Das Geheimnis Babylons

Aus Bibelwissen
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Aus dem Zweimonatsheft für gläubige Schriftforscher:
"Das prophetische Wort"
Begründet von Professor E. F. Ströter

Herausgegeben von Heinrich Schaedel
Maranatha-Verlag, Klosterlausnitz i. Thür.

1. Teil siehe unten: Das Geheimnis Babylons
2. Teil siehe: Die Stadt Babylon
3. Teil siehe: Auf hoher Warte

Siehe auch:
Babylon im Land Sinear (von Albrecht Schwarz)
Das dritte Babel im Land Sinear (von August Fuhr)

Siehe weitere Abschriften

1. Das Geheimnis Babylons

von A. E. Knoch 1939
Fortsetzung siehe: Die Stadt Babylon

Einleitung

Babylon bedeutet „in Verwirrung“. Das ist eine treffende Bezeichnung nicht nur für die Stadt und ihr Geheimnis, sondern auch für den gegenwärtigen Stand der theologischen Anschauungen darüber. Luthers heftige Angriffe auf die Römische Kirche wurden gewürzt durch seine Versuche, darzutun, dass Rom das scharlachfarbene Weib der Apokalyse sei. Viele protestantischen Parteien sind ihm darin gefolgt und lehren heute noch, dass der Katholizismus die Verkörperung des Geheimnisses Babylons sei. Während des reißenden Verfalls des Protestantismus hingegen sind dessen Gegner nicht lässig gewesen, diese Waffe gegen ihn selbst zu kehren, und so hat man die protestantischen Richtungen „Töcher Babylons“ benannt. Manche erklären sogar alles außerhalb ihrer eigenen Lieblingsrichtung für Babylon. Ließen alle diese Anschuldigungen sich aus der Schrift begründen, dann gäbe es keine Heiligen, die sich nicht teilhaftig gemacht hätten ihrer Sünden die ihrem furchtbaren Gericht entrinnen würden. Die Anwendung der theologischen Parteipeitsche hat sich somit als unsinnig gerichtet. Wir sind der Überzeugung, dass der Hang, den Beinamen als Schimpf theologischen Gegnern anzuheften, unchristlich und unbiblisch ist.

Uns ist klar geworden, dass Babylon einfach Babylon meint, und nicht Rom, Jerusalem oder irgend eine andere Stadt. Gott sagt Babylon und wir glauben einfach und schlicht, dass er damit die Stadt in der Landschaft Sinear meint, die stets diesen Namen getragen hat. Sollte er eine andere Stadt im Sinn gehabt haben, dann müsste das aus der Schrift glaubwürdig nachzuweisen sein. Als unser Vater macht er sich anheischig, uns zu erhalten und versorgen, zu beraten und zu leiten, zu strafen und zurechtzuweisen. Und keiner Mutter Sorglichkeit und Liebe kann der seinen gleichen, Kinder in frohem Gehorsam gegen der Eltern Unterweisung; Weiber in liebevoller Unterordnung unter ihre Männer; Männer ihre Weiber liebend wie sich selbst - welch herzerquickende Bilder sind das! Zerbrochene und verstimmte Saiten sind überall zu finden, wie lieblich aber erklingen sie, wenn sie auf Ihn zugestimmt sind. Welch herrlicher Ein- und Wohlklang wird ertönen, wenn einst alle seine Werke ungehemmt seinen Ruhm verkünden!

Wenn unsere Herzen sich an jenen mannigfachen Beziehungen laben, so lernen wir dabei in seinem Herzen lesen. Sein Innerstes enthüllen sie und seine Wesensart. Der Strahlenglanz des geoffenbarten Gottes umleuchtet sie alle und wandelt die Bande der Erde in lauterstes Gold. Das schwache Kerzenlicht, das kaum die Düsterkeit durchbricht, verwandelt sich durch seine göttliche Kunst in den Abglanz seiner Herrlichkeit.

Das lieblichste und süßeste der Erdenbanden ist das, wodurch zwei Herzen eins werden - das Band der Ehe. Kein reineres Glück, keine höhere Wonne auf Erden als dieses! Kein innigerer Liebesbund ist denkbar auf unsrem Erdenrund. Ist auch in ihm ein Bild Seiner selbst zu finden? Ja wohl! Auch unser Gott hat, andern Liebhabern gleich, seine Auserkorene, um die er mit inniger und heißer Liebe wirbt, sie für sich zu gewinnen. Unbeschreiblich kostbar ist dieser Gedanke! Wenn edle Liebesgeschichten die Herzen der Menschen ergötzen, wie muss die Geschichte des Liebeswerbens Jehovas sie bewegen.

Muss nicht unser Herz vor Freude springen, wenn wir Seine Auserwählte sehen in der ganzen Glut der ersten Liebe, glückselig in Seiner Gegenwart und der Fülle Seiner Güte! Doch ach! wie traurig, wahrzunehmen, wie ihr Herz erkaltet, wie sie sich von ihm abwendet und ihm die Treue bricht. Wie herzzerreißend die Scheidung! - sie einsam und verlassen um ihrer Sünden willen; Er in Langmut und Geduld, harrend des Tages der Heimkehr und Wiedervereinigung. Das sind ergreifende Bilder!

Noch dichter aber wird das Dunkel, wenn wir schauen, wie das untreue Weib frevelhaft und frecher Gewalt, Macht und Stellung, die Jehova ihr verheißen, aus eigener Kraftanstrengung an sich reißt, schamlos höhnend: „Ich throne als Königin und bin keine Witwe, und Leid werde ich nicht sehen!“ Wenn aber diese schreckliche Finsternis von Seines Zornes Blitzen durchbrochen wird - können wir dann nicht einstimmen in das Hallelujah des Jubelchors über sein Gerichtsverfahren (Offb 17:7; Offb 19:1-2)? Doch solche Freude wird bald vergessen sein über dem herrlichen Anblick, da des Lammes Braut nun nicht mehr einsam und verlassen, mit erneuter Jugend , in herrlichem Brautgewand von reinstem Weiß, geschmückt mit lauterem Golde, zur Hochzeit schreitet. Dann wird sie jubeln wie in den Tagen der Jugend, und frohlocken wie in den Tagen des Heils. Indem unsre Augen aber von solcher Schönheit hingleiten auf den, der sie ihr verliehen hat, so kommt uns das Prophetenwort (Jes 62:5) in den Sinn: „Wie sich ein Bräutigam seiner Braut freut, so wird sich dein Gott über dich freuen."

1. Die Geschichte der Liebe Gottes

a) Das Liebeswerben Gottes

  • Jer 31:32: „.... der Bund, den ich mit den Vätern gemacht habe des Tages, da ich sie bei der Hand ergriff, um sie aus dem Lande Ägypten auszuführen; denn sie haben meinen Bund gebrochen, und ich habe sie mir doch angetraut, spricht der Herr“
  • Hos 2:16.17: „Darum siehe, ich will sie locken und sie in die Wüste führen und ihr ans Herz reden.... Da wird sie mir antworten wie in den Tagen ihrer Jugend und wie an dem Tage, da sie aus Ägypten zog“

Die Liebe sehnt sich nach Betätigung in Hingebung und Selbstaufopferung - danach, das Leben als Erweis unwandelbarer Treue für den Geliebten zu wagen. S o hat Jehova sein Weib gewonnen. Ägyptens bittere Knechtschaft ward Anlass für ihn zu Taten seiner Macht und Herrlichkeit. Angesichts der gerichteten Ägypter am Seeufer brechen ihre überwallenden Herzen aus in den Jubelgesang: „Herr, wer ist dir gleich unter den Göttern? Wer ist in der Heiligkeit so herrlich, mit Lobgesängen so hoch zu verehren und so wundertätig wie du? Als du deine rechte Hand ausstrecktest, verschlang sie die Erde. Du leitest in deiner Gnade das Volk, das du erlöst hast, und bringst es durch deine Kraft zur Wohnung deines Heiligtums (2Mo 15:11-13). Er sagt zu ihnen: „Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern getan und wie ich euch auf Adlerflügeln getragen habe und euch zu mir gebracht" (2Mo 19:4).

Durch seine mächtigen Taten verherrlichte sich Jehova vor Ägyptern und Israeliten, den einen zum Verderben, den andern zum Heil. Gerichtsvollzug an jenen ist der Hintergrund der Liebeserweisungen gegen diese. Sein ausgerechter Arm war eine Offenbarung seines Herzens. Doch er sandte sie nicht w e g; auch brachte er sie nicht nur a u s Ägypten und i n die Wüste, sondern zu s i c h s e l b s t. In Ägypten hatte er sie b e s u c h t, jetzt will er w o h n e n unter ihnen. In alledem entdecken wir das Verlangen seines Herzens nach ihrem Jawort. Aus vollem Herzen singen sie: „Ich will dem Herrn singen, denn von großer Majestät ist er: Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt. Der Herr ist meine Kraft und mein Psalm, und er ward mir zum Heil" (2Mo 15:1.2)! O die Glut der ersten Liebe! Nach ihr richtet sich stets wieder sein Verlangen. „Ich denke noch an die Zuneigung deiner Jugendjahre, an die Liebe deines Brautstandes, da du mir nachzogst in der Wüste in einem unbebauten Lande (Jer 2:2). Wunderlieblich ist die Zeit dieses Brautstandes geschildert in Hes 16:8-14.

Die Liebe gibt. So verlieh Jehova ihr Fülle und Güter und erhöhte sie in den Augen der Völker. All ihre Schönheit aber stammte von Ihm. In ihrer Schwachheit war Er ihre Stärke; in ihrer Krankheit ihr Arzt; in Aufruhr und Widersetzlichkeit ihre Gerechtigkeit. Was mehr konnte er tun, sie ganz zu gewinnen?

b) Seine Eifersucht

  • Hl 8:6: „...Denn Liebe ist stark wie der Tod, und Eifersucht hart wie der Scheol; ihre Glut ist Feuerglut, eine Flamme Jehovas"
  • Spr 6:34.35: „Eifersucht ist eines Mannes Zornesglut, und am Tage der Rache wird er nicht schonen; er sieht kein Lösegeld an und lässt sich durch das größte Geschenk nicht besänftigen“.

Die brennendste aller Leidenschaften ist die Eifersucht. Ein Fremder mag unser Kind liebkosen, einen Sohn mit Freundlichkeit überhäufen: unserm Weibe gegenüber ist das Verhältnis ein völlig anderes. Mann und Weib gehören ausschließlich einander. Dieses große sittliche Gesetz bindet nicht nur den Menschen, sondern auch manche der niederen Geschöpfe. Segen ist im Gefolge seiner Beobachtung, rasende Feuersglut aber entzündet seine Übertretung. In Gottes Ehre ist das begründet. Nicht nur Erkenntnis seiner Wege, sondern auch die Liebe zum Volk seiner Wahl wird in diesem Gesetz zum Ausdruck gebracht.

Während sie sich sättigt an seiner Güte, ist ihr Herz ferne von ihm. Statt sich auf seinen Arm zu stützen, sucht sie den Ägyptens; anstatt in Not und Gefahr ihn anzurufen, erbittet sie Assyriens Beistand. Wie ein törichtes Weib buhlt sie um die Gunst der umwohnenden Völker und bezahlt sie mit Zeichen seiner Liebe. Besonders die zehn Stämme haben sich in dieser Beziehung schwer versündigt. Darum spricht der Herr: „Ich will dir das Urteil sprechen, wie man den Ehebrecherinnen das Urteil spricht, und vollziehen an dir das Blutgericht mit Grimm und Eifer (Hes 16:38). Ihre Liebhaber wandten sich von ihr und machten sie verlassen und wüst, zum Sprich- und Hohnwort aller. All ihre Schmuckstücke, mit denen sie ihre Buhlen angelockt hatte, wurden ihr genommen und sie in Unehre und Schmach gekleidet. Jetzt sah es traurig um dieses Weib aus; und nur so konnte die Glut der Eifersucht Jehovas gestillt werden. „Ich will meinen grimmigen Zorn an dir stillen, dass sich mein Eifer von dir wende und ich Ruhe finde und nicht mehr zum Zorn gereizt werde.“ (Hes 16:42)

Wenn sie aber in ihrer Vereinsamung noch sagt: Ich will meinen Liebhabern nachlaufen, die mir mein Brot und Wasser geben, meine Wolle, meinen Flachs, mein Öl und meinen Most?“ so wird der Herr sagen: „Siehe, ich will ihren Weg mit Dornen verzäunen und mit einer Mauer versperren, dass sie ihren Pfad nicht mehr finden soll.“ Dann wird sie sagen: „Ich will doch wieder zu meinem ersten Manne zurückkehren, denn damals hatte ich's besser als jetzt! Sie merkt es ja nicht, dass Ich es bin, der ihr das Korn, den Most und das Öl gab, und das viele Silber und Gold, das sie für den Baal verwendet haben. Darum will Ich mein Korn wieder wegnehmen zu seiner Zeit und meinen Most zu seiner Frist und ihr meine Wolle und meinen Fachs entziehen, womit sie ihre Blöße deckt. Und Ich will nun ihre Scham aufdecken vor den Augen ihrer Liebhaber, dass niemand sie aus meiner Hand erretten kann. Und Ich will all ihrer Freude ein Ende machen, ihren Festzeiten, ihren Neumonden, ihren Sabbaten und allen ihren Feiertagen. Ich will auch ihren Weinstock und ihren Feigenbaum verwüsten, wovon sie sagt: „D a s ist der L o h n, den mir meine Liebhaber gegeben haben.“ Ich will sie in eine Wildnis verwandeln, davon sich die Tiere des Feldes nähren sollen. Ich werde sie auch strafen für die Tage der Baale, da sie ihnen räucherte, und da sie sich mit ihrem Ring und Halsband schmückte und ihren Liebhabern nachlief und meiner vergaß, spricht der Herr“ (Hos 2:6-13).

Im Gesetze Mosis steht geschrieben: „Wenn jemand ein Weib nimmt und ehelicht sie, und sie findet nicht Gnade vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr gefunden hat, so soll er ihr einen Scheidebrief schreiben und ihr denselben in die Hand geben und sie aus seinem Hause entlassen“ (5Mo 24:1) Und Jer 3:8 lesen wir: „Obschon sie (die treulose Schwester Juda) sah, dass ich die abtrünnige Israel wegen all ihres ehebrecherischen Treibens verstoßen, und ihr den Scheidebrief gegeben, so fürchtete sich ihre treulose Schwester Juda doch nicht, sondern ging hin und trieb auch Unzucht.“ Wie ernst ist der Gedanke, dass Gott unter diesem Bilde seine Gesinnung gegen die offenbart, die Ihn, die Quelle aller Freude und Wonne, verlassen und bei andern die Befriedigung suchen, die allein Er gewähren kann! Menschen rechnen sich das überhaupt nicht für Sünde an; selbst Gläubige achten es für eine Kleinigkeit; für Ihn, aber in seiner brennenden Eifersucht, ist es das größte Verbrechen, die schmählichste Sünde. Wie gnädig hat Gott es so gefügt, dass man bis in die neuere Zeit von solchen schamlosen Tat nur flüsternd reden durfte; wer also gebrandmarkt war, musste nicht den Aussätzigen gleich: „Unrein, unrein!“ vor sich herrufen; denn wer nur einen Funken von Selbstachtung in sich trug, mied ihn. Gleich der Sünderin, die jener schändlichen Sünde wegen vor Jesu gebracht wurde, hat sich Israel vor Gott schuldig gemacht, schlimmer aber war, dass es sich nicht träumen ließ, sich je so schmählich vergangen zu haben.

c) Die zehn Stämme

  • Hos 3:1-5: „Und der Herr sprach zu mir: Geh’ nochmals hin und liebe ein Weib, die eines Buhlen Geliebte ist, und Ehebruch treibt - gleichwie der Herr die Kinder Israels liebt, wiewohl sie sich anderen Göttern zuwenden und Traubenkuchen lieben. Da erkaufte ich sie mir um fünfzehn Silberlinge und anderthalb Gomer Gerste. Und ich sprach zu ihr: „Viele Tage sollst du bei mir bleiben, nicht Buhlerei treiben und k e i n e s anderen M a n n e s werden, und so will a u c h ich mich v e r h a l t e n gegen d i c h“. Denn viele Tage werden die Kinder Israels ohne König bleiben und ohne Fürsten, auch ohne Opfer, ohne Bildsäule, ohne Ephod und ohne Teraphim. Danach werden sich die Kinder Israels bekehren und Jehova suchen, ihren Gott und David, ihren König, und werden bebenden Herzens zu Jehova eilen und zu seiner Güte am Ende der Tage."

Die sogenannten „verlorenen zehn Stämme“ hat Gott nicht außer Acht gelassen. Sie sind kein Königreich, denn sie haben weder König noch Fürsten. Alle Feierbräuche, mit denen sie früher Jehova anbeteten, sind dahin geschwunden. Jedoch trotz alledem hält sich Jehova zu ihr; niemand sonst darf sie anrühren. Als sie in seinem Hause war und von seiner Güte lebte, irrte sie umher; nun da sie hinweg gesandt wurde, bewahrt seine göttliche Macht sie vor Fremdgötterei. Er hat sich verpflichtet, auf sie zu warten. Nicht nur sie soll zu ihm halten, auch Er hält zu ihr. Wie wundervoll ist das! Sein Wort hat er darauf gegeben, dass niemand anders in seiner Liebe den Platz Israels einnehmen kann (Hos 3:3).

Man hat den Herrn des Wortbruchs bezichtigt. Andern Völkern, Fremden, habe er sich zugewandt. Es liegt nicht an uns, Jehovas Ehre zu verteidigen. Er selbst wird sein Wort einlösen. Tiefe Finsternis hat Israel umfangen, indes es sein Wort, seine Treue, seine Verheißungen geringschätzte, missachtete, verleugnete. Durch seine Macht aber hat er es trotz aller ihrer Gottlosigkeit und Herzenshärtigkeit vor der Sünde aller Sünden bewahrt...: sie haben keinen fremden Gott gewählt, genau so, wie er es zuvor gesagt. Er selbst aber ist nicht untreu; sein Volk hat er nicht verstoßen. Zwar muss es „viele Tage“ also bleiben, wie es geworden ist, jedoch nicht für immer. Die „Völker“ haben es nicht verdrängt aus seiner Vorrechtsstellung. Jeden Segen, den er ihm verheißen hat, wird er erfüllen, nicht geistlich, nicht notdürftig, sondern buchstäblich und aus der Fülle seines Herzens. Gottes Gnadengaben und Berufung sind unwiderruflich.

I h r e Segnungen sind v ö l k i s c h; denn ganz Israel wird gerettet werden. Die Segnungen der Heiden sind völlig anders in A r t , B e r e i c h und Z i e l.

Israel wird Segnung der Erde haben in Fruchtbarkeit und Gedeihen nach aller Lust der Seele. Die Segnungen der Völker sind geistlich und nur dem Glauben wahrnehmbar.

Israel wird Haupt der Völker sein; es wird herrschen auf Erden. Die Gläubigen aus den Völkern sind den Gewalten der Gegenwart unterworfen.

Israels Segnungen sind auf Erden irdisch; die der jetzigen Gläubigen in himmlischen Räumen himmlisch.

Israel ist bildlich als Eheweib „ein Fleisch mit Ihm“; wir als Glieder seines Leibes sind „ein Mann“ in Christo.

Somit beeinträchtigen, hemmen oder mindern Gottes Segnungen der Völker in keiner Weise die seinem Erdenvolk verheißenen Segnungen. Seine Treue steht also nie in Frage.

Der Sohn Nebats macht Israel sündigen. Er verließ das Gesetz Gottes und Israel mit ihm. Jerusalem wurde missachtet und Samaria zur Hauptstadt gemacht. Götzendienst herrschte überall. „So führte der König von Assyrien Israel nach Assyrien hinweg, und versetzte sie nach Chalach und Chabor am Flusse Gosan, und in die Städte der Meder, weil sie der Stimme des Herrn, ihres Gottes, nicht gehorcht und seinen Bund gebrochen hatten; alles was Mose, der Knecht des Herrn, geboten, dem hatten sie nicht gehorcht und es nicht getan“ (2Kö 18:11.12).

So wurde Israel geschieden und entlassen. Die zehn Stämme sind Lo-Ruhama, die Unbegnadigte; denn der Herr entzog ihnen seine Güte. Sie sind Lo-Ammi, „Nicht-mein-Volk“; denn er weigerte sich, länger ihr Gott zu sein. „Denn sie ist n i c h t mein Weib und i c h nicht i h r Mann“. (Hos 2:4).

d) Verheißung der Wiederannahme

  • Jer 3:1: „Und er spricht: Wenn ein Mann sein Weib verstößt und sie ihn verlässt und eines anderen Mannes wird, sollte er sich wieder zu ihr kehren?... Doch komm’ wieder zu mir, spricht der Herr“ (vergl. 5Mo 24:1-4).

In den Tagen der Vergangenheit sprach der Herr in seiner Liebe ihr freundlich zu. Seine Barmherzigkeit war größer als sein heiliges und gerechtes Gesetz, das sie verstoßen hätte. Sie schenkte aber seinen dringenden Vorstellungen kein Gehör. Sie verpflichtete sich anderen Göttern, und könnte als Geschiedene dem Gesetz gemäß niemals wieder Weib des ersten Gatten werden. Gott jedoch ist höher als sein Gesetz, mehr als gerecht, heilig und gut. Er ist g n ä d i g. Wer will seiner Gnade Schranken ziehen?

Der Gatte ist des Weibes Haupt, - ihr Herr. Seit Einführung der Übertretung müssen Evas Töchter untertänig sein. Wo aber der Gatte Gottes Forderungen gemäß sein Weib liebt, ist die gottgewollte Unterwerfung weder verletzend noch bitter. Wohl denen, die nicht mit Sklavensinn sondern mit freudigem Herzen also dienen.

In den Tagen der ersten Liebe, da Ägypten kaum ihrem Gesichtskreis entschwunden war, gab er ihr sein Gesetz. Der Name, den er sich beilegte, sollte seine Machtstellung, sein Ansehen enthüllen: Baali, ihr Herr. Wenn er sie aber wieder einsetzt in ihre Stellung; wenn alsdann das Gesetz in ihr Herz geschrieben ist, und es sie zum willigen Gehorsam treibt; wenn wahre Liebe zieht und treibt und herrscht: dann wird sie ihn nicht mehr Baali nennen; sie wird ihm einen teuren Namen geben - Ischi, mein Gatte. (Hos 2:18).

So lädt sie der Herr denn wieder zu sich ein: „Kehret wieder, ihr abtrünnigen Kinder, spricht Jehova; denn ich bin euer Herr, und ich will euch nehmen, je einen aus einer Stadt und je zwei aus einem Geschlecht, und euch nach Zion bringen. Ich will euch Hirten geben nach meinem Herzen, sie sollen euch weiden mit Einsicht und Klugheit. Und es wird geschehen, wenn ihr euch vermehrt und furchtbar werdet im Lande in jenen Tagen, spricht der Herr, so wird man nicht mehr reden von der Bundeslade des Herrn, und sie wird niemand mehr in den Sinn kommen; man wird ihrer nicht mehr gedenken noch sie vermissen, sie soll auch nicht mehr gemacht werden“ (Jer 3:14-16).

Während die zehn Stämme Lo-Ammi (Nicht-mehr-mein-Volk) waren, ließ er ihnen sagen: „Es wird aber die Zahl der Kinder Israels werden wie der Sand am Meer, der nicht zu messen noch zu zählen ist; und es soll geschehen, statt dessen, dass zu ihnen gesagt worden ist: „Ihr seid nicht mein Volk“, sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden“ (Hos 2:1).

3) Juda

Der hochmütige Assyrer wusste nicht, dass Gott Israel in seine Hand gegeben hatte, und so rühmte er sich gegen den Gott Israels. Er sandte eine Botschaft an Hiskia, den König Judas, und ließ ihm sagen: „Lass dich von deinem Gott nicht verführen, auf den du dich verlässt und sprichst: Jerusalem wird nicht in die Hand des Königs von Assyrien übergeben werden!" (2Kö 19:10) Jehova aber antwortete „Weil du denn wider mich tobst und dein Übermut vor meine Ohren heraufgekommen ist, so will ich dir meinen Ring in deine Nase legen und mein Gebiss in dein Maul, und will dich den Weg zurückführen, den du gekommen bist“ (2Kö 19:28). „Und ich will diese Stadt beschirmen, dass ich sie errette um meinetwillen und meines Knechtes Davids willen“ (2Kö 19:34). „Und es begab sich in derselben Nacht, da ging der Engel des Herrn aus und schlug im Lager der Assyrer hundertfünfundachtzigtausend Mann. Und als sie sich am Morgen frühe aufmachten, siehe, da waren dies alle tote Leichname. Da brach Sanherib, der König der Assyrer, auf und ging und kehrte zurück und blieb zu Ninive (2Kö 19:36.37). Denn wenn Jehova auch Israel keine Gnade mehr erweisen wollte, so erbarmte er sich doch Judas: „Dagegen will ich mich des Hauses Juda erbarmen und sie erretten durch Jehova, ihren Gott; aber nicht will ich ihnen Rettung schaffen durch Bogen, Schwert und Kampf, nicht durch Rosse noch durch Reiter.“ (Hos 1:7).

War Juda besser als Israel, dass er es also belohnt hätte? Als sein Gericht über Israel noch frisch vor aller Augen in Juda stand, musste er klagen: „Und bei alledem hat sich auch ihre treulose Schwester Juda nicht mit ihrem ganzen Herzen zu mir bekehrt, sondern nur zum Schein, spricht der Herr. Und der Herr sprach zu mir: Die Seele der abtrünnigen Israel ist gerechter als die der treulosen Juda“ (Jer 3:10-11). „Wenn du dich schon mit Scharlach kleidest, wenn du Goldschmicke umhängst, wenn du deine Augen mit Schminke herausstreichst, so wirst du dich doch vergeblich aufputzen; deine Liebhaber verschmähen dich und trachten dir nach dem Leben (Jer 4:30).

Nicht um höherer Tugendhaftigkeit oder um eigener Gerechtigkeit willen blieb ihr das harte Gericht Israels erspart. Juda wurde sogar schlimmer als Israel. Trotzdem warf Er sie nicht hinweg. Die Strafe der siebzigjährigen Gefangenschaft brachte sogar eine vorübergehende Auflebung. Jedoch ehe noch die Tage der Propheten endeten, sehen wir sie tiefer gesunken als je, und ihr Herz ferne von ihm, trotz Wahrung der äußeren Form. Alle Anklage und Ermahnungen schlug sie in den Wind. „Ich habe euch Liebe erwiesen" spricht der Herr. So sprechet ihr: „Womit hast du uns Liebe erwiesen?“ (Mal 1:2). „Ich hasse die Ehescheidung, spricht Jehova, der Gott Israels“ (Mal 2:16). So blieb ihnen denn weiter nichts übrig, als nach dem Gesetz der Eifersucht zu handeln.

f) Das Gesetz der Eifersucht

  • 4Mo 5:12-24: "Wenn jemandes Weib sich verginge und ihm untreu würde, so soll der Mann sein Weib zum Priester führen.... und der Priester soll sie herzutreten lassen und vor den Herrn stellen. Und der Priester soll heiliges Wasser nehmen in ein irden Geschirr und Staub vom Boden der Wohnung Jehovas in ein Wasser tun... und soll dem Weibe von dem fluchbringendem Wasser bittern Wehs zu trinken geben“

Jehova kam hernieder und wohnte unter seinem Volke in menschlicher Verkleidung; ihr Herz war aber allzu fern von ihm, so dass sie ihn nicht erkannten. Er brachte ihnen nicht, wessen sie begehrten, und so suchten sie andersartig und anderswo die Freude, die sie allein in seiner unermesslichen Güte hätten finden sollen. Das war es, was seine Eifersucht zur Glut entfachte.

„Wer an mich glaubt“, sagt Er, „von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7:38). Der kostbare Ausguss des Geistes war seine Gabe an alle, die sein Wort annahmen. Wie wenige aber glaubten! So ging er denn an den Ölberg, um am frühen Morgen zurückzukehren und im Tempel zu lehren. Dann nahten ihm Schriftgelehrte und Pharisäer in ihrem ungläubigen Hochmut und Dünkel, die den Geist nicht geben konnten, den Er mit all seiner köstlichen Erfrischung darzureichen vermochte. Erfüllt von heftigem und bitterem Neid, Widerspruch und Hass, ziehen sie sich ihr eigenes Gericht herbei, indem sie ein Weib zu ihm bringen, dessen Verschuldung offenkundig war. Sie tun es in der Erwartung, nachweisen zu können, dass sein gnädiges Angebot der Vergebung ein Widerspruch sei gegen das Gesetz Jehovas, das sie Gesetz Mosis nannten. Der Herr, der ihre Gesinnungsart nur zu gut kannte, schlug ein Verfahren ein, das höchst bezeichnend war. Er bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde, antwortete aber mit keinem Wort.

Das Volk zu seiner Zeit war ausgeblendet, so dass es seine Schuld der Abirrung von Gott nicht eingestand. Deshalb muss der Herr mit ihm verfahren, wie Gott es durch Mose im Falle der Eifersucht vorgeschrieben hatte. Er lässt sie das bittere Eiferwasser trinken, um ihnen nachdrücklich vor Augen zu halten, dass sie vor Gottes Angesicht größere Schuld auf sich geladen hatten, als das vor ihn geführte Weib. Dem Priester gleich, der die dem Heiligtum entnommene und verfluchte Erde mit Wasser mischte, hat der Herr das Lebenswasser seines Gotteswortes gemischt mit der verfluchten Erde. Da die Sünde aber blind macht und die Sinne zerrüttet, konnten und wollten sie d i e s e Sprache nicht verstehen. So übergibt er ihnen denn den bittern Trank: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“ Wie ihr Bauch schwillt und ihre Hüften schwinden! Die Qualen eines angeklagten Gewissens treibt sie als Gerichtete hinweg. Das Weib mit seiner eingestandenen Schuld aber vernimmt aufrichtende Worte der Gnade und Liebe: „So verdamme ich dich auch nicht. Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!“ Die Ankläger sind verdammt, die angeklagte Schuldige hat Vergebung verlangt.

Wieder und wieder nennt Jesus sein Volk ein böses und ehebrecherisches Geschlecht (Mt 12:39; Mk 8:38) und macht sie damit jenes Verbrechens schuldig, welches nur im Ehebunde möglich ist (Röm 7:3). Für ihn bedeutete der Verlust ihrer Liebe unendlich mehr, als nur ein Zeuge ihrer Sittenlosigkeit zu sein.

Das Weib, welches das bittere Eiferwasser trinken musste und schuldig war, wurde zu einem Fluchwort unter ihrem Volk. So ist auch jetzt Juda zu einem Fluch- und Schimpfnamen geworden unter den Völkern.

2. Die Braut des Lammes

Wer ist die Braut? Johannes der Täufer, der Freund des Bräutigams wird helfen, diese Frage zu beantworten. Er selbst führte einige seiner Jünger dem Bräutigam zu, indem er zu ihnen sagt: „Siehe, das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde wegnimmt!“ (Joh 1:29.35). Als man ihm später von dem Erfolg der Wirksamkeit des Herrn berichtete, erwidert er: „Ihr selbst seid mir Zeugen, dass ich gesagt habe: Nicht ich bin der Christus, sondern von ihm her gesandt. W e r die B r a u t hat, der i s t der B r ä u t i g a m, der Freund des Bräutigams aber, der das stehet und höret, freut sich hoch über des Bräutigams Stimme. Diese meine Freude ist nun erfüllt. Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“ (Joh 3:28-30).

Das Wort: „Wer die Braut hat“ verrät, dass die Braut am Anfang des Dienstes unseres Herrn sichtbar ward. Die kleine Schar Getreuer, welche sich um ihn scharte, war der Anfang dieser gesegneten Körperschaft, der Braut des Lammes, unter welchem Bild Johannes Ihn bei ihnen einführte. Als das Lamm Gottes, das große Gegenbild all der vorausschattenden Opfer unter dem Gesetz, hat er nicht nur ihre Sünden bedeckt, sondern hinweggetragen. Das Weib Jehovas umfasst das ganze Volk. Die Baut des Lammes stellt einen Auswahl aus ihm dar. Nur wer durch die beseligenden Bande des Heils mit Ihm verbunden wird, empfängt Anteil an dieser gesegneten Auszeichnung. Welche Wonne birgt das Wort - nicht „Weib“, sondern „Braut“. Nicht handelt es sich um eine Wiederaufnahme früherer Beziehungen, die so traurig endeten, weil sie den Bund nicht erfüllen konnte, in den sie eingetreten war. Ein neuer Anfang beginnt, - eine Vereinigung, gegründet nicht auf gegenseitige Gelübde, sondern auf des Lammes Blut.

Das Volk war zu einem „bösen und ehebrecherischen Geschlecht“ geworden, untreu dem, dem es volle Hingabe des Herzens schuldete. Nur ein Rest aus ihm entsprach seiner Einladung und nur er wurde seine Braut.

Die Hochzeit des Lammes

Das erste der sieben „Zeichen“ oder Wunder des Evangeliums Johannes ist die Hochzeit in Galiläa. Das Wort Z e i c h e n lässt durchblicken, dass die Tat mehr sagen will, als was an der Oberfläche der Erzählung zu liegen scheint. Die Mutter Jesu mag Stellvertreterin des Volkes sein, dem er entsprang. Der Mangel an Wein sagt uns, dass alle Freude des Weibes Jehovas dahin geschwunden, und ihm nur die gesetzlichen Förmlichkeiten und Gebräuche verblieben waren mit der ermüdenden Wiederholung von Reinigung und Befleckung, dargestellt in den sechs steinernen Wasserkrügen, doch waren selbst diese so leer und soweit unbrauchbar für Reinigung. Ist das nicht ein getreues Bild des Volkes in den Tagen seines Erdendienstes? Grade unter solchen Umständen bietet sich ihm eine Gelegenheit, seine Herrlichkeit zu offenbaren.

In dem Königreich, da die Hochzeit der Braut des Lammes stattfindet, wird der Herr das Gesetz in ihr Herz schreiben und sein strenges unbefriedigendes, unerfüllbares Gebot zu einem herzerquickenden Vorrecht umgestalten. Bis dahin war Reinigung sein Ziel; wenn diese aber nicht mehr nötig ist, wird Freude und Wonne die Herzen erfüllen, welche durch das neue herrliche Verhältnis zum Herrn erschlossen sind.

Es war Brauch bei einer Hochzeit, dass ein Festleiter, ein vertrauenswerter Freund, das Fest überwachte. Ungleich den Gästen, musste er enthaltsam und besonnen seines Amtes walten. Damit blieb er geeignet, die Güte des dargereichten Weines zu beurteilen. Der Festleiter zu Kana war also imstande, die ihm gereichte Probe aus den Wasserkrügen zu rühmen. So wird es dem Volke Jehovas ergehen: Die Freuden der Vergangenheit werden in den Schatten gestellt, wenn die Hochzeitsfreude der Braut des Lammes tausend Jahre lang die Herzen erfüllt. Die Menschen beginnen ihre Feste gut, beenden sie aber mit Kopf- und Herzweh. Jehova bewahrt sich den besten Wein bis zuletzt. Die Hochzeit des Lammes wird ungeschmeckte und unbekannte Freuden bringen.

Während Johannes der Täufer die Braut dem Bräutigam zuführt, berichtet Johannes der Apostel im Buch der Offenbarung Einzelheiten von der Braut selbst. Wenn wir von den drei Fällen in Mt 10:35; und Lk 12:53 absehen, in welchen das entsprechende Wort mit Schwiegertochter (Sohnesfrau) wiedergegeben ist, so ist tatsächlich Johannes allein es, der das Wort B r a u t erwähnt, wie ja auch Paulus allein uns von dem L e i b Christi zu sagen hat. Ist es nicht ganz angemessen, dass der Jünger, den Jesus lieb hatte, der beim Abendmahl an seiner Brust lehnte, dessen Dienst die herrliche Botschaft: „Gott ist Liebe“ zum Grundton hat, die Zukunft seines Volkes unter diesem herzerquickenden Bild zeichnen darf? Die Braut wird zweimal unsern Blicken gezeigt. Das eine mal, wenn Babylon, die große, gestürzt ist und ihr Hochzeitsfest beginnt (Offb 19:7-9). Gewöhnlich dauerten solche Feste acht oder vierzehn Tage; das ihre aber wird tausend Jahre währen (Offb 20:4-6).

Für unsere Beschäftigung mit dem Geheimnis Babylons ist es wichtig, ja unerlässlich, die israelitische Herkunft der Braut des Lammes zu erfassen. Die Braut ist das wahre, Babylon das falsche Volk Jehovas. Die Gegensätze werden deutlicher hervortreten, ,wenn wir Babylon selbst und seine Stellung in der Apokalypse besprechen werden.

Solange wir an der schriftwidrigen Meinung festhalten, die Gläubigen der Gegenwart seien die Braut, müssen wir notgedrungen in Babylon die falsche Kirche erblicken. Die richtige Auffassung von Babylon finden wir erst dann, wenn wir die Stellung anerkennen, welche Jehova seinen Getreuen in Israel gegeben hat. Die Kirche hat sich darin gefallen, sich jeden Segen anzueignen, die dem Volk seiner Wahl verheißen worden ist. Die Beraubung Israels aber hat sie nicht reicher gemacht; sie hat dadurch vielmehr verloren. Der Diebstahl irdischer Segnungen hat sie um die Wahrung ihrer geistlichen gebracht. Weil sie Braut sein wollte, hat sie das köstliche Teil des Leibes verloren.

Zum anderen Mal bieten uns sie Schlussgesichte der Offenbarung einen entzückenden und hinreißenden Blick auf die Braut. Tausend Jahre hat die Hochzeit des Lammes gedauert und nun hat die Braut ihr äonisches Heim bezogen. Das Bisherige vergeht und alles wird neu gemacht. Die heilige Stadt mit ihrem Thronhimmel (Jes 4:6) der prächtige Tempel mit allem Zubehör, das heilige Land des glücklichen heiligen Volkes - sie alle müssen die feurige Reinigung durchmachen, welche der Erde beschieden ist. (2Petr 3:10). Aus ihr aber geht eine neue Erde hervor, welche Sünde und Leid nicht mehr kennt, und auf der Gott unter der Menschheit wohnt. Eigentümlich berührt uns, dass die Braut nicht sichtbar war, als Johannes die neue Erde schaut. Doch gewahrt er alsbald ihre Herabkunft aus dem Himmel. Eine prächtige Stadt, das neue Jerusalem, geschmückt mit all der Pracht einer Braut des Morgenlandes, naht, um ihren Platz hinieden einzunehmen. Sie ist die Stadt Gottes, nach welcher die Heiligen Israels sich sehnten. Schon Abraham schaute aus nach ihr. Sie ist eine himmlische Stadt auf dieser Erde.

Die Braut und die Stadt

Die sieben Zornschalen sind auf das abtrünnige Israel ausgegossen worden. Unter der siebenten fiel Babylon (Offb 16:19). Einer der Engel, die die Zornschalen auszugießen hatten, darf nunmehr einen Kelch des Heiles leeren. Er zeigt dem Apostel Johannes die Braut, des Lammes Weib. Heute noch bei all seiner schmutzigen Trostlosigkeit wird Jerusalem von den Eingeborenen El Kuds, die Heilige genannt. Mit welch ganz anderem Recht wird man sie am Tage des Herrn also nennen, wenn schon die Schellen der Rosse die Inschrift des Hohenpriesters tragen werden: „Heilig dem Herrn!“ (Sach 14:20) Diese Heiligkeit aber wird völlig in den Schatten gestellt durch das neue Jerusalem, das in dem kristallklaren Glanze der Herrlichkeit Gottes erstrahlen wird. Die Stadt bedarf nicht länger der Sonne, denn ihre Leuchte ist das Lamm; noch eines Heiligtums, denn Er ist ihr Tempel. Die Völker werden in ihrem Lichte wandeln und ihre Herrlichkeit in sie bringen. Der Thron Gottes und des Lammes wird sie zur Hauptstadt der Erde weihen und zum Mittelpunkte seiner Herrschermacht.

Es liegt kein Grund vor, diese Beschreibung irgendwie anzuzweifeln. Nur dass sie Braut genannt wird, ist eine Redeform. Sie ist kein wirkliches Weib, aber eine wirkliche Stadt. Jede Einzelheit ihres Glanzes ist buchstäblich zu fassen, zugleich jedoch auch als ein Spiegelbild höherer und größerer geistlicher Herrlichkeit.

Ihre Gründe sind wundervolle Edelsteine von mannigfacher Farbenpracht. Da sie aber die Namen der zwölf Apostel des Landes tragen, so wenden sich unsere Blicke von den kostbaren Steinen zu den kostbareren Eigenschaften, welche der Braut eigen, eingeschärft durch die zwölf Apostel.

Die Tore sind von je einer Perle und tragen die Namen der zwölf Stämme. Im Morgenland dient das Tor nicht nur zum Eingang und Ausgang, sondern es ist auch der Ort der Macht und und Dienstgewalt. Die Perlen versinnbildlichen somit die Herrschaftsstellung der verschiedenen Stämme über die Völker der Erde.

Auf einige Augenblicke wollen wir uns von diesen Herrlichkeiten abwenden, um uns Klarheit über die A b s t a m m u n g der B r a u t zu verschaffen. Wer ist sie? Ist sie gemäß unserer bisherigen Ergebnisse die Schar Getreuer aus dem Volke seiner Wahl, erhöht zur höchsten Höhe äonischer Herrlichkeit? Oder ist sie die Gemeinschaft der Heiligen aus den Völkern, die während der Beiseitestellung Israels für den Herrn gesammelt worden sind?

Nicht ein einziger Fingerzeig in der ganzen Beschreibung der Braut ist uns gegeben, welcher auf die Völker hinweist. Wenn von ihnen die Rede ist, so sind sie draußen. Sie wandeln in ihrem Licht. Sie bringen ihre Pracht und Herrlichkeit in sie hinein. Wenn die Auswahl aus den Völkern selbst zur Stadt gehörte, so würde es wohl unzulänglich sein, dass in Offb 22:2 von der Heilung der Völker ohne nähere Erklärung über deren Zusammenhang mit den schon aus ihnen Geretteten gesprochen wird. Der ganze Bau und seine Inschriften weisen mit unwiderstehlicher Gewalt hin auf das geliebte Volk, dem diese Stadt verheißen ist. Sie wird das heilige J e r u s a l e m genannt. Welch anderes Volk als Israel hatte je ein Recht auf diese Stadt? Und Gläubigen der Gegenwart ist keine Örtlichkeit auf Erden angewiesen worden. Wir haben eine himmlische Bestimmung. Das neue Jerusalem ist zwar auch himmlisch, es hat aber seinen Platz auf Erden. Die Tore tragen als Inschrift die Namen der zwölf Stämme. Wo in aller Welt wollen wir diese zwölf Stämme unterbringen, wenn nicht in der Stadt, deren Tore ihre Namen tragen?

Die zwölf Grundsteine sind mit den Namen der zwölf Apostel des Lammes beschrieben. Wie sollen wir uns die Auslassung des Namens des Heidenapostels, u n s e r e s Apostels, des Apostels des Leibes Christi erklären? Denn auf jeden Fall m ü s s t e auf dem Grundsstein der Kirche dieser Name genannt sein, weil durch Paulus die herrliche Wahrheit für dieses Zeitalter kundgetan worden ist. Das Fehlen seines Namens ist zwingender Beweis dafür, dass, wer auch die Stadt bewohnen mag, sie kein Wohnplatz ist für die, denen Paulus diente. Die Kirche, welche da ist Sein Leib, ist nicht die Braut.

Der Leib des Christus

Dass Paulus sich nicht zu den Zwölfen zählte, geht aus seiner Aufzählung der Erscheinungen des Auferstandenen hervor. Er wurde gesehen von den Zwölfen, Matthias eingeschlossen (Apg 1:21.22), lange ehe er Saulus auf dem Wege nach Damaskus erschienen ist (1Kor 15:5). Kephas sah ihn zuerst, Saulus zuletzt. Zwischen diesen beiden Erscheinungen wurde er zweimal von den Zwölfen gesehen, zu denen Paulus sich niemals zählt. Diese Zwölfe können nur die sein, deren Namen auf den Grundsteinen der heiligen Stadt, der Braut des Lammes, zu lesen sind.

Johannes hatte seinem eigenen Bekenntnis nach einen Dienst nicht für die Heiden, sondern für die Beschneidung auszurichten. Als er mit Jakobus und Petrus die Gnade wahrnahm, die Paulus zuteil geworden war, da reichten sie ihm die rechte Hand der Gemeinschaft, dass er zu den Heiden gehen solle, s i e aber zur B e s c h n e i d u n g (Gal 2:7-9) Wie töricht, sie in einen Wirkungsbereich hineinzustoßen, den sie ausdrücklich abgelehnt haben. Johannes schreibt aus der, und für die Beschneidung, welcher allein die Braut angehört, die heilige Stadt, von welcher er einer der Grundsteine ist.

Daran wird wohl niemand zweifeln, dass die gegenwärtige Gemeine der L e i b C h r i s t i ist. Diese Wahrheit wird vielfach ausgesprochen (1Kor 12:27; Eph 1:23; Eph 4:12; Eph 5:29.30; Kol 1:18.24) und ausdrücklich gelehrt (Röm 12:4.5; 1Kor 6:15; 1Kor 12:12; Eph 3:6; Eph 4:13-16; Kol 2:19). In scharfem Gegensatz dazu gibt es k e i n e einzige S t e l l e, welche i r g e n d w a n n die G e m e i n e „B r a u t C h r i s t i“ nennt. Die Braut ist immer mit Ihm, als dem Lamm verbunden und nie mischt sich in dieses Sinnbild der Amtsname Christus.

Aus drei Schriftstellen (Röm 7:3.4; 2Kor 11:2; Eph 5:22-23) möchte man so gern herauslesen, dass die Gemeine die Braut Christi sei. In keiner von ihnen aber findet sich ein Anhalt dafür. Eine selbstgemachte Schwierigkeit entstammt dem Versuch, einer Redewendung einen Sinn aufzuzwingen, der nie darin gelegen hat. In der Auslegung des Sinnbildes vom Leib sind wir berechtigt, so weit zu gehen, wie die Schrift es zulässt. Wir dürfen vom Haupt und seinen Gliedern sprechen und Nutzanwendungen daraus ziehen. Sobald wir aber darüber hinausgehen und etwa von dem Leib als dem Ehegatten sprechen, wie es nicht selten geschieht, so begeben wir uns in Schwierigkeiten, aus denen wir uns nur zu retten vermögen, indem wir uns auf sicheren Schriftgrund zurückziehen.

Als Beispiel für die Art, wie Sinn- und Vorobilder der Schrift entstellt werden, erinnern wir an die Ehewerbung und -schließung Isaaks und Rebekkas, die, wie man behauptet, ein Vorbild auf Christus und die gegenwärtige Gemeine als Braut Christi sei. Der ganze Verlauf der Erzählung aber besagt das Gegenteil. Wäre in der Braut die Auswahl aus den Völkern abgeschattet, warum bestand dann Abraham darauf, dass sie nicht aus den umwohnenden Völkern genommen werden soll, sondern dass sein Hausverwalter sie aus Abrahams Verwandtschaft suchen müsse? Diese Bedingung wird siebenmal wiederholt - ein ganz hervorragender Zug in der Erzählung. Rebekka wäre nie Baut Isaaks geworden, wenn sie nicht aus seiner Verwandtschaft stammte. Keine Auslegung ist haltbar, die nicht dieser siebenfachen Bedingung gerecht wird. Der getreue Rest Israels entspricht ihr völlig, und jedem anderen zu des Vorbildes.

Keinem Redebild darf man erpressen wollen, was über seinen Rahmen hinausliegt. Ein Beispiel wird uns das klar machen. Unser Herr ist nach Offb 5:5 der Löwe aus dem Stamm Juda. Ein Löwe brüllt und verschlingt. Daher ist er ein brüllender Löwe, der da sucht, wen er verschlinge. Genau diese Beschreibung gibt die Schrift von dem Teufel (1Petr 5:8)! Damit wäre also „bewiesen“, dass Jesus und der Teufel ein und derselbe sei? Mit der gleichen „Folgerichtigkeit“ wird „bewiesen“, dass Braut und Leib dasselbe seien!

Christus und das Gesetz

Röm 7 bespricht das Verhältnis zum Gesetz bei denen, die ihm ehedem unterworfen waren. Offenbar bezieht sich das nur auf die Beschneidung, denn die H e i d e n waren n i e m a l s unter dem G e s e t z. Das Gesetz ist auf das Leben beschränkt; über den Tod hat es keine Gewalt. Das Gesetz verbietet dem Weibe, eines anderen zu sein, solange ihr Gatte lebt. Das Gesetz aber ist außer Kraft gesetzt, wenn der Gatte stirbt. Jeder Gläubige ist dem Gesetz gestorben durch den Leib Christi. Hier endet der Vergleich, den wir nicht beliebig ausdehnen dürfen. Das Gesetz war nicht der Gatte, und das Gesetz ist nicht gestorben. Der Zweck des Vergleichs ist mit der Feststellung erreicht, dass der Tod außerhalb der Gerichtsbarkeit des Gesetzes liegt. Wer einst dem Gesetz unterworfen war, findet nun, dass Jesus Christus dessen Platz eingenommen hat. Infolge dessen sind sie in der Neuheit des Geistes einer neuen Dienstherrschaft unterworfen, und von der alten des Buchstabens befreit. Von Heirat oder Ehe ist hier keine Rede. Das Verhältnis ist das gleiche wie früher: um Dienstherrschaft handelt es sich (Röm 7:6). Der Sklave ist dem einen Gebieter gestorben und nun gehört er einem anderen an. Warum will man den Vergleich, der nur die Begrenzung der Gerichtsbarkeit des Gesetzes feststellt, durchaus einen ihm fremden Sinn und Inhalt aufzwängen? Leistet die Braut S k l a v e n d i e n s t e in der Neuheit des Lebens? Sind nur dem Gesetz Gestorbene, zu denen die Heiden nicht zählen, in der Braut zusammengeschlossen?

In 2Kor 11 spricht Paulus von der Einfalt in Christo. Welcher Vergleich schickt sich hierfür besser, als das Verhältnis einer Verlobten zu ihrem Liebhaber? Paulus will nicht, dass die Korinther sich einem „anderen Jesus“ zuwenden, den er nicht gepredigt hat. Er möchte es nicht geschehen lassen, dass ein Missgönner und Neider sie dem Evangelium entzöge, das sie angenommen hatten. Mit welchem Recht darf jemand diesem Bild den Gedanken einer Hochzeit aufdrücken? E i n f a l t ist des Apostels Ziel. Dafür bot sich ihm das gewählte Bild als ein geeignetes, ohne irgend eine tiefere und höhere Nebenbedeutung. Daran möge uns genügen.

Einst setzte uns ein Bruder in Erstaunen und Verwunderung mit der Behauptung; Eph 6 beweise, dass die Gemeine die Braut sei. Er begründete sie mit der einzigartigen Stellung, welche diese Lehre in dem Brief erwähne. Alle anderen Lehren seien zuvor abgehandelt worden. Der Umstand nun, dass diese Lehre für den Teil der Erwähnung aufbehalten blieb, beweise allein schon, dass die Gemeine die Braut sei. Er hätte nun keinen kräftigeren Grund g e g e n seine Behauptung bringen können, als gerade diesen! Warum sollte vorzugsweise diese Lehre von dem Lehrteil des Briefes ausgeschlossen worden sein? Aus welchem Grunde sollte wohl der Apostel inmitten einer langen Reihe von Ermahnungen besonders bei dieser - denn eine solche ist sie - abschwenken zu einer Lehre, die er in der Darlegung seines Berufs für dieses Zeitalter überhaupt nicht berührt hat?

Unsere Widerlegung der erwähnten Behauptung wollen wir in dem folgenden Grundriss des Briefes geben:

Der Epheserbrief

Lehre:
Pauli Auftrag Eph 1:1; Gruß Eph 1:2

a) Das Los der Gläubigen - im Himmel - Segen Eph 1:3-14
Pauli Gebet für sie: Eph 1:15-19
b) Der Leib - in Christo Eph 1:20-2:10
Die Glieder
c)Teilnahme - Gläubige Eph 2:11-22
Die neue Menschheit
d) Summa der Gnadenerweisungen
gegen die Völker Eph 3:1-13
Bitten an den Vater Eph 3:14-21

Anwendung:

Ermahnungen an die Heiligen Eph 4:1-6
d) Summe der Gnadenerweisungen
gegen die Heiligen Eph 4:7-16
c) Keine Teilnahme - Ungläubige Eph 4:17-5:20
Die neue Menschheit
b) Der Leib - in dem Herrn Eph 5:21-6:9
Das Haupt
a) Das Los der Gläubigen - im Himmel - Kampf Eph 6:10-17
Ihr Gebet für Paulus Eph 6:18-20

Tychikus’ Auftrag Eph 6:21.22; Gruß Eph 6:23-24

a) Miterben
b) Mitglieder
c) Mitteilnehmer
d) Summe

Dieser Abriss zeigt, dass jeder Gegenstand zweimal erscheint, einmal als Lehre, das andere mal als Anwendung im Verhalten und Betragen. J e d e r Teil der Anwendung beruht auf einer vorher entwickelten Lehre. Der T e i l des f ü n f t e n Kapitels, in dem man die L e h r e finden will, dass die K i r c h e oder die G e m e i n e die B r a u t sei, entspricht einem früheren Teil des Briefes, welcher die W a h r h e i t von dem L e i b Jesu C h r i s t i lehrt.

Beide Teile des Epheserbriefes stellen diese Wahrheit in drei Beziehungen dar: im Verhältnis zu Gott als zugedachtes Los; im Verhältnis zu Christus als der Leib; und im Verhältnis zu anderen Heiligen als die neue Menschheit. Im Lehrteil des Briefes findet sich nicht der leiseste Wink; dass wir in unserm Verhältnis zu Christus die Braut seien. Eine vorurteilslose Prüfung des entsprechenden Teiles im fünften Kapitel wird finden, dass er auf die voraufgegangene Unterweisung betreffs Seines L e i b e s, nicht Seiner Braut, gegründet ist.

Entscheidend für diese Frage ist die Tatsache, dass die ganze Beweisführung des Apostels so ziemlich überflüssig und nutzlos erscheint, wenn die Gemeine die Braut wäre. Er hätte alsdann einfach schreiben können, Christus liebe sein Weib, die Gemeine, und darum müssten die Männer ihre Weiber lieben. Mehr wäre nicht nötig gewesen. Der Apostel aber flicht ein des Mannes eigenes F l e i s c h, seinen e i g e n e n Leib. Wozu aber geschieht das, wenn damit nicht gesagt sein soll, dass gerade hier der Vergleichspunkt für das Verhältnis Christi zu seiner Gemeine zu finden ist?

Wir wollen uns freuen der innigen Verbindung des Herrn mit dem Volke seiner Wahl. Wir wollen frohlocken über die herrliche Aufnahme, die er in zukünftigen seligen Tagen bei ihm finden wird. Jauchzen aber werden wir über die überströmende Fülle seiner Güte, die er über u n s ausschütten wird. Seine Braut wird er beglücken mit irdischen Segnungen; doch wollen wir auch nicht einen Augenblick sie beneiden um die Glückseligkeit und Nähe, die ihr beschieden sein wird, und noch weniger wollen wir ihr irgend eine ihrer Segnungen rauben. Grade das Bild, das unser herrliches Vorrecht hervorhebt, lässt uns einwandfrei erkennen, wie viel höher, erhabener und reicher, näher, teurer unser Teil an ihm sein wird. „Niemand hat ja sein e i g e n e s Fleisch gehasst“. Menschen haben ihre Weiber gehasst. Dieses Band kann überstraff gehandhabt werden und sogar brechen. Unser Verhältnis zu ihm aber ist derart, dass e r gar n i c h t anders k a n n, als uns zu l i e b e n, denn wir sind Glieder seines Leibes. Was k ö n n t e näher sein? Was k ö n n t e teurer sein?

3. Das Hohelied

Das Hohelied ist der Liebesgesang Jehovas. Es verherrlicht die Geschichte seiner Liebe zu seinem Volk Israel. Andere Bücher der Schrift unterrichten uns über Israels Staats- und Tempelgeschichte. Dieses erlesene Gedicht aber schildert in eindrucksvollen Bildern Israels Erfahrungen vom Standpunkt der Liebe. In ihm können wir die Geschichte von Israel und ihrem Geliebten verfolgen, von Ägyptens Knechtschaft an bis zu ihrer Erhebung auf Seinen Thron, da es mit ihm leben und herrschen soll tausend Jahre.

Wir beabsichtigen nicht, eine Auslegung dieses Edelsteins der Bücherwelt zu geben. Das würde uns zu weit ablenken von unserer Aufgabe und ein Unrecht sein am Lied selbst, dem viel mehr Aufmerksamkeit gebührt, als wir ihm hier schenken können. Doch wollen wir die wahre Auslegung aufzeigen und diese mit geeigneten Auszügen aus dem Lied selbst als berechtigt erweisen.

Wer ist die Braut?

Solange man die Kirche für die Braut hielt, begnügte man sich damit, einige Teile von besonderer Schönheit aus dem Ganzen herauszugreifen und sie als Ausdruck des zarten Verhältnisses der gegenseitigen Liebe zwischen der Kirche, oder der gläubigen Seele und Gott oder Christus zu preisen. Jedoch ging es bei dieser Auffassung mit dem Hohenlied so, wie mit mancher anderen Fehlauslegung der Schrift: einzelne Stellen scheinen dafür zu sprechen, der ganze Zusammenhang aber will dazu nicht stimmen. Das Lied als ganzes passt nicht auf die Gemeine Jesu Christi, selbst wenn einzelne Stellen aus ihm die Liebe darstellen, mit welcher er uns trägt. Je gründlicher wir seine Anspielungen und Bilder untersuchen, umso deutlicher erkennen wir, dass hier sein geliebtes Israel in Sicht ist.

Wie könnte es auch anders sein! Die „gegenwärtige Wahrheit“ für die Gemeine des Herrn gründet sich auf eine Reihe von „Geheimnissen“, die im Alten Testament nicht offenbart worden sind. Und nun soll hier ganz unverhüllt den Gläubigen der Gegenwart, der Auswahl aus den Völkern, eine solch innige Stellung verheißen worden sein, wie sie die Braut im Hohenlied einnimmt? Es erschiene grausam und herzlos, wenn Jehova seinem geliebten Volke einen Sag gegeben hätte, der dessen Verwerfung und seine eigene Treulosigkeit seinem Volk gegenüber feierte. Wenn wir an Salomos Zeit und Regierung, und an deren vorbildliche Bedeutung denken, dann erscheint es uns als undenkbar, dass er den Vorrang der Völker über Israel besungen habe. Er soll die Schmach und Schande Israels als Gegenstand seines besten Werkes gewählt haben, während dieses Israel unter seiner Regierung ein Vorbild auf den Tausendjahrtag ist, da ein größerer Sohn Davids seine Hochzeit mit seinem Volke feiern, und damit seinen süßesten Sang erfüllen werde.

Die Sinnbilder für die Braut gleichen denen der Propheten und sie werden auch von unserm Herrn und seinen Aposteln gebraucht, die insgesamt Diener der Beschneidung gewesen sind.

Die Braut hütet den Weinberg (Hl 1:6) für das Volk, der nur ein rankender leerer Weinstock war (Hos 10:1). Dieser Weinstock kam aus Ägypten und verdrängte die Völker des Landes (Ps 80:8.9). Israel sollte Wein liefern, der Gott und Menschen erfreut (Ri 9:13); es sollte Jehovas Ruhm und ein Segen für die Völker werden. Aber es brachte nur für s i c h s e l b e r Frucht (Hos 10:1).

Unser Heiland war der wahre, echte Weinstock. Er wird die Freude für Gott und Menschen bringen, die bei Israel ausgeblieben war. Israel sollte in ihn gepfropft werden (Joh 15:1-11). Wer aber keine Lebensgemeinschaft mit ihm hatte und keine Frucht brachte, wurde abgeschnitten.

Matthäus, Markus und Lukas bringen ein Gleichnis vom Weinberg, unter welchem das Volk Israel zu verstehen ist und berichten, wie es den Knechten Gottes, den Propheten und seinem Sohn ergangen ist. (Mt 21:33; Mk 12:1; Lk 20:9). Was wird er mit seinem Weinberg tun? Er wird ihn einem Volk geben, das seine Früchte bringt (Mt 21:43). Dieses Volk wird aus denen bestehen, die in dem Evangelium Johannis ermahnt werden, viel Frucht zu bringen.

Im Licht dieser Bilder können wir die Besorgnis der Braut um den Weinstock (Hl 2:13; Hl 6:11; Hl 7:8.13) und ihre Betrauung mit seiner Wartung (Hl 1:6) verstehen. Im Zusammenhang hiermit bemerken wir noch das Hl 2:12 nach der Septuaginta, und nach einem ihrer Herausgeben Symmachus, lauten sollte: „Die Zeit für das Beschneiden (des Weinstocks) ist da! (vergl. den Nachtrag der Miniaturbibel und die Textbibel von Kautzsch). Im Hebräischen haben Musik machen, singen, und Weinstock beschneiden denselben Wortstamm (vergl. Ps 98:5; Ps 147:7 mit 3Mo 25:3.4; Jes 5:6). Welch köstliche Zeit wird es sein, wenn nach der Entfernung der toten Glieder Israels die Zeit neuen Gedeihens kommt.

Die Braut als Hirtin

Die Braut ist Hirtin, Sie weidet die Zicklein (Hl 1:8). Auch ihr Geliebter ist ein Hirte (Hl 1:7). So nennt Petrus seinen Herrn einen Erzhirten der Schafe und ermahnt die der Braut Zugehörenden, die kleine Herde recht zu weiden (1Petr 5:2-4), genau seinem Auftrag entsprechend (Joh 21:15-17). Als der gute Hirte hat sein Meister das Leben für seine kleine Herde gelassen. Als der große Hirte wird er a l l e V ö l k e r mit einem eisernen Stocke weiden (Offb 12:5; Offb 19:15) und die Hirtin des Hohenliedes wird ihm dabei zur Seite stehen (Offb 2:27).

Sie ist eine Lilie des Feldes (Hl 2:1). Vielleicht keine Zeile des ganzen Liedes wird so falsch gedeutet wie die Wahrheit, welche in dem anscheinenden Ruhm der Braut: „Ich bin die Narzisse der Soronsflur“ ausgesprochen ist. „Lieblich“, „anmutig“ soll sie sich nennen (Hl 1:5) und doch merkt schon der gewöhnliche Leser, dass hierbei etwas nicht stimmt, denn sie nennt sich „schwarz“, „so schwärzlich“. Wie wenig anmutig wäre es, sich ihrer eigenen Reize zu rühmen, wie unsere Übersetzer wollen. Selbstbewunderung liegt ihr fern. Denn sie sagt in Wirklichkeit: „Schwarz bin ich, doch tauglich (für Ihn), ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedars, wie die Vorhänge Salomos. Seht mich nicht an, weil ich so schwärzlich bin weil die Sonne mich verbrannt hat“. Ist das nicht die rechte Haltung der Braut des Lammes? Sie ist ganz unwürdig, jedoch tauglich für Ihn. In Ihm mag sie sich rühmen, selbst ihrer Annahme; denn sie verherrlicht seine Gnade. Alle ihre Schönheit stammt von ihm. Gleich der Lilie des Feldes, der prächtigen Anemonen, die in den niedern Tälern wächst, trägt sie ein Gewand, das von Gott stammt. Hatte das nicht unser Herr im Sinn, als er die Lilie des Feldes pries? Selbst Salomo, auf dessen Lied er damit hinweist, war nicht prächtiger gekleidet als sie. Welch köstliches Gleichnis von dem Kleid der Gerechtigkeit Gottes ist das! So schön wie dieses Blümchen und doch so anspruchslos! Bescheiden und verschämt mag sie Verwahrung gegen Selbstruhm einlegen; „Ich bin die Narzisse der Saraonsflur, die Lilie der Täler“, und mit Recht wird Er antworten: „Wie eine (weiße) Lilie unter den (schwarzen Dornen), so ist meine Freundin unter den Töchtern“ -, worauf sie in treuherziger Liebe erwidert; „Wie ein Apfelbaum unter des Waldes Bäumen, so ist mein Geliebter unter den Söhnen. In seinem Schatten saß ich so gern und seine Frucht war meinem Gaumen süß“. Wieder und wieder sehen wir im Dienste unsers Herrn, in Sonderheit im Bericht des Johannes, wie er mit seiner Liebe sie umwirbt, wie die Braut es ausdrückt in den Worten: „Er führt mich ins Weinhaus, und die Liebe war sein Panier über mir.“

Der Herr vergleicht sie mit Pharaos Rossen - eine unverkennbare Anspielung auf die Knechtschaft in Ägypten. „Meiner Stute an den Wagen Pharaos vergleiche ich dich, meine Freundin. Lieblich stehen deinen Wangen die Gehänge, deinem Hals die Perlenschnüre“ (Hl 1:9.10) Aber damit gibt er sich nicht zufrieden. Er schmückt sie mit dem Silber und Gold der Erlösung: „Gehänge von Gold machen wir dir, ganz besetzt mit silbernen Punkten“. (Hl 1:11)

Die Begegnung mit der Braut

Von Ägypten an bis zu Seinem ersten Kommen fand sich weniges in Israels Geschichte, was sein Herz ganz eingenommen hätte. Diese Zeit wird somit übergangen. Doch anders steht's um die Begegnung mit der Braut. Ein stattlicher Raum wir ihr gewidmet. Ist die Beschreibung Seines Dienstes nicht unvergleichlich groß? „Mein Freund hebt an und spricht zu mir: „Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne komme doch! Denn sieh, der Winter ist vorüber, der Regen vorbei, vergangen. Die Blumen zeigen sich im Lande, die Zeit ist gekommen, den Weinstock zu beschneiden, der Turteltaube Ruf lässt sich in unserm Land hören. Der Feigenbaum - schon reifen seine Früchte, und die Reben in Blüte, verbreiten Duft. Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, komme doch!“

Der Feigenbaum, das Wegschneiden der toten Zweige, der Ruf der Taube sind kennzeichnende Züge des herbei gekommenen Königreichs.

Mit dem Taubenruf ist Petri Bekenntnis angekündigt, die Stellvertretung für den Dienst der Zwölfe. Denn nach seinem Bekenntnis der ihm vom Geist erschlossenen Wahrheit, dass sein Meister der Messias ist, der Sohn des lebendigen Gottes, nennt der Herr ihn Simon, „Jonas Sohn“, was Sohn der "Taube“ heißt.

Seit der Herabkunft des Geistes auf unsern Herrn in Gestalt einer Taube sind wir betreffs deren Bedeutung im Hohenlied nicht in Verlegenheit. Vielleicht hat unser Herr nichts höher eingeschätzt, als eine Offenbarung des Geistes in seinen Jüngern. Trefflich wird das ausgesprochen in den Zeilen: „Meine Taube in den Felsenklüften, im Versteck der Felsenwand, lass mich deinen Anblick sehen, lass mich deine Stimme hören! Deine Stimme ist so süß und dein Anblick lieblich.“

Hochbeglückt besingt die Braut seine Gegenwart bei ihr: „Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, der (seine Herde) unter den Lilien weidet, bis der Tag sich verkühlt und die Schatten fliehn.“

Dann folgt die Nacht seiner Abwesenheit. E i n Wort ist’s in dem die Sehnsucht der Braut sich offenbart, gleich dem Ruf in der Offenbarung, wo die Braut fleht: „Komm!“ Dieses Wort heißt: „Kehr um, mein Geliebter, und gleiche dem Reh oder dem jungen Hirschen auf den zerklüfteten Bergen!“

Die Verfolgungszeit der Braut während der Abwesenheit des Bräutigams ist angedeutet in dem Warnruf an Jerusalems Töchter. Die Worte der Offenbarung: „Siehe, ich komme bald!“ darf man hineinlesen in die Aufforderung an die Gazelle und Hindin. Es bewegt und erregt Sein Herz, sie leiden zu sehen: „Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei der (schnellen) Gazelle oder der (flüchtigen) Hindin: O wecket nicht auf, erweckt nicht die Liebe, bis ihr es gefällt!“

Das Gesagte möge genügen als Beweisgrundlage für unsere Überzeugung, dass in dem Hohenlied Jehovas Liebe zu den getreuen Gläubigen innerhalb seines alten Bundesvolkes gefeiert wird. Sie sind seine Braut und Hauptgegenstand des Liedes.

Die Kluft, welche sie an den Töchtern Jerusalems, die keine Schöne an Ihm finden, scheidet, mögen uns am besten die Worte des Gesanges selbst enthüllen (Hl 5:8-16):

B r a u t
Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems,
wenn ihr meinen Geliebten findet,
was wollt ihr ihm melden? -
Dass ich krank bin vor Liebe!
T ö c h t e r
Was ist dein Geliebter vor einem andern Geliebten,
du schönste unter der Weibern?
Was ist dein Geliebter vor einem andern Geliebten,
dass du uns also beschwörest?
B r a u t
Mein Geliebter ist blendend weiß und rot,
hervorragend vor Zehntausenden.
Sein Haupt ist gediegenes, feines Gold,
seine Locken wie Ranken, schwarz wie der Rabe,
seine Augen wie Tauben an Wasserbächen,
in Milch sich badend, in Fassung gelegt;
seine Wangen wie Balsambeete,
Anhöhen von duftenden Pflanzen;
seine Lippen Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe;
seine Hände (Finger) goldene Rollen mit Tarsissteinen besetzt,
sein Leib ein Kunstwerk von Elfenbein, bedeckt mit Saphiren;
seine Schenkel Marmorsäulen, gegründet auf goldene Sockeln,
sein Anblick gleich dem des Libanon, auserlesen wie Zedern;
sein Gaumen (seine Worte; vgl. Hl 4:11) Süßigkeit und er ganz Lieblichkeit:
Das ist mein Geliebter und das ist mein Freund,
ihr Töchter Jerusalems!“

Hat das Hohelied aber nichts zu sagen von Babylon, der falschen Braut? In der Offenbarung finden wir das Sonnenweib, das treue Israel, in der Wüste (Offb 12:1-6). Hosea sagt uns, dass Jehova ihr dort will ans Herz reden (Hos 2:14-20). Im Hohenlied sehen wir sie aus der Wüste kommend, auf ihren Geliebten gestützt (Hl 8:5). Das alles handelt von Zions Bedrängnis und Trübsal. Doch nun naht Babylons Zusammenbruch. Daher lesen wir: „Unerbittlich wie die Unterwelt ist Eifersucht, ihre Gluten Feuergluten, eine Flamme Jahs (Hl 8:6). Darin finden wir eine Andeutung des Schicksals des Weibes, das man „mit Feuer verbrennen“ wird (Offb 17:16). Die hier gebrauchte Gottesbezeichnung Jah ist bedeutungsvoll. Die Aufforderung „Lobet Jah“ (Hallelujah) ist stets mit Gericht verbunden. Wenn die Hochzeit des Lammes naht, fehlt im himmlischen Jubelsang das Hallelujah nicht (Offb 19:1-6). Jehovas (Jahs) Eifersucht lässt Babylon in Flammen aufgehen (Offb 19:3) und Er wird gepriesen für diese Tat. Aller „Reichtum“ (Hl 8:7) Babylons, all sein Glanz und seine Pracht können Jehovas Liebe nicht erkaufen: „Wenn einer allen Reichtum seines Hauses um die Liebe gäbe, man würde ihn doch nur verachten!“

In der Zeit jenes schrecklichen Gerichtes aber stützt die Braut sich auf den Geliebten. Sein Herz und seine Hand allein sind ihre Sicherheit.

“Trage mich wie einen Siegelstein auf deinem Herzen,
wie einen Siegelring an deinem Arm!
Denn Liebe ist stark wie der Tod“ (Hl 8:6)
„Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen
und Ströme sie nicht überfluten (Hl 8:7)

Lies weiter:
Die Stadt Babylon