Die Wiederbringung aller Dinge

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nach dem gleichnamigen Buch von Andrew Jukes:
Der zweite Tod und die Wiederbringung aller Dinge


I. Die Wiederbringung aller Dinge
II. Das Zeugnis der Schrift

Teil 1. Gottes Vorsatz im Sohn
Teil 2. Der Vorsatz der Äonen
Teil 3. Durch Tod und Gericht zum Leben

III. Allgemein verbreitete Einwände
IV. Schlussbemerkungen


Die Wiederbringung aller Dinge

Vorwort:

Ein empfangener aber nicht ausgesprochener Gedanke ist im besten Fall nur ein ungeborenes Kind. Nicht nur ist er ohne jeden Einfluss auf die Welt, sondern die Welt ist sich auch seiner Existenz nicht bewusst. Einmal aber zum Ausdruck gebracht, wird er Teil des lebendigen, wirkenden Universums, wirkt darin seine ihm bestimmte Zeit lang und hinterlässt möglicherweise für alle folgenden Zeiten sein Merkmal, sei es zum Guten, sei es zum Bösen.

Der Gedanke, welcher im Folgenden zum Ausdruck kommen soll, ist lange im Herzen des Schreibers bewegt worden. Zuerst verborgen und unausgesprochen wurde er in den letzten Jahren hier und da im Zwiegespräch mit treuen christlichen Freunden geäußert. Doch die Zeit scheint gekommen, ihm weitere Verbreitung zu geben. Die Herzen der Menschen werden jetzt vielleicht mehr als zu irgendeiner früheren Zeit allerorts getrieben, nach der Natur und der Inspiration der Heiligen Schrift zu suchen, sowie nach der Bestimmung des Menschen und der Zukunft der Sünder, soweit die Heilige Schrift darüber Aufschluss gibt. Viele stoßen sich daran und tragen Bedenken, eine Offenbarung als vollkommen und göttlich anzunehmen, die, wie man ihnen sagt, im Namen Gottes eine große Zahl solcher zu nie endende Verdammnis bestimmt, welche in gewissem Sinne zu mindestens von Ihm abstammen.

Und während in vielen Herzen die Schlussfolgerung ausgesprochen wird, aber nicht dahin geht, dass entweder diese Lehre nicht wirklich ein Teil der Heiligen Schrift, keine vollkommene Darlegung oder Offenbarung des Ratschlusses Gottes, unseres Erlösers, sein kann, scheinen selbst von denjenigen, welche die Bibel als göttlich annehmen, nur wenige imstande zu sein, die Schwierigkeit zu lösen oder Licht zu werfen auf die Teile der "Geheimnisse Gottes", welche anerkanntermaßen "dunkel" und "schwer" zu verstehen sind.

Ein Freund, welcher über diesen Gegenstand in innere Unruhe gekommen ist, sprach dem Schreiber dieser Blätter gegenüber kürzlich seine Bedenken aus. Die Antwort war folgender Brief. Der Schreiber ist sich der Verantwortung bewusst, dass er in solcher Frage von der allgemeinen Ansicht der Christenheit abweicht. Nur die ganz klare Überzeugung davon, dass die volkstümliche Auffassung der nie endenden Strafe, ebenso einem falschen Verständnis des Wortes Gottes entspricht wie die Lehre von der Transsubstantiation, und dass die eine sowohl wie die andere direkt zum Unglauben verleitet, obwohl beide gleichermaßen den Anspruch machen, auf den Worten der Heiligen Schrift zu stehen, konnten ihn veranlassen, diesen Gegenstand zu behandeln, dessen Erwählung vielerorts nicht möglich ist, ohne den Vorwurf der Ketzerei nach sich zu ziehen.

Wahrheit ist mehr wert als alles dies! Wenn wir sie nicht um jeden Preis kaufen wollen, sind wir ihrer nicht wert. Der Schreiber hat ferner lange erwogen, ob die Lehre von der Wiederbringung aller Dinge, auch wenn ihre Wahrheit erwiesen ist, allgemein offen verkündigt werden dürfe. Eine vorzeitig geäußerte Wahrheit kann nicht nur schädlich, sondern auch ganz ungesetzlich sein. Die christliche Wahrheit, "es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen" (Röm 10:12). und "die Beschneidung ist nichts" (1Kor 7:19), würde im jüdischen Zeitalter ungesetzlich, weil unzeitig, gewesen sein. So kann es auch jetzt manche ewige Wahrheit geben, welche über das hinausgeht, was Petrus die "gegenwärtige Wahrheit" (2Petr 1:12) nennt, und von der darum kein Mensch sprechen kann (2Kor 12:4). Die Tatsache aber, dass Gott immer selber Seine Wahrheit aufschließt, scheint ein genügender Grund zu sein, diese bekannt zu machen, soweit Er sie aufschließt. Liegt nicht in dem Umstand, dass Er sie aufschließt eine Aufforderung an Seine Knechte, dieselbe öffentlich zu verkündigen?

