Das Ziel vor Augen

Aus Bibelwissen
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Von Daniel Muhl

Die meisten Menschen sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, ein Ziel vor Augen zu haben. Ein Ziel vermittelt uns vielfach Hoffnung und Motivation. Auch das Wort Gottes weist uns auf diesen wichtigen Aspekt hin:

  • Phil 3:13-14 - Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eines aber tue ich: Ich vergesse, was dahinten, strecke mich aber aus nach dem, was vorn ist, und jage auf das Ziel zu, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.

Der Apostel Paulus war also eindeutig vorwärtsorientiert. Durch die neuen Einsichten, die er von Gott erhielt, wurde ihm klar: "Vieles, was mir früher wichtig war, kann und muss ich heute vergessen, weil es mich sonst daran hindert, dem neuen Ziel in richtiger Weise nachzujagen."
Bei oberflächlicher Betrachtung hätte man Paulus vorwerfen können, in der Zukunft, statt in der Gegenwart zu leben. Es gibt ja tatsächlich das Problem, das etliche Menschen ständig nur an die Zukunft oder Vergangenheit denken und dadurch gar nicht richtig in der Gegenwart leben können. Vielleicht sehnen wir uns ständig nach den "alten guten Zeiten" und vergessen darüber, das Gute der Gegenwart zu sehen. Oder wir machen uns über die Zukunft soviel Sorgen, sodass wir das Gegenwärtige gar nicht richtig sehen und geniessen können.
Aber ist es wirklich die richtige Lösung, die Vergangenheit zu vergessen und nur dem Zukünftigen nachzujagen? Und wie soll ich dem Zukünftigen nachjagen, wenn ich die Zukunft gar nicht kenne?

Bekommt nicht die Gegenwart durch die Vergangenheit ihren Wert und hindert uns die Zukunft nicht daran, ganz bewusst in der Gegenwart zu leben?

Eigentlich können wir weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft leben, weil die Vergangenheit vorbei ist und die Zukunft noch nicht da ist. Für uns gibt es doch nur das "Jetzt", oder doch nicht? Und trotzdem spielt die Vergangenheit in der Gegenwart eine wichtige Rolle.
Was meint Paulus, wenn er sagt, ich vergesse, was dahinten? Aus allen Aussagen des Apostels geht eindeutig hervor, dass er damit nicht meinte, die ganze Vergangenheit zu vergessen. Es ging ihm nicht darum, alles zu vergessen, sondern darum, das zu vergessen, was ihn daran hinderte, das Ziel zu verfolgen. Wir lesen in der Bibel nämlich auch Folgendes:

  • Ps 103:2 - Preise den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht alle seine 
Wohltaten!

Gefragt ist also der richtige Umgang mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zuerst möchte ich einmal die Frage stellen: "Welche Aspekte der Vergangenheit sind für unser Denken wichtig und welche hindern uns daran weiterzukommen?" Paulus genoss eine vorzügliche theologische Ausbildung und gleichzeitig war er auch der "Musterknabe" an dieser "theologischen Fakultät". Er überragte alle anderen (Gal 1:14). In Bezug auf die Gerechtigkeit, die im Gesetz ist, war er untadelig geworden (Phil 3:6). Menschlich gesehen konnte er auf seine Leistungen richtig stolz sein. Er hätte sich aufgrund seiner Vergangenheit besser fühlen können, als alle anderen Zeitgenossen.
Doch dann erscheint Jesus in seinem Leben. Durch das Licht Jesu wurde er geblendet (Apg 9:3-8) und nach einer gewissen Zeit erkannte er die Gerechtigkeit Gottes so überwältigend, dass er sich selbst plötzlich ganz anders wahrnehmen durfte. Damals wurde ihm bewusst, dass er der erste von allen Sündern ist (1Tim 1:15). Damals fing Paulus an, seine eigenen und herausragenden Leistungen zu vergessen. Nicht in dem Sinn, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, sondern so, dass er nicht mehr darauf baute. Gleichzeitig achtete er seine frühere Stellung als "Dreck" (Phil 3:8). Er hielt in seinem Denken nicht an seinen Leistungen fest, sondern an dem, was Christus für ihn getan hat und an dem, was Gott Neues geschaffen hat.
Haben wir auch schon den richtigen Umgang mit unserer Vergangenheit gefunden oder klammern wir uns noch an unsere Leistungen oder an unsere Stellung?

Wenn Gott in unser Bewusstsein tritt, dann verändert sich unser Umgang mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft!

Das alte Denken, wo es nur um die Selbstverwirklichung ging, geht verloren, währenddem das neue Denken, wo Gott der alles Schenkende ist, immer mehr an Raum gewinnt. Der ideale Umgang mit der Vergangenheit könnte man wie folgt definieren:

- Man baut nicht mehr auf die eigenen Leistungen und die eigene Stellung.
- Man erinnert sich immer mehr an das heilsame Wirken Gottes in der Vergangenheit.
- Wir schauen auch nicht mehr auf die Verletzungen, die uns in der Vergangenheit zugefügt wurden und rechnen das Böse nicht mehr zu (1Kor 13:5), weil wir wissen dürfen, dass Gott uns alles zum Guten auswirken lassen kann (Röm 8:28).

Durch den "richtigen Umgang" mit der Vergangenheit, wird unser Denken in der Gegenwart verändert und das Leben in der Gegenwart bekommt eine ganz neue Qualität. Es vermittelt uns für die Gegenwart eine unaussprechliche Freude. Darum schreibt uns der Apostel:

  • Phil 4:4 - Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!


Doch wie sieht es mit der Zukunft aus? Wie können wir zukünftigen Dingen nachjagen, wenn wir keine Ahnung haben, was uns die Zukunft bringt?
Es ist tatsächlich so; Gott zeigt uns in den allerseltesten Fällen, wie unser persönliches Schicksal in Zukunft aussehen wird. Paulus wusste nicht, ob er sich einmal so glücklich schätzen konnte, die Gemeinde in Rom zu besuchen (Röm 1:10). Aber Gott hat ihm und auch uns gezeigt, wohin wir am Ende unseres Weges gelangen werden. Gott hat uns klar gemacht, dass wir jetzt zwar einen sterblichen Leib zu tragen haben (1Kor 15:54), in dem wir seufzen (Röm 8:23), aber er hat uns auch verheissen, dass wir einmal einen unsterblichen Leib bekommen werden und dass es einmal keinen Tod, kein Geschrei und keinen Schmerz mehr geben wird (Offb 21:4). Am Ende werden nur noch Glaube (o. Treue), Erwartung und Liebe sein (1Kor 13:13). Der Hebräerbriefschreiber ermahnte, dem Frieden und der Heiligung nachzujagen (Hebr 12:14). Gott hat der Gemeinde und somit allen Gläubigen, Tadellosigkeit, Heiligkeit und Vollkommenheit versprochen (Eph 5:27). Das alles liegt in unserer Zukunft und es ist ein Segen, wenn 

wir das heute schon vor Augen haben. Dies geht allerdings nur durch Glauben.

Wenn wir die von Gott verheissene Zukunft, in unser Denken einbeziehen, dann bewirkt dies Frieden und Gelassenheit in der Gegenwart!

Es geht also nicht darum, die ganze Vergangenheit auszulöschen oder nur in der Zukunft zu leben, sondern es geht um den richtigen Umgang mit Vergangenheit und Zukunft, damit die Gegenwart ihren Gehalt gewinnt und wir im Jetzt auch wirklich "leben" können und nicht "gelebt werden".