Die Apostelgeschichte Kapitel 7

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Abschrift Apostelgeschichte in täglichen Andachten Band I - VI
aus der Reihe "Christi unausspürbarer Reichtum"
von Gerhard Groß (+ 2022)

Mit freundlicher Erlaubnis von Gerhard Groß, Balingen
Dort als Schrift noch erhältlich.

siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Die Apostelgeschichte Kapitel 7

Verteidigungsrede des Stephanus: Vers 1-53
Die Steinigung des Stephanus: Vers 54-60

Die Verteidigungsrede des Stephanus

Apg 7:1

„Der Hohepriester aber fragte ihn: erhält sich dies so?“

Die Anklage war von den falschen Zeugen vorgebracht, nun lag in dem Saal eine auch für uns heute noch spürbare Spannung. Wir können durchaus nachempfinden, wie alle, die im Synedrium saßen, den Angeklagten anstarrten, ob sie irgendein Zeichen in seinem Gesicht ablesen könnten, vielleicht Angst, Bereitschaft zum Nachgeben oder Widerrufen … doch alles, was sie wahrnehmen konnten, war das Leuchten in seinem Angesicht, als wäre es das Angesicht eines Boten.

Es ist mehr als interessant, wenn wir uns in die damalige Lage hineinversetzen: Da war auf der einen Seite das Synedrium mit seinen einzelnen doch sehr unterschiedlichen Mitgliedern, die vielleicht doch ganz tief in ihrem Herzen an der vorgebrachten Anklage zweifelten und bei denen, wenn auch unterdrückt, sich ihr Gewissen regte; auf der anderen Seite stand ein Mann, dessen Gewissen nicht unterdrückt werden musste, im Gegenteil, es leuchtete förmlich auf! Und dieses „Aufleuchten“ waren Strahlen eines tiefen göttlichen Herzensfriedens, in welchem sich Stephanus geborgen fühlte.

Und diese Strahlen im Angesicht von Stephanus (die wir auch als Herrlichkeit Gottes sehen dürfen), hat Auswirkung: Nicht nur, dass das gesamte Synedrium bereit war, der nun folgenden und doch sehr langen und ausführlichen Verteidigungsrede des Stephanus zuzuhören, sondern wir vernehmen zuvor, die Worte des Hohepriesters, welche die angespannte Stille im Saal unterbrechen: „Angeklagter, verhält sich dies so, wie die Ankläger es vorbringen?“

Wir müssen es richtig verstehen: Das Synedrium, das hier urteilen soll, hat die falsche Anklage nicht bewerkstelligt, wie wir ja im vorigen Kapitel in den Versen 9-12 (Apg 6:9-12) sahen. Aber ein Urteil muss fallen, und der Hohepriester spürt wohl die Verantwortung. Und in der Tat: Durch Stephanus ergeht der letzte Ruf an Jerusalem, Jesus als Messias anzunehmen – die Antwort ist schicksalhaft!

Apg 7:2

„Da erklärte er mit Nachdruck: >Männer, Brüder und Väter, hört mich an! Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham, als er noch in Mesopotamien war, ehe er in Haran wohnte,“

Über rund 50 Verse hinweg baut sich Stephanus Rede auf und wir werden mit hinein in die Geschichte des Volkes Israel genommen. Verlieren wir aber dabei nicht die Anklage aus den Augen, die ja auf den zwei Säulen beruhte: Jesus, der Nazarener, wolle die heilige Stätte zerstören und die Sitten verändern, die Mose überliefert hat.

Stephanus beginnt mit der herzlichen Anrede „Männer, Brüder und Väter“, was hier keine nichts sagende Redeform darstellt, sondern eine echt christliche Haltung zeigt, auch solchen gegenüber, von denen nichts Gutes erwartet werden darf! „Hört mich an“ will heißen, sucht nicht nach negativen Seiten in meiner Rede, sondern hört, was Gott euch zu sagen hat!

Das Angesicht des Stephanus strahlte die Herrlichkeit Gottes ab, weil seine Herzensaugen auf das Abbild Gottes, auf Jesus Christus, gerichtet waren; und so können auch seine ersten Worte nichts anderes sein als ein Zeugnis für „die Herrlichkeit Gottes“! „Der Gott der Herrlichkeit …“ – wie herrlich ist Er uns wirklich?

Zu Abraham sagte einst Gott: „Schau doch gen Himmel und zähle die Sterne, könntest du sie zählen!“ Geschwister, haben wir auch schon einmal derart in einer klaren Nacht gen Himmel geschaut? Wenn ja, war es nicht überwältigend, ja unfassbar? Es gibt keinen besseren und vor allem erlebbaren Beweis nicht nur für die Existenz, nein auch für die Herrlichkeit Gottes als dieser Blick in die für uns Menschen unendliche Weite des Alls, das der Gott der Herrlichkeit erschaffen hat. Und wie herrlich dieses All ist, was für Farbkompositionen es hervorbringt, zeigen uns die Teleskope der Astronomen, die eine Winzigkeit in diese Herrlichkeit hineinschauen dürfen. Albert Einstein hat es wohl erkannt, von ihm stammt wohl der Ausspruch: Wenig Wissen führt in den Unglauben, viel Wissen führt zu Gott!

Apg 7:3

„… und sagte zu ihm: Zieh aus deinem Land hinaus und aus deiner Verwandtschaft und komm herzu in das Land, das Ich dir zeigen werde.“

Stephanus nimmt uns jetzt alle mit hinein in das Leben Abrahams und beginnt mit dem Ruf Gottes an Abraham (damals noch „Abram“): „Ziehe aus …!“

Versetzen wir uns in die damalige Situation: Da trifft der Ruf Gottes einen völlig unvorbereiteten Mann, der entsprechend seiner Umwelt tief im Götzendienst verstrickt war, er solle aus seiner bisherigen Heimat und aus seiner Verwandtschaft ausziehen! (Interessant ist hier, dass uns Stephanus auf diesen ersten Ruf Gottes an Abraham aufmerksam macht. Das Buch Mose (1Mo 11:27 ff) berichtet uns nur von dem Auszug aus der alten Heimat „Ur in Chaldäa“ und dem zweiten Ruf Gottes, als Abraham bereits mit seinem Vater in Charan (Haran) wohnte). Was mag bei diesem ersten Ruf Gottes, der ja in Ur erfolgte, in dem Mann vorgegangen sein? Da mögen doch erst einmal Gedanken aufgekommen sein, wie: Was ist das für eine Stimme? Was will sie von mir? Und doch muss das Erleben so gewaltig und überzeugend gewesen sein, dass Abraham tatsächlich bereit war, mit seinem Vater Tharah zumindest erst einmal bis nach Charan zu ziehen!

Wir erleben im Nachhinein, wie Gott einen Menschen ohne Vorbereitung aus tiefem Sündenleben, Götzendienst und völkischer Bindung heraus in Seinen Dienst rief, und wir erleben, wie der Berufene gehorchte, er zog von seinem alten Leben in ein Neues!

Schon mit diesen ersten Worten zeigt Stephanus dem Synedrium: „Abraham musste das lieb gewonnene Alte, die Tradition und die Sitten verlassen, um sich auf Geheiß Gottes in ein neues Leben zu begeben. Wenn ich (Stephanus) die Sitten Mose verändern möchte, dann nur, weil durch diesen Jesus, den ihr Nazarener nennt, etwas Neues begonnen hat!“ Und er möchte dem Synedrium am Bild Abrahams zeigen: „Seid auch ihr zu Neuem bereit!“

Apg 7:4

„Da zog er aus dem Land der Chaldäer und wohnte in Haran. Von dort ließ Gott ihn nach dem Sterben seines Vaters in dieses Land übersiedeln, in dem ihr nun wohnt.“

Der Auszug aus Ur in Chaldäa ist in verschiedener Hinsicht hochinteressant. Den ersten Bericht darüber finden wir in 1Mo 11:31, und hier steht eindeutig, dass Tharah, der Vater Abrahams, die treibende Kraft zum Auszug der Familie war! Als Ziel der Reise wird das Land Kanaan genannt, doch Tharah kommt anscheinend mit seiner Familie nur bis Charan, und das Wort berichtet: „ … und wohnte dort.“

Nun lasen wir ja in Apg 7:2-3, dass Gott zu Abraham, und nicht zu Tharah sprach, und dass Er Abraham zum Auszug aufforderte, nicht Tharah. Nehmen wir noch andere Aussagen wie Neh 9:7 hinzu, wo ebenfalls eindeutig Abraham als von Gott Auserwählter und als treibende Kraft für den Auszug aus Ur beschrieben ist, so dürfen wir uns ruhig fragen, warum diese Aussagen so widersprüchlich sind! Es werden ja nur zu oft gerade solche Widersprüche in dem Wort Gottes von Ungläubigen benutzt, um zu beweisen, dass die Bibel eben doch nur ein Menschenwerk sei!

Gottes Wort widerspricht sich nicht, das ist unser absolutes Fundament! Doch es enthält so genannte „Offenbarungsstufen“, wo anfängliche Aussagen wie 1Mo 11:31 durch spätere Offenbarungen wie Neh 9:7 erweitert und vervollständigt werden. Die unterste Stufe dieser „Offenbarungsleiter“ beginnt immer mit der menschlichen Sichtweise (die erste Sprosse). Mit jeder Stufe, die erklommen wird, steigt die Erkenntnis über Gott und Sein Wirken, bis der „Emporsteigende“ letztlich die göttliche Seite erkennen darf: Nicht der Mensch wirkt, sondern Gott! Damit ist die Aussage im 1. Buch Mose zuerst einmal die untere menschliche Sicht: Das Familienoberhaupt „Tharah“ zieht von Ur im Land der Chaldäer aus Richtung Kanaan. Erst später darf Nehemia die göttliche Sicht erkennen: Gott war der Wirkende und Er benutzte Abraham als Sein Werkzeug, nicht Tharah! Können wir hieraus etwas lernen?

Die Offenbarungsleiter, die uns gestern einen scheinbaren Widerspruch geklärt hat, beschäftigt uns heute noch weiter, es geht um Tharah, den Vater Abrahams, denn dieser starb ja offensichtlich in Haran, kam also nicht in das verheißene Land Kanaan! Warum ließ ihn Gott vorher sterben?

Wir sahen gestern, dass sich Tharah auf der untersten Stufe der Offenbarungsleiter bewegt, indem er lt. 1Mo 1. den Impuls zum Auszug aus Ur gibt. Tharah bedeutet übersetzt einmal „Gib Geist“ wie auch „Zurückbleibender“! Und diese Bedeutungen dieser zwei Namen haben ihren tieferen Sinn: „Gib Geist“ kann ja nur als Gebet zu Gott verstanden werden – Tharah bittet Gott um geistliche Kraft, um bis nach Kanaan zu gelangen. Doch Gott gab diesen fehlenden Geist nicht, Tharah blieb in Haran und starb dort.

Die erste Übersetzung des Namens Tharah mit der Bitte um Geist blieb also von Gott unerhört, damit kommt die weitere Bedeutung dieses Namens „Zurückbleibender“ ins Spiel. Tharah blieb tatsächlich zurück in Haran, wo er dann auch starb. Es fehlte die notwendige geistliche Kraft, um in das verheißene Land Kanaan zu gelangen – Tharah wurde buchstäblich ein „Zurückbleibender“! Was war die Ursache? Aus menschlicher Sicht ist es wohl Tharahs Zögern, aus göttlicher Sicht war nicht Tharah der Auserwählte Gottes, sondern Abraham! Abraham war aber nicht nur von Gott auserwählt, er war überhaupt der erste Auserwählte Gottes in der Schrift! Und Tharah? Er gibt leider das unschöne Bild eines nicht berufenen „Mitläufers“ ab! Er war bestimmt gottesfürchtig, sonst wäre er nicht bis Haran mitgelaufen, kam aber nicht zum lebendigen Glauben, weshalb er in Haran stehen blieb. Das war nicht Tharahs Schuld, sondern entsprach dem Willen Gottes. Tharah ist zwar zurückgeblieben, wird aber dennoch, wenn auch viel später, sein göttliches Ziel erreichen!

Wir müssen uns noch einen Tag mit Tharah, dem Mitläufer, beschäftigen, dessen Lebensweg nicht nur interessant ist, wir finden vielmehr auch heute noch solche Mitläufer und wissen oft nicht, wie diese einzuordnen sind!

Nachdem uns „die Offenbarungsleiter“ gezeigt hat, dass nicht Tharah, sondern sein Sohn zum Auszug aus Ur aufgefordert wurde, ist erstaunlich, dass Tharah überhaupt mitgezogen ist. Nachdem gemäß Vers 2 Gott dem Abraham erschienen ist und ihm sagte, aus Ur hinaus zu ziehen, muss Abraham dieses Erlebnis sicherlich mit seinem Vater durchgesprochen haben - hat Tharah an den Worten seines Sohnes gezweifelt? Hat er sie als Hirngespinst abgetan? Keines von beiden, er erwog nicht einmal, seinen Sohn allein ziehen zu lassen. Tharah hatte offensichtlich die Gnade, dem göttlichen Ruf seines Sohnes Glauben zu schenken1 Er erkannte wohl, dass hier ein mächtigerer Gott als die hergebrachten Götzen sprach und dass der gewiesene Weg in ein unbekanntes Land wohl richtig war – er bewies Ehrfurcht vor Gott!

Und wie stand Abraham zu seinem Vater? Gewiss ließ er ihm bei der Organisation des Auszugs als Familienoberhaupt freie Hand; aber nicht nur dies: Als Tharah in Haran stehen blieb und dort Wohnung machte, was ja bedeutete, dass er nicht weiter wollte, hätte ihn Abraham bedrängen können, nach Kanaan weiter zu ziehen! Doch er blieb bei seinem Vater und harrte bis zu dessen Tod aus.

Tharah blieb in Haran stehen, er wollte nicht weiter - das war das Zeichen eines „Mitläufers“. Trotzdem war er ein „Guttäter“, der Ehrfurcht vor Gott hatte und als solcher wird er vor dem großen weißen Thron gemäß Röm. 2:7 mit äonischem Leben belohnt werden (näheres ist in unserer Schrift „Übeltäter und Guttäter in Gottes Heilsvorsatz“ nachzulesen). Das gilt auch heute noch für alle, die vielleicht ein Stück mit uns ziehen, aber nicht auserwählt sind!

Apg 7:5a

„Er gab ihm aber kein Losteil darin, auch nicht einen Fußbreit als festen Standort.“

Das Volk Israel wartete tatsächlich voller Sehnsucht auf ihren Messias, nur – es hatte eine andere Vorstellung von Seinem Kommen: Ein König muss auch entsprechend königlich auftreten! Und in dieses Bild passte der Nazarener „Jesus“ nicht! Stephanus verweist jetzt auf Abraham und stellt damit eine Parallele zu Jesus her: Abraham musste sein sicherlich mit Reichtum gesegnetes Vaterland auf Geheiß Gottes verlassen, und er tat es in willigem Gehorsam! Und Jesus? Auch Er verließ Seine himmlische Heimat, ließ allen göttlichen Reichtum zurück, weil Ihn der Vater in die Welt ausgesandt hatte (Joh 17:18). Und Er kam nicht mit Prunk und königlicher Macht in dieser Welt an, sondern, wie wir wissen, in Armut. Und Sein Weg war nicht Herrschaft und Herrlichkeit, sondern „Leiden“! Und diese Leiden dienten Ihm auch darin, dass Er gem. Hebr 5:8-9 den Gehorsam lernte und so vollkommen gemacht wurde, und zwar „vollkommen“ zum Gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Kreuzestod!

Abraham unterbrach seinen Weg nach Kanaan in Haran, und erst nach dem Tod seines Vaters zog er weiter in das verheißene Land. Doch hier in diesem fremden Land hatte er nichts, nicht einmal einen Fußbreit als festen Standort, so berichtet unser Leitvers. Auch hierin gleicht Abraham dem Herrn: Was war des „Menschen Jesus“ Eigentum auf Erden? Nichts! Ja Er hatte nicht einmal eine eigene Stätte, wo Er das Haupt hätte hinlegen können (Mt 8:20). Und so war er ein Fremdling in Seinem Eigentum, in welchem er nicht angenommen wurde (Joh 1:11).

Und wir, liebe Geschwister? Wenn auch unser Weg unten verläuft, wenn wir nicht mit irdischem Besitz gesegnet sind, wenn wir schwere Wege gehen müssen – dann dürfen wir auf Ihn schauen, wissend, dass jeder Blick auf Ihn uns ein Stück weiter in Sein Bild umgestaltet, und dies von Herrlichkeit zu Herrlichkeit gemäß 2Kor 3:18.

Apg 7:5b

„Doch verhieß Er, es ihm und seinem Samen nach ihm zum Innehaben zu geben, als er noch kein Kind hatte.“

75 Jahre alt war Abraham, als er nach dem Tod seines Vaters aus Haran in Richtung Kanaan weiterzog. Und was nahm er mit? Nichts, als die Verheißung Gottes! Was muss Abraham für einen Glauben gehabt haben - ein Glaube, den kein normaler Mensch aufbringen kann! Schauen wir noch mal in den Weg Abrahams hinein:

Nach Jos 24:2 diente die ganze Familie anderen Göttern, das Land, in dem sie wohnten, war reich und Abraham war in seiner Familie geborgen. Er hatte anscheinend alles, was ein Mensch braucht! In diese Situation hinein sprach ein für Abraham völlig unbekannter Gott zu ihm und forderte ihn auf, alles aufzugeben, um in ein unbekanntes Land zu ziehen – können wir uns in Abraham hineinversetzen? Wer hätte, menschlich gesehen, dieser Stimme gefolgt? Wahrscheinlich niemand! Doch als der von Gott Auserwählter bekam Abraham die Kraft zum Glauben, so dass er diesen gewaltigen Schritt hin zu dem verheißenen Land tun konnte. In Röm 4:20 lesen wir hierzu Interessantes: Da heißt es, dass Abraham an einer späteren Verheißung Gottes nicht durch Unglauben zweifelte, weil er zuvor im Glauben gekräftigt wurde, und dies von oben! Im Gegensatz zu seinem Vater Tharah, der zwar den Auszug aus Ur schaffte, dann aber in Haran stehen blieb, weil ihm die Kräftigung seines Glaubens nicht gegeben war, führte Gott Seinen Auserwählten „Abraham“ unbeirrt den Weg, den Er zuvor bestimmt hatte – und Er gab immer die nötige Stärkung dazu! Ist das nicht auch eine Glaubenskräftigung für uns?

Was Abraham an Glaubenskräftigung erfahren durfte, hält unser Herr auch für uns bereit! So lesen wir in Phil 4:13: „Alles vermag ich in Ihm, der mich kräftigt, Christus.“ Glauben wir das? „Christus“ ist unsere Mitte, wenn wir Ihn im Auge (Herzen) behalten. Und wenn wir Ihn anschauen, dürfen wir uns gemäß Eph 6:10 in Ihm und in der Gewalt Seiner Stärke kräftigen! Und derart ausgerüstet werden auch wir, gleich Abraham, unser Ziel erreichen, zur Verherrlichung des Vaters!

