gottes Sohn die Worte gesprochen hatte, die ihm vom Vater geboten waren. Mit diesen letzten Tagen ist also nicht die Zeit gemeint, in der wir leben, auch nicht eine Zeit, die noch kommen soll, sondern die Zeit jener Phase, die eben erst vergangen war, in der Jesus Christus auf der Erde redete, - die Tage des Menschensohnes.

3. Dass das Reden, das hier gemeint ist, durch den Sohn geschah; nicht durch späteres Weitersagen oder durch einen ausgewählten Zwischenträger; noch nicht einmal durch den Heiligen Geist, wie der Herr in Joh 16, verheißen hat.

4. Dass das Reden durch den Sohn zu uns geschah, d.h. zu dem hebräischen Verfasser des Briefes an die Hebräer, und zu dessen hebräischen Lesern. Es geschah nicht zu den heidnischen Lesern, sondern zu denen, die gehört hatten, was er sagte, und zu denen, die zwar nicht seine Stimme direkt vernommen hatten, denen aber das Gesagte bekräftigt wurde durch die, die es gehört haben (Hebr 2:3).

Über diesen letzten Punkt werden wir später noch mehr zu sagen haben. Die anderen Punkte sind völlig klar, aber nicht alle Menschen beachten die wichtige Tatsache genügend, dass durchweg alles das ein

Reden Gottes

war, ob durch die Propheten oder durch den Sohn. Der letztere war der Hauptinhalt der Prophetie gewesen. Gott hatte dieses große und wichtige, ja, epochemachende Ereignis schon vorhergesagt, als Mose sprach: "Einen Propheten wie mich wird dir der HErr, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen" (5Mo 18:15).

Und nochmals: "Ich will ihnen einen Propheten, wie du bist, erwecken aus ihren Brüdern und MEINE WORTE IN SEINEN MUND GEBEN; der soll zu ihnen reden alles, WAS ICH IHM GEBIETEN WERDE. Doch wer MEINE WORTE nicht hören wird, DIE ER IN MEINEM NAMEN REDET, von dem will ich's fordern" (5Mo 18:18.19).

Als die Zeit erfüllt war, dass Gott diesen größeren Propheten "erweckte", wurde er pünktlich berufen, gesalbt und eingesetzt. Er erhielt formell die Vollmacht. Die Einsetzung fand nach den Worten von 4Mo 11:29 und 4Mo 12:6 statt, denn der Heilige Geist salbte den Messias für sein Prophetenamt (Lk 4:18.19). Mose wurde am Feuer des brennenden Busches berufen, und der "Prophet wie er" am Wasser des Jordan. Von dem Augenblick an sprach Gott durch seinen Sohn, und die vier Evangelien sind Berichte über die Worte und Werke des VATERS (Joh 14:10).

Wenn wir die Evangelien lesen oder studieren, dürfen wir das nie vergessen. Unserm Herrn war das immer bewusst. Siebenmal erklärt er das allein im Johannes-Evangelium. Und auch auf die Gefahr hin, für langweilig zu gelten, müssen wir diese Stellen hier noch einmal zusammen anführen:

1. Meine Lehre ist nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat (Joh 7:16).
2. ... wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich (Joh 8:28).
3. ... warum glaubt ihr mir nicht? Wer von Gott ist, der hört Gottes Worte; ihr hört darum nicht, weil ihr nicht von Gott seid (Joh 7:46.47).
4. Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll (Joh 12:49).
5. Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke (Joh 14:10).
6. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat (Joh 14:24).
7. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben... (Joh 17:8).

Siebenmal bestätigt der Herr Jesus hier, dass Gott der Vater selbst durch ihn redete, wie er vorzeiten durch die Propheten redete.

Moderne Bibelkritiker bezeichnen die Geschichte des Jona als Mythos, das Buch Daniel als Fälschung und den Ps 110 als nicht von David geschrieben, obwohl er ausdrücklich so überschrieben ist, und obwohl der Herr bestätigt: David selbst hat durch den heiligen Geist gesagt... (Mk 12:36). Sie täten gut daran, sich ihre Gotteslästerungen gut zu überlegen, wenn sie so leichtfertig über das reden, was sie mit dem griechischen Wort kenosis Entleerung bezeichnen.

