Briefe an die Korinther

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
II. Die Früh-Briefe des Apostels Paulus

a) Briefe an die Thessalonicher

b) Briefe an die Korinther

Der 1. Korintherbrief

Dieser Brief ist der nächste, der nach 2Thes geschrieben wurde. So können wir erwarten, dass hier dieselben Bedingungen vorliegen wie in den Briefen an die, die in Thessalonich "das Wort angenommen" hatten (Apg 2:41), das Petrus in Apg 2:39.40 und Apg 3:19-26 verkündet hatte.

Wir können hier die gleiche heilsgeschichtliche Lehre verfolgen wie in allen früheren Briefen, die Paulus in der Phase der Apostelgeschichte geschrieben hat, bevor diese Phase mit Apg 28 ihren Abschluss fand. Das wiederum erklärt viele Stellen in jenen Briefen, die bisher für heutige Leser schwer zu verstehen waren, weil man sie weder mit anderen Schriftstellen noch mit ihrer traditionellen Auslegung in Übereinstimmung bringen konnte.

Schon ganz am Anfang stoßen wir auf das Wort apokalypse, als das, worauf die Gläubigen in Korinth sehnsüchtig warteten. Für sie war demnach die Offenbarung oder Enthüllung unseres Herrn Jesus Christus nahe. Der Ausdruck in 1Kor 1:7 bedeutet ein sehnliches Ausschauen nach der Zeit, wenn unser Herr Jesus Christus offenbart, also sichtbar werden soll. Hätte diese große Offenbarung in einer damals fernen Zukunft gelegen, dann wäre dieses sehnliche Warten (denn das Wort für "warten" ist das gleiche wie in Röm 8:19) ganz fehl am Platz gewesen (wenn wir nicht annehmen wollen, sie seien irregeführt worden). Das Wort Offenbarung bezieht sich immer (wenn es für das Kommen des Herrn angewendet wird) auf sein sichtbares Erscheinen als Person. Das allein war das Ereignis, worauf Paulus und die Gläubigen in Korinth warteten. Aber wir und unsere Leser sind ganz überzeugt, dass das heute nicht "unsere Hoffnung" ist. Wir glauben, dass der Tag nicht wie "ein Dieb über uns kommen" wird, sondern dass wir entrückt werden, bevor der "Tag des Herrn" kommt. Deshalb ist es ein echter Stolperstein, hier auf dieses Wort zu stoßen.

Aber die meisten Bibelleser haben es sich angewöhnt, in solchen Fällen einfach weiterzulesen, als gäbe es gar keine Schwierigkeit. Man beachtet gar nicht, dass in dem Wort oder der Wendung eine solche liegt. Damit ignoriert man eine Schriftstelle teilweise. Das ist ein großer Fehler, denn wir tragen eine Last weiter, obwohl genauere Prüfung sie nicht nur wegnehmen würde, sondern unser Wissen erweitern und unsere Überzeugung stärken könnte, jedes Wort, das Gott zu uns spricht, ist wichtig.

Hier ist es so. Wenn wir uns diese Stelle nochmals ansehen, dann lesen wir, "dass ihr in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und Erkenntnis (wir halten fest, dass hier das Wort gnosis (normales Erkennen), nicht epignosis (volles oder vollständiges Erkennen) steht. Das Letztere hat große Auswirkung auf den Betreffenden. Es ist das Wort, das in den Briefen aus der Gefangenschaft häufig verwendet wird. Denn die Predigt von Christus (K: 'das Zeugnis des Christus') (das ist das Zeugnis, das Christus gegeben hat) ist in euch kräftig geworden (K: 'bestätigt ward unter euch') (d. h.: 'durch die, die es gehört haben', Hebr 2:3 und 'Gott hat dazu Zeugnis gegeben durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten, Hebr 2:4), so dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus. Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herr Jesus Christus" (1Kor 1:5-8).

Hier haben wir "DIE Offenbarung" als Gegenstand ihrer Hoffnung. Es war "der Tag," auf den sie sehnlich warteten (das ist in dem Wort enthalten (griech.: apekdechomai = sehnlich erwarten. Vgl. Röm 8:19.23.25.