Apg 7:6

„So aber sprach Gott: Sein Same wird ein in fremdem Land Verweilender sein, und man wird ihn vierhundert Jahre lang versklaven und übel behandeln.“

Wir setzten die gestrigen Gedanken fort, zumal mit unserem Leitvers der Glaube Abrahams ja noch mehr herausgefordert wird. Im gestrigen Vers wird betont, dass das Land Abraham und seinem Samen zum Innehaben gegeben war, als er noch kein Kind hatte – eine weitere Herausforderung, da seine Frau Sara ja unfruchtbar war.

In unserem heutigen Leitvers wird bekannt, dass eine schlimme vierhundert Jahre dauernde Versklavung auf seinen Samen wartet – auch dies müssen wir uns einmal ganz real vorstellen! Ein menschlicher Glaube, und sei er noch so stark gewesen, hätte dies alles nicht fassen konnen.

Nun müssen wir hier aber noch einfügen, dass sich in der Zwischenzeit ein Dialog zwischen Gott und Abraham abgespielt hat, der eben jenen Zwiespalt der Unfruchtbarkeit Saras zum Inhalt hatte (siehe 1Mo 15:1 ff). Dabei lenkte Gott die Blicke Abrahams in das Sternenzelt und zeigte ihm anhand der unzählbaren Sterne Seine unfassbare Größe – und Abraham glaubte! In Röm 1:18 ff sagt uns das Wort Gottes, dass kein Mensch sich einmal mit Unwissenheit vor Gott entschuldigen kann, weil jeder allein an der unfassbaren Weite des Alls hätte erkennen können, dass es einen Schöpfergott geben muss! Wie zutreffend ist doch diese Aussage gerade heute, wo die Wissenschaft mit allen verfügbaren Kräften versucht, der Menschheit einzuhämmern, dass es keinen Gott gibt, dass alles nur durch einen Zufall entstanden sei. Merken wir, wie sich vor unseren Augen fast buchstäblich das Wort erfüllt: „Weil sie, Gott kennend (Ihn eigentlich erkennen müssen), Ihn nicht als Gott verherrlichen oder Ihm danken, sondern in ihren Folgerungen eitel wurden, ist auch ihr unverständiges Herz verfinstert. Vorgebend, weise zu sein, sind sie töricht geworden …“! Wir dürfen diese „Gott leugnende“ Beeinflussung der Wissenschaft durchaus als ein Zeichen der nahen Wiederkunft unseres Herrn deuten!

Apg 7:7

„Doch die Nation, der sie versklavt sein werden, will Ich richten, sagte Gott; und danach werden sie ausziehen und Mir an dieser Stätte Gottesdienst darbringen.“

Wir müssen, so interessant die Geschichte Abrahams auch ist, nicht vergessen, dass es Stephanus ist, der dies alles vor dem Synedrium ausbreitet, und die hohen Herren offensichtlich damit in seinen Bann schlägt, denn sie hören alle zu, ohne ihn zu unterbrechen. Und wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass Stephanus mit diesen Ausführungen ja seinen Herrn verteidigt!

Die Nation, die Israel versklavt hatte, war Ägypten. Stephanus zeigt auf, wie alles von Gott Vorausgesagte eingetroffen ist. Dabei ist für uns interessant, wie das Volk in dem fremden Land wuchs und immer stärker wurde, bis Gott das Herz der Ägypter wandelte und sie begannen, das Volk zu hassen (lies Ps 105:25). Das war der Anfang vom Auszug aus Ägypten! Eines soll uns hier wichtig werden: Der einzig Handelnde und Wirkende war Gott! Er führte das Volk in die Versklavung, aber Er führte es auch wieder heraus - und warum dieser furchtbare und qualvolle Weg für Sein Volk? Die Antwort lesen wir in Röm 9:17: „Denn die Schrift sagt zu Pharao: Ebendeshalb habe Ich dich erweckt, damit Ich an dir Meine Kraft zur Schau stelle und damit Mein Name auf der gesamten Erde kundgemacht werde.“ Jos 2:9-11 fügt dem noch an, dass die ganzen Zeichen und Wunder, die Gott bei dem Auszug bewirkte, bei den Völkern auch „Furcht“ erzeugte, und „Furcht“ ist ja nach Spr 1:7 der Anfang der Erkenntnis Gottes! Wir müssen an alledem erkennen, wie Gott Sein Volk in die göttliche Schule nimmt, wie all Sein Wirken, so unverständlich es auch zuerst erscheinen mag, nicht nur einen tiefen Sinn hat, sondern vielmehr letztlich bei allen Völkern Segen bewirkt –und Israel ist Sein irdisches Werkzeug!

Gott wirkt stets anders, als es sich der Mensch erdenkt, das ist die Botschaft an das Synedrium ebenso wie an uns!

Apg 7:8

„Dann gab Er ihm den Bund der Beschneidung; und so zeugte er Isaak und beschnitt ihn am achten Tag, desgleichen Isaak den Jakob und Jakob die zwölf Urväter.“

Unter den vielen Bündnissen, die Gott mit Abraham schloss, greift Stephanus den Bund der Beschneidung auf; was ist seine Bedeutung? Nach Röm 4:11 ist er das Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, also eine Gerechtigkeit, die nicht auf Werken des Fleisches fundiert! Interessant ist hier, dass Abraham diese Beschneidung erst an sich vollzog, nachdem er die Gerechtigkeit aus Glauben erlangt hatte, bei seinen Nachkommen hingegen forderte Gott die Beschneidung schon vorher! Israel folgerte daraus, Gerechtigkeit wäre nur durch Werke zu erlangen!

Was bedeutet nun die Beschneidung vor Gott? Das Abschneiden eines Stückchen Fleisches soll dem Menschen die Unfähigkeit und das Unvermögen des Fleisches demonstrieren. Bei jeder Beschneidung hätte Israel erinnert werden sollen, wie nutzlos jedes Werk ist, um Gottes Gerechtigkeit zu erlangen! Doch was haben die geistlichen Führer Israels daraus gemacht? Das Gegenteil! Sie versklavten das Volk geradezu unter Fleischeswerke – die ganze Anklage des Stephanus war damit eigentlich eine Anklage gegen seine Richter. Den tieferen Sinn der Beschneidung müssen wir aber bei dem Herrn am Kreuz suchen! Der Bund der Beschneidung wird dort zu einem Hinweis auf das Abschneiden des Fleisches Jesu am Kreuz! Für die so klugen Schriftgelehrten hätte somit das Kreuz niemals zum Fallstrick werden dürfen, wie es 1Kor 1:22 beklagt.

Die geistliche Bedeutung der Beschneidung für uns ist drastisch in Röm 7:4-24 dargestellt, es ist der Kampf Pauli gegen sein Fleisch, in dem er feststellen muss, dass in dem Fleisch nichts Gutes wohnt (Röm 7:18), ja das ihn dieses Fleisch immer wieder auf Grund der innewohnenden Sünde gefangen führt – Paulus ist verzweifelt! „Ich elender Mensch! Was wird mich aus dem Körper dieses Todes bergen?“ Und es gibt nur eine Antwort, das Wort: „Gnade!“

Wir wollen heute gezielt und vertieft die geistliche Bedeutung der Beschneidung für uns betrachten, weil gerade dieses Gebiet das Hauptangriffsziel des Widerwirkers ist!

Grundsätzlich tragen wir nicht wie Israel das äußere Zeichen der Beschneidung an uns, vielmehr sind wir durch Gottes Geist an den Herzen Beschnittene und wurden zusammen mit Christus beschnitten, als Er sterbend am Kreuz den Körper des Fleisches abgestreift hat (siehe Kol 2:11).

„Beschneidung“ bedeutet also für uns, die Körpergemeinde, „Sterbensgemeinschaft mit Ihm“! Das ist die für uns herausragende Bedeutung der Beschneidung. Die Frage ist jetzt: Wie gehen wir im Alltag damit um? In die Sterbensgemeinschaft mit Ihm sind wir alle mit hinein genommen, es ist praktisch unsere Stellung in Christus! Diese Stellung, die wir in der Gnade erhalten haben, soll sich aber in einem entsprechend geistlichen Wandel niederschlagen, indem wir gemäß Gal 5:24 täglich in der Kraft des uns innewohnenden Geistes Gottes unser Fleisch zusammen mit all den Leidenschaften und Begierden kreuzigen und gemäß Kol 3:5 unsere Glieder ertöten bzw. nach Kol 3:9 den alten Menschen samt seinen Handlungen abstreifen.

Wir stehen also wieder einmal einerseits vor etwas, was wir in der Gnade erhalten haben (= unsere Stellung), und andererseits vor unserer Antwort auf dieses Geschenk (= unser Wandel). Im Fleisch wird uns Satan immer wieder versuchen, und – wir werden hinfallen! Doch im Geist dürfen wir dieses elende Fleisch täglich ans Kreuz verweisen, die Waffenrüstung in Eph 6:10 ff ist uns ja hier die große Hilfe. Lesen wir noch Pauli Weg in Phil 3:3-10, der darin gipfelt: „Um Ihn zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, indem ich …“ (lies weiter!).

Apg 7:9

„Da aber die Urväter auf Joseph eifersüchtig waren, gaben sie ihn nach Ägypten weg. Doch Gott war mit ihm;“

Es ist schon fast störend, wie scheinbar ganz unvermittelt Stephanus von Abraham auf Joseph umschwenkt – schließlich möchte man doch noch etwas bei Abraham verweilen, gäbe es doch noch ungemein viel über ihn zu sagen! Und doch müssen wir uns von diesem alten Patriarchen lösen und darauf achten, was Stephanus jetzt an den Nachkommen Abrahams aufzeigen will: Sie waren eifersüchtig!

Die Eifersucht bzw. der Neid und die Missgunst durchlaufen wie ein roter Faden nicht nur dramatisch die Geschichte Israels, nein, auch die der ganzen Menschheit, und auch die zwölf Urväter Israels blieben davon nicht verschont. Unmissverständlich stellt Stephanus diese menschliche Fehlentwicklung offen ins Licht der Wahrheit, und weist das versammelte Synedrium auf dieses schon frühe Versagen der Urväter hin. Und auch die jüngsten Ereignisse haben im „Neid“ ihre Wurzel: So wurde Jesus „aus Neid“ an Pilatus überantwortet (Mt 27:18), und „Neid“ war, menschlich gesehen, auch die Ursache, warum Paulus seinen Dienst am Evangelium des irdischen Königreiches einstellen musste und seine Botschaft an die Nationen richtete, wie wir im Verlauf der Apostelgeschichte noch sehen werden.

Die Urväter neideten Joseph und verkauften ihn schließlich für 20 Silberlinge nach Ägypten … diese Worte des Stephanus mussten die Ratsmitglieder schwer getroffen haben! Das anfängliche Wohlwollen beim Zuhören der Geschichte Abrahams schlug jetzt in Unbehagen um – sie fühlten sich betroffen!

Zum Tagesabschluss vernehmen wir noch die Worte: „Doch Gott war mit ihm!“ Dieses Leitwort können wir als Überschrift über das ganze Leben des Joseph setzen. Und über unserem Leben steht: „Was wird uns von der Liebe Gottes scheiden, die in Christus Jesus ist“ (Röm 8:35)? Die Antwort enthalten die Verse 38-39 – das ist unsere Herrlichkeit!

Apg 7:10

„Er nahm ihn aus allen seinen Drangsalen heraus und gab ihm Gnade und Weisheit vor Pharao, dem König von Ägypten, der ihn als regierenden Bevollmächtigten über Ägypten und über sein ganzes Haus einsetzte.“

Wie kaum eine andere Gestalt schattet Josef den Weg Christi Jesu ab und, wie wir gestern schon angedeutet haben, verstanden die Ratsmitglieder nur zu gut, wen Stephanus mit den Brüdern Josephs meinte. Waren nicht sie es, die seinerzeit an vorderster Stelle von Pilatus forderten, anstatt Jesus den Barabbas freizugeben? Und selbst Pilatus wusste, dass sie Ihn, der „Christus“ genannt wurde, aus Neid überantwortet hatten! (Mt 27:15-21).

In den Versen 9 und 10 zeigt Stephanus auf, wie Josef einerseits von seinen Brüdern aus Eifersucht verworfen (sie wollten ihn nicht in ihrer Mitte haben), doch andererseits von Gott erhöht wurde, Er war mit ihm, und dies ohne Unterbrechung!

Und genau denselben Weg ging der Sohn Gottes, als Er als Mensch auf die Erde kam. Anstatt Seine Sohnschaft zu erkennen, anstatt Ihn als ihren Messias auf- und anzunehmen, erfüllte Eifersucht und Neid die Herzen jener geistlichen Führer Israels, die um ihren Einfluss bangten. Jesus wurde dem Pilatus übergeben, er wurde von Seinem Volk, welches ja Seine Brüder der Abstammung nach waren, verworfen! Doch wie Joseph vorgeschattet hat, war der Vater auch mit Seinem Sohn, und ganz besonders war Er während Seiner schwersten Stunden am Kreuz bei (in) Ihm! Treffend schreibt dies Paulus in 2Kor 5:19: „Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend“! Es ist schon nachdenkenswert: Ein Teil der Gläubigen meint, der Vater habe Seinen Sohn am Kreuz verlassen, und wir meinen, dass Er gerade in diesen Stunden am Kreuz, wo die Welt tatsächlich mit Gott versöhnt wurde (und das war, als Sein Blut am Kreuz floss), in ganz besonders inniger Weise „in Ihm“ war! Joseph wurde über Ägypten erhöht, der Sohn Gottes wurde „überaus hoch erhöht“, der Name „Jesus“ ist die Rettung des gesamten Alls (siehe Phil 2:9-11).

Apg 7:11

„Da kam eine Hungersnot und große Drangsal über ganz Ägypten und Kanaan, und unsere Väter fanden nichts für ihren Unterhalt.“

Wenn wir heute einige Vergleiche der Geschichte des Joseph mit dem leidenden aber auch verherrlichten Sohn Gottes anstellen, dann muss zuerst klar gesagt werden: Wir dürfen hier nicht uns, die Körpergemeinde Christi Jesu, suchen, weil wir darin gar keine Rolle spielen, es geht allein um Christus und Seine Beziehung zu Israel.

Von Joseph wissen wir, dass er im Haus seines Vaters sehr geliebt wurde, doch als er eines Tages das Haus verließ, um seine Brüder zu suchen, warfen ihn diese aus Neid und Eifersucht in eine Grube und von dort kam er in ägyptische Gefangenschaft, wo sein Aufstieg und seine Erhöhung bis zum Vizekönig begannen. Auch Christus verließ Seine überhimmlische Heimat, um Sein Volk zu suchen, auch Er wurde aus Neid abgelehnt, in die Grube (das Grab) geworfen, woraus Ihn der Vater auferweckt und „überaus hoch erhöht“ hat.

Die Erhöhung des Joseph zum zweiten Mann über Ägypten weist auf die kommende Verwaltung des Gerichtes hin, über welche Jesus in Mt 28:18 voraussagte: „Mir ist alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben.“ Stephanus zeigt hier dem Synedrium am Beispiel Josephs die Verwerfung durch das Volk, den Tod, die Auferstehung und Erhöhung Christi Jesu.

In unserem Leitvers (und hier führt Stephanus schon in die Zukunft) weist Stephanus auf die Drangsal hin, die Josephs Brüder traf, es ist ein Hinweis auf den Zorn Gottes, den Jesus in Mt 24:4- ff anspricht. Diese Drangsal geht der Aufrichtung des irdischen Königreiches voran. Und so furchtbar die Hungersnot in Ägypten und Kanaan gewesen sein muss, so schlimm wird auch die Zeit der Drangsal für Jakob sein, wie es Jer 30:7 sagt: „Wehe, denn groß ist jener Tag, ohnegleichen, …“.

Apg 7:12

„Als Jakob hörte, dass in Ägypten Getreide vorhanden sei, schickte er unsere Väter das erste mal aus.

Die Geschichte Josephs, so lange sie auch zurückliegt, ergreift uns auch heute noch tief, wenn wir sie in Gedanken miterleben. Die Hungersnot muss gewaltig gewesen sein und der Vater Jakob schickt seine Söhne, mit Ausnahme des Benjamins, nach Ägypten, um Getreide zu besorgen. Was nun passierte muss uns tief bewegen: Die zehn Brüder gelangen vor Joseph, den sie aber nicht erkennen – wie sollten sie auch in diesem zweithöchsten Mann Ägyptens jemals ihren Bruder vermuten! Aber Joseph erkennt sie sofort! Geschwister – was muss da im Herzen Josephs vorgegangen sein?

Joseph wusste, dass er sich noch nicht zu erkennen geben durfte, er prüft aber seine zehn Brüder, und die Prüfung war hart! Besonders bewegt uns, als Joseph die Beratung seiner Brüder mithörte, worin auch die Sprache auf ihn kam. Als er ihre Worte hörte, lesen wir, dass er sich umwandte und weinen musste!

Simeon wird als Geisel zurückbehalten, die anderen Brüder ziehen mit Getreide nach Hause, müssen aber wieder kommen, weil Joseph ihren jüngsten Bruder Benjamin fordert. Viel Dramatisches geschah noch auf dem Heimweg und in der Familie Jakobs, auf das wir jetzt nicht eingehen brauchen, das Entscheidende ist, dass bei der ersten Reise der zehn Brüder sich Joseph nicht zu erkennen gab - und damit schauen wir wieder auf Christus.

Das „Nichterkennen“ bezieht Stephanus aber nicht auf Jesus „vor Seiner Kreuzigung“, sondern auf die Zeit, als Er, wie Joseph, bereits auferstanden und vom Vater „erhöht“ war. Stephanus hält dem Synedrium vor, dass sie den Messias nicht erkannt haben, als dieser, durch Petrus verkündigt, gemäß Apg 2:36 zum Herrn als auch zum Christus gemacht wurde.

Apg 7:13

„Beim zweitenmal gab Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen. So wurde für Pharao Josephs Herkunft offenbar.“

Auch die zweite Begegnung mit seinen Brüdern verlief für beide Seiten mehr als bewegend, weil sich Joseph diesmal zu erkennen gab. Wie wir in 1Mo 45:1 ff lesen, erschraken seine Brüder zuerst einmal furchtbar, doch zuletzt lesen wir, wie sich alle in den Armen lagen, weinten und sich küssten, an erster Stelle Benjamin und Joseph.

Prophetisch bezieht sich dieser Hinweis des Stephanus auf die Zeit, wenn Israel tatsächlich seinen Messias erkennen wird. Dies wird schon in Offb 1:7 beschrieben: „Siehe, Er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird Ihn sehen, auch die Ihn durchstochen haben, und wehklagen werden um Ihn alle Stämme des Landes.“ Und schon im sechsten Jahrhundert vor Christus prophezeit Sachaja (Sach 14:4), wie diese Wiederkehr Christi Jesu und das Erkennen von statten geht: „Und Seine Füße werden stehen zu der Zeit auf dem Ölberg, der vor Jerusalem liegt gegen Morgen. Und der Ölberg wird sich mitten entzwei spalten …“. Diesmal kommt Christus, sichtbar für alle, in Macht und Herrlichkeit, so wie Ihn Sein Volk eigentlich auch erwartet hat.