Jeder Tag bringt Neues, was bis dahin ein in Gott verborgenes Geheimnis war. Das Evangelium selbst, an welches wir alle glauben, fiel störend jenem auf die Seele, als eine Lehre, die dem von Gott Mose gegebenen Gesetz direkt widersprach. Die im Folgenden ausgeführte Lehre mag wohl, obgleich sie sich wie ein goldener Faden durch die Heilige Schrift hindurchzieht, weil sie bisher noch vielen Gotteskindern verborgen war, von ihnen verworfen werden, als widerspräche sie Gottes Absicht. Auch Paulus, wurde vorgeworfen, sein Evangelium sei dem alten Gesetz zuwider, und doch war es gerade dessen Erfüllung. Zu jeder Zeit kann der Gläubige sagen: "Weil wir den gleichen Geist des Glaubens haben, nach dem geschrieben steht: "Ich glaube, darum rede ich, so glauben wir auch, darum so reden wir auch".

Die Wahrheit kann, ja muss in der Form verschieden sein je nach der Zeit, in der sie verkündigt wird und von wem sie aufgenommen wird. - Christus selber, die Wahrheit, erscheint auf verschiedenen Stufen verschieden - denn Gott hat uns die Wahrheit so gegeben, wie wir sie ertragen können, und Seine Erniedrigung könnte man von Ihm als Unbeständigkeit verstehen, weil Er Liebe ist und darauf wartet, sich zu offenbaren, wenn wir für die Offenbarung reif sind. Aber das Ende wird ER alle Seine Wege rechtfertigen. Nur einige Seiner Kinder können Ihm auch jetzt schon Recht geben.

"Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen" (Röm 13:12). Und wie in der Morgendämmerung die Sterne erbleichen, weil der Tag herannaht, so erbleichen jetzt die kleineren Lichter, die in dunkleren Tagen Führer waren, vor der kommenden Sonne der Gerechtigkeit. Wer auf die Berge steigt und gen Osten schaut, sieht mehr von dem Licht als die Menschen unten im Tal oder als die, welche im dunklen Zimmer schlafen. Alle aber, die nach dem erglühenden Firmament ausschauen, können die Zeichen des kommenden Tages erblicken. Wer jetzt nicht merkt, dass ein neues Zeitalter herannaht, muss in tiefem Schlaf liegen.

Brief an einen Freund

Mein lieber E....!

Was Du mir von den Schwierigkeiten schreibst, über die Du nicht hinwegkommen kannst, und wie einige Deiner Freunde versucht haben, Dir zu helfen, das erinnert mich, wenn ich solchen Vergleich ziehen darf, an eine Begebenheit, die vor einigen Monaten in einer Sonntagsschule vorkam. Die Knaben einer Klasse lasen das Kapitel, welches davon erzählt, wie David auf dem Dache seines Hauses wandelnd die Bathseba sah. Da fragte einer der Knaben, indem er durch das Fenster des Schulzimmers auf die steilen Dächer der gegenüberliegenden Häuserreihe blickte: "Aber wie konnte denn David auf dem Dach seines Hauses wandeln?" Der Lehrer, der in diesem Punkt ebenso unwissend war wie sein Schüler, brach alles Fragen mit dem barschen Worten ab: "Zweifle nicht an der Bibel, Junge!" Der Lehrer der Nachbarklasse, der die Unterhaltung mit angehört hatte, beugte sich zu seinem Kollegen und flüsterte ihm zu: Die Antwort auf diese schwierige Frage ist: "Bei den Menschen ist's unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich" (Mt 19:26). Das war also die Lösung der Schwierigkeit, und wie ich fürchte, ein treues Beispiel dafür, wie man auf der einen Seite ehrlichen Zweifeln oft begegnet als ob alles Fragen nach dem, was in der Schrift schwer verständlich ist, ein Verbrechen wäre, und wie auf der anderen Seite getrost die reinsten Absurditäten als rechte Auslegungen von Gottes Wort und Absicht dargeboten werden.

Diese Schwierigkeit liegt darin, wie wir als bibelgläubige Christen die prophetischen Aussagen betreffs der endlichen Wiederbringung aller Dinge mit anderen Schriftstellen vereinbaren könne, die so oft als Beweise für die ewige Strafe angeführt werden. Die Schrift, sagst Du, versichert, dass Gott, unser Vater, ein Erlöser ist, voller Erbarmen für die Verlorenen, die Er selig machen will. Seine Liebe ist so groß, dass Er den Menschen Seinen eingeborenen Sohn gegeben hat, in dem und durch welchen der Fluch überwunden und alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden sollen. Und dennoch sollen etliche dahingehen in nie endende Strafe, "da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlischt". Wie ist es möglich, fragst Du, dies miteinander zu vereinigen? Sind nicht die einzelnen Aussagen geradezu einander widersprechend? Und wenn das so ist, müssen dann nicht die Erklärungen der Bibel, wie auch bei anderen Büchern durch das Licht der Vernunft und des Gewissens, welches die Natur oder Gott einem jeden von uns gegeben hat, berichtigt werden?