Unsere Erwartung heute

Wir aber warten sehnlich auf etwas anderes. In Phil 3:20.21 heißt es für uns: "UNSER Bürgerrecht aber IST (griech.: hyparcho = als Wirklichkeit bestehen; das ist mehr als das gewöhnliche Verb 'sein') im Himmel; woher wir auch erwarten (dasselbe Wort wie 1Kor 1:7) den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern NICHTIGEN LEIB verwandeln wird, dass er gleich werde seinem VERHERRLICHTEN Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann." Wenn wir leben und übrig bleiben, erwarten wir diese Verwandlung; wenn wir vorher entschlafen, die Ausauferstehung aus den Toten (vgl. Phil 3:11.14).

Das ist etwas anderes, als wenn es in 2Thes 1:6.7 heißt: Offenbart "vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus" Das ist die OFFENBARUNG.

Die Ausauferstehung und die Berufung in den Himmel, das ist heute unsere selige Hoffnung. Aber die meisten von uns haben für diese Hoffnung aus Phil 3 keinen Platz frei, weil sie Israel seine Hoffnung aus 1Thes 4 geraubt haben und sie entweder vergeistigen, indem sie sagen, es handle sich nicht um eine Auferstehung des Leibes, oder sie gar nicht zur Kenntnis nehmen. Aber wir können die Tatsache nicht außer acht lassen, dass diese Gläubigen in Korinth die Offenbarung erwarteten. Es steht so geschrieben.

Die Erwartung der Korinther

Außerdem war damals die Entfaltung des großen Geheimnisses von der Herrschaft der Gnade, die in all ihrer Herrlichkeit regiert, den Menschen noch nicht bekannt gegeben worden. Deshalb musste ein Gläubiger in dieser Phase den Gerichtscharakter des Tages des Herrn erwarten. So lesen wir in 1Kor 3:13-15, "so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird's klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren" (apokalypto). Hier haben wir wieder die Offenbarung, und sie ist genau, was sie in 2Thes 1:7.8 bedeutet. "Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer (alle sorgfältigen griechischen Text besagen 'das Feuer selbst') erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch" (1Kor 3:13-15).

Befinden wir uns hier noch auf dem Boden der Gnade?, denn "Ist's aber aus Gnade, so ist's nicht aus Verdienst der Werke; sonst wäre Gnade nicht Gnade" (Röm 11:6).

Und man beachte, es ist DER TAG, der das klar macht, also "der Tag des Herrn" nach 2Thes 1:7-10.

Um der Schwierigkeit zu entgehen, die wir uns selber bereitet haben, hat man sich mit verschiedenen Ausreden zu helfen versucht, und viele von uns sind heute noch deswegen verunsichert und sind sich nicht einig, ob die "Werke" hier allgemein oder geistlich zu verstehen sind. Manche bedauern es sogar, dass es diese Stelle überhaupt gibt! Es muss uns allen klar sein, dass wir uns hier nicht auf demselben Boden befinden wie der Epheserbrief. "Der Tag" ist hier ein Tag der Unterscheidung. Das Werk ist das "Werk im Glauben" und die "Arbeit in der Liebe," die sich an denen gezeigt hatte, die in Thessalonich das Wort angenommen hatten, und die in 1Thes 1 lobend genannt werden. Alle diese Arbeiter sollten darauf achten, wen sie zur Gemeinde hinzufügten (Apg 2:47), denn wenn menschliche Werkzeuge die Arbeit taten (Apg 5:14; Apg 11:24 usw.), dann musste diese Arbeit unbedingt geprüft werden. Der "Tag" an dem diese Prüfung geschehen sollte, werde "mit Feuer" offenbart (1Kor 3:13). Das hatte schon Maleachi erklärt: "Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer eines Schmelzers... Denn siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen. Da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein..." (Mal 3:2.3.19).

Das war das Zeugnis Johannes des Täufers, als er den Tag beschrieb, den er als nahe gekommen verkündete. "... die Spreu wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer" (Mt 3:12; vgl. 2Thes 1:7.8 usw.). Aber wir haben noch andere Stellen im nächsten Kapitel, wo der Apostel mahnt: "... richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden" (1Kor 4:5).