Zwischen dem Kommen Christi Jesu a) als Mensch auf die Erde und Seinem Kommen b) als König auf den Ölberg (beide Kommen betreffen das Volk Israel) vollzieht sich ein weiteres Kommen des Herrn, was allerdings nur dem Apostel Paulus enthüllt wurde und alle Nationen betrifft – wir sprechen von der Entrückung der Körpergemeinde. Hier betritt der Herr allerdings nicht die Erde, Er kommt nur bis in die Lufthimmel, in die wir Ihm entgegengerückt werden. Diese Körpergemeinde hat eine genau von Gott festgesetzte Vollzahl, und wenn diese Zahl (Röm 11:25 nennt es „die Vervollständigung der Nationen“) erreicht ist, erfüllt sich das, was uns in 1Thes 4:13-18 so wunderbar verheißen ist. Und wir dürfen uns sogar mit dieser Verheißung gegenseitig zusprechen, und dies bei der gegenwärtigen Weltlage wohl mit einer noch nie so berechtigten Hoffnung!

Apg 7:14

„Dann schickte Joseph hin und ließ seinen Vater Jakob und die gesamte Verwandtschaft herbeirufen, im ganzen fünfundsiebzig Seelen.“

Wir wollen den gestrigen Abstecher, weg von Israel, hin zu uns, der Körpergemeinde, heute ganz kurz fortsetzen, indem wir uns noch etwas mit Röm 11:25-27 beschäftigen: Paulus spricht hier als Erstes von „diesem Geheimnis“, was ja bedeutet, dass es vorher unbekannt war. Weder das Alte Testament, noch Jesus auf Erden nannten es (es ist somit vergebliche Mühe, uns, die Körpergemeinde, im AT oder bei Jesus zu suchen), auch Stephanus und die Pfingstgemeinde in Jerusalem wusste nichts von diesem Geheimnis, es war einfach noch nicht enthüllt!!! Als weiteren Punkt nennt Paulus in dem besagten Römerbrief, dass Israel zum Teil Verstockung widerfahren ist, und dies bedeutet, dass gerade während der Zeit dieser Verstockung Gott dieses Geheimnis enthüllt und alle, die Er zuvor gemäß Eph 1:4 auserwählt hat, zur Körpergemeinde Christi Jesu beruft. Und wenn der Letzte berufen wurde (bis die Vervollständigung der Nationen eingehe), erfolgt die Entrückung der Körpergemeinde und Gott wendet sich wieder Seinem Volk zu, das heißt: Und sodann wird Israel als Gesamtheit gerettet werden, indem der Bergende aus Zion eintrifft und alle Unfrömmigkeit von Jakob abwenden wird. Mit Letzterem sind wir wieder bei dem Kommen Jesu als Messias auf den Ölberg angelangt, was wir ja mit dem bewegenden Erkennen Josephs vor seinen Brüdern in Verbindung gebracht haben.

Nicht nur „wiedererkannt“ sondern in seiner Erhöhung auch „anerkannt“ wurde jetzt Joseph, genau wie der Sohn Gottes dann anerkannt werden wird. Vielleicht darf uns heute noch zum Schluss bewegen, wie stark die Sehnsucht in Joseph gewesen sein musste, dass er jetzt ganz schnell seine ganze Familie herbeirufen ließ. Und wie stark mag erst die Sehnsucht unseres Herrn nach Seinem Volk dem Fleisch nach sein, welches Ihn erst einmal abgelehnt hat, Ihn dann aber in großer Zahl aufnehmen wird, und dies in ihren Herzen!

Apg 7:15-16

„Und Jakob zog nach Ägypten hinab, wo er verschied – er und unsere Väter. Sie wurden nach Sichem überführt und in das Grab gelegt, das Abraham für einen Preis in Silber von den Söhnen Hemors in Sichem erstanden hatte.“

Wir wollen nicht aus den Augen verlieren: Stephanus steht vor dem Synedrium und verteidigt nicht nur sich und seine Lehre, sondern zeigt gleichzeitig den zuhörenden Ratsmitgliedern ihre eigenen Verfehlungen an der Geschichte der Väter auf.

Auf das Wiedererkennen Josephs durch seine Brüder folgte das Ende der Trübsal, in welcher sich alle wegen der Hungersnot befunden haben. Joseph, der ja ihr Retter und, infolge seiner Stellung in Ägypten auch ihr Herr geworden ist, versorgt sie alle reichlich. Und so wird es einmal Israel am Ende des Zorns Gottes ergehen (lies Offb 22:5).

Unsere zwei Leitverse berichten vom Tod Jakobs und seiner Söhne, alle starben außerhalb des verheißenen Landes. Und doch hatte Abraham schon vorgesorgt, indem er ein Grab kaufte; es war das einzige Eigentum was er also im verheißenen Land wirklich besaß. Abraham dokumentierte damit, dass er, bis auf wenige Kubikmeter Erde, tatsächlich ein Fremdling in diesem verheißenen Land blieb. Nun wurde der Kauf zum Familiengrab!

Die Überführung der sterblichen Überreste nach Sichem konnte ja nur mit dem vorherigen Einverständnis erfolgen – und mit diesem Einverständnis aller Brüder Josephs bestätigten diese ihren Glauben an die Verheißung Gottes! Hätten sie nicht geglaubt, wäre ihnen der Ort ihres Grabes doch völlig egal gewesen! So zeugte ihr letzter Wille gleichzeitig auch von ihrem Glauben an eine Auferstehung, und zwar im verheißenen Land! Lassen wir hier doch einmal die Aussage in Hebr 11:13 auf uns wirken … bewegt es uns nicht, wie am Ende diese Familie glaubte, obwohl sie nur von weitem gewahren durfte? Und, liebe Geschwister, geht es nicht auch uns so? Sind nicht auch wir nur Fremdlinge auf dieser Erde und gewahren von ferne?!

Apg 7:17

„So wie sich die Zeit der Verheißung nahte, zu der Gott Sich dem Abraham bekannt hatte, wuchs das Volk in Ägypten an und mehrte sich,“

Haben die Worte in Hebr 11:13-14, zu dessen Lesen wir aufgefordert haben, auch so stark auf Sie gewirkt, liebe Geschwister, wie auf mich, den Verfasser dieser Zeilen? Wir können hier alle mit bewegtem Herzen nachempfinden, wie Jakob mit seinen Söhnen voller Sehnsucht auf etwas wartete, was sie nur von weitem gewahrten; und dann lesen wir, dass sie „freudig begrüßt und bekannten, dass sie nur Fremdlinge und Auswanderer auf der Erde sind.“ Das geht schon weit über das verheißene Land hinaus! Können wir auch so denken? Oder haben wir es uns auf dieser Erde, in der wir ja genauso Fremdlinge sein müssen, so bequem gemacht, dass wir gar nicht weg wollen? Das Verhalten der Familie des Jakob wird, so gesehen, auch ein Prüfstein für uns! Schauen wir auf unser Äußeres, welches durchaus Leiden sein kann, oder ist unser Blick freudig und voll Glauben nach oben gerichtet, wo unser Herr zur Rechten Gottes sitzt?

Lesen wir noch Hebr 11:14: „Denn die solches sagen, offenbaren, dass sie ein Vaterland suchen“! Können wir voll Freude unsere Sehnsucht nach der wahren Heimat droben bezeugen?

Stephanus führt dem Hohen Rat an der Geschichte Abrahams, Jakobs und Joseph die Verwerfung des Messias vor Augen und zeigt ihnen den starken Glauben der Väter an ein in der Ferne liegendes verheißenes Land! Im Gegensatz zum Glauben der Väter steht der dunkle Unglauben des Synedriums!

Und wie wunderbar bekannte Sich Gott zu Seinem Volk, indem wir jetzt miterleben dürfen, wie Er den Führer Israels beruft, erzieht und auf die große Aufgabe vorbereitet, das Volk aus Ägypten herauszuführen!

Apg 7:18

„… bis ein anderer König über Ägypten auftrat, der nichts von Joseph wusste.“

In Vers 17 lasen wir, dass sich die Zeit der Verheißung nahte, zu der Gott Sich dem Abraham bekannt hatte – und wie sah diese Zeit erst einmal aus? Der alte, dem Joseph wohlgesonnene König trat ab und ein neuer Herrscher kam auf den Thron, der nichts Gutes verhieß. Die „Zeit der Verheißung“ begann also mit schweren Leiden und Drangsal für das rasch wachsende Volk, oder anders gesagt: Damit die Erfüllung der Verheißung vorangebracht wurde, musste das Volk durch Hindernisse und Widerwärtigkeiten schwerster Art gehen – hier war es die Knechtschaft in Ägypten (siehe 2Mo 1:8 ff).

Für uns ist hier lehrreich, dass Gottes Wege fast immer so ganz anders führen, als wir Menschen sie uns vorstellen; das ist nicht nur im Blick auf das berufene Volk Israel so, sondern auch im Blick auf uns, die Körpergemeinde Christi Jesu. Gehen nicht auch unsere Wege nur zu oft ganz anders, als wir sie gehen wollen? Und sind es nicht auch nur zu oft Wege der Trübsal und der Leiden? Vielleicht dürfen wir uns hier an 2Kor 1:15 erinnern lassen, vor allem an unsere Auslegung in dem entspr. Andachtsbüchlein: Weniger einen zweiten Gunsterweis, als vielmehr eine zweite Gnade will uns Paulus hier nahe bringen, nämlich nicht nur Teilhaber Seiner Sündenvergebung zu sein, sondern auch Seiner Leiden, aber auch Seines Trostes!

„Sündenvergebung“ … Ja! „Trost“ … Ja! Aber Leiden? Schwere Wege? Können diese überhaupt von Gott sein? Die Zeit der Verheißung, die sich dem anwachsenden Volk Israel nahte, war Knechtschaft und Unterdrückung. Warum Gott solche schweren Wege gibt, sehen wir an dem leidenden Christus: „Obgleich Er der Sohn ist, lernte Er den Gehorsam durch das, was Er litt“ (Hebr 5:8). Und es geht in Vers 9 noch weiter: „… Und so vollkommen gemacht …“! „Gehorsam“ und „vollkommen gemacht“, das war das Ziel der Wege Gottes mit Seinem Volk Israel wie auch mit uns!

Apg 7:19

„Dieser verfuhr berechnend gegen unser Geschlecht, behandelte die Väter übel und zwang sie, ihre neugeborenen Kinder auszusetzen, damit sie nicht zum Leben gezeugt würden.“

„Gehorsam und vollkommen gemacht“ … dieses Ziel erreicht Gott bei Seinem auserwählten Volk Israel erst ganz am Ende, wenn alle erkennen, in wen sie gestochen haben, wenn der Messias, sichtbar für alle, auf dem Ölberg erscheinen wird, um Sein Königreich auf Erden aufzurichten. Doch vorerst geht es ja nur um die Erfüllung der Verheißung des Eintrittes in das gelobte Land, und hier stellt Stephanus dem Synedrium schrittweise vor Augen, wie a) das Volk Israel wächst, b) ein berechnender neuer König den Thron übernimmt, c) der Befreier Israels, nämlich Mose, geboren wird, und d) dieser Mose in Worten und Werken mächtig wird.

Erinnern wir uns jener Worte in 1Mo 15:13-16, die Gott zu Abraham sprach: „Wisse, ja wisse, dass dein Same ein Fremdling werden wird in einem Land, das nicht das ihre ist …“ (bitte weiter lesen)? Das Synedrium wird sicherlich sehr wohl erkannt haben, dass Stephanus ihnen ihren eigenen Zustand vorhält! Glichen die Verhältnisse in dieser Zeit nicht jenen in Ägypten? So wie einst unter den Ägyptern, stand Israel jetzt unter der römischen Regierungsmacht; und wie das Volk in Ägypten wuchs, stieg auch jetzt die Zahl der Pfingstgemeinde, denken wir an Apg 2:41 und 47. Das Anwachsen des Volkes in Ägypten steht also in engem Zusammenhang mit dem Zunehmen der messiasgläubigen Pfingstgemeinde in Jerusalem.

Als Dank dafür, dass Joseph dem alten Pharao so treu gedient hat, handelt der neue König berechnend – doch Gott machte seine vermeintliche Weisheit zuschanden. Seine Angst, das Volk könnte ihm zu mächtig werden und die Anordnung, die neugeborenen Kinder auszusetzen, wurden von Gott bewirkt, um das Gegenteil zu erreichen: Je mehr Unterdrückung, desto stärker breitete sich das Volk aus, so dass die Ägypter ein Grauen vor Israel erfasste (2Mo 1:12) – das sind Gottes Wege!

Apg 7:20

„Zur rechten Zeit wurde Mose geboren; er war hold auch vor Gott und wurde drei Monate im Hause des Vaters aufgezogen.“

Mose wurde geboren, als die von Gott vorherbestimmte Zeit gekommen war, es war die „rechte Zeit“! In Pred 3:1 ff werden wir belehrt, dass alles seine göttliche Zeit hat: Geboren werden, sterben, pflanzen, ausrotten … und es ist gut, wenn wir dies auch über unserem Leben erkennen! Gott gibt uns nicht in die Hände eines unbekannten Schicksals, sondern in Seine göttliche Schule, wo alles nach dem Ratschluss Seines Willens abläuft, wo es keine Zufälle gibt, sondern Zubereitung auf unseren zukünftigen Beruf in den überhimmlischen Regionen. Und wenn uns auf dem Weg der Zubereitung so manches nicht gefallen will, wenn uns so vieles zu hart ja fast unannehmbar erscheint, so lasst uns an die Worte in Röm 8:18 denken, dass die Leiden der jetzigen Frist nicht wert sind der Herrlichkeit, die im Begriff steht, in uns enthüllt zu werden, oder auch an Röm 8:28, wo so wunderbar geschrieben steht, dass uns Gott alles zum Guten zusammenwirkt, seien es gute oder schwere Wege!

Mose war „hold“ vor Gott, was wir so sehen dürfen, dass Gott Sich besonders an ihm erfreute, weil er besondere Aufgaben zu erfüllen hatte. Damit lag von Geburt an ein göttlicher Glanz über dem Kindlein Mose. Und das Besondere zeigte sich schon darin, dass es drei Monate lang im Haus des Vaters verborgen aufgezogen wurde. Interessantes hierzu sagt uns Hebr 11.23: „Durch Glauben wurde Mose, nachdem er geboren war, drei Monate von seinen Vätern (Eltern) verborgen …“. „Der Glaube“, der ja in diesem Kapitel des Hebräerbriefes eine ganz große Rolle spielt, umfasst also auch die Eltern des Mose! Sicher hatten viele Eltern aus Furcht vor dem Pharao ihre Kinder ausgesetzt, doch unsere Hebräer-Aussage betont, dass sich die Eltern vor dem König nicht fürchteten!

Wir dürfen heute mitnehmen: Der Glaube überwindet die Furcht in uns vor allem Möglichen, er ist eine köstliche Kraftquelle in uns!

Apg 7:21

„Nach seiner Aussetzung aber nahm ihn die Tochter Pharaos zu sich und zog ihn als ihren eigenen Sohn auf.“

Gestern lasen wir das bedeutsame Wort in Hebr 11:23, dass die Väter (womit ja nur die Eltern gemeint sein können) das Kindlein Mose drei Monate lang verborgen hielten, und dies durch Glauben. Sie wussten sehr gut, dass, sollte ihr Versteck entdeckt werden, die Schergen des Pharaos sie wohl umbringen würden. Ihr Glaube überwand also jegliche Furcht vor dem Pharao! Doch nach drei Monaten war ein „Versteckspiel“ nicht mehr möglich, die Gefahr der Entdeckung war zu groß geworden; und so wurde das Kind auf dem Wasser ausgesetzt und von der Königstochter zu sich genommen und aufgezogen.

Menschlich gesehen kann man sich hier fragen, ob wohl der Glaube der Eltern nach drei Monaten nachgelassen hat (Gott hätte doch das Versteck weiter schützen können), das Kindlein wurde ja aus dem Versteck geholt und dann einfach auf dem Wasser ausgesetzt! Die Frage wird aber schnell überflüssig, wenn wir sehen, wie wunderbar Gott alles zusammenwirkt: Die Zeit der Verborgenheit, den Zeitpunkt der Aussetzung auf dem Wasser, und das zielgenaue Finden des Kindleins durch die Königstochter. Der ungläubige Mensch sagt, dies sei eben „Zufall“ gewesen, der Gläubige hingegen darf hier erkennen, dass Gott allein der Wirkende ist und alle Seine Wege das von Ihm bestimmte Ziel erreichen.

Besonders drastisch erleben wir, wie Gott den menschlichen Mordbefehl des Pharao zunichte macht, indem gerade seine Tochter zur Retterin des Kindleins wird. Auf die Rede des Stephanus umgesetzt, zeigt dieser dem Synedrium ihre „ägyptische“ Gesinnung auf, gerade jenes auszurotten, was Gott in besonderer Weise gesegnet hat – nämlich hier die sich bildende Königreichsgemeinde.

Pharao wollte in seiner vermeintlichen Weisheit seinen Thron retten, indem er die Neugeborenen ausrotten ließ, doch Gott bewirkte durch das holde Aussehen und das Weinen eines Kindleins, dass alles ganz anders verlief – für uns passt hierzu das Wort in 1Kor 1:19-21.

Apg 7:22

„So wurde Mose in aller Weisheit der Ägypter erzogen, und er war mächtig in seinen Worten und Werken.“

Eigentlich widerspricht die Aussage unseres Leitverses dem Gestrigen, denn wir lesen, dass Mose a) in aller menschlichen Weisheit (hier der Ägypter), die Gott ja gemäß 1Kor 1:19-21 zuschanden macht, erzogen wurde, und b) mächtig in seinen Worten und Werken war. Unser Leitvers erweckt also den Anschein, als ob gerade diese menschliche Weisheit den Mose mächtig in seinen Worten und Werken machte! Wie ist das zu erklären?

Zuerst müssen wir sehen, dass Gottes Heilsplan darauf beruht, dass Er den Menschen an „Gegensätzen“ und „aus der gemachten Erfahrung“ lernen und erkennen lässt. Wozu hätte Er sonst die wohl gewaltigsten Gegensätze, nämlich „Licht und Finsternis“, „Gutes und Böses“ erschaffen (siehe Jes 45:7)? Doch nur, um dem Menschen auf dem dunklen Hintergrund der Finsternis Seine hell strahlende göttliche Liebe verständlich zu machen! Wie kann ein Geschöpf verstehen, was Liebe ist, wenn es keine Vergleichsmöglichkeiten hat! Und je dunkler der Sumpf der Sünde ist, der den Menschen in Finsternis einhüllt, um so freudiger und dankbarer wird er die Liebe Gottes, die uns in dem Namen „Jesus“ umhüllt, erkennen und annehmen.

Auch Mose stand vor diesen Gegensätzen: Zuerst wurde er mit der menschlichen Weisheit konfrontiert, indem er darin erzogen wurde. Später sprach Gott zu ihm und offenbarte ihm eine andere Weisheit, nämlich „die von oben“! Die Frage war für Mose: Für welche Weisheit entscheide ich mich? Worauf setze ich mein Vertrauen? So gesehen kann die menschliche Weisheit eine Hilfe, aber auch ein Hindernis sein. In jedem Fall lässt sie (die menschliche Weisheit) den Diener Gottes erkennen, wie klein der Mensch, und wie unvorstellbar groß und gewaltig doch Gott ist! Auch uns gilt durchaus die Frage: Setzen wir unser Vertrauen auf Menschenweisheit (und das beginnt schon mit der Frage der Evolution) oder auf Gottes Wort?!