Nun gebe ich sofort zu, dass hier eine Schwierigkeit vorliegt, und ferner, dass die Frage, wie sie zu lösen ist, unsere aufmerksamste Beachtung verdient. Auch stimme ich Dir durchaus zu, wenn Du sagst: "Gleichgültigkeit oder fromme Ängstlichkeit, die sich selbst Ergebung nennt, mag solchen Fragen als unpraktisch oder selbst gefährlich ausweichen, Trägheit unter dem Schein von Demut mag jede Berührung mit ihnen zu vermeiden suchen und geistige Selbstsucht, eingehüllt in den Mantel ihrer eigenen eingebildeten Sicherheit, mag solche Forschungen als vermessen verbieten - so können doch Christus-gleiche Seelen ebenso wenig teilnahmslos bleiben bei der Frage, was Gottes Vorsatz ist mit der großen Masse der Menschheit, als sie gleichgültig dabei stehen können, wenn der Verlassene vor Hunger umkommt oder der Sterbende in seinem Schmerz mit dem Tode ringt." Das scheint mir alles selbstverständlich.

Aber wenn ich auch mit Dir hierin übereinstimme, so kann ich doch nicht zugeben, dass es für die Schwierigkeit, die Du vorbringst, keine Lösung gäbe, oder dass Du, selbst wenn dies der Fall wäre, Recht tätest, aus solchem Grund die Schrift zu verwerfen. Hat Gott irgendeine Offenbarung gegeben, die frei von Schwierigkeiten wäre? Gibt es nicht selbst bei den Tatsachen des gegenwärtigen Lebens ganz unlösbare Schwierigkeiten? Ist es nicht eine Tatsache, dass der Mensch als gefallene Kreatur in diese Welt kommt? Und doch ist Gott, der den Menschen schuf, gerecht, heilig und barmherzig? Du meinst, dass der Mensch nicht deshalb allein ein Sünder ist, weil er Übles tut. Vielmehr glaubst Du, dass er Übles tut, weil er ein Sünder ist, und dass, wenn er auch noch so gut bewacht und erzogen wird, dennoch Übles von ihm ausgehen muss, weil es bereits in ihm ist; das der Beste selbst unfähig ist, das Gute, das er will, zu tun; dass ein jeder Eigenwillen und Eigenliebe hat, die bedeutungsvolle Wurzel jeder Art von Sünde. Und doch sagst Du: "Gott ist gut". Zugegeben, dass das Böse durch Adams Ungehorsam gekommen ist: ist es aber darum gerecht, dass wir für eine Übertretung leiden müssen, die Tausende von Jahren vor unserer Geburt begangen wurde?

Dass hier eine Schwierigkeit vorliegt, sieht man schon an den vielen Versuchen, welche gemacht worden sind, um sie zu lösen. Dennoch glaubst Du und ich an beide Seiten des Geheimnisses. Wir glauben, dass der Mensch von Natur verdorben ist, und sein Herz böse von Mutterleib an, ein sterbendes, sündiges Geschöpf, das sich selbst weder ändern noch erretten kann, ganz ohne Hoffnung, wenn nicht Gottes erbarmende Gnade wäre.

Aber wir glauben auch, dass Gott gut ist, und dass Er uns nicht unrecht tut, wenn er erklärt, dass nicht Er, sondern wir daran schuld sind. Wenn Du nun siehst, dass das Leben ein Geheimnis ist dass Widersprüche birgt, die unvereinbar scheinen und auf deren rechte Lösung wir oft warten müssen, meinst Du dann, dass die eine Schwierigkeit, welche Dich beunruhigt, Dir das Recht gäbe, schnell dieselbe Schrift zu verwerfen, von der Du oft erfahren hast, dass sie ein Licht ist an einem dunklen Ort? Sieh sie Dir lieber immer und immer wieder mit größerer Sorgfalt an. Dann wirst Du sehen, wie ich es zu sehen glaube, wie diese Schrift, wenn recht verstanden, dem Menschen viel erhabenere und herrlichere Erwartung erschließt, als seine eigene hilflose Einbildung, als sein Verstand jemals zu ahnen gewagt oder auch nur auszudenken fähig gewesen wäre.

I. Die Natur der Schrift

1. Das fleischgewordene Wort

Bevor ich aber zu dem Zeugnis der Schrift komme, möchte ich meinen Weg durch einige Worte über ihre Natur und ihre Inspiration klären. Ich bin davon überzeugt, dass das Geheimnis des fleischgewordenen Wortes der Schlüssel, und zwar der einzige, wirklich genügende Schlüssel zu dem geschriebenen Wort ist: der Buchstabe, das ist die äußere und menschliche Gestalt, entspricht dem Fleisch Christi und ist nur ein Teil des Geheimnisses von der Fleischwerdung des ewigen Wortes. Die Fleischwerdung ist keineswegs, wie mache gesagt haben, im Prinzip von den anderen Offenbarungen verschieden, welche Gott uns gegeben hat, sondern steht vielmehr genau in Übereinstimmung mit ihnen allen und ist der Schlüssel zu ihnen; denn in jeder einzelnen hat sich der ungesehen und unsichtbarer Gott in und durch Seine Kreaturen oder in irgendeiner kreatürlichen Form offenbart. Und dies geschah deshalb, weil Gott Kreaturen, wie wir es sind, nur auf solche Weise offenbart werden konnte. In der Natur, in der Schrift, in Christi Fleisch ist das Gesetz dasselbe. Das Göttliche wird enthüllt unter einer Hülle, und diese Hülle trägt kreatürliche Gestalt.