In Phil 2:7 wird das Wort kenoo mit "Er machte sich selbst gering" ("made Himself of no reputation") wiedergegeben, aber es bedeutet er entäußerte sich selbst. Das wird von den modernen Kritikern so aufgefaßt, als habe er nichts mehr von sich gewusst, oder als habe er sich in die Unwissenheit und Traditionsgebundenheit des Volkes erniedrigt. Aber das sind sehr menschliche Deutungen. Die wahre Bedeutung von kenoo wird von den Wörtern danach erklärt, die uns sagen sollen, auf welche Weise er sich entäußert hat.

Er entäußerte sich der Herrlichkeit, die er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war (Joh 17:5). Das tat er, indem er Knechtsgestalt annahm und den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt wurde. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz (Phil 2:7.8). Das ist die Erläuterung Gottes zu kenosis, und die genügt vollauf.

Die Erklärung der modernen Kritiker erniedrigt die Person unseres Herrn, und raubt ihm sogar seinen Ruhm als Mensch. Obwohl er sich seiner göttlichen Herrlichkeit entäußerte, war er nämlich mit göttlicher Weisheit erfüllt, und er redet nur Gottes Worte. Aber er kannte die Herzen der Menschen und las ihre Gedanken.

Das Werk des Vaters

Gott sprach durch den Sohn

Deshalb entsprach alles, was er redete, genau der göttlichen Weisheit. Seine Worte waren - vom ersten bis zum letzten Wort - Gottes Worte.

Die ersten überlieferten Worte des Zwölfjährigen waren göttlich. Er antwortete seiner Mutter: "Wißt ihr nicht, dass ich sein muß in dem, was meines Vaters ist?" (man beachte den Tadel in diesen Worten über Marias Vorwurf in Lk 2:48: "Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.") (Lk 2:49). Und Seine letzten Worte waren ebenfalls göttlich: Es ist vollbracht! (Joh 19:30). Was war vollbracht? Das Werk des Vaters, das auszuführen er gekommen war (vgl. Ps 40:8.9).

Es war dasselbe wie mit den Worten aus der Zeit seines Dienstes. Alle waren geordnet; thematisch und zeitlich. Vier große Themen gab es im Dienst der Herrn:

I. Das erste Thema

war die Proklamation des Königreiches, beginnend mit Mt 4:12 und endend mit Mt 7:28.29, "als Jesus diese Rede vollendet hatte." Jedes Wort in diesem Abschnitt bezieht sich auf das Königreich, nicht auf die gegenwärtige Phase oder sonst etwas.

II. Das zweite Thema

war er selbst - seine gesegnete Person. Es beginnt mit seiner Bezeichnung als Herr (Mt 8:2.6.8.9) und als der Menschensohn (Mt 8:20). Alle seine gesprochenen und aufgeschriebenen Worte von Mt 8:1 bis Mt 16:20 zeigen, dass er ganz Gott und ganz Mensch war; und seine Wunder waren Wunder der Schöpfung.

III. Das dritte Thema

beginnend mit Mt 16:21, war seine Zurückweisung durch sein eigenes Volk Israel - "und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1:11). "SEIT DER ZEIT FING JESUS AN, seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse..." Viermal spricht er von seinem Versöhnungswerk und seinem zukünftigen Leiden, und dieses Thema geht bis Mt 20:34.

IV. Das vierte Thema

war wiederum das Königreich, jetzt aber nicht als Proklamation für diese Zeit, sondern seine Ablehnung. Es beginnt mit Mt 21:1 und endet mit Mt 26:35. Alle Gleichnisse dieser Zeit beziehen sich auf den kommenden Wechsel der Phasen und sprechen von der kommenden Phase, in der das Königreich ausgesetzt sein werde, weil es abgelehnt worden war.

  Gottes Worte und Werke durch den Sohn bilden diese vier Themen. Sie sind für uns von großer Bedeutung und zeichnen sich durch ihre Vollkommenheit aus.

Wir wollen jetzt diese vier Themen darstellen, wie sie in sich zurückkehren; denn das Königreich ist das Thema der beiden äußeren Teile, während die beiden zentralen Teile den König selbst zum Thema haben.

E Mt 4:12 - Mt 7:29 Das Königreich: Verkündigt.
F Mt 7:1 - Mt 16:20 Der König: Seine Person verkündigt.
F Mt 16:21 - Mt 20:34 Der König: Endgültig abgelehnt und Herrschaft verzögert.
E Mt 21:1 - 26.35 Das Königreich: Seine Ablehnung und Aussetzung.


Somit werden die großen Themen - Das Königreich und seine Ablehnung - Der König und seine Kreuzigung - als die zentralen Themen des ganzen Evangeliums deutlich (das Gleiche gilt für alle vier Evangelien. In jedem gibt es die gleichen vier Teile des Dienstes des Herrn).