Apg 7:23

„Als er nun volle vierzig Jahre alt wurde, stieg der Gedanke in seinem Herzen auf, sich nach seinen Brüdern, den Söhnen Israels, umzusehen.“

Über die ersten 40 Jahre im Leben des Moses wissen wir, dass er offiziell als Sohn der Königstochter in aller menschlichen Weisheit erzogen wurde. Jetzt berichtet Gottes Wort über weitere 40 Jahre, in welchen Mose den Kontakt zu seinen Stammesbrüdern suchte, ihnen beistehen wollte, aber bei seinem Volk offensichtlich unerwünscht war, was sich derart zuspitzte, dass Mose in das Land Midian fliehen musste. Hier verweilte er so lange, bis weitere 40 Jahre verflossen waren. Dies ist der Inhalt der kommenden Verse 23-29 unserer Apostelgeschichte.

Stephanus weist das ihm zuhörende Synedrium natürlich auf Jesus, den Messias hin. Bekanntermaßen war ja auch Jesus zwar keine vierzig Jahre, aber vierzig Tage in der Wildnis, wo Er Sich auf Seinen schweren Dienst vorbereitet und dabei von Satan intensiv versucht wurde. Danach begab Er Sich zu Seinem Volk, um das Evangelium des irdischen Königreichs zu verkündigen und wurde, wie Mose, abgelehnt. Wir sehen also bei Mose und Jesus durchaus die Parallelen!

Aber erst einmal zurück zu Mose: Vierzig Jahre lang dauerte es, bis Gott wieder sichtbar in das Leben Moses eingriff, und dies derart, dass Er im Herzen Moses bestimmte Gedanken aufsteigen ließ. Das Herz (und hier ist nicht das buchstäbliche Herz gemeint) stellt die absolute Lebensmitte des Menschen dar, hier vollzieht sich das Zusammenwirken von Seele und Geist. Es wird damit zum zentralen Ort, wo unsere Gedanken entstehen und zur Tat heranreifen. Nach 1Mo 6:5 sind diese Gedanken ohne das Einwirken Gottes generell „böse“, was Jesus in Mt 15:19 bestätigt. Doch wir sehen in vielfältiger Weise in Gottes Wort, dass Er die Herzen lenken kann, wie es z. B. Ps 33:15, ein Psalm der Freude, zum Ausdruck bringt.

Apg 7:24

“Als er gewahrte, wie einem von ihnen Unrecht zugefügt wurde, stand er ihm bei und rächte den, der gepeinigt wurde, indem er den Ägypter erschlug.“

Gott hat das Herz des Moses derart beeinflusst, dass dieser nach seinen Brüdern, den Söhnen Israels, sehen musste, dies war der Kern der gestrigen Aussage. In unserem heutigen Leitvers erleben wir, wie sich Mose hautnah unter sein Volk mischte und dabei beobachten musste, wie einer zu Unrecht gepeinigt wurde. Seine Reaktion war prompt: Er erschlug den Peiniger, einen Ägypter! Lag das auch in Gottes Plan? Oder intensiver gefragt: Hat Gott diesen Mord letztendlich auch bewirkt?

Aus unserer heutigen Sicht und im Besitz des vollkommen gemachten Wortes Gottes lesen wir in Eph 1:11, dass Er alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt, und damit heißt unsere klare Antwort „Ja“!

Das ganze Geschehen hat aber einen viel tieferen Sinn, es geht um die Vorschattung Moses auf Jesus hin. Und wie sieht der nicht ganz leicht zu verstehende Vergleich aus? Auch Jesus kam zu Seinem Volk und sah ihre Gebundenheit und Pein unter dem Joch der Sünde! Und was Mose an einem Ägypter vollzog, vollbrachte Jesus an der Macht der Sünde: Er ließ Seinen Körper an das Kreuz heften und brachte damit Seinem Volk (und letztlich der gesamten Schöpfung) Befreiung und Rettung!

Und nun die gleiche Frage wie oben: Hätte Gott diesen Mord an Seinem Sohn nicht verhindern können? Und wieder die klare und eindeutige Antwort: „Denn Gott war in Christus, die Welt mit Sich Selbst versöhnend“ (2Kor 5:19) – und dies geschah an einem einzigen Ort, am Kreuz auf Golgatha! Das Kreuz war also, genauso wie der Mord an dem Ägypter, der Wille und Ratschluss des Vaters. Das, liebe Geschwister, ist das herrliche Evangelium unseres Gottes!

Apg 7:25

„Er meinte aber, seine Brüder würden verstehen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung gebe; doch sie verstanden es nicht.“

Mose hatte gehofft, dass seine Brüder den Totschlag des Ägypters, und damit die Hand Gottes zu ihrer Befreiung, verstehen würden, so wie Gott durch den Tod Seines Sohnes die Befreiung und Rettung dem Volk Israel anbot. Doch das Volk verstand nichts, im Gegenteil, es lästerte seinen Messias und verwarf Ihn, indem es Ihn kreuzigen ließ!

Hier wird klar, warum Stephanus dies vor dem Synedrium darlegte: Es war sein großer Wunsch, dass die Ratsmitglieder verstehen könnten, dass das Verhalten der Israeliten an Mose falsch war, dass sie selbst nun doch vermehrt nachdenken würden, ob sie nicht anders als nur „ablehnend“ reagieren müssten, dass sie doch langsam verstehen müssten, dass hier ein ähnlicher Fall vorliegt!

Wir selbst, die wir die weisen Wege Gottes mit Seinem Volk vor Augen haben, können nur stille über der Ablehnung Israels sein. Was wäre denn geschehen, wenn Israel seinen Messias nach dessen Tod und Auferstehung angenommen hätte? Die Berufung des Paulus als „Apostel der Nationen“ wäre überflüssig gewesen, es hätte keine Körperschaft Christi Jesu gegeben, das irdische Königreich hätte aufgerichtet werden können! Deshalb durfte Israel nicht verstehen, deshalb enthüllte Gott das Geheimnis der Verstockung Israels, wie es Röm 11:25 zeigt. Und diese Verstockung wird so lange anhalten, bis die Vervollständigung der Nationen eingeht, und wenn das letzte Glied am Körper Christi Jesu berufen wurde, wird die Körpergemeinde entrückt. Erst dann wendet Sich Gott wieder Seinem Volk zu, und es heißt so wunderbar: „Und sodann wird Israel als Gesamtheit gerettet werden, so wie geschrieben steht: Eintreffen wird der Bergende aus Zion; abwenden wird Er die Unfrömmigkeit von Jakob“ (Röm 11:26).

Apg 7:26

„Am folgenden Tag erschien er bei ihnen, während sie sich zankten. Da wollte er ihren Streit schlichten und Frieden stiften, indem er sagte: Männer, ihr seid doch Brüder! Warum tut ihr einander Unrecht?“

Mose ist die Abschattung Christi, er trug quasi schon unbewusst Sein Bild in sich: Christus kam in die Welt, um Frieden zu stiften, um die tief in die Sünde verstrickte Menschheit mit Gott zu versöhnen und das Unrecht abzutun. Lassen wir uns heute, liebe Geschwister, erneut bewusst werden, dass es einerseits für Mose sicher nicht so einfach war, sich nach dem Totschlag an einem Ägypter wieder zu seinem Volk zu begeben, und dass es andererseits auch für unseren Herrn ein schwerer Weg war, Sich der Gestalt Gottes, in der Er Sich ja befand, zu entäußern, die Gestalt eines Sklaven anzunehmen, dem Menschen gleichgestaltet zu werden, Sich zu erniedrigen, und dem Vater gegenüber gehorsam zu sein bis zum Tod, ja bis zum Kreuzestod!

Wir werden es wohl erst in der Herrlichkeit erfahren, was zwischen dem Vater und dem Sohn gesprochen wurde, bevor die Erde erschaffen wurde. Aber eines wissen wir: Das makellose und fleckenlose Lamm war schon vor dem Niederwurf der Welt, also bevor Gott den Adam erschuf, vorhererkannt (1Petr 1:20)! Das Opferlamm stellte Sich also als Garant zur Verfügung, dass die gesamte Schöpfung Gottes an ihr Ziel kommt! Damit ist Christus die absolute Mitte der Schöpfung Gottes, ja Er trägt nach Hebr. 1:3 das All durch Sein machtvolles Wort. Und Kol 1:16 berichtet wunderbar: „Denn in Ihm ist das All erschaffen … „, und Vers 17: „Das All ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen …“! Wir können es auch anders sagen: das gesamte All ist auf dem Weg hin zu Christus!

Das sind Worte, die wir als Erdenbürger kaum mehr verstehen können – diese für uns unbegreifliche Weite des Weltalls ruht auf und in Ihm! Ja, Er ist der wahrhaftige Friedensstifter!

Apg 7:27-28

„Der aber seinem Nächsten Unrecht tat, stieß ihn von sich und erwiderte: Wer hat dich zum Fürsten und Richter über uns eingesetzt? Willst du mich etwa ermorden, auf dieselbe Weise, wie du gestern den Ägypter ermordet hast?“

Wir haben gestern die mehr als gewaltigen Worte über den Sohn Gottes in uns aufnehmen dürfen, der als wahrer Friedensstifter in die Welt kam. Und da dürfen auch wir uns wohl immer wieder bemühen, uns untereinander kein Unrecht zuzufügen, uns mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld in Liebe ertragend, und immer befleißigt, die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens zu halten, wie es uns in Eph 4:2-3 anbefohlen ist. Und wer in den vielen Gemeinschaften bewandert ist, weiß nur zu gut, dass dies nicht selbstverständlich ist!!!

Wir begeben uns aber jetzt wieder zurück in die Geschichte Israels und müssen im Nachhinein miterleben, wie das Volk auf die Friedensbemühungen Moses reagierte – und es ist deprimierend!

Moses praktischer Dienst fing ja eigentlich jetzt erst an, und schon hier, am Anfang, muss er ganz hart erleben, was Ablehnung bedeutet! Und diese ständigen (auch späteren) Enttäuschungen führten ihn ja so weit, dass er an seinem Auftrag zu zweifeln begann, wie dies in 2Mo 5:20-23 zum Ausdruck kommt. Wir dürfen hier nicht nur eine Übereinstimmung mit dem Weg Jesu auf Erden sehen, nur zu oft ist auch unser Dienst für den Herrn mit solchen Enttäuschungen versehen, die uns wankend machen. Unsere Lektion, die wir lernen müssen, ist in Spr 3:5-6 beschrieben: „Vertraue auf Jewe mit deinem ganzen Herzen, und stütze dich nicht auf deinen Verstand. Erkenne Ihn auf allen deinen Wegen, und Er wird gerade machen deine Pfade“ (Elberfelder Übersetzung).

Für Stephanus – und um ihn geht es ja hier letztlich – steht die bange Frage im Raum: Werden die Ratsmitglieder sich daran erinnern, dass auch dieser „Jesus“ von Seinen Brüdern ignoriert wurde? Dass gerade sie, die geistlichen Führer Israels, Seine göttliche Herkunft bestritten haben, so wie es Mose erlebt hat?

Apg 7:29

„Bei diesem Wort floh Mose und wurde ein Verweilender im Land Midian, wo er zwei Söhne zeugte.“

Die gestrigen Verse 27-28 zeigen, wie Mose von seinem eigenen Volk abgelehnt wurde, wie ihn dieses in keinem Fall weder als Fürst noch als Richter über sich sehen wollte. Und als der Vorfall sogar vor den Pharao kam, und dieser nach seinem Leben trachtete, sah Mose keinen anderen Ausweg als die Flucht in ein fremdes Land.

Mose wusste natürlich nicht, dass aus dieser Flucht 40 lange Jahre in der Fremde werden würden; was mag da Tag für Tag, Jahr für Jahr in ihm vorgegangen sein? Vielleicht versuchen wir uns dies einmal vorzustellen! In der Meinung, berufen und in einen Dienst gestellt zu sein, werden wir nicht nur abgelehnt, sondern völlig abseits gestellt, und dies für lange Jahre! Menschlich gesehen würde dies keiner von uns durchhalten! Wenn wir die Geschichte Moses im Hebräerbrief verfolgen (Hebr 11:23 ff), fallen uns die Worte „durch Glauben“ auf! Und dieser „Glaube“ wird in Hebr 11:1 definiert, er ist die zuversichtliche Annahme dessen, was man erwartet, ein Überführtsein von Tatsachen, die man nicht erblickt. Mose fühlte sich als Führer Israels berufen, doch erst kam er in die Glaubensschule, und die dauerte vierzig Jahre!

Und vierzig Tage wurde Jesus vom Geist in die Wildnis hinausgeführt (Mt 4:1 ff), und wir lesen auch sofort den Grund: „… um vom Widerwirker versucht zu werden“! Musste auch Jesus in die Glaubensschule? Und wieder ist es der Hebräerbrief, der uns bezeugt, dass Jesus den (Glaubens-) Gehorsam lernte durch das, was Er litt (Hebr 5:8). Keiner als der Widerwirker weiß besser, wie anfällig für Versuchungen der Mensch ist, wenn er auf irgendeine Art und Weise leidet. Ob es Mose 40 Jahre lang war, ob es Jesus vierzig Tage in der Wildnis war, ob es wir sind, die vielleicht hart geprüft werden – immer ist der Glaube gefragt! Und wenn Hebr 11. all die Glaubenshelden aufzählt, die siegreich ihr Leben abgeschlossen haben, dann dürfen auch wir getrost und zuversichtlich sein, dass wir die Kraft zum Glauben und zum Durchhalten bekommen, und dies, „bis Er kommt!“

Apg 7:30

„Nachdem weitere vierzig Jahre verflossen waren, erschien ihm in der Wildnis des Berges Sinai ein Bote in der Feuerflamme eines Dornbusches.“

Wir sehen bis hierher, dass sich Moses Lebenszeit in drei Perioden von jeweils vierzig Jahren aufteilt: 1.) Vierzig Jahre lang lebte er am Königshof, 2.) danach suchte er den Kontakt zu seinem Volk (Vers 23), musste aber dann in die Wüste fliehen, und unser heutiger Leitvers zeigt, dass Mose nach seiner Flucht vierzig Jahre im Land Midian lebte, und 3.) danach, mit achtzig Jahren, zurück zu seinem Volk gerufen wurde. Das Gesamtalter Moses wird gem. 5Mo 34:7 mit hundertzwanzig Jahren angegeben.

In seiner ersten Periode am Königshof wurde er, wie wir wissen, in aller Weisheit der Ägypter erzogen, was wir so verstehen können, dass Gott ihn erst einmal die „menschliche“ Weisheit kennen lernen ließ. In seiner zweiten Periode sprach Gottes Geist zu ihm, indem der Gedanke in seinem Herzen aufstieg, sich nach seinen Brüdern umzusehen; diese Führung Gottes endete mit der Flucht in das Land Midian, wo er die Schafe des Priesters Jethro weidete und mit dessen Tochter zwei Söhne zeugte. Diese vierzig Jahre waren für Mose eine wichtige und gesegnete Erziehungsschule als späterer Führer Israels. Bedenken wir doch, liebe Geschwister, wie es ist, wenn man einen Auftrag in sich spürt, und, anstatt zu wirken, erst einmal vierzig lange Jahre in der Fremde leben und Schafe weiden muss. Muss das nicht zermürben? Aber lesen wir irgendetwas von Zweifel bei Mose? Im Gegenteil – sein Glaube wurde gestählt und bewährt! Und sein Glaubensanfang begann, als er von den Schätzen und der Weisheit Ägyptens wegblickte hin auf die Belohnung, die der Geist Gottes ihm verhieß (Hebr 11:24-26). Es erstaunt, dass hier Mose in die Verbindung mit „der Schmach des Christus“ gebracht wird, das soll uns aber hier nicht bewegen, sondern vielmehr die Tatsache, dass uns auch das Leben Moses überdeutlich zeigt, dass Gottes Wege nur zu oft in die äußere Schmach, in den Zerbruch führen! Und im Zerbruch darf auch unser Glaube gestählt und bewährt werden, weil wir ein Ziel vor Augen haben: Die Herrlichkeit mit Ihm, unserem Herrn und Haupt!

Apg 7:31-32

„Als Mose das Gesicht gewahrte, war er darüber erstaunt. Während er hinzutrat, um es zu betrachten, erscholl die Stimme des Herrn: Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Da begann Mose zu zittern und wagte nicht, es näher zu betrachten.“

Nach vierzig Jahren war die göttliche Schule in Midian beendet, Mose war inzwischen achtzig Jahre alt geworden und dies war der richtige Zeitpunkt, in den eigentlichen Dienst gerufen zu werden. Dies geschah auf wunderbare Weise durch ein Gesicht: Mose sah einen göttlichen Boten in der Feuerflamme eines Dornbusches. Nun gehörte zu der Weisheit der Ägypter, in welcher Mose erzogen wurde, auch die Kunst der Magie, und es spricht hier für Mose, dass er hier durchaus zwischen der magischen Kunst ägyptischer Zauberer und der Sprache Gottes zu unterscheiden verstand.

Stephanus selbst sagt aus, dass es „ein Gesicht“ war, das Mose gewahrte; wir dürfen hier die Selbstoffenbarung Gottes als der wesenhafte wahre Gott der Väter Israels erkennen. Die Feuerflamme in dem brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusch symbolisiert das Volk Israel mit Mose an seiner Spitze. Das in der Feuerschule Gottes befindliche Volk ist im Grunde nur ein wertloses Dornengestrüpp, ein „Nichts“, der erst durch das heilige Feuer Gottes seinen hohen Wert bekommt. Miterlebt haben wir dies ja bereits im Verlauf des zweiten Kapitels unserer Apostelgeschichte, als der Geist Gottes auf die israelische Pfingstgemeinde ausgegossen wurde. Und so heiß das Feuer auch brennen mochte – denken wir an die vielen verlustreichen Kämpfe des Volkes im AT bis hin zu der Judenvernichtung im letzten Weltkrieg – es konnte das Volk letztendlich nicht verbrennen, vielmehr ist seine Wirkung „reinigender“ Art!

Der Gott der Väter Israels, den Stephanus bewusst nennt – und das dürfen wir heute für uns nehmen – ist in Christus Jesus auch unser Vater geworden, und das in wunderbarster Weise (lies Röm 8:16)!