a) Offenbarung im Fleisch

Ich will über diesen Gegenstand sagen, was ich vermag, obwohl heutzutage das, was ich zu sagen habe, den Vorwurf des Mystizismus auf sich zieht. Wir bekennen als Christen die selige Tatsache, dass das Wort Gottes Fleisch wurde - in menschlicher Gestalt aus menschlicher Natur hervorkam. Jesus von Nazareth ist Gottes Sohn, nicht zum Teil Mensch und zum Teil Gott, sondern wahrer Mensch vom Weibe geboren und doch wohnte in Ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Genauso ist die Heilige Schrift das Wort Gottes, nicht halb menschlich und halb göttlich, sondern durch und durch menschlich und ebenso durch und durch göttlich; alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis sind in ihr offenbart und doch verborgen. Und gerade wie Er, das fleischgewordene Wort, vom Weibe geboren, außerhalb der Weise der Natur, ohne Zutun des Mannes, durch die Kraft des Geistes Gottes - erschien, ebenso ist das geschriebene Wort aus dem menschlichen Herzen entstanden, nicht durch die Tätigkeit des menschlichen Verstandes, nicht durch den Willen des Mannes, sondern durch die Kraft des Geistes Gottes, und Seine unmittelbare Einwirkung auf das Herz, das ist der weibliche Teil unserer gegenwärtigen, gefallenen und geteilten menschlichen Natur.

Es ist gewiss leicht zu sagen, dies sei reine Mystik. Gott geoffenbart im Fleisch ist ein großes Geheimnis. Und die Offenbarung der Wahrheit Gottes aus dem Herzen eines Menschen heraus in menschlicher Gestalt, ist allerdings dasselbe und nicht weniger ein Geheimnis. Und derjenige, welcher nicht sieht, wie unsre Natur ebenso wie unser Geschlecht beides, männlich und weiblich ist, mag hier eine Schwierigkeit finden. Darum bleibt die Tatsache trotzdem bestehen, dass unsere Natur zweifach ist, männlich und weiblich. Kopf und Herz, Verstand und Neigung. Und aus dieser letzeren, dem Herzen, ist der Buchstabe der Schrift hervorgegangen, die menschliche Gestalt des göttlichen Wortes, gerade wie Christus empfangen und geboren wurde von der Jungfrau Maria, durch die Kraft des Heiligen Geistes ohne einen irdischen Vater.

Auf keine andere Weise konnte Gottes Wort in menschliche Gestalt kommen. Aber für uns hat es sich selbst erniedrigt, also zu kommen, aus dem Herzen der Apostel und Propheten in seiner menschlichen Gestalt gleich Christi Fleisch alle den Schwachheiten und Beschränkungen unterworfen, denen Christi Fleisch, weil Er eben ganz und gar menschlich war, unterworfen war und doch im Geiste gleich Ihm ganz und gar göttlich und voll der unergründlichen Tiefen von Gottes allmächtiger Liebe uns Weisheit.

Wie nun die Tatsache, dass Jesus Mensch war und als solcher zunahm an Weisheit und Alter, und unser Leben gelebt hat, welches doch nur ein Prozess des Vergehens ist, unseren Leib der Schande trug und für uns zur Sünde gemacht wurde, durchaus nicht beweist, dass Er nicht auch Gottes Sohn war, sondern nur ein Zeugnis von der Liebe ist, die Ihn trieb, menschliche Gestalt anzunehmen - so beweist auch die Tatsache, dass die Heilige Schrift menschlich ist, nichts gegen ihre Göttlichkeit, gerade wie bei Christus. Ich wünschte wohl, dass diejenigen, welche jetzt die Schrift mit der Seziermesser ihrer Kritik zerschneiden und dabei finden, wie es ja nicht anders möglich ist, dass sie durch und durch und in Wahrheit menschlich ist, nur einen Augenblick stillhalten und sich fragen möchten, was sie wohl in dem Fleische Christi würden gefunden hätten, wenn sie es ebenso zerschnitten hätten, wie jetzt den Buchstaben der Schrift. Wäre es ihnen möglich gewesen, Seinen Leib zu zerschneiden - ich muss diesen Ausdruck gebrauchen, wenn ich sehe, was sie jetzt tun - würden sie dann irgend etwas finden können, was nicht ganz menschlich gewesen wäre? Die Geißel, die Nägel, der Speer, der bittere Schmerzensruf und zuletzt der Tod beweisen, dass jene verwundete Gestalt in der Tat ganz menschlich war.