Matthäus Markus Lukas Johannes
1. Mt 4:12 - 7:29 Mk 1:14 - 20 Lk 4:14 - 5:11 Joh 1:35 - 4:54
2. Mt 8:1 - 16:20 Mk 1:21- 8:30 Lk 5:12 - 9:21 Joh 5:1 - 6:71
3. Mt 16:21 - 20:34 Mk 8:31 - 10:52 Lk 9:22 - 18:43 Joh 7:1 - 11:54a
4. Mt 21:1 - 26:35 Mk 11:1 - 13:37 Lk 19:1 - 22:38 Joh 11:54b - 17:26


Da es wichtig ist, diese Struktur des Dienstes des Herrn zu verstehen, müssen wir uns auch noch ansehen, wie sie im Aufbau des ganzen Evangeliums eingefügt ist. Das soll wieder in Form einer graphisch sichtbaren Satzstellung geschehen. In der Mitte, eingerückt, steht das Wichtige:

A Mt 1:1 - 2:23 Vor dem Dienst
B Mt 3:1-11 Der Vorläufer
C Mt 3:12-17 Die Taufe
D Mt 4:1-11 Die Versuchung


Jetzt folgen die vier Teile des Dienstes:

E Mt 4:12 - 7:29 Periode 1: Das Königreich
F Mt 8:1 - 16:20 Periode 2: Der König
F Mt 16:21 - 29:34 Periode 3: Der König
E Mt 21:1 - 26:35 Periode 4: Das Königreich


Nach dem eigentlichen Dienst:

D Mt 26:36-46 Die Ohnmacht
C Mt 26:47 - 28:14 Tod, Begräbnis, Auferstehung
B Mt 28:16-18 Die Nachfolger
A Mt 28:19-20 Die Zeit nach dem Dienst


Gottes Reden durch den Sohn hält sich innerhalb dieser Abgrenzungen und geht nicht darüber hinaus. Es sind Bereiche der Worte des Herrn in Seinem Dienst.

Unmittelbar vor seinem öffentlichen Auftreten (Mt 4:12) betonte unser Herr dreimal die Tatsache, dass das geschriebene Wort Anfang, Mitte und Ende allen Dienstes ist - das dreimalige "Es steht geschrieben" (Mt 4:4.7.10). Und am Ende, als er seinen Auftrag in die Hände des Vaters übergibt, erfolgt wieder ein dreifacher Bezug auf das geschriebene Wort Gottes (Joh 7:8.14.17).

So ist die Periode, als Gott in den letzten, abschließenden Tagen dieser Phase "durch den Sohn" redete, genau festgelegt und abgegrenzt. Es betraf die "große Errettung", von der der Herr am Anfang zu reden begonnen hatte. Er "begann" dieses wunderbare Reden nur, das mit seinem Tode endete.

Für damals, in der Zeit der Niedrigkeit Jesu, war es genug, dass Gott seine Verheißung erfüllt hatte, die er Israel durch Seinen Knecht Mose gegeben hatte. Er hatte im Messias einen Propheten wie Mose erweckt und hatte Mose seine eigenen Worte in den Mund gelegt mit der ernsten Warnung: "Doch wer meine Worte nicht hören wird, die er in meinem Namen redet, von dem will ich's fordern" (5Mo 18:19). Diese Warnung wurde nicht beachtet. Israel verwarf seinen Messias wollte nichts wissen von den Worten, die Gott ihm in den Mund gelegt hatte. Sie wiesen das Königreich zurück und kreuzigten ihren König.

Was bleibt nun übrig für Sein Volk Israel? "Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muß er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wieviel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht? Denn wir kennen den, der gesagt hat: 'Die Rache ist mein, ich will vergelten', und wiederum: 'der Herr wird sein Volk richten'" (Hebr 10:28-30). Diese Worte waren an die Menschen gerichtet, die es abgelehnt hatten, Gottes Wort zu hören, das er "durch den Sohn" sprach, ungeachtet der ernsten Warnung in 5Mo 18:19: "... von dem will ich's fordern“.

Daraus sehen wir, dass wir gut daran tun, darauf zu achten, wenn Gott seither durch irgend einen anderen Vermittler zu uns geredet hat, da wir sonst schuldig werden, wenn wir 'den Geist der Gnade schmähen', den Sein Wort uns gebracht hat.

Lies weiter:
4. Durch die IHN gehört haben