Apg 7:33

„Der Herr aber sagte zu ihm: Löse die Sandalen von deinen Füßen; denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliges Land.“

Wir sprachen gestern vom Leiden des Volkes Israel im Feuer des göttlichen Schmerzofens, und wir wiesen auf Röm 8:16 hin, wo der Geist Gottes mit unserem Geist bezeugt, dass auch wir „Kinder Gottes“ sind und damit Gott unser Vater ist. Dies ist das Geschenk Seiner Gnade! Heute bitten wir, noch den Vers 17 zu lesen, und hier wird uns gesagt, dass wir, die Körpergemeinde Christi Jesu, weil Kinder Gottes, auch „Losteilinhaber“ Gottes sind, und dies zusammen mit Christus, allerdings mit einer Bedingung verbunden: „Wenn wir nämlich zusammen mit Christus leiden, damit wir auch mit Ihm verherrlicht werden“! Wir wollen hier nicht Röm 8:17 auslegen, sondern nur darauf hinweisen, dass wir von dem Feuer des Leidens, und der Reinigung, nicht ausgeschlossen sein müssen. Und wenn wir uns in den Leiden für Christus befinden, dürfen wir auf die Verheißung schauen: „… damit wir auch mit Ihm verherrlicht werden“! Und so gesehen dürfen wir dann in Vers 18 mit Paulus einstimmen: „Denn ich rechne damit, dass die Leiden der jetzigen Frist nicht wert sind der Herrlichkeit, die im Begriff steht, in uns enthüllt zu werden.“

Zurück zu Mose und unserem Leitvers: Die Füße des Menschen symbolisieren „Besitzanspruch und Inbesitznahme“ (vgl. 5Mo 11:24), doch bei Gott hört jeglicher Besitzanspruch auf! Mose muss in Seine Gegenwart treten, wissend, dass er trotz allem Land, das er jemals besitzen sollte, ein „Habenichts“ ist! Und damit noch mal zu uns, liebe Geschwister:

Auch wir sind im Grunde ja solche „Habenichtse“ und doch auf herrlichste Weise „reich gemacht“: „Christus … dass Er, wiewohl Er reich ist, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch dessen Armut reich würdet“ (2Kor 8:9)!

Apg 7:34

„Aufmerkend gewahrte Ich die üble Behandlung Meines Volkes in Ägypten und habe sein Ächzen gehört. Deshalb bin Ich herabgestiegen, um sie herauszureißen. Und nun komm herzu, Ich will dich nach Ägypten senden.“

Wenn wir vor zwei Tagen im Bezug auf das Gesicht Moses von einer „Selbstoffenbarung Gottes“ sprachen, dann wollen wir damit nicht sagen, dass Gott Selbst dem Mose erschien. Gott ist gemäß Kol 1:15 „unsichtbar“, und wenn Menschen mit Ihm verkehren, so geschieht dies stets durch einen „Mittler“, hier ist das Sprachrohr Gottes „der Bote in der Feuerflamme“. Wir möchten hier auch ganz kurz anmerken, dass diese von Gott gesandten Boten bei uns, der Körpergemeinde Christi Jesu, keinerlei Auftrag haben! Es war der erhöhte Herr Selbst, der Paulus in Seinen Dienst berief und ihm das Geheimnis der Körpergemeinde enthüllte. Und es ist auch der Herr Selbst, der uns alle zusammen in Wolken zu Sich in die Luft entrücken wird – Er ist unser Haupt und ist allein für uns zuständig! Allerdings, nach unserer Entrückung werden die Dienste der himmlischen Boten an Israel weitergehen.

Unser Leitvers beinhaltet kurz und bündig den Ruf zum Dienst der Befreiung und Rettung Israels aus der Sklaverei Ägyptens. Wir fragen uns heute, was Stephanus damit dem Synedrium sagen möchte: Er zieht auch hier eine Parallele zu Jesus: Petrus rief ja an Pfingsten auf: „Lasst euch aus dieser verkehrten Generation retten“ (Apg 2:39), und diese Rettung sollte durch den „Einen“ geschehen, der größer ist als Mose: Durch „Jesus Christus“! Hätten die hohen Ratsmitglieder, die sich auf Moses Stuhl sitzen sahen, diese Parallele erkennen müssen? Stephanus hofft immer noch, dass dies geschieht – dass das Synedrium in dem „Jesus von Nazareth“ ihren Messias erkennt. Und so weist Stephanus voll innerer Freude auf Mose hin, wie Gott der Trübsal Seines Volkes einen Ausgang verschaffen wird. Das darf uns heute an 1Kor 9:13 erinnern! Gott ist getreu … der auch uns, liebe Geschwister, zusammen mit unseren Anfechtungen den Ausgang schaffen wird, so dass wir überstehen können!

Apg 7:35

„Diesen Mose, den sie verleugneten, als sie sagten: Wer hat dich zum Fürsten und Richter über uns eingesetzt?, diesen hat Gott als Fürsten, Erlöser und Richter ausgesandt durch die Hand des Boten, der ihm im Dornbusch erschienen war.“

Wir spüren im heutigen Leitvers, wie die Worte des Stephanus intensiver werden, wie sie vor allem mehr denn je auf den Herrn hinweisen. Mose wurde jetzt von Gott genau in jene Ämter eingesetzt, in denen das Volk ihn vor vierzig Jahren abgelehnt hatte – der Hohe Rat konnte gar nicht überhören, wen Stephanus meinte.

Unser Textwort hat aber noch einen anderen Schwerpunkt: Was der Mensch verwirft, genau das hat Gott auserwählt! Und wenn wir jetzt in die Geschichte der beiden von Gott auserwählten Werkzeuge hinein schauen – zum einen das Werkzeug Israel für die Erde und zum anderen die Körpergemeinde Christi Jesu für das in den Himmeln – so erkennen wir bis zum heutigen Tag, wie das Volk Israel von fast allen Völkern gemieden, ja zum Teil sogar gehasst und bekämpft wird. Von den Menschen also gering gehalten, doch von Gott in höchster Weise geadelt, sodass in seinen Reihen sogar der Sohn Gottes „Mensch“ wurde und auf dem Boden Israels die Sünde der Welt sühnte. Und nicht viel anders ergeht es der Körpergemeinde. Wir brauchen gar nicht so weit zurückschauen, um zu erkennen, wie wenig wir als Gläubige geachtet werden! Im Grunde ist es heute schon so weit, dass wir von ehemaligen Freunden von jenem Moment an verleugnet wurden, wo wir zum lebendigen Glauben kamen. Wir könnten hier noch viel aufzählen – aber es gilt für uns ja nur, dass wir immer wieder erkennen müssen, dass die von Gott Auserwählten in ganz besonderer Weise die Zielscheibe des Fürsten dieser Welt sind, dem Satan! Er ist der eigentliche Urheber, der hinter allen Anfeindungen steht, und – aus dieser Perspektive gesehen verstehen wir sehr gut, dass wir von der Welt „Verworfene, gering Geachtete, ja Verfolgte“ sind! Es stimmt: Satan kann uns mit der ganzen Macht der Finsternis angreifen, er kann auch unseren Wandel durchaus negativ beeinflussen, aber er kann uns nicht unsere Rettung in der Gnade nehmen; diese ist nämlich unsere herrliche Stellung in Christus!

Apg 7:36

„Dieser führte sie hinaus und tat Wunder und Zeichen im Land Ägypten, im Roten Meer und vierzig Jahre lang in der Wildnis.“

Es ist hilfreich, wenn wir an dieser Stelle eine kurze Vorschau machen, damit wir nicht aus dem Auge verlieren, auf welche Weise Mose den Sohn Gottes abschattet: Nachdem Mose offiziell als Führer des Volkes von Gott eingesetzt ist, zeigt ihn der heutige Leitvers als Erlöser aus der Knechtschaft. In Vers 37 weist Mose auf Christus als den kommenden Propheten hin, und die Verse 38-39 lassen erkennen, wie die Väter sich von Mose abwandten – das Geschehen um Mose schattet das gleiche Handeln wie bei Jesus voraus.

Auch Jesus kam nach Seiner Verwerfung durch die Führer Israels erneut zurück, zwar nicht mehr persönlich, aber in der Gestalt Seiner Beauftragten, wie z.B. des Petrus und auch des Stephanus, um Sich dem Volk als Erlöser anzubieten. Und von diesem Erlöser berichtet Stephanus, wie dieser sie (das Volk) aus Ägypten hinausführte, und vierzig Jahre lang viele Zeichen und Wunder tat – die Parallelen sind unübersehbar.

Auch Jesus tat während Seines Erdenlebens Wunder und Zeichen, um die Macht und Herrlichkeit Seines himmlischen Vaters zu demonstrieren. Und im Roten Meer Seines Blutes und in der Gemeinschaft Seiner Leiden öffnete Er einen Durchgang aus der Macht der Finsternis hin zum hellen Licht Gottes. Und in der Wüste dieser Welt gibt Er Sich dann Selbst zum Manna.

Das Angebot, im Roten Meer Seines Blutes Rettung zu finden, hat Israel abgelehnt! Für uns hingegen darf Sein Blut täglich der Grund größter Freude und Dankbarkeit sein. Wir wissen, dass wir in Seinem Blut „Freigelöste“ sind (Eph 1:7), aber ist uns dabei bewusst, dass wir darin auch die Vergebung all unserer täglichen Kränkungen Gott gegenüber haben? Oder ist jemand von uns schon so perfekt, dass er Gottes Herz nicht mehr kränkt?

Apg 7:37

„Dieser Mose ist es, der den Söhnen Israels sagte: Einen Propheten wie mich wird euch Gott aus euren Brüdern aufstehen lassen.“

Lasst uns heute zuerst noch einmal vertiefen, womit wir gestern abgeschlossen haben, „… die Vergebung der Kränkungen nach dem Reichtum Seiner Gnade, die Er in uns überfließen lässt“ (Eph 1:7-8). Sein Blut macht uns zu „Freigelösten“, das ist unser herrlicher Stand in unserem Herrn! Und trotzdem geht jeden Tag vieles von uns aus, was Gottes Herz kränken muss, weil wir alle ja noch in unserem Fleisch sind. Und hier sagt uns dieser Vers des Epheserbriefes, dass auch diese Kränkungen auf Grund Seines Blutes täglich vergeben sind - die Gnade, die in uns überfließend ist, schwemmt sie hinweg. Ist das nicht viel mehr als ein Trost?

Zurück zu Stephanus: In unserem Leitvers stellt er mit klarem Blick den Mose ins rechte Licht als von Gott auserwählten Propheten und damit als den Vorläufer des verheißenen Messias. Es ist bemerkenswert, wie die ersten Gläubigen der Pfingstgemeinde die Propheten verstanden haben und wie auch Stephanus die Verheißung des Mose klar auf Jesus Christus bezog und ganz genau den Punkt erkannte, an dem sich die Geschichte Israels entscheiden würde. Und die Geschichte zeigt uns heute, dass die Ratsmitglieder das Zeugnis Moses und damit den angekündigten Messias ablehnten. „Menschlich“ gesehen ist die Halsstarrigkeit ursächlich für die Ablehnung – heilsgeschichtlich gesehen sind „wir“ die Ursache! Wegen uns kam Israel in die Verstockung (und befindet sich immer noch darin), weil durch die Ablehnung Israels das Evangelium zu uns, den Nationen, ging. Wir müssen uns als eine „Einschiebung“ in die Geschichte Israels sehen, die Gott allerdings gemäß Röm 11:25 ff als ein Geheimnis solange verwahrte, bis Paulus auf die göttliche Bühne trat und als Apostel der Nationen das Geheimnis enthüllte und die Körpergemeinde Christi Jesu ins Leben rief, was wir im Verlauf der Apostelgeschichte noch miterleben dürfen.

Apg 7:38

„Dieser ist es, der sich in der herausgerufenen Schar in der Wildnis befand, sowohl bei dem Boten, der auf dem Berg Sinai zu ihm sprach, als auch bei unseren Vätern, der lebendige Aussagen empfing, um sie euch zu geben.“

Wieder weist Stephanus mit dem Finger auf Mose und zeigt ihn als Führer inmitten der Herausgerufenen (das Wort „Schar“ ist nur eine menschliche Einfügung). Wir bleiben hier bewusst nur bei dem Wort „Herausgerufene“, weil man die Herausrufung an dieser Stelle sicherlich auf Ägypten beziehen kann, aber, man darf auch die generelle Herausrufung Israels aus allen Völkern, um als Werkzeug Gottes auf der Erde zu dienen, nicht übersehen (5Mo 7:6).

Stephanus weist weiter auf die Verbindung Moses mit dem Boten hin, hinter dem wir wohl einen mächtigen Vertreter der himmlischen Geistwelt sehen dürfen. Für jüdische Begriffe war diese Verbindung Moses mit einem himmlischen Geistwesen wohl eine der gewaltigsten Auszeichnungen und Ehre, die einem sterblichen Menschen zuteil werden konnte. Dieser Botenfürst sprach im Auftrag des Herrn mit Mose und den Vätern Israels auf dem Berg Sinai, wodurch Mose ja zum Mittler zwischen dem Boten und dem am Fuß des Berges wartenden Volkes wurde.

Wir haben schon erwähnt, dass solche Botendienste während der Verwaltung der Gnade ausgesetzt sind – himmlische Boten haben keinen Auftrag an uns!!! Bei Mose überbrachte dieser himmlische Bote das Gesetz, es war für Israel der Maßstab. Die Körpergemeinde steht aber nicht mehr unter dem Gesetz, deshalb die harte Warnung Pauli in Gal 1:6-8. Die galatische Gemeinde wurde offensichtlich durch himmlische Boten von einem andersartigen Evangelium beeinflusst, nämlich dem Gesetz. Dieses gesetzliche Evangelium (für Israel) steht in krassem Widerspruch zum Evangelium der Gnade, welches Paulus deshalb auch von keinem Boten, sondern vom erhöhten Herrn Selbst erhalten hat (Gal 1:12b). Denken wir ruhig einmal hierüber nach!

Apg 7:38

„Dieser ist es, der sich in der herausgerufenen Schar in der Wildnis befand, sowohl bei dem Boten, der auf dem Berg Sinai zu ihm sprach, als auch bei unseren Vätern, der lebendige Aussagen empfing, um sie euch zu geben.“

Wir haben gestern zum Abschluss ein Thema angeschnitten, welches wir heute noch unbedingt etwas vertiefen müssen, weil auch für uns viel davon abhängt. Ein anschauliches Objekt ist für uns die Gemeinde in Galatien. Was ist dort passiert?

Durch Paulus wurde die Gemeinde zu dem Evangelium der Gnade geführt und befand sich damit auf einem guten Weg. Doch offenbar sehr schnell entstanden Unruhen, weil etliche Gläubige von der Gnade abkamen und lieber zum Gesetz übergingen – warum? Es fiel ihnen scheinbar schwer, sich für „nichts“ zu halten, ihr Fleisch ans Kreuz zu verweisen und sich so gänzlich nur (!) auf die Gnade zu verlassen! Das, liebe Geschwister, ist bis heute der Stand vieler Gläubigen in allen Kreisen und Gemeinschaften. Und gar nicht selten (der Verfasser dieser Zeilen hat dies in früheren Gemeinden selber erlebt) brüsten sich solche Gläubige, Engelerscheinungen gehabt zu haben! Und was sagt Paulus hierzu den Galatern? Ganz hart wird der Apostel: „Aber wenn auch wir oder ein Bote aus dem Himmel euch etwas Andersartiges neben dem verkündigt, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei in den Bann getan“ (Gal 1:8). Und Paulus wiederholt diese Drohung anschließend in Vers 9; wie ungemein wichtig muss ihm (und muss auch uns heute) diese Trennung von Gesetz und Gnade gewesen sein!!!

Und wie sieht dieser Bann aus? Bis heute müssen wir viele Gläubige erleben, deren Herzensaugen für das paulinische Evangelium der Gnade verschlossen sind. Ihre Augen des Herzens wurden nicht, wie in Eph 1:18 zu lesen ist, erleuchtet, ihr überhimmlisches Erwartungsgut bleibt ihnen verdunkelt. Die Folgen dieses Bannes sind also schwerwiegend!

Apg 7:39

„Dem wollten unsere Väter nicht gehorsam sein, sondern sie stießen ihn von sich, wandten sich in ihren Herzen nach Ägypten um und sagten zu Aaron:“

Immer wieder und eindringlich führt Stephanus den Ratsmitgliedern „Mose“ vor Augen: „Diesen Mose …“ (V. 35), „Dieser führte sie …“ (V. 36), Dieser Mose ist es …“ (V. 37), „Dieser ist es …“ (V. 39), und heute: „dem …“! Und jedes Mal zeigt er die Parallelen im Verhalten des Synedriums zu dem damaligen Verhalten des Volkes zu Mose auf.

Mose zeigt auf Christus, er schattet Ihn praktisch ab. Deshalb darf (muss) auch uns immer wieder bewusst werden, dass es „Jesus Christus“ unser Herr ist, auf den wir immer wieder schauen müssen, der uns führt und der unsere Mitte sein muss.

Wer mit offenen Ohren die heutige Weltlage verfolgt, muss merken, dass der Name „Jesus“ immer mehr verdrängt wird, ja fast schon verschwindet – das ist alarmierend und erschreckend! Auch treten in christlichen Kreisen vermehrt Gläubige auf, die zwar ihren Glauben an Gott bekennen, aber mit „Jesus“ wenig oder nichts anfangen können – diesen ist nicht bekannt, dass es nur einen Weg zum Vater gibt, den Weg über den herrlichen Namen „Jesus“.

In Joh 14:6 sagt Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch Mich.“ Diese Worte werden nie aufgehoben oder ihre Kraft verlieren, im Gegenteil: Sie sollten gerade heute mehr denn je hochgehoben werden!

Doch so wie Mose von den Vätern abgelehnt wurde, wie „Jesus“ vom Synedrium verworfen wurde, wird der Name „Jesus“ auch heute immer mehr zu einem Stolperstein, ja zum Hindernis. Es ist deshalb unser aller große Aufgabe, in diesen uns noch verbleibenden letzten Tagen dieser Gnadenverwaltung den Namen „Jesus“ groß zu machen, denn nur durch das Blut Seines Kreuzes hat Er Frieden gemacht (Kol 1:20) und uns freigelöst (Eph 1:7) … zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit!

Apg 7:40

„… und sagten zu Aaron: Mache uns Götter, die vor uns hergehen werden; denn von diesem Mose, der uns aus dem Land Ägypten herausgeführte, wissen wir nicht, was mit ihm geschehen ist. „

Es ist schon zutiefst erschreckend, was sich damals in der Wüste ereignet hat. Mose war oben auf dem Berg, sicherlich länger als er selbst und das Volk erwartet hatten. Und als sich seine Rückkehr verzögerte, wurde das Volk nicht nur ungeduldig, es wuchs in ihm merkwürdigerweise auch die Sehnsucht zurück nach Ägypten, dem Land seiner Knechtschaft und dem dort praktizierten Kult an sichtbaren Göttern. Die Befreiung aus dem Joch der Knechtschaft, die erlebten Zeichen und Wunder, alles war offensichtlich auf unheimlich schnelle Art und Weise vom Volk vergessen, ja man hat fast den Eindruck, die Verzögerung der Rückkehr Moses vom Berg kam dem Volk gerade recht. Und besonders tragisch ist, dass auch Moses Bruder Aaron von ihm abfiel und den Wünschen des Volkes nach sichtbaren Göttern nachkam!

Was Stephanus mit dieser Aussage dem Hohen Rat sagen wollte, darauf kommen wir noch in den folgenden Versen zu sprechen; heute wollen wir auf unsere gegenwärtige Zeit schauen, die uns allen Grund liefert, dass wir wachsam sind! Der für uns unsichtbare Gott hat uns Menschen Sein Abbild gegeben: Den Sohn Seiner Liebe (Kol 1:15). Und wie herrlich dieses Abbild des Vaters ist, zeigen uns die Verse von Kol 1:15-20 mehr als kraftvoll!