Ein hoher geistlicher Würdenträger hat den Buchstaben der Schrift solange zerschnitten, bis er für ihn nichts anderes mehr war, als der Leichnam Christi einem Anatom gewesen sein würde. Er ist ihm nichts Lebendiges, von dem er lernen kann, sondern ein totes Ding zum Zerschneiden und Kritisieren. Er hat den Beweis gefunden, dass der Buchstabe wirksam ist, dass er zugenommen hat, dass der Tod in ihm wirksam ist oder wenigstens Macht über ihn hat; er hat seine Scham gesehen; er möchte niemanden dazu verleiten, die wahren Lehren, welche diese menschliche Gestalt gibt, zu verachten, denn sie ist, wie er sagt; für ihn der Kanal gewesen, durch welchen ihm viel Segen zugeflossen ist; er will nur, dass die Menschen sehen möchten, dass er wirklich menschlich ist, denn er entstand aus dem Herzen des Menschen. Aber bewusst oder unbewusst führt er die Menschen nicht etwa vom Buchstaben zum Geist, sondern allein dahin, dass sie den Buchstaben verwerfen und richten, weil sie nicht sehen, dass dieser Buchstabe gleich dem Fleische Christi nicht zu verderben ist, sondern verherrlicht werden wird. Zwar muss auch dies vielleicht geschehen, denn Christus musste leiden und getötet werden; wehe aber denjenigen, welche die menschliche Gestalt verwerfen und niederschlagen, in der für uns die Wahrheit Gottes offenbart worden ist. Doch ist selbst hierfür Gnade vorhanden, denn sie tun es unwissentlich und im Unglauben.

Die Bibel ist anderen Büchern ähnlich und doch von ihnen verschieden, ebenso wie das Fleisch anderer Menschen ähnlich ist und doch von ihm verschieden. Alle Äußerungen guter und wahrer Menschen lassen uns auf ihre Weise einen Blick tun in das Geheimnis der Fleischwerdung; denn sie sind Teiloffenbarungen in menschlicher Form von Gottes Wahrheit und Weisheit, wie auch jeder gute und wahre Mensch in seinem Maß ein Teil desselben Geheimnisses ist; denn Gott hat gesagt: "Ich will unter ihnen wohnen und unter ihnen wandeln" (2Kor 6:16), uns 'o sind menschliche Gestalt und menschliches Fleisch durch Gnade Wohnungen Gottes. Aber die Fleischwerdung und Offenbarung des göttlichen Wortes in der Person unseres Herrn Jesus Christus war unendlich erhaben über der Einwohnung des Wortes in anderen guten Menschen, wenn auch Christus unser Fleisch und unsere Schwachheit annahm und andererseits wir mit allerlei Gottesfülle erfüllt werden können (Eph 3:19).

Gleicherweise ist die Fleischwerdung und Offenbarung des Wortes Gottes im Buchstaben der Schrift unendlich erhaben und unterscheidet sich von anderen Büchern genauso, wie sich das Fleisch Christi von dem Fleisch anderer Menschen unterscheidet. Darum glaube ich nicht, dass die Schrift, weil sie menschlich ist und zugenommen hat mit den Menschen, und die Kennzeichen unserer Schwachheit, Schande und Tod an sich trägt, verderben und untergehen muss. Ich glaube vielmehr, dass sie weder verderben noch untergehen kann. Ich glaube auch, dass sie in ihrer Zusammensetzung genau soviel Vergänglichkeit hat wie Christi Fleisch hatte, als Er hier mit Seinen Aposteln wandelte. Aber sie ist gleich dem Leibe Christi die besondere Wohnung von Gottes Wahrheit. Und solche, die Tag und Nacht mit ihr wandeln, wissen dies, denn sie haben sie verklärt gesehen, wie sie einst alle Augen sehen werden.

b) Offenbarung in Gottes Wort

Weiter möchte ich zeigen, dass vergleichbar dem Fleisch Christi und auch gleich jeder anderen Offenbarung, welche Gott von sich gemacht hat, der Buchstabe der Schrift in gleicher Weise eine Hülle wie eine Enthüllung ist, indem er verbirgt, während er aufdeckt. Dem Auge stellt er etwas ganz anderes dar, als was in ihn steckt, wie auch der Vorhang der Stiftshütte mit seinen eingewebten Cherubim die Herrlichkeit hinter dem Vorhang, von der er doch Zeugnis ablegte, verbarg; und deshalb muss er, mit dem Verstand gesehen, offenbar unbeständig und widerspruchsvoll erscheinen. Diese beiden Punkte sind wichtig. Wenn nämlich Gottes Offenbarungen sich selber zugleich verschleiern und entschleiern, und wenn sie sich deshalb den Vorwurf der Unbeständigkeit und des sich Widersprechens gefallen lassen müssen, so hilft uns diese Tatsache nicht nur zu verstehen, warum die Schrift das ist, was sie ist, sondern auch wie ihre verschiedenen Wahrheiten und Lehren auszulegen sind.

