Die Scheidung von Licht und Finsternis

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Abschrift des Heftes: Die Schöpfung - ein Abbild der Herrlichkeit Gottes
Julius Beck (1887-1962) stammt aus Altingen.
Er war Mittelschullehrer in Calw, nach 1945 Rektor.

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. VIII
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

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Inhaltsverzeichnis

Die Schöpfung als Abbild der Herrlichkeit Gottes

7. Die Scheidung von Licht und Finsternis

Schon am ersten Schöpfungstag begann die Scheidung des Chaos, in dem die Finsternis über das Licht herrschte, ein Zustand, der das Chaos zu einer Art Hölle machte. Dieser gottwidrige Zustand wurde durch die Scheidung des Lichtes von der Finsternis behoben. Dadurch wurde das Licht wieder in eine Selbständigkeit gesetzt und zum Herrschen gebracht. Die Scheidung geschah allmählich. Am 1. Tag vollzog sich infolge des schöpferischen Sprechens lediglich eine dynamische Sonderung zwischen den beiden feindseligen Prinzipien; erst am 2. Tag wurde die räumliche Sonderung vollzogen, wodurch Himmel und Erde je selbständig hervortraten. Diese beiden Pole führten von nun an ein Eigenleben, jedoch nicht absolut geschieden voneinander. Das obere Chaos blieb mit dem unteren Chaos organisch verbunden; beide zusammen machen einen gemeinsamen Organismus aus. Kein Teil könnte ohne den andern wahrhaft existieren.

Die durch das göttliche „Sprechen“ in Bewegung gesetzte Kraft war der Schöpfungsgeist oder „spiritus rector“, der das ausführende Organ des Schöpfers war. Sein Wirken vollzog sich in der Weise, dass er schon am 1. Tag dem „Tohuwabohu“, d. h. dem Chaos, Licht, Leben und Kraft mitteilte. Dadurch kam in dem Chaos das Licht immer mehr in sein eigenes Prinzip und damit zur Herrschaft. Bei dem Begriff „Licht“ ist nicht nur an Helligkeit zu denken; vielmehr sind darunter alle edleren und geistigeren Wesen des Chaos zu verstehen, die sich bei der Scheidung als „Himmel“ nach oben bzw. außen bewegten. Diese edleren Teile des Chaos umgaben als zerstreutes Licht den zurückbleibenden Chaosrest und überschwebten ihn. Es wurden jedoch diese abgeschiedenen Massen des oberen Chaos später in eigentlichen Lichtskörpern konzentriert.

Zugleich mit der Scheidung von Himmel und Erde vollzog sich auf der Erde eine Scheidung der vier Naturelemente aus ihrem Urelement. Am 1. Tag waren diese Elemente noch miteinander in eins verbunden. Am 2. Tag jedoch „gebar“ das Feuer die Luft, aus der Luft kam das Wasser und aus dem Wasser ging die Erde hervor. So wie das obere Chaos aus dem unteren hervorging, also mit ihm einen gemeinsamen Ursprung hat, so haben auch die vier Naturelemente einen gemeinsamen Ursprung, sind also ebenso nahe miteinander verwandt wie Himmel und Erde.

Diese Verwandtschaft zeigt sich deutlich, wenn wir unter Himmel nicht nur einen leeren Raum verstehen. Die als oberes Chaos oder Himmel vom unteren Chaos gesonderten Stoffe, die insgesamt „Schamajim“ heißen, bestanden aus elektrischem Feuer, aus gereinigter Luft, aus reinem Wasser und aus jungfräulicher, d. h. reiner, Erde. Sie machen zusammen die edelsten Teile des einstigen Chaos aus. Dieselben „Elemente“ befinden sich auch im unteren Chaos, nur auf einer weniger reinen Existenzstufe. Einstweilen aber korrespondieren die oberen mit den unteren Elementen, auch später noch, als diese oberen lichtsartigen Massen in besonderen Lichtskörpern konzentriert wurden. Einstweilen umhüllen sie wie ein Lichtsmantel die Erde als diffuses, d. h. zerstreutes, Licht. Wie lässt sich der Vollzug der Scheidung zwischen unten und oben vorstellen? Schon am 1. Schöpfungstag wirkte die Kraft der Zusammenziehung auf das gesamte Chaos. Durch immer größeren Druck wurde jener kritische Punkt der Kompression erreicht, wo es der Finsternis nicht mehr möglich war, das Licht zu umklammern; sie musste es in die Freiheit entlassen. Dieser Kraft der Zusammenziehung entspricht die Kraft der Ausdehnung in Gestalt des zentralischen Feuers. Das zentralische Feuer wirkte in der Art, dass es die edleren Teile des Chaos nach oben bzw. nach außen trieb, wo sie fortan als Himmel um die Erde herum sich ausdehnen. Dasselbe zentralische Feuer bewirkte, dass sich auf der Erde die Wasser an besondere Örter sammelten, so dass Land und Meer entstanden.