Im zweiten Brief Timotheus werden die Gläubigen darauf vorbereitet, dass in den letzten Tagen dieser gegenwärtigen Verwaltung der Gnade eine gefährliche Frist sein wird (2Tim 3:1-5). Und wenn wir die Aufzählung aufmerksam durchlesen, merken wir, wie sich dies alles vor unseren Augen verwirklicht! Werden wir, liebe Geschwister, nicht ungeduldig, auch wenn sich die Rückkehr unseres Herrn (wie bei Mose) verzögert! Er kommt – und wir wollen geduldig ausharren und Sein Erscheinen lieb haben!

Apg 7:41

„In jenen Tagen machten sie ein Kalb, führten zum Altar dieses Götzen ein Opfer hinauf und waren fröhlich über die Werke ihrer Hände.“

„Der Tanz um das goldene Kalb“ ist ja längst zum „Sprichwort“ geworden, und unsere gestrigen Ausführungen sollen uns zeigen, dass die heutige Welt nur noch einen Götzen kennt: Die Gier nach Macht und Geld! Doch wie schnell dieser Götzenkult zusammenbrechen kann, zeigt uns ja mehr als eindringlich der Zusammenbruch des ganzen Weltwirtschaftssystems in der zweiten Hälfte des Jahres 2008. Wir wollen aber hier keine Politik machen, sondern auf die Verbindungen damals und heute hinweisen und es ist unser großes Anliegen, mittels der heutigen Weltlage auf das baldige Kommen unseres geliebten Herrn hinzuweisen!

Zu unserem heutigen Leitvers: Es muss uns wiederum betroffen machen, wenn wir uns die damalige Lage vorstellen; Mose steht auf dem Berg vor seinem Gott und unten im Tal fällt das ganze Volk, einschließlich seines Bruders Aaron, von ihm ab, baut sich einen Götzen, opfert diesem und ist dabei auch noch fröhlich über das Werk ihrer Hände! Wenn wir dieses Geschehen bedenken, spüren wir förmlich den verführerischen Ruf des Fleisches nach Selbstbehauptung, nach eigenen Werken und nach Eigenruhm. Erst als das Volk dem Fleisch nachgab und eigene Werke vollbrachte, war es fröhlich!!! Die Parallele, die Stephanus zu dem Synedrium zog, lag auch in diesen fleischlichen Werken; in Apg 6:13-14 war ja der Vorwurf, dass Stephanus gegen den Tempel und gegen das Gesetz sprechen würde – der Tempel ist ein sichtbares Gebäude mit Händen gemacht und das Gesetz verlangt vom Menschen sichtbare Werke!

Die Priesterschaft vollzog darin Götzendienst, indem sie sich einer übertriebenen Verehrung des Tempels und des mosaischen Gesetzes schuldig machte! „Übertrieben“ deshalb, weil sie diese beiden Dienste höher stellten als die Worte, die Jesus und Seine Nachfolger sprachen.

Apg 7:42

„Da wandte Sich Gott von ihnen und gab sie dahin, dem Heer des Himmels Gottesdienst darzubringen, so wie es in der Rolle der Propheten geschrieben steht: O Haus Israel, habt ihr Mir etwa vierzig Jahre in der Wildnis Schlachttiere und andere Opfer dargebracht?“

Es ist für alle Gläubigen aller Zeiten immer ein schwerer Kampf, gegen das Verlangen des Fleisches anzugehen, zumal wenn es fromm scheinende Forderungen sind. Auch wir, die Körpergemeinde Christi Jesu, ist hier nicht ausgenommen, im Gegenteil: Wir müssen wie Paulus an den Punkt von Röm 7:24 kommen, wo wir die Unfähigkeit unseres „Ich’s“ erkennen und ganz auf die Gnade setzen!

„Gott wandte Sich von Israel ab und gab sie dahin“ … auch diese Worte erinnern an den Römerbrief (Röm 1:24.26 und 28b), wo drei Mal wiederholt wird, dass Gott diese Menschheit wegen ihrer Unfrömmigkeit und Ungerechtigkeit dahingegeben hat! Und, liebe Geschwister, spüren wir nicht alle um uns herum diese Dahingabe?

Das Volk brachte dem Heer des Himmels Gottesdienst - bedenken wir hierzu, dass gerade das Heer der Finsternis den Lufthimmel um uns herum beherrscht! In Eph 2:2 lesen wir von dieser Tatsache. Das Volk erfreute sich an ihrer Hände Werke und verstieß dabei das größte Werk Gottes, welches Joh 1:14 beschreibt! Gottes Antwort folgte prompt: Er wandte Sich ab und gab sie dahin!

Was dem einen von uns zu hart erscheinen mag, ist in Wirklichkeit Gottes Schule: Das abtrünnige Volk muss aus der bitteren Erfahrung lernen, dass es nur einen Weg geben kann: An seinem Gott festzuhalten und Ihm treu zu bleiben! Und genau dies wollte Stephanus dem Hohen Rat eindringlich ans Herz legen, nämlich nicht länger im Unglauben an diesen Jesus zu verharren, und sich damit der gleichen Gefahr wie die Väter in der Wüste auszusetzen, nämlich von Gott dahingegeben zu werden.

Apg 7:43

„Nein, ihr nahmt das Zelt des Moloch und das Sternbild eures Gottes Raiphan mit, die Bildwerke, die ihr gemacht hattet, um sie anzubeten. Deshalb werde Ich euch noch über Babylon hinaus verbannen.“

Wir tun sehr schnell die vielen Götzenkulte der verschiedenen Völker der Erde als puren Aberglauben ab, doch hinter allen Götzen und Göttern steht „das Heer der Himmel“, und das setzt sich aus den „Fürstlichkeiten, Obrigkeiten und Weltbeherrschern dieser Finsternis, den geistlichen Mächten der Bosheit inmitten der Überhimmlischen“ zusammen, wie sie in Eph 6:12 aufgezählt sind. Wir haben es hier zweifelsfrei mit der geballten Macht der Finsternis zu tun, an deren Spitze Satan steht. Und diese Mächte stehen auch gegen uns, ja mehr noch, sie greifen uns an! Und genau deshalb gab uns Gottes Wort die in Eph 6 beschriebene Waffenrüstung, die wir täglich anziehen sollen, um den Kriegslisten des Widerwirkers gegenüber standzuhalten!

Wir wollen hierbei wiederholt darauf hinweisen, dass keine Macht uns „unsere Rettung in der Gnade“ rauben kann – wir sind und bleiben in Christus Jesus Begnadigte und sind mit dem Geist der Verheißung, dem heiligen, unverbrüchlich „versiegelt“ (Eph 1:13). Was der Widerwirker angreifen kann, ist unser Wandel. Hier kann er tatsächlich beträchtlichen Schaden anrichten (wir verweisen auf unsere Schrift „Die Waffenrüstung Gottes“).

Zurück zu Stephanus: Er traf mit seinen Worten ohne Zweifel das Gewissen seiner Ankläger, und gerade dies brachte sie in heftige Erregung. Der Götzendienst an den Sternbildern war bei den umliegenden Völkern einheimisch, wobei im Kult an den „Moloch“ sogar Kinder geopfert wurden. Stephanus zitiert recht frei aus Am 5:5 ff, indem er die Torheit dieses Götzenkultes ins Licht stellt. „Suchet den Herrn, so werdet ihr leben …“ (Vers 6), das ist das Fazit des Propheten Amos an das abtrünnige Israel und es ist noch einmal das Angebot Gottes an das Synedrium in Jerusalem.

Apg 7:43

„Nein, ihr nahmt das Zelt des Moloch und das Sternbild eures Gottes Raiphan mit, die Bildwerke, die ihr gemacht hattet, um sie anzubeten. Deshalb werde Ich euch noch über Babylon hinaus verbannen.“

Das Verhalten des Volkes Israel kann mit zwei Worten ausgedrückt werden: Ungehorsam und Götzendienst! Und bis heute erheben leider auch viele Gläubige ihre Zeigefinger gegen Israel und prangern dieses Volk an – haben wir Grund dazu? Viele Verse, ja Kapitel, verwendet Paulus im Römerbrief darauf, diese Art von Stolz und Hochmut, der durchaus auch aus den Reihen der Körpergemeinde kommt, zu begegnen (Röm 9. bis 11). Dies gipfelt in Röm 11:25 ff, wo gerade wir aufgefordert werden: „…damit ihr nicht bei euch selbst als besonnen geltet“! Luther übersetzt: „… damit ihr nicht stolz seid“ – und wie überheblich sind wir nur zu oft gegenüber Israel! Das geht soweit, dass sogar die Meinung vertreten wird, Israel sei von Gott für alle Zeiten verworfen und wir, die Gläubigen der Jetztzeit, sind das wahre (!) Israel! Da kann man nur staunen über so viel Unkenntnis in Gottes Wort!

Israel musste wegen diesem Ungehorsam und Götzendienst verschiedene Verbannungen über sich ergehen lassen: Nach einem Aufstand wurden zehn Stämme nach Assyrien weggeführt, von dort sie bis heute noch nicht zurückgekehrt sind. Die verbleibenden zwei Stämme (Juda und Benjamin) gerieten später in die babylonische Gefangenschaft, kehren aber unter Serubabel, Esra und Nehemia zurück.

In prothetischer Schau gibt Stephanus der Priesterbehörde am Bild der Geschichte Israels zu verstehen, dass Gott nicht zögern wird, eine weitere Zerstreuung der Juden bis über Babylon hinaus herbeizuführen, wie es ja dann etwa 70 n. Chr. durch die Zerstörung Jerusalems und des Tempels Wirklichkeit wurde. Und doch gilt Israel: „Nach dem Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen, nach der Auserwählung aber Geliebte um der Väter willen. Denn unbereubar sind die Gnadengaben und die Berufung Gottes „ (Röm 11:28-29).

Apg 7:44

„Das Zelt des Zeugnisses war bei unseren Vätern in der Wildnis (so wie Er es angeordnet hatte, als Er dem Mose sagte, es nach dem Vorbild anzufertigen, das er gesehen hatte;“

Heute zuerst ein Blick auf das Zelt des Zeugnisses (auch Stiftshütte genannt): Es stellt die erste Wohnung dar, die der lebendige Gott je auf der Erde bauen ließ. In den vierzig Tagen und Nächten, die Mose auf dem Berg verbrachte, empfing er ja nicht nur das Gesetz, sondern auch die göttliche Anweisung zu diesem einzigartigen Bauwerk. Das von der Knechtschaft befreite Volk durfte ein freiwilliges Hebopfer bringen, das zum Bau dienen sollte: Akazienholz, Tierfelle, Gespinste sowie Metalle und Edelsteine … es muss ein wunderbares Werk gewesen sein. Gott bezeugte Sich dazu, indem Er Seine Gegenwart in einer Wolkensäule demonstrierte. Etwa 500 Jahre lang wurden in diesem Heiligtum alle Dienste durch die Priester aus der Familie Aarons verrichtet.

Dieses Zelt zeigt die Langmut Gottes mit einem störrischen Volk; vierzig Jahre lang dauerte die Wüstenwanderung, die im Grunde ja „Gnadenzeit“ war. Das Volk hätte lernen sollen, sich ganz seinem Gott hinzugeben. In 2Mo 14:14 lesen wir: „Jewe wird für euch streiten, und ihr, ihr sollt stille schweigen.“ Und so führte Gott das Volk ans Schilfmeer, eine Übermacht ägyptischer Soldaten hinter sich, Er führte sie in die Wüste, wo für so viele Menschen normalerweise kein Durchkommen möglich gewesen wäre – Israel sollte seine Schwachheit und sein Unvermögen erkennen, um sich ganz seinem Gott hinzugeben. Hat Israel gelernt? Ein klares „Nein“!

Wir, liebe Geschwister, dürfen erkennen, dass Gottes Berufung an Israel tatsächlich unbereubar ist. Auch wenn alles gegen das Volk spricht – im irdischen Königreich wird es mit Hingabe seine Aufgabe erfüllen. Das schwächste und geringste Volk hat Gott erwählt, um den anderen Völkern zu dienen und Er gebraucht wiederum die Schwachheit des Fleisches, um Sich als Gott der Liebe und Barmherzigkeit zu erweisen.

Apg 7:45

„das (Zelt) haben auch unsere Väter, die auf ihn folgten, unter Josua in das Land gebracht, das die Nationen innehatten, die Gott vor dem Angesicht unserer Väter ausstieß, bis in die Tage Davids.“

Israel stand in der Wüste vor der Frage: a) Entweder wie ihr Vorvater Abraham und eingedenk der Erfahrungen beim Auszug aus Ägypten „Gott“ wirken zu lassen, also auf Seine Gnade zu bauen, oder b) in den alten Fehler zu verfallen, auf die eigene Kraft zu setzen, also das Gesetz zu halten. Israel verwarf die Gnade und sprach stattdessen lieber mit stolzer Überzeugung: „Alle Worte, die Jewe gesprochen hat, wollen wir tun!“ Die Betonung liegt auf „wir“! Das Volk stellte sich einmütig unter das Gesetz.

Vierzig Jahre lang dauerte die Wüstenwanderung und eine neue Generation wuchs heran, die ja nun völlig unter der Erziehung des Gesetzes stand. Stephanus führt den Weg Israels weiter über Josua, David und Salomo bis hin zur damaligen Gegenwart, um seinen Richtern, dem Synedrium, die ja im Begriff standen, Jesus als Messias und Heiland abzulehnen, ihre ganze Schuld vor Augen zu stellen.

Aber beachten wir den roten Faden der Abfallsbewegung Israels: Das Zelt des Zeugnisses begleitete das Volk Israel in das verheißene Land, wo Israel wieder Wunder um Wunder erleben durfte – doch auch hier lernte Israel nicht, und das machte seine Schuld nur noch größer.

Mit „Josua“ zeigt Stephanus dem Hohen Rat einen Führer des Volkes, der aber nur vorübergehend eine Leitfigur war; er brachte das Volk zwar ins verheißene Land, doch auch hier wich das Volk von ihm und dem Zelt des Zeugnisses ab. Jetzt aber steht der wahre Josua (der Name bedeutet „Wird seiend Retter“), der Messias bereit, um Israel zu führen, um das Land dauernd in Besitz zu nehmen und alle Nationen zu Jüngern zu machen. Noch – während Stephanus spricht – hat dieses Angebot „Gültigkeit“!

Apg 7:46

„Er fand Gnade vor den Augen Gottes und erbat sich, für den Gott Jakobs ein Zelt zu finden.“

Er, und das ist ja David, fand „Gnade“ vor den Augen Gottes – und damit führt Stephanus auch diesen besonderen Mann vor die geistigen Augen des Synedriums. Natürlich kannten die Ratsmitglieder die Geschichte Davids, es bedurfte also keiner Einzelheiten. Stephanus wollte nur neue Parallelen von damals zu seiner Gegenwart aufzeigen.

Der Name „David“ bedeutet „Geliebter“, und diese Bezeichnung führt ja direkt zu dem Sohn Gottes, dies hätte die Juden erkennen lassen sollen, dass Gott Seinen geliebten Sohn für sie dahingab – Ihn hatten sie abgelehnt und ans Kreuz gebracht!

David wünschte sich sehnlich ein Zelt, wobei er natürlich ein festes Haus, also den zukünftigen Tempel, meinte. Jetzt, da sich das Volk im verheißenen Land befand, war kein tragbares Heiligtum mehr notwendig. Und doch, obwohl David ein Begnadeter war, durfte er keinen Tempel bauen, das Wort Gottes gibt als Begründung seine vielen Kriege an, die er geführt hatte (vgl. 1Kö 5:17).

Aber schauen wir uns heute noch etwas diesen „David“ an, besonders seine Berufung, und hier bewegt es uns besonders, wie der Prophet Samuel David fand (1Sam 16:10 ff). Sieben Söhne des Isai gingen an Samuel vorbei, doch keiner war der Richtige. Und auf die Frage Samuels, ob das alle Söhne gewesen seien, meinte dieser, dass der Jüngste noch übrig sei, der aber wohl kaum infrage käme, er hütete die Schafe!

Es bewegt uns auch hier, dass gerade das, was der Mensch nicht in Betracht zieht, vor Gottes Augen wertvoll ist. Und dieses Auswahlprinzip Gottes zieht sich ja durch die ganze Bibel, bis hin zu unserer eigenen Erwählung und Berufung. Gott will nicht unsere eigene Stärke und Kraft, Er will unser Herz! Und dieses gewinnt Er, indem wir in Jesus Christus Seine Liebe erkennen, spüren und erfahren dürfen!

Apg 7:47

„Salomo baute Ihm dann ein Haus.“

David wünschte sich das feste Haus, den Tempel, aber es war ihm nicht vergönnt, diesen zu bauen, den biblischen Grund lasen wir ja gestern. Doch, obwohl ihm der eigentliche Bau nicht gestattet war (weil die göttliche Zeit dafür noch nicht gegeben war), so bereitete er alles vor, damit nach ihm dieses feste Haus gebaut werden konnte. Und wer von uns schon ein eigenes Haus gebaut hat, der weiß, dass gerade die Vorbereitung (die ja mit der genauen Planung anfängt) entscheidend ist!

Mit diesem Verhalten weist David auf „den größeren David“, auf den Sohn Gottes hin, der durch Sein Menschwerden, Seinen Tod und Seine Auferstehung alle Voraussetzungen geschaffen hat, dass Gott als der weise Baumeister das Werk Seiner Schöpfung auf das Herrlichste vollenden kann.

Wir werden hier an 1Kor 3:10 erinnert, wo auch jemand einen Grund legte, also etwas vorbereitet: Es ist der Apostel Paulus, der gemäß der ihm von Gott gegebenen Gnade vom erhöhten Herrn beauftragt wurde, als weiser Werkmeister alles niederzuschreiben (den Grund zu legen), was die Körpergemeinde zu ihrem Aufbau benötigt. Und wie großartig und wunderbar besteht heute diese Gemeinschaft, die den Körper Christi Jesu mit Ihm als Haupt darstellen darf!

Zurück zu Salomo: Sein Name bedeutet ja „Friede“, und er durfte nach dem Willen Gottes das feste Haus, den Tempel in großer Pracht erbauen. Die Ratsmitglieder hätten bei diesen Worten des Stephanus erkennen sollen, dass dieser „Friede“, den Salomo vorgeschattet hat, jetzt durch das Blut Jesu Christi ermöglicht wurde und auch kommen könnte, wenn Israel „Jesus als Messias“ anerkennt und annimmt.

Im Hinblick auf den Frieden Salomos darf uns heute beglücken, was wir in Phil 4:7 lesen können – der Friede Gottes in unseren Herzen, der allem Denksinn überlegen ist!

Apg 7:48

„Jedoch wohnt der Höchste nicht in einem von Menschenhänden gemachten Haus, wie der Prophet sagt:“

Nachdem der Geliebte Gottes Sein teures Blut geopfert hatte, sollte der Friede - vorgeschattet durch Salomo – kommen und das Haus Gottes errichtet werden. Salomo baute dann ja auch den bekannten Tempel in aller Pracht. Doch war es das Haus, das Israel brauchte?