Und damit wir sehen, wie alle Offenbarungen Gottes gleicher Art sind, wollen wir einen Augenblick bei zwei anderen Offenbarungen Gottes verweilen, die Er uns gegeben hat, den Büchern der Natur und der Vorsehung. Sind sie nicht beide sowohl Hüllen wie Enthüllungen, auf deren ersten Eindruck wir uns nie verlassen können?

Zunächst die Natur, die man das gestaltgewordene Wort Gottes genannt hat und die ohne alle Frage eine Offenbarung Gottes ist. Wie offenbart sie Ihn denn? Ist sie nicht auch ein Vorhang, der eben soviel von Ihm verbirgt wie aufdeckt? Ist es nicht eine Tatsache, dass unsere Sinneswahrnehmungen selbst von der e i n f a c h s t e n, klarsten physikalischen Erscheinung, wie z.B. Aufgehen und Untergehen der Sonne, der Wahrheit entgegen sind und durch eine höhere Fähigkeit verbessert werden müssen? Ist es nicht ferner eine Tatsache, das die Natur fast mehr von Gott, unserem Erlöser verbirgt, als sie von Ihm offenbart? Scheint es nicht, als stelle sie Ihn falsch dar? Scheint es nicht, als ob sie sich selber widerspräche, indem sie Kraft gegen Kraft, Hitze gegen Kälte, Dunkelheit gegen Licht, Tod gegen Leben setzt und sich ihre Elemente überall in unaufhörlichem Streit befinden? Auf der einen Seite zeigt sie einen Erhalter, auf der andren einen Zerstörer; hier unbegrenzte Vorsorge für die Erhaltung des Lebens, dort das Herrschen des Todes. Wir wissen, dass einige Menschen diesen Widerspruch so stark empfunden haben, dass sie daraufhin in Abrede stellten, die Welt könne das Werk eines höheren Geistes sein. Ja, sie folgerten daraus, dass sie entweder durch Zufall oder durch ewig sich widerstrebende Kräfte entstanden sei. Sind das nicht genau dieselben Widersprüche und dieselben Schwierigkeiten, welche wir in der Schrift finden? Deshalb müssen wir entweder sagen; die Natur ist ein unbeständiges und lügenhaftes Buch, und wir trauen weder dem, was ihre unfruchtbaren Felsen, noch dem, was ihre lachenden Felder verkünden, oder wir müssen bekennen: "Hier ist ein Schleier oder ein Rätsel". Es ist genau das gleiche Rätsel, welches wir in jeder anderen Offenbarung finden.

Das Buch der Vorsehung, welches ich das gewirkte Wort Gottes nennen möchte, hat genau die gleiche Eigentümlichkeit. Die Vorsehung ist sicherlich eine Offenbarung Gottes, und ist für sie nicht dennoch, gleich der Natur, ebenso eine Hülle wie eine Enthüllung? Seht nicht nur auf das, wovon David spricht, dass die Knechte Gottes leiden müssen, während die Gottlosen in großem Glück leben und nicht geplagt werden gleich anderen; seht auf diejenigen, welche von Geburt an körperlich oder geistig behindert sind, auf die Tauben, Stummen, und Blinden, die nach unserer Erkenntnis nicht um ihrer Sünde willen leiden können; seht auf die Tatsache, dass in dem einen Fall ein Verbrechen hier bestraft wird, in dem andern aber nicht. Ist das kein Widerspruch? Wo ist das, nach unserem Verstand beurteilt, Liebe, welche Seelen in die Welt setzt, deren ganzes Leben nur eine Kette von Leiden bildet? Sicher ist dies ein Text in dem Buch der Vorsehung Gottes, welcher uns Seine Regierung offenbart (die nach meinem Dafürhalten den Büchern der Könige oder der Herrschaft in der Schrift widerspricht), der ebenso schwer zu verstehen ist, wie manche Texte in den Büchern der Könige, die der eine oder andere wohl aus der Schrift herausreißen möchte, als ob sie Gott in falschem und unwürdigem Licht zeigten. Aber kann ein Kritiker auch den gleichen Text aus dem Buch der Vorsehung von Gottes Regierung vertilgen? Da steht er gerade so wie in dem Buch der Natur. Sollen wir nun deshalb sagen, die Offenbarung Gottes in der Vorsehung widerspreche sich? Nein - es ist Tatsache, das sie sowohl verhüllt als enthüllt, und alle ihre scheinbaren Ungerechtigkeiten und Widersprüche können gelöst werden, nicht durch Verstand, sondern durch den Glauben, im Lichte des Heiligtums Gottes (Ps 73:3-17).