Auf die Erde wirkten vom 3. Tag ab die Kräfte des Himmels, die in so naher Verwandtschaft und Verbindung mit der Erde stehen, in der Weise ein, dass die Erde pflanzliches Leben hervorzubringen imstande war. Man sieht hier etwas von der Zielstrebigkeit bei der ganzen Schöpfung. Zwischen Himmel und Erde steht das Gesetz der gegenseitigen Ergänzung. Während die himmlischen Kräfte ohnmächtig waren, solange sie (am ersten Tag) von der Finsternis gebunden wurden, vermögen sie jetzt als belebende Elemente von oben her auf die Erde zu wirken und diese fruchtbar zu machen. Es ist eine Art „Ehe“, die zwischen Himmel und Erde besteht. Der Einfluss des Himmels besteht darin, dass er der Erde Samenkräfte mitteilt. Und diese ist fähig, als Mutter diesem Samen Wachstum zu ermöglichen. Die hervorkommenden Pflanzen: Gras, Kraut, fruchtbare Bäume, sind als die Kinder aus der „Ehe“ zwischen Himmel und Erde zu betrachten. Ihre Mannigfaltigkeit zeigt den Reichtum an Samen- und Lebenskräften, der dem himmlischen Chaos - vom Schöpfer her - innewohnt.

Es hat sich gezeigt, dass das obere Lichtschaos des Himmels aus denselben Stoffen besteht wie das untere Finsternischaos der Erde. Doch sind die himmlischen Materien mehr mit dem Licht, die irdischen mehr mit der Finsternis verwandt. In ihrem fruchtbaren Zusammenwirken, wobei das Licht über die Finsternis herrscht, zeigt sich die bedeutsame Tatsache, dass auch die Finsternis zu positiver Leistung fähig ist, sofern sie dem Licht sich unterordnet. Eine Umkehrung dieses Verhältnisses macht Licht und Finsternis ohnmächtig.

Trotz der nahen Verwandtschaft zwischen Himmel und Erde in Bezug auf ihren stofflichen Charakter hat doch jeder Teil seine Besonderheit und seine ihm vom Schöpfer verliehene besondere Aufgabe. Himmel und Erde stehen im Verhältnis von Aktionskraft und Reaktionskraft. Der Aktionskraft des Himmels antwortet die Reaktionskraft der Erde. Zwischen ihnen herrscht gegenseitige Anziehung wie zwischen den beiden Geschlechtern. Die Erde und ihre Kinder sind begierig nach den Lichteskräften des Himmels. Man erinnere sich, wie alle Pflanzen nach dem Licht streben und wie allen irdischen Lebewesen das Licht erwünscht ist! Dagegen ist die Nacht „niemandes“ Freund. Der Himmel wiederum gibt „aus innerem Drang“ seine Samenkräfte in die Erde und ihre Lebewesen hinein. Schließlich wird der Kreislauf vollendet dadurch, dass die irdischen Lebewesen (man denke an die Pflanzen!) wieder Samen hervorbringen, in denen sich die Himmelskräfte zu weiteren und neuen Bildungen fassen. Demnach sind alle Samen himmlische Bildungen; in ihnen ruhen die Potenzen für neue Geschöpfe.

Indem der Himmel der Erde seine Kräfte mitteilt, findet sozusagen eine Vermählung zwischen beiden statt; das Obere vermählt sich mit dem Unteren, wodurch das Untere erhöht und gleichsam in das Himmlische verklärt wird. Die blühende Blume ist das liebliche Kind aus dieser Ehe. Immer will der Himmel bzw. das Paradies sich dem Irdischen mitteilen, damit das Irdische himmlisch werde. Wir sehen darin einen edlen Kreislauf der Kräfte, der sich im Kreislauf des Wassers bzw. des Blutes wiederholt. -

Schließlich wird uns das Irdische ein Gleichnis des Himmlischen. Was sich auf der Naturstufe zwischen Himmel und Erde ereignet, will sich auch auf der Stufe des Geistes zwischen dem irdischen Menschen und der himmlischen Kraft des Geistes vollziehen. Auch hier will sich das Obere dem Unteren einersenken, damit aus dem Unteren ein Oberes werde. Alles Irdische spiegelt geistige Vorgänge wider; es liegt am Menschen, diese Erkenntnis für eine fruchtbare Erfahrung auszuwerten.