In Hebr 3:1-6 lesen wir Interessantes über dieses Haus; so sagt der Schreiber dieses Briefes in Bezug auf Christus in Vers 6 klar: „… dessen Haus sind wir …“. Und gemeint sind damit alle Israeliten, die umsinnen und den Glauben bewahren. Stephanus zielt damit klar gegen den Hohen Rat, denn dieser konnte in diesem Haus keinen Platz haben, solange er den Geliebten Gottes, Jesus den Nazarener, nicht anerkannte und in Seinem Kreuz „Frieden“ finden würde, jenen „Frieden“, der durch David und Salomo vorgeschattet ist.

Wenn wir Obiges bedenken, werden wir auch unseren heutigen Leitvers verstehen können. Gott ist nicht auf ein irdisches Prachtgebäude angewiesen (von Menschenhänden erbaut)! Lassen wir ganz kurz die Geschichte des Tempels Salomos an uns vorüberziehen: Dieser Tempel wurde von Nebukadnezar, dem babylonischen König, im Jahre 586 v. Chr. zerstört und unter dem Statthalter Serubabel im Jahre 516 v. Chr. wieder hergestellt (vgl. Esr 3:12 und Esr 6:15). Danach wurde er von Herodes d. Gr. in prächtiger Weise erweitert. Bei der Eroberung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. wurde dieser Tempel bis auf die heute noch bestehende Klagemauer vollständig zerstört. Auf dem Platz dieses Prachtgebäudes steht heute (wie seltsam!!!) eine mohammedanische Moschee. Zur Zeit des Stephanus stand also noch dieser herodianische Prachttempel. Von diesem sagte Jesus, dass er abgebrochen und nicht Stein auf Stein gelassen würde (Mt 24:2). Und wegen dieser Worte vom Abbruch des Tempels, den Er ja in drei Tagen wieder aufbauen wollte, empörten sich die Juden und lästerten. Hier liegt auch die Wurzel des glühenden Hasses des Hohen Rates gegen Stephanus, weil auch er abfällig von diesem Tempel sprach.

Apg 7:49

„Der Himmel ist Mein Thron und die Erde Meiner Füße Schemel. Was für ein Haus wollt ihr Mir bauen? sagt der Herr, oder welches ist die Stätte Meines Feierns:“

Wir sahen gestern kurz den geschichtlichen Werdegang des von Menschenhand erbauten Tempels, von dem nur ein kläglicher Rest der so genannten „Klagemauer“ übrig geblieben ist und auf dessen einstigem Platz heute eine Moschee steht – kann Gott Sich hier verherrlichen? Wohl kaum! Und so ist es nicht verwunderlich, dass Stephanus jetzt immer kühner mit seinen Worten zum Angriff übergeht, indem er klar bezeugt, dass Gott nicht in einem von Menschenhand gebauten Haus wohnt, sondern dass der Himmel Sein Thron ist, und die Erde der Schemel Seiner Füße. Und dann noch die fast provokative Frage, die hier an den Hohen Rat gerichtet ist: „Was für ein Haus wollt ihr Mir bauen?

Diese Worte des Stephanus leiten sein Martyrium ein und wir müssen spüren, wie der prophetische Eifer mehr und mehr den Stephanus ergriff, „prophetisch“ deshalb, weil schon die alten Propheten, z. B. Elias gegen die Baal-Pfaffen, in gleicher Weise sprachen und vielfach zu Märtyrern wurden.

Der wahre Tempel kann nicht mit Händen gemacht sein, das ist uns allen klar. Als der Sohn Gottes inmitten Seines Volkes aufwuchs und wirkte, und dies voller Gnade und Wahrheit, ist Er zum wahren Tempel geworden, sinngemäß bezeugt dies Joh 1:14. Und heute?

Mit dieser Frage kommen wir zu uns, der Körpergemeinde Christi Jesu: Israel ist als Werkzeug Gottes in der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade noch in der göttlichen Verstockung (Röm 11:25), deshalb sagt Paulus zu den Korinthern und zu uns: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1Kor 3:16).

Apg 7:50

„Hat nicht Meine Hand dies alles geschaffen?“

Man könnte jetzt noch einiges zum Vers 49 sagen, nämlich zum Himmel, der Sein Thron ist und zur Erde, die als Seiner Füße Schemel bezeichnet wird (diese Worte stammen aus Jes 66:1), doch wir lenken unser Augenmerk auf das, was Stephanus dem Hohen Rat sagen möchte: Wie unbegreiflich groß und unfassbar ist dieser Gott, der Schöpfer der Himmel und der Erde – und da wollt ihr (die Ratsmitglieder) Seine Gegenwart auf ein von Menschenhänden gemachtes Haus beschränken! Und vor allem: Ihr schenkt diesem steinernen Bauwerk mehr Beachtung als dem lebendigen Sohn Gottes, in dem Gott war, die Welt mit Sich versöhnend!

Und dann hören wir die gewaltigen Worte unseres Leitverses, die ja auch schon Jesaja (Jes 66:2) bezeugte. Doch Jesaja sagte schon an früherer Stelle (Jes 45:6-7) die uns ja inzwischen bekannten Worte: „Der Ich bilde das Licht und erschaffe das Finstere, bewirke das Gute und erschaffe das Böse, Ich, Ieue Alueim, mache all dieses.“ Und dann wird es noch gewaltiger: In 1Kor 8:6 lesen wir in Bezug auf Gott, dass es im gesamten All nur „Einen“ Gott gibt, der Vater, aus dem das All ist“!

Wenn wir diesen Gedanken auffassen und weiter bedenken, ergibt sich der Schluss, dass das All vorher „in Gott“ gewesen sein muss! Demnach ist alles, was in irgendeiner Form existiert, Sichtbares oder Unsichtbares, in jene für uns nicht mehr begreifliche Ferne zurückzudenken, wo es in Gott verweilte. Unseren Gedanken sind hier Grenzen gesetzt, weil dahinter die Anfangslosigkeit und damit ja die Unendlichkeit liegt, und in die hinein ragt nur allein Gott!

Wir machten diesen kurzen Einblick, um uns immer wieder aufs Neue bewusst zu werden, dass unser Gott und Vater viel größer ist, als es sich viele Gläubige vorstellen können. Und es ist eine unsagbare Gnade, dass wir zu diesem Gott in Christus Jesus „Abba, Vater“ sagen dürfen!

Apg 7:51

„Ihr Halsstarrigen, ihr an Herzen und Ohren Unbeschnittenen, stets prallt ihr mit dem Geist, dem heiligen, zusammen! Wie eure Väter, so auch ihr.“

Am Fleisch war der Hohe Rat, wie alle männlichen Israeliten, beschnitten, und die „Beschneidung“ fing ja als ein Bündnis Gottes mit Abraham an (1Mo 17:10). Wo immer von „Beschneidung“ im Wort Gottes die Rede ist, geht es darum, das Fleisch zu beschneiden, um Raum für den Geist zu machen, das ist deren eigentliche Bedeutung. Doch an ihren Herzen und Ohren, und damit schauen wir wieder auf den Hohen Rat, waren sie unbeschnitten, das heißt, der Geist hatte keinen Raum in ihnen, mehr noch, sie prallten mit dem Geist, dem heiligen, zusammen!

Das Herz ist der Sitz der Gedanken und Entscheidungen, eine Beschneidung der Herzen hat folglich den Sinn, die Gedanken auf Gott zu richten und in göttlichem Sinn zu entscheiden, also Ihm zu dienen, Ihn zu lieben, und dies mit ganzem Herzen (lies hierzu 5Mo 10:12-16). Wäre dazu der Hohe Rat fähig gewesen?

In 5Mo 30. lesen wir die Vorhersage über die Verstoßung Israels unter die Nationen ebenso wie die Rückführung des Volkes in das angestammte Land. Und wir lesen in diesem Kapitel, dass dann Gott ihre Herzen und das Herz ihrer Nachkommen beschneiden wird, damit das Volk all das tun kann, was der Hohe Rat vor Stephanus nicht tun konnte.

Wir stehen wieder einmal vor der Tatsache, dass dem Volk Israel, hier sind es die geistlichen Führer, etwas vorgeworfen wird, was sie zu diesem Zeitpunkt nach dem Ratschluss Seines Willens noch gar nicht haben durften: „Beschnittene Herzen und Ohren!“ Hätten sie es schon bei Stephanus bekommen, wäre das Evangelium nicht an die Nationen gegangen, weil ja das irdische Königreich aufgerichtet worden wäre - es hätte keine Körpergemeinde Christi Jesu gegeben!

Apg 7:52

„Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? So töteten sie auch die, die das Kommen des Gerechten vorher verkündigten; dessen Verräter und Mörder seid ihr nun geworden,

In unserem Leitvers geht Stephanus von der Verteidigung in die offene Anklage über, und die ist mehr als massiv! Wir wissen aber hier natürlich im Voraus, dass (menschlich gesehen) dem Apostel all sein Reden nichts nützte und sein trauriges Ende nahte.

Wir wollen in diesem Zusammenhang vertieft auf das eingehen, was manchen von uns gestern bewegt haben könnte: Warum so lange Reden und harte Angriffe, wenn von Gottes Seite aus sowieso alles feststeht! Warum versucht Stephanus, von dem Kap. 6:5 bezeugt, dass er voll Glauben und heiligen Geistes war, die Führer Israels zur Umkehr zu bewegen, wenn diese Umkehr gar nicht dem Ratschluss Gottes entspricht? Und wenn wir schon diese Frage an dieser Stelle aufwerfen, dass müssen wir auch sehen, dass sie an unzähligen anderen Schriftworten auch gestellt werden müsste!

Eine befriedigende Antwort finden wir nur, wenn wir zu unserer schon oft in unseren Schriften angeführten „Offenbarungsleiter“ übergehen, die uns Stufe um Stufe, die wir erklimmen, in der Erkenntnis Gottes wachsen lässt. Es entspricht der Weisheit Gottes, dass Er am Anfang unserer Erkenntnis, also auf der untersten Sprosse der Leiter, erst einmal den Menschen wirken lässt. Und der Mensch braucht die Erfahrung seiner Unfähigkeit und Ohnmacht! Doch je höher der Gläubige in der Erkenntnis Gottes wächst, also auf der Offenbarungsleiter empor steigt, je mehr er Gott erkennen darf, umso mehr tritt der Mensch mit seinem Tun und Handeln in den Hintergrund und das Wirken Gottes leuchtet immer heller auf. Und die oberen Offenbarungsstufen zeigen dem „klein gewordenen Menschen“, dass es nur „Einen“ gibt, der alles nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt: Gott, der in Christus Jesus unser Vater ist!

Apg 7:53

„… die ihr das Gesetz zur Anordnung durch Boten erhalten und doch nicht bewahrt habt!“

Man liest schnell über diese letzten Verteidigungsworte des Stephanus hinweg, doch wir wollen uns die Zeit nehmen, auch das nebensächlich Erscheinende zu untersuchen, wobei wir die Aussage beachten wollen, dass Israel das Gesetz durch Boten (hier himmlische Boten = Engel) erhalten hat! Aber zuerst etwas Grundsätzliches: Was ist das Gesetz überhaupt?

Es sind nicht nur – wie landläufig geglaubt wird, die zehn Gebote, sondern es ist ein umfassendes Gesetzeswerk, welches a) das Verhalten des Volkes Israels prägen soll und b) das durch seine Opfer- und Festtagsbestimmungen die heilsgeschichtliche Zukunft vorschattet. Interessanterweise lesen wir schon zu Anfang in 5Mo 31:26, dass dieses Gesetz ein Zeugnis „wider sie“ sei, anders gesagt: Es ist von Anfang an eine Anklage gegen Israel! Damit haben wir den Sinn des Gesetzes schon herausgehoben: Es rettet nicht, sondern klagt an! Und der Sinn der Anklage ist: Die Kluft zwischen Gott und dem in Sünde gefallenen Menschen aufzuzeigen. Es lohnt sich, hier innezuhalten und sich darüber vertieft Gedanken zu machen.

Laut vernehmen wir noch heute die vor Selbstbewusstsein strotzenden Worte des gesamten Volkes, als sie das Gesetz erhalten haben: „Alles, was Jewe gesprochen hat, wollen wir tun“ (2Mo 19:8). Und die Geschichte enthüllt das Gegenteil, nämlich die ununterbrochene Unfähigkeit Israels den göttlichen Weisungen gegenüber.

Wir können zum Tagesabschluss noch weitere Fragen stellen: War (oder ist) das Gesetz ein Fehlschlag? Hat der Gesetzgeber Israel überschätzt? Oder waren die Forderungen zu hoch? Wer war überhaupt der Gesetzgeber? Wir sehen, liebe Geschwister, es gibt hier Fragen über Fragen – und wir wollen die nächsten Tage versuchen, hier etwas Licht hinein zu bringen.

Um weitere Antwort auf die gestrigen Fragen zu bekommen, werden wir bei Paulus fündig; provokativ fragt er in Röm 7:7: „Was wollen wir nun vorbringen? Etwa, das Gesetz sei Sünde (sei ein Fehlschlag)?“ Und es folgt in Vers 7 b die Antwort, die wir etwas anders formulieren: Erst durch das Gesetz wurde mir (Paulus) die Sünde bewusst! Man muss, liebe Geschwister, immer mal wieder innehalten und über bestimmte Aussagen nachdenken, es ist wirklich segensreich!

Wir halten fest: Erst durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde! Das zwingt zu der Folgerung: Ohne Gesetz ist die Sünde unerkennbar, also tot! In Röm. 4:15 steht dies etwas anders ausgedrückt: „… wo aber kein Gesetz ist, gibt es auch keine Übertretung.“ Und noch ein Wort von Paulus: „… die Kraft der Sünde liegt im Gesetz“ (1Kor 15:56). Auch hierüber muss man einfach einmal stille werden!

Röm 4:15, was wir oben zitiert haben, enthält aber noch eine ganz wichtige Aussage: „Denn das Gesetz bewirkt Zorn!“ Und hat es bei Israel Zorn bewirkt? Die Geschichte des AT beweist uns, dass das Volk in der Tat ungleich mehr Fluch als Segen durch das Gesetz geerntet hat! Darum nennt Paulus das Gesetz auch „einen Dienst (Diener) des Todes“ (lies 2Kor 3:7).

Das bisher Gesagte beweist uns zur Genüge, dass das Gesetz von Anfang an ein Zeugnis gegen das Bundesvolk Gottes war, weil es einfach nicht gehalten werden konnte. Wenn heute Gläubige behaupten (und solche gibt es heute leider immer noch), man müsse das Gesetz halten, um vor Gott bestehen zu können, so sollte eigentlich gerade die Geschichte Israels das Gegenteil lehren (lies hierzu Röm 3:19).

Wir fahren noch etwas in unserem Thema „Gesetz“ fort: Wir haben gesehen, dass dieses Gesetz zwar die Sünde erkennbar macht, aber niemals den Menschen verbessern kann!!! Und genau das ist Gottes Absicht. In Röm 5:20 lesen wir die bedeutsamen Worte: „Das Gesetz kam nebenbei herein, damit die Kränkung zunähme …“.

Ähnliches lesen wir in Gal 3:19, nur mit dem entscheidenden Hinweis: „ … bis der Same käme, dem die Verheißung gegolten hat“ – und dieser Same ist Jesus Christus, der Sohn Gottes! Liebe Geschwister, beachten wir jetzt einen ganz wichtigen Punkt: Es heißt: „… bis der Same kommt …“, was beinhaltet, dass nach dem Kommen des Samens das Gesetz hinfällig (weil es erfüllt) ist! Und Jesus Christus ist des Gesetzes Erfüllung!

Mit dem Namen „Jesus Christus“ kommen wir zu der heilsgeschichtlichen Bedeutung des Gesetzes, es führt hin zu Christus, oder wie Gal 3:24 sagt: „Daher ist das Gesetz unser Geleiter zu Christus geworden, damit wir aus Seinem Glauben gerechtfertigt würden“ – damit ist eigentlich alles gesagt!

Zusammenfassend kann gesagt werden: Das Gesetz, dem Bundesvolk Israel gegeben, entspricht dem Ratschluss Seines Willens! Es wurde gegeben, um die Sünde erkennbar zu machen und auf den hinzuführen (zu geleiten), der des Gesetzes Erfüllung ist: Jesus Christus!

Zum Tagesabschluss noch etwas köstliches, was wir bewusst im ersten Absatz in Röm 5:20 unterschlagen haben: „Wo aber die Sünde (unsere Kränkung Gott gegenüber) zunimmt, da strömt die Gnade über …“!

Einen letzten Tag widmen wir noch dem Thema „Gesetz“, und hier besonders der Aussage, dass Israel es „durch Boten“ erhalten hat. Ein weiteres hilfreiches Wort steht in Gal. 3:19: „… das Gesetz … angeordnet durch Boten …“. Auch hier sind „himmlische“ Boten (Engel) gemeint. Und noch ein Hinweis auf Gal 1:8, wo Paulus die Möglichkeit gibt, dass ein Bote aus dem Himmel etwas Andersartiges verkündigt, als das, was er (Paulus) den Galatern verkündigt hat – mit anderen Worten: Ein himmlischer Bote (Engel) verkündigte den Galatern das Gesetz, im Gegensatz zu dem Evangelium der Gnade, das Paulus predigte.

Wir haben nicht allzu viel Einblick in die unsichtbare Welt der himmlischen Boten, doch die oben angeführten Stellen zeigen sie uns immer in enger Verbindung mit dem Gesetz, das sie angeordnet und überbracht haben. Wir können im Rahmen unseres Andachtsbüchleins natürlich nicht das riesige Thema der so genannten „Engelswelt“ ausschöpfen (genauso wenig wie das des Gesetzes), uns geht es heute nur um eines:

„… da wir der Welt, den himmlischen Boten und den Menschen ein Schauspiel geworden sind“ (1Kor 4:9). Diese himmlischen Boten überbrachten einst Israel das Gesetz, stehen mit dem Gesetz in Verbindung. Aber seit dem Anbruch der gegenwärtigen Verwaltung der Gnade ist dieser Dienst am Gesetz überflüssig, ja ausgesetzt. Diese Boten scheinen das nicht begreifen zu können, staunend und (menschlich gesagt) fassungslos schauen sie auf uns und auf unser Verhalten, besonders in Drangsal und Leiden!!! Und wir, liebe Geschwister, die wir vor den Augen der unsichtbaren Welt in diesen Leiden zubereitet werden, dürfen gerade dieser Himmelswelt in den herankommenden Äonen (also in der Herrlichkeit) „Schaugefäße Seiner Gnade“ sein, wie es Eph 2:7 mit anderen Worten beschreibt.


Die Steinigung des Stephanus

Apg 7:54

„Als sie das hörten, waren sie in ihren Herzen zutiefst verletzt und knirschten mit den Zähnen über ihn.“

Wir kehren von unserem Abstecher in die Welt des Gesetzes und die der himmlischen Boten zurück auf den Boden Israels, und hier hinein in das Geschehen des Synedriums in Jerusalem. Stephanus hat seine Verteidigungsrede, die ja zum Schluss immer mehr zu einer Anklage wurde, beendet, der Erfolg war, wie ihn unser Leitvers beschreibt.

Wir erinnern uns hier an ein ähnliches Verhalten aus Apg 2:37, als Petrus seine Pfingstpredigt hielt. Den Zuhörern ging ein Stich durchs Herz, sie fühlten sich angeklagt! Doch etwas war dort anders: Sie fragten Petrus und die übrigen Apostel: „Was sollen wir tun, Männer, Brüder?“ Welch ein Unterschied zu den Zuhörern des Synedriums! In beiden Fällen handelte es sich um das Evangelium des Königreichs, auch bei Stephanus. Aber es kam eben auf die innere Einstellung zum lebendigen Wort Gottes an – die Ersteren wurden zwar auch getroffen, aber sie beugten sich unter das Gehörte – die Ratsmitglieder hingegen knirschten mit den Zähnen, von Beugung keine Spur!

Es liegt uns am Herzen, hier bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass auch diese schlimmen Feinde Jesu einmal ihre Knie in diesem herrlichen Namen „Jesus“ beugen werden, mehr noch: Sie werden Ihm mit ihrer Zunge huldigen (lies Phil 2:9-11). Ein harter Gegner der so genannten Allaussöhnung entgegnete mir einmal auf meinen (des Verfassers dieser Zeilen) diesbezüglichen Hinweis: „ Na ja – sie werden eben gezwungen, Jesus anzuerkennen, sozusagen mit knirschenden Zähnen und hinterrücks geballter Faust!“ Aber, liebe Geschwister, wäre solch eine Zwangshuldigung hier wirklich zur Verherrlichung Gottes, wie die Verse im Philipperbrief ja abschließen? Die Verse in Röm 11:28-29, die ja erst einmal Israel gelten, haben zum Inhalt, dass Gott alle zusammen in Widerspenstigkeit einschließt (auch die geistliche Führerschaft Israels), damit Er Sich aller erbarme! Und dann folgt der herrliche Röm 11:33: „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Urteile …!“

Apg 7:55

„Er aber, voll Glauben und heiligem Geist unverwandt in den Himmel sehend, gewahrte Gottes Herrlichkeit und Jesus zur Rechten Gottes stehen und sagte:“

Fast wundert es uns heute, wie anscheinend geduldig der Hohe Rat der gesamten Botschaft des Stephanus zugehört hat, doch am Ende muss eine Entscheidung fallen; anstatt auf die geistgewirkten Worte des Stephanus zu hören und umzusinnen, prallte der Hohe Rat erneut mit dem Geist, dem heiligen, zusammen, indem er die Botschaft radikal ablehnte. Damit wurde der Messias zum zweiten Mal verworfen!

Stephanus sah die strikte Ablehnung der Ratsmitglieder, er las sehr wohl in ihren Gesichtern den Grimm und spürte, was auf ihn zukam. Und dann tat er zweierlei: a) Er sah weg vom Irdischen und b) richtete seinen Blick nach oben!

Es darf auch uns heute, nach fast zweitausend Jahren, noch tief im Herzen bewegen, wie ein Mensch, der kurz vor einem grausamen Tod steht, seine Augen (vertieft gesehen sind es die geistigen Augen seines Herzens) dorthin richtet, wo er seinen Herrn weiß; und der Herr offenbart Sich ihm in Seiner Herrlichkeit!

Lasst uns heute, liebe Geschwister, an Punkt b) verweilen, der „Blickrichtung“, die ja auch für uns so überaus bedeutsam ist. Immer wieder haben wir hierbei auf 2Kor 3:18 verwiesen, wo wir im Grunde mit Stephanus eins sind: Auch wir, die Glieder am Körper Christi Jesu, dürfen, ja sollen unsere Herzensaugen auf Ihn ausrichten. Und wenn wir Ihn so ganz in der Mitte unseres Herzensspiegels haben, geschieht etwas Wunderbares: Wir spiegeln Ihn ab, ja wir spiegeln, wie es der Vers sagt, „Seine Herrlichkeit wider“, aber es geht noch weiter: „wir werden dabei in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit wie des Herrn lebendig machendem Geist.“

Apg 7:56

„… und sagte: Siehe, ich schaue die Himmel aufgetan und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!“

Der Schreiber der Apostelgeschichte ist Lukas und er schrieb das nieder, was ihm der Geist, der heilige, damals eingab. Was Stephanus wirklich gesehen hat, wird uns durch Lukas nur kurz und bruchstückhaft beschrieben und es wäre reine Spekulation, sich darüber auszulassen, was Stephanus nun über das geschriebene Wort hinaus alles gesehen haben könnte. Hier betreten wir heiligen Boden und wollen uns deshalb zurückhalten. Auch unser Apostel Paulus durfte ja einen Blick in die unsichtbare Welt tun, er wurde nach eigenen Worten bis zum dritten Himmel entrückt und hörte dabei unbeschreibbare Dinge, die dem Menschen nicht auszusprechen erlaubt sind (2Kor 12:1-4).

Für uns ist kostbar und teuer zu wissen, dass Gott Seine Diener nur zu oft schwer verständliche Wege führt, dass Er ihnen aber alles mitgibt, was sie benötigen, um diese schwersten Wege zu bestehen.

Einen Blick in die Himmelswelt dürfen wir aber dennoch mit Stephanus tun, den Blick auf den „Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehend“ – es ist unser beider Herr! Und nicht nur das, es ist auch der vom Vater überaus hoch erhöhte Herr, begnadet mit einem Namen, der über jedem Namen steht: „Jesus“!

Gehen wir noch ein Stück mit Stephanus: Es war ein inneres Schauen (die Ratsmitglieder sahen ja nichts) seines geliebten Herrn und dieser Blick auf Ihn machte Stephanus bereit, auch für Ihn zu sterben! Wie für uns unfassbar gewaltig muss dieses Schauen gewesen sein!

Stephanus sah „den Sohn des Menschen“, von dem a) 1Kor 15:45 sagt, dass Er als letzter Adam zu einem lebendig machenden Geist wurde, und b) gemäß den Versen 47-49 nach dem ersten Menschen aus Erde der zweite Mensch als Herr aus dem Himmel ist – es ist der Sohn des Menschen, der einzig von Gott gezeugte „Originalmensch.“

Apg 7:57

„Da schrien sie mit lauter Stimme, hielten sich die Ohren zu und stürmten einmütig gegen ihn an.“

Versuchen wir uns, liebe Geschwister, die damalige Situation vorzustellen: Auf der einen Seite Stephanus, der seine Rede beendet hat und seine äußeren und inneren Augen nach oben richtet. Es war sicherlich nicht mehr die kräftige Stimme, mit welcher er sich verteidigt hat, als er sagte: „Siehe, ich schaue die Himmel aufgetan …“, vielmehr sagte er diese Worte sicher mehr leise und voll Inbrunst. Auf der anderen Seite sehen wir den Hohen Rat, erst mit den Zähnen knirschend, dann laut brüllend und einmütig gegen Stephanus stürmend!

Heilsgeschichtlich erleben wir hier, wie die Volksvertreter Israels den Eintritt in das Königreich offiziell ablehnen; durch ihr Verhalten wollen sie dem Volk zeigen, dass es sich bei Stephanus um einen Lästerer, und nicht um einen Zeugen Gottes handelt.

Wir können das Bild, das wir vor Augen haben, in gewisser Weise auch auf uns umsetzen: Auf der einen Seite stehen wir, die in Christus Jesus Gläubigen und dürfen mit unseren inneren Augen die Herrlichkeit unseren Herrn sehen und diese Herrlichkeit sogar widerspiegeln; auf der anderen Seite stürmt einmütig die Macht der Finsternis auf uns ein, bestehend aus Fürstlichkeiten, Obrigkeiten, Weltbeherrscher dieser Finsternis, geistliche Mächte der Bosheit inmitten der Überhimmlischen (gemäß Eph 6:12). Und diese geballte Macht der Finsternis hat auch nur ein Ziel, uns mundtot zu machen, uns zu schädigen, wo es nur geht! Und dass uns Satan durchaus zu schädigen vermag, steht außer Zweifel! Mit List lässt er uns unsere Kräfte im Streit mit Fleisch und Blut (mit Menschen) verbrauchen, anstatt dass wir die geistliche Waffenrüstung aufnehmen, um an dem bösen Tag (in welchem wir leben) zu widerstehen! Es entspricht dem Ratschluss Gottes, dass wir von allen Seiten angegriffen werden, der Kampf soll uns ja auf zukünftige Aufgaben stählen und zubereiten.

Apg 7:58

„Dann stießen sie ihn aus der Stadt hinaus und steinigten ihn; die Zeugen legten dazu ihre Obergewänder zu Füßen eines jungen Mannes ab, der Saulus hieß.“

Was wir heute lesen, ist zutiefst erschütternd! Zum einen lesen wir, dass Stephanus gesteinigt wurde und dass dieser grausame Tod eindeutig dem Willen Gottes entsprach! Das macht uns erst einmal sprachlos!

Und wie so oft sind die Stimmen zu hören: „Warum hat Gott das zugelassen? Menschlich gesehen ist es doch eine Tragödie! Da ist eine ganz junge Glaubensgemeinde entstanden, die im Grunde doch dringend Männer wie Stephanus zum weiteren Aufbau braucht! Und dann die weitere Frage: Wie wirkt der grausame Tod auf die Gläubigen, die ja vielfach Zeichen und Wunder erlebt haben? Erschüttert dieser Tod nicht ihr junges Glaubensleben? Warum greift der Herr bei diesem dringend benötigten Diener Gottes nicht ein?

Obiges sind alles Fragen, die auch wir von vielfach Ungläubigen zu hören bekommen, wenn Katastrophen und menschliche Schicksale auftreten. Die Antwort liegt wohl immer darin, dass der Mensch zu viel Wert auf das kurze irdische Leben legt und dabei vergisst, dass das eigentliche Leben doch erst in der Herrlichkeit beginnt!

Zum anderen berichtet unser Leitvers, wie die gemäß 5Mo 17:6 geforderten Zeugen, die gegen Stephanus ausgesagt haben, nach der gesetzlichen Vorschrift den vermeintlichen Lästerer gemäß 3Mo 24:14 hinaus führten und diesen steinigten. Ihre dabei wohl hinderlich gewesenen Obergewänder legten sie ab, und zwar vor die Füße eines jungen Mannes, der Saulus hieß. Und dies erschüttert uns erneut, denn:

Dieser Mann ist ja kein anderer als unser Apostel Paulus!

Apg 7:58

„Dann stießen sie ihn aus der Stadt hinaus und steinigten ihn; die Zeugen legten dazu ihre Obergewänder zu Füßen eines jungen Mannes ab, der Saulus hieß.

Es bedarf schon noch eines weiteren Tags, um das gestern Gelesene besser zu verstehen. Zuerst noch einige Gedanken zum Märtyrertod, den ja Stephanus als erster Gläubiger der Königreichsgemeinde des NT durchleiden musste: Die Geschichte der Königreichslinie, die ja mit dem Aufkommen der Körpergemeinde Christi Jesu langsam auslief, kennt etliche genannte Märtyrer, denken wir nur an Petrus! Und dieser gewaltsame Tod macht auch vor der Körpergemeinde Christi Jesu nicht halt; wer es nicht wissen sollte: Bis zum heutigen Tag sterben Gläubige lieber, als dem Namen „Jesus“ abzusagen, der ihnen so unendlich kostbar geworden ist. Und wenn es auch heute nicht mehr in Europa so ist, dann doch in anderen ferneren Ländern. Doch auch jenes Europa darf uns noch nicht so fern liegen, als dass wir vergessen sollten, dass in den vergangenen Jahrhunderten auch in unserem Land unzählige Gläubige ihr Leben für den Herrn ließen, wir erinnern hier an die von uns schon öfters genannten vier Buchstaben auf manchen unbekannten christlichen Grüften und Denkmälern in Rom: „Q.N.D.S.“ (QUORUM NOMINA DEUS SCIT = deren Namen Gott kennt)! Auch wenn man nie persönlich vor solch einem Denkmal stand, so berührt uns doch schon der Gedanke daran tief – wie sehr mussten all diese Märtyrer von ihrem Herrn erfüllt gewesen sein!

Wir können und dürfen mit Gott nicht rechten, warum Er Menschen aus dem Leben abruft – jedem ist sein Ende bestimmt! Und wir dürfen genauso wenig fragen, warum Gläubige oft so gewaltsam und grausam sterben müssen, weil auch dies in Gottes Ratschluss liegt. Und Gottes Handeln ist nicht sinnlos, sondern sinnvoll! Immer wieder haben wir gelesen, dass wir der Welt, den himmlischen Boten und den Menschen ein Schauspiel geworden sind (1Kor 3:9) – und was für ein Schauspiel (Zeugnis) gibt ein Gläubiger ab, der selbst in größter Qual und Pein an seinem Herrn festhält und Ihn bezeugt und lobt!

Noch etwas muss uns bei unserem Leitvers bewegen, hier taucht nämlich zum ersten Mal der Name „Saulus“ auf, der ja später zum Paulus wird. Und wie schon gestern von der Rolle der Märtyrer erschüttert, ergreift es uns auch heute, diesen Namen in solch einem Zusammenhang kennen zu lernen!

Saulus passte offensichtlich auf die Gewänder der Steinewerfer auf, was uns zeigt, dass er nicht nur mit dem Tod des Stephanus einverstanden war, sondern sogar dabei eine maßgebliche Rolle innehatte, ja es ist auch nicht auszuschließen, dass er selbst ein Mitglied des Synedriums war und darin einen entsprechenden Rang hatte. Dass er ein Pharisäer und Schriftgelehrter war, der zu Füßen des Gamaliel gelernt hatte, ist ja bekannt. Zur Person des Saulus ist noch zu sagen, dass nach geschichtlichen Berichten sein damaliges Alter bei vierzig Jahren gelegen haben musste, er also das volle Mannesalter erreicht hatte. Das ist die eine Seite des Saulus!

Doch es gibt noch eine andere Seite: Einen dunkleren Hintergrund als diese gezielte Steinigung des Stephanus konnte die später dem Paulus enthüllte Gnade gar nicht finden! Saulus in maßgeblicher Stellung lässt einen Zeugen Gottes steinigen und töten, und dies inmitten einer rasenden Menge.

Verstehen wir jetzt, liebe Geschwister, wenn Paulus später mit schwerem Herzen in 1Tim 1:15 bekennt, dass er der erste Sünder (der Körpergemeinde) war, den Christus rettete! Wie muss ihn gerade diese Steinigung immer wieder ergriffen haben!

Und wie spannend: Israel lehnt die Barmherzigkeit Gottes ab, und Gott hat gerade diesen menschlich total Unwürdigen auserwählt und gibt durch ihn Anschauungsunterricht, was „Gnade“ ist und bewirkt!

Apg 7:59

„Als sie Stephanus steinigten, rief er betend aus: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“

Saulus stand sicher in einer der vordersten Reihen, als Stephanus gesteinigt wurde, und so konnte er auch mit Sicherheit jedes der letzten Worte hören; und es muss bei Saulus einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, als er den Sterbenden gerade jenen Mann anrufen hörte, den er so hasserfüllt verfolgte: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Später schrieb er an Timotheus: „Bergen wird mich der Herr vor jedem bösen Werk und mich retten für Sein überhimmlisches Königreich“ (2Tim 4:18).

Unser Leitvers zeigt uns deutlich, was Stephanus nach seinem Tod erwartet: Dass der Herr Jesus seinen Geist aufnimmt! Was bedeutet das?

Viele Geschwister sind der Ansicht, dass ein Gläubiger nach seinem Tod sofort in der Herrlichkeit sei, leider wird diese irrige Ansicht auch von namhaften Brüdern gelehrt! Belegt wird diese falsche Lehre vielfach mit eigenen fragwürdigen Erlebnissen. Dazu muss eindeutig gesagt werden: Hier ist „Satan als Engel des Lichts“ am wirken und benützt geschickt das seelische Wunschdenken, um eine falsche Lehre zu verbreiten!

Wahrheit und damit biblische Tatsache ist, was auch Stephanus bezeugt: Der Geist geht zurück zu Gott, etwas anderes sagt er nicht! Wir sagen dazu: Der Körper geht zur Erde, und die Seele, die ja ein Produkt aus dem Zusammenschluss von Körper und Geist ist, geht in das Unwahrnehmbare. Der Mensch nimmt in diesem geteilten Zustand nichts mehr wahr (er ist ohne Bewusstsein) – er schlummert! Und er schlummert so lange, bis der Zeitpunkt seiner Auferstehung gekommen ist: Für Stephanus, der ja der irdischen Königreichsgemeinde zugerechnet werden muss, wird dies sein, wenn Jesus zur Aufrichtung dieses Königreiches auf den Ölberg wiederkommt, für uns, die Körpergemeinde ist es die frühere Erwartung der Entrückung, wie es 1Thes 4:13 ff lehrt.

Apg 7:60

„Dann kniete er nieder und schrie mit lauter Stimme: Herr, stelle diese Sünde nicht gegen sie! Als er dies gesagt hatte, entschlief er.“

Noch ein letztes Mal erhebt Stephanus seine Stimme, und seine Worte erinnern uns an die letzten Worte Jesu: „Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23:34). Dies ist nicht zufällig, sondern zeigt uns wie viel und in welcher Weise Stephanus den Geist Christi Jesu in sich aufgenommen hat und diesen bis zu seinem Tod entfalten ließ!

Es bietet sich an, dass wir hier auch einen Blick auf uns werfen – wie ist unsere Gesinnung?

Wer die Rettung in der Gnade erlebt hat (sich dieser bewusst ist), wer sich in Christus Jesus gerechtfertigt und ausgesöhnt weiß, wer gemäß Kol 3:1 dem Geist nach zusammen mit Christus auferweckt wurde, wird an sich spüren, dass er eine andere Gesinnung bekommen hat, die sich völlig von der Gesinnung eines Weltmenschen unterscheidet! Die Kinder dieser Welt orientieren sich naturgemäß an dem Irdischen, ihre Gesinnung, ihr Verstand und ihre ganze Denkkraft richten sich auf das, was auf Erden ist. Das kann Reichtum, Ehre, Macht, Selbstverherrlichung, Genuss und Befriedigung fleischlich/seelischer Begierden und Ähnliches sein. Tit 1:15 sagt über sie: „… ihr Denksinn wie auch ihr Gewissen ist beschmutzt“! Und wer steckt hinter dem allem? In 2Kor 4:4 werden wir belehrt, dass es der Gott dieses Äons (Satan) ist, der die Gedanken der Ungläubigen blendet. Auch wir, liebe Geschwister, haben diese Gesinnung in uns gehabt, machen wir uns hier ja nichts vor! Nur gibt es bei uns ein:

„Ihr aber …“ (Röm 8:9), und dann dürfen wir weiter lesen, dass wir nicht mehr im Fleisch sind, sondern im Geist, wenn nämlich Gottes Geist in euch wohnt. Und die Worte gehen noch weiter (bitte lesen) – für uns ist heute so köstlich, dass wir gleich einem Stephanus unter vielem anderen auch vergeben können, weil Sein Geist in uns wirkt!

Lies weiter:
8. Die Apostelgeschichte Kapitel 8