Ebenso ist es mit den beiden anderen Offenbarungen, welche trotz allen Widerspruchs die Kirche empfangen hat und an die sie glaubt, ich meine das Fleisch Christi und die Heilige Schrift. Das Fleisch Christi, das fleischgewordene Wort, ist zweifellos ein Schleier (Vorhang Hebr 10:20). Wie viel verbarg es gerade während es einigen Gott offenbarte! Wie wenige erkannten, was Er war, wie viele verstanden Ihn nicht! Wie schien diese schwache Gestalt der Wahrheit zu widersprechen, dass Gott sie zu Seiner Wohnung erwählt hatte! Wie offenbar dieser Widerspruch war, kann auch aus der Tatsache entnommen werden, dass diejenigen, zu denen Er kam, sich daran stießen. und von damals bis heute hat Seine menschliche Gestalt, Seine Geburt von einem Weibe, Sein Zunehmen an Weisheit und Alter, haben Seine Tränen, Sein Schweiß, Seine Erniedrigung, Sein Schmerzensschrei, die Glieder der Scham, das sterbende Leben einzeln oder insgesamt dem Auge des Verstandes so wenig mit der Göttlichkeit zu vereinbaren geschienen, dass Tausende leugneten, jene Gestalt sei oder könne eine Offenbarung Gottes sein, obwohl sie zugeben, sie habe mehr getan, als je ein anderer Mensch. Es ist eben Tatsache, dass es sowohl eine Hülle als eine Enthüllung war und sein sollte, und deshalb war in die Augen fallender Widerspruch unvermeidbar.

Das gleiche ist ebenso wahr von der Schrift, dem geschriebenen Wort, welches gleich der Natur durch sechs Tage der Veränderung gegangen ist und gleich Christi Fleisch zugenommen hat an Alter und Weisheit. Es ist sowohl ein Vorhang als eine Offenbarung und deshalb muss es gleich der Natur der Vorsehung und dem Fleische Christi den gleichen Vorwurf auf sich laden, dass es unbeständig sei und Gott in unwürdiger, ja selbst unwahrer Beleuchtung zeige. Die Schrift ist in der Tat ein Schleier und zeichnet, wenn buchstäblich angenommen, das heißt so, wie sie unserm Verstand erscheint, Gott ebenso verstellt von dem, wie Er wirklich ist, wie Natur und Vorsehung Ihm zu zeigen scheinen. Und doch offenbart sie Ihn immerdar so herrlich, wie nichts anderes Ihn jemals geoffenbart hat. Denn obwohl in Christi Fleisch die Offenbarung trotz des Schleiers vollkommen ist, lässt gerade dessen Vollkommenheit und Geschlossenheit nicht zu, dass wir die einzelnen Teile sehen, welche in der Heiligen Schrift viele Male und auf vielerlei Weise (Luther: in vielen T e i l e n ) (Hebr 1:1) vorgesetzt werden und in einer Weise, wie Ihn uns weder Natur noch Vorsehung zeigt. Denn Gesetz und Propheten sagen uns mehr von Gott und seinem Ratschluss bezüglich der Wiederbringung aller Dinge und der verheißenen Zeiten der Ruhe und des Sabbats, als die Natur unserm jetzigen Erkennen zugänglich macht, obwohl die Natur uns weit mehr sagen könnte und wahrscheinlich auch sagt, als ein natürliches Auge oder Ohr je begriffen hat.

Wenn die Natur und Vorsehung, Christi Fleisch und Heilige Schrift alle diese charakteristische Eigentümlichkeit haben, sowohl zu verhüllen als zu enthüllen und darum den Vorwurf sich zu widersprechen auf sich laden, wenn sie mit dem Verstand gesehen werden, weil sie etwas zu erklären scheinen, was der Wirklichkeit widerspricht, dürfen wir dann nicht den Schluss ziehen, dass sie alle aus derselben Hand gekommen sind, zumal wenn es sich zeigt, dass die offen liegenden Widersprüche, die sich bis jeder dieser Offenbarungen finden, gleich dem Vorhang in der Stiftshütte jedes Mal eine tiefere Wahrheit verbergen, die sich für gefallene Menschen gar nicht anders zum Ausdruck bringen lässt.

c) Gesetz und Evangelium - Fleisch und Geist

Die tiefere Frage, warum Gott sich also offenbart hat, sollte nicht übergangen werden, denn sie öffnet das Herz Gottes. Von allen Lehrern hat Gott allein zwei Methoden, Gesetz und Evangelium, Fleisch und Geist. Die eine ist wirksam wo wir sind, die andere soll uns in die Ruhe bringen, wo er ist; eine soll aufhören, die andere soll bleiben (2Kor 3:11). - Das scheint ein Widerspruch zu sein. Der Grund liegt darin, dass Gott Liebe ist, und dass Er uns da, wo wir sind, auf keine andere Weise hätte erreichen oder uns dahin bringen können, wo Er ist. Darum war Gott willig, unbeständig zu scheinen und für eine Zeit lang hinabzusteigen in die Gleichheit des Menschen, um den Menschen in Seiner Gleichheit zurückzubringen. Das ist der Grund dafür, dass zuerst das Gesetz kommt und dann das Evangelium, zuerst Christi Fleisch und dann Sein Geist, erst alle die verschiedenen Heilszeiten, Vorbilder und Schatten, die für eine Zeit lang das Wort verhüllen während sie es offenbarten. Dies ist der Grund für die menschliche Form des göttlichen Wortes in der Schrift.