Sonne, Mond und Sterne werden geschaffen

Ein Vergleich zwischen dem 1. und 4. Schöpfungstage zeigt, wie der 4. Tag an den 1. Schöpfungslag anknüpft. In beiden Fällen handelt es sich um das Licht. Am 1. Tag hieß es: „Es werde Licht!“, während es am 4. Tag heißt: „Es werden Lichter!“ In diesen Himmelslichtern konzentriert sich das Licht des 1. Tages. Dieses wurde aus den lichtfeurigen oberen Wassern, welche Himmel genannt wurden, abgetrennt und in besondere Körper zusammengefasst, um wirksamer sein zu können.

Diese Himmelslichter haben eine doppelte Aufgabe. Sie sind die Vermittler der Kräfte des Himmels an die Erde und ihre Geschöpfe. Zugleich sollen sie die Macht der Finsternis einschränken dadurch, dass sie den Rhythmus von Tag und Nacht einführen.

Es ist das Licht des 1. Tages zu unterscheiden von dem Licht des 4. Tages. Jenes ist ein allgemeines, überall zerstreutes Universallicht; es ist das elektrische Feuer in der äußeren Welt. Als solches vermag es noch wenig zu leisten; es bringt lediglich am 3. Tag das pflanzliche Leben hervor.

Die Lichter des 4. Tages sind Sonne, Mond und Sterne. Es handelt sich hier nicht nur um konzentriertes Licht; vielmehr kommt ein neues hinzu. Die Sonne wird mit höheren Kräften aus der Paradieses- und Lichtswelt begabt, die sie kraftvoller machen. Entsprechend vergrößert sich ihre Wirkung auf die Erde: diese wird fruchtbar gemacht; auch tritt die große Ordnung von Samen und Ernte in Kraft. Dies ist den Paradieseskräften zu verdanken, die das irdische elektrische Feuer zu größerer Leistung erheben. Dieselben Kräfte aus dem Paradies ließ Jesus sich auswirken, als Er aus Wasser Wein - oder aus wenig Broten und Fischen unendlich viele Brote und Fische „schuf“. Wir sind also vom Paradies nicht ganz ausgetan. Es zeigt sich namentlich im blühenden Frühling und im fruchtenden Herbst. Mit Recht heißt darum auch die Sonne ein offener Punkt der Lichtwelt.

Zu dieser Ordnung des Lebens auf der Erde muss auch der Mond das Seinige beitragen. Seine Kraft ist astralisch-elektrischer Art; sie befördert besonders das Wachstum der Pflanzen bei Nacht. Auch das Licht der Sterne ist astralischer Art - und wohl ohne Paradieseseinfluss. Die Sterne sind ebenfalls Kraftzentren und vom schöpferischen Wort in ihre Ordnung gestellt. Ihr Feuerlicht ist elektrischer Art. Dieses Licht ist die Grundlage alles irdischen Lebens. So wie es der Träger alles Seienden ist, so wird es selbst getragen von dem ewigen Wort.

Durch den „spiritus mundi“, d. h. den Weltgeist, werden alle Kräfte, die der Schöpfer an die Natur gibt, vermittelt. Als „spiritus rector“ hält er überall die vom Schöpfer gesetzte Ordnung aufrecht. Er ist ein Abbild des Geistes, der aus Vater und Sohn in die Menschenherzen ausfließt. Dort ist es Geist der Natur, hier Geist der Herrlichkeit, der höhere Wirkungen auszuüben hat.

Ist die äußere Welt ein Abbild der inneren Welt, so entspricht unserer kosmischen Sonne die Lichtweltsonne. Durch sie strömt der Geist der Herrlichkeit Lebenskräfte als Wasser des Lebens auf glaubige Menschen aus und belebt sie zu geistlicher Fruchtbarkeit. Er bringt das neue Leben des Geistes hervor, verwandelt Fleisch in Geist und macht das Sterbliche unsterblich. Die Lichtweltsonne regiert die ganze Welt des Geistes und des Lichtes; die kosmische Sonne herrscht über die sieben Planeten dadurch, dass sie ihnen die ihr geschenkten Himmelskräfte zufließen lässt.

Wir beobachten eine große, göttliche Ordnung in der Natur. Der Schöpfer ist die Quelle alles Lebens und aller Kräfte. Er behält seinen Reichtum nicht für sich selbst, sondern strömt ihn als Paradieseskraft in die Sonne ein. Diese strömt die Kräfte des Himmels in die vier Elemente, die die „Elementenkinder“, d. h. Pflanzen, Tiere und Menschen, hervorbringen. Die Natur ist ein groß angelegtes System, ein Kreislauf des Lebens.

Wie das irdische Naturleben entsteht

Alles Leben ist Feuer; verschiedenes Feuer erzeugt verschiedenes Leben. Das pflanzliche Leben vermochte schon am 3. Tag mit Hilfe des allgemein vorhandenen diffusen (= zerstreuten) Lichtes zu entstehen; das tierische Leben bedarf einer größeren Lichtsenergie. Es kann erst am 5. Schöpfungstag ausgeboren werden. Bei der Entstehung des irdischen Lebens wirken zwei Feuer zusammen: das untere Feuer der Erde und das obere Feuer der Sonne. Dadurch, dass sich diese beiden Feuer vereinigen, entsteht Leben, und zwar das höchste irdische Leben, das tierische Naturleben. Soweit der Mensch einen dem Tier ähnlichen Körper hat, besitzt auch er ein solches Leben. Das Leben seiner Seele aber ist ein Hauch aus Gott selbst, nicht nur kosmisches Feuer aus der Sonne. Das menschliche Wiedergeburts- oder Geistesleben vollends entsteht nur durch die Kraft des Heiligen Geistes, der das menschliche Personwesen überschattet.

Die Sonne, in der sich das zerstreute Licht am 4. Tag konzentrierte, sendet nur einen kleinen Teil ihrer Lichtsenergie auf unsere Erde. Er genügt, um hier Leben zu erzeugen und Leben zu erhalten. Sie ist das „obere“ Feuer, der Himmel, der die Erde befruchtet und belebt. Die Sonne erzeugt ihr Licht nicht aus sich selbst; sie empfängt ihre Kraft aus einer höheren Quelle, die als Paradies oder Lichtswelt bezeichnet werden kann. So stehen wir Erdenbürger durch die Vermittlung der Sonne immer noch in einem gewissen Verhältnis zu dem den Menschen verloren gegangenen Paradies, in das sie einst wieder zurückkehren sollen.

Das auf die beschriebene Weise erzeugte tierische Leben gehört, wie auch das pflanzliche Leben, dem astralisch-planetarischen Raum an. Seine Lebenswurzel geht nicht tiefer als in den Geist der großen Welt, den „spiritus mundi“. Das Geistesleben des Menschen gründet in Gott selbst. Erneut zeigt sich hier die göttliche Würde des Menschen, dem Träger des höchsten Lebens unter allen irdischen Kreaturen.

Dieser Unterschied zeigt sich auch darin, dass die einzelnen Geschöpfe nur einzelne Strahlen der göttlichen Weisheit an sich tragen, während der Mensch als göttliches Ebenbild die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der göttlichen Kräfte und Eigenschaften widerspiegelt. Doch ist auch seine „Fülle“ kreatürlich beschränkt gegenüber der „Fülle“ an Gotteskräften, die Jesus als Menschensohn in sich trug. In ihm wohnte der Geist ohne Maß, d. h. die ganze Fülle der Gottheit. Das Lebenselement des Menschen soll, weil ja seine Lebenswurzel in Gott gründet, nicht der Elementengeist der äußeren, sichtbaren Welt sein. Er nimmt sonst dessen Wesen an - und trachtet nach dem, das unten ist. Ihm steht der Weg zu einem unmittelbaren Umgang mit Gott offen, und dieser Gottumgang macht ihn göttlich.

Doch ist Gott aller Dinge Grund und Leben und durch den Sohn die Wurzel alles Lebendigen. Nichts vermag aus sich selbst zu bestehen. Alle lebendigen Wesen sind von Ihm geschaffen und werden von Ihm im Dasein erhalten auf der ihnen eigenen Lebensstufe. Der Sohn aber ist das Lebensband zwischen Schöpfer und Geschöpf - und wird es bleiben in alle Ewigkeit.

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Die Schöpfungstage in der großen und in der kleinen Welt (Anhang zum Vätererbe)