Wenn wir hier auf den besonderen Bezug einer solchen Schriftstelle auf die damals angesprochenen Menschen hinweisen, tun wir es selbstverständlich wegen der Auslegung. Natürlich meinen wir nicht, es gäbe da keine Anwendung für uns, oder wir könnten daraus nichts lernen. Es ist gut für uns und unsere Glückseligkeit, wenn wir es als "ein Geringes" betrachten können, von anderen gerichtet zu werden, und wenn wir in der Lage sind, all unsere selbsternannten Richter (von denen es eine Menge geben wird!) dem Herrn zu überlassen. In all diesen speziellen Punkten gibt es ewige Wahrheiten und praktische Ermahnungen von bleibender Bedeutung.

Das ist bei der Stelle im nächsten Kapitel wohl kaum der Fall, wo der Apostel davon spricht, dass ein unzüchtiger Bruder dem Satan übergeben werden soll zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde AM TAGE DES HERRN (1Kor 5:5). Damit ist gewiss auf den Tag als damals nahe bevorstehend hingewiesen.

Im nächsten Kapitel sagt er nichts, was uns hindert zu schließen, der "Tag" sei so nahe, dass die Empfänger seines Briefes und er selber im kommenden Zeitalter über Engel richten würden.

"Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt (griech.: kosmos) richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet werden soll, seid ihr dann nicht genug, geringe Sachen zu richten? Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Wieviel mehr über Dinge des täglichen Lebens" (1Kor 6:2.3).

Wenn die Nähe der Offenbarung hier noch nicht schlüssig bewiesen wäre, dann doch sicher im nächsten Kapitel, wo der Rat des Apostels ganz auf dieser Tatsache beruht. In 1Kor 7:29 lesen wir: "Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz." Das Wort, das mit "kurz" übersetzt ist, erscheint nur hier und in Apg 5:6. Es bedeutet "eingehüllt" (oder zeitlich "beschränkt") und das ist hier die Bedeutung. Die Zeit (oder der Zeitabschnitt) ist beschränkt, das heißt, die heilsgeschichtliche Phase war kurz vor ihrem Ende. Was lag dann am Heiraten, Weinen oder Freuen, Kaufen oder Verkaufen? Der Grund folgt: "Denn das Wesen dieser Welt vergeht." Das zeigt, für wie nahe das Ende dieser Phase gehalten wurde.

Wer hat nicht schon die Schwierigkeit erlebt, diese Stelle zu verstehen, wenn sie aus dem Kontext genommen und für uns heute ausgelegt wurde? Wie viele waren bestürzt und kamen zu uns um Rat, ob sie heiraten oder sonst etwas von dem tun sollten, was hier genannt ist.

Unsere Antwort ist dann und sollte es sein: Ja, gewiss. Was in der speziellen Zeit unter diesen besonderen Umständen nicht ratsam gewesen war; heute wäre es für uns nicht weise, nach gleichen Maßstäben zu handeln. Für sie war die Nähe des Endes eine gewichtige Realität. Ein Apostel arbeitete hier, der andere da, und es gab keine Möglichkeit, sie wissen zu lassen, wie die Verkündigung des Petrus an dem oder jenem Ort aufgenommen wurde.

Es gab keine täglichen Veröffentlichungen von Nachrichten. Niemand konnte wissen, ob sie allgemein angenommen oder abgelehnt wurde. Wir müssen versuchen, uns in die Lage der Gläubigen jener Zeit zu versetzen. Sie hatten keine Telegraphen oder Telefone. Die Angesehensten der Juden in Rom hatten wenig oder nichts gehört über Paulus und seine Tätigkeit in Jerusalem (Apg 28:17-21).

Sie wussten nur, dass die Zeit nahezu abgelaufen war. So schreibt der Apostel an die Gläubigen in Korinth: "Die Zeit ist kurz." Von nun an ist die Zeit noch kürzer. Die Zeitspanne zwischen dem Schreiben des Briefes und dem Kommen jenes Tages war also extrem beschränkt.

Im Blick auf die Kürze der damals noch verbleibenden Zeit hatten einige aus Korinth an Paulus wegen ihrer Heirat geschrieben, und er beriet sie richtig und für diese spezielle Zeit zutreffend. Sein Rat für einen unverheirateten Mann war damals "es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren“ (1Kor 7).

Das ganze Kapitel muss aus der Sicht der Zeit gelesen werden, in der es geschrieben wurde. Dann können wir es verstehen und seine Weisheit erkennen. Wenn wir es aber in unsere Zeit hinein nehmen, dann ernten wir nichts als Verwirrung und Schwierigkeiten. Es war dazu geschrieben, dass die Gläubigen solche Auftritte vermeiden sollten, wie wir sie von Zeit zu Zeit erleben, wenn Leute auf irregeleitete Männer oder Frauen hereinfallen, die sie mit der Idee verrückt machen, an einem bestimmten Tag käme "das Ende der Welt" (was immer sie darunter verstehen mögen). Vor solchen Exzessen waren diese Gläubigen in Korinth geschützt, obwohl sie verstanden hatten wie nahe das Ende jener heilsgeschichtlichen Phase sein konnte; denn ihr Glaube beruhte auf dem Wort des Herrn, gesprochen "durch die, die es gehört haben“.

Aber wir sind heute nicht in dieser Situation. Wir haben kein solches Wort. Unsere "Berufung in den Himmel" und die Ausauferstehung aus den Toten sind göttliche Gewissheit; aber wir haben nichts, das uns anzeigt, wie weit oder nahe es vor uns liegen mag. Die Tatsache ist gewiss, aber der Zeitpunkt ist ungewiss. Die Tatsachen beruhen auf dem Wort des Herrn, aber wir haben kein Wort über die Zeit, wie die Apostel es hatten. Das einzige von Gott gegebene Anzeichen ist, dass (1) der Abfall erst kommen muss, dann (2) der Mensch der Sünde, und schließlich (3) "der Tag des Herrn." Der Abfall nähert sich; aber wir können nicht sagen, wie nahe er ist, oder wie weit er schon gediehen sein mag. Wir können nur beobachten, wie er die Gemeinde und die Kirchen mit Unglauben und Gesetzlosigkeit überschwemmt. Und wir können "aufsehen" zu unserm Siegespreis, auf den Erlöser warten und auf die wunderbare Verwandlung, die er mit unserm nichtigen Leib vornehmen wird, und "warten" auf die Ausauferstehung aus den Toten.

Unsere Erwartung eilt nämlich der Hoffnung Israels voraus. Sie scheint weitgehend auf der gleichen Linie zu liegen und in der gleichen Reihenfolge abzulaufen. Der einzige Unterschied ist die Gewissheit über "Zeiten und Abschnitte" bei ihnen, und die Ungewissheit über Zeitpunkte bei uns; und die Verbindung ihrer Hoffnung mit dem "Tag des Herrn" auf der Erde und die engere Verbindung "unserer Hoffnung" mit den Himmeln, wo unser politeuma (Bürgerrecht) besteht, das uns erwartet, während wir sehnlich darauf warten und danach Ausschau halten. So liegt die Lehre von 1Kor genau auf der gleichen Linie wie die vom Herrn gegebene, "durch die, die es gehört haben". Es gab da keine neue Linie der Wahrheit, obwohl es mit der Annäherung des Endes eine Entwicklung der Wahrheit gab.

In 1Kor 10:11 haben wir ein weiteres Beispiel, wie der Apostel sich selber mit in die Verwirklichung der Hoffnung, die er aufzeigte, einbezog. Wir sagen nichts von dem Unterschied im "Stehen im Glauben" einerseits derer, an die er in 1Kor 10:1-10 schrieb, und andererseits derer, an die er in seinen späteren Briefen aus der Gefangenschaft schrieb. Es gibt in diesen späteren Briefen nichts über jemanden, der "zu stehen meint" oder "fallen" könnte oder "der umgebracht würde durch den Verderber." Die Phase des Geheimnisses hat mit der "Herrlichkeit seiner Gnade" etwas, das wertvoller ist.

Aber im ersten Brief an die Korinther gibt es etwas, das wir in den Briefen aus der Gefangenschaft nicht finden. Das ist das nahende Ende jenes Zeitalters. In 1Kor 10:11 sagt der Apostel den Gläubigen in Korinth, "dies" widerfuhr den Vätern desselben Volkes während der vierzigjährigen Wanderung "als ein Vorbild" für die damals gegenwärtige vierzigjährige Bewährungszeit in der Phase der Apostelgeschichte. Er schreibt: "Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist" (alle sorgfältigen griechischen Texte haben hier die Vergangenheitsform "gekommen ist." Das Wort ist eigentümlich. Es