Wäre das Wort zu uns gekommen, so wie es ist, wir würden nicht mehr begriffen oder gesehen haben als wir von Gott sehen. Wäre es in Engelsgestalt zu uns gekommen, so hätten es nur sehr wenige, die Reinen und Nachdenkenden, aufnehmen können. Aber es erniedrigte sich und offenbarte sich Geschöpfen durch ein Geschöpf und kam zu uns aus dem Herzen des Menschen in wahrhaft menschlicher Gestalt, so dass alle Menschen, Heiden und Juden, Gebildete und Ungebildete, durch Seine vollkommene Menschlichkeit in den Stand versetzt wurden, es aufzunehmen. Mehr als irgendeiner Seiner Knechte ist Gott selber den Juden ein Jude geworden, auf dass Er die Juden gewinne, und schwach, um die Schwachen zu gewinnen, und ist geworden unter Gesetz, auf dass Er die, die unter Gesetz sind, gewinne. Denn Er ist Liebe, und Liebe muss sich selber hingeben, um andere zu retten und zu segnen. Wenn also die Menschen im Fleisch sind, so kommt Gott zu ihnen im Fleisch, wenn sie in Dunkelheit und Schatten sind, kommt Gott für sie im Schatten; denn sie können das Licht nicht fassen, und Ihm ist Finsternis wie Licht (Ps 139:12).

Wenn dies nicht die Weise Seiner Offenbarung ist, dann frage ich, wie sie anders war. Wagt es jemand zu sagen, Er habe sich nicht offenbart? Hat sich Gott, der Liebe ist, damit begnügt, den armen Menschen in völliger Unwissenheit zu lassen? Wenn er aber zu Menschen gesagt hat, wer Er ist, wie Er es getan hat, wie hätte Er es denn anderes tun sollen? Hat er allen offen gesagt, wes Er ist, ja konnte Er dies sagen? Und wenn Er es nicht getan hat, was war Sein Grund? Warum haben die Menschen Gott immer zuerst im Gesetz reden hören, bevor ihnen das Evangelium aufging? Warum muss es so sein, oder wenigstens warum erlaubt Er, dass es so ist? War das ein Fehler von Ihm, den wir bei unseren Versuchen, ihn zu predigen vermeiden müssen? Oder sind wir weise, wenn wir es so machen wie Er, das heißt: Ihn offenbaren, indem wir Seine Weise der Offenbarung nachahmen?

Gewiss hat Gott seit den Tagen Adams gesehen, was der Mensch ist und wie er sich über Ihn täuscht, und wollte sich dem Menschen bekannt machen; und da Er der Allmächtige, Allweise und All=Erbarmer ist, hat Er hierbei sicherlich die beste Methode eingeschlagen. Und nun frage ich wieder: Wie hat Er es gemacht, wie muss Er es machen in Anbetracht des Zustandes des Menschen? Kann Gott in Rücksicht auf unsere Erlösung anders handeln, als Er gehandelt hat? Sich zeigen wie Er ist, wäre für den Menschen unmöglich gewesen. Es war notwendig, dass Er sich unter der Gestalt und den Beschränkungen des Geschöpfes zeigte, welchem und in welchem Er sich zu offenbaren suchte. Deshalb erst Schatten und dann Licht, erst Gesetz, dann Evangelium, erst der Buchstabe, dann der lebendige Geist. Deshalb die Demütigung Seines ewigen Wortes, das sich erniedrigte und aus dem Herzen des Menschen in menschlicher Gestalt erschien.

Und doch konnte dies nicht geschehen, ohne dass die Wahrheit gerade durch ihre Menschlichkeit sich dem Verdacht aussetzte, nur menschlich und nicht göttlich zu sein, und nicht ohne dass sie gerade deshalb verworfen wurde, weil sie unsere Schwachheiten auf sich genommen hatte. Liebe kann das alles ertragen, und G o t t ist L i e b e. Und Wahrheit kann es ertragen, denn Wahrheit muss letztlich über alles siegen. Und weil sie sich erniedrigt, menschliche Gestalt anzunehmen, in welcher sie verurteilt werden und sterben kann (denn sie muss sterben, und einigen von uns ist sie in der Gestalt, in welcher wir sie zuerst ergriffen, gestorben - eine Glaubensprüfung, die früher oder später alle Jünger erfahren müssen, welche gleich den Emmausjüngern über Sein Sterben in schwere Bedrängnis geraten weil sie gehofft hatten, Er sollte Israel erlösen) - so muss sie auch leben, wieder auferstehen und die menschliche Gestalt ewiglich verklären. Weil sie sich aber so erniedrigt hat, in menschlicher Gestalt zu erscheinen aus dem Menschenherzen heraus, wie Christus, geboren von Maria, um unseretwillen, deshalb wird sie auch gleich Ihm entblößt und verspottet werden. Die aber, welche sie entblößen, wissen nicht, was sie tun.


Lies weiter hier: II. Das Zeugnis der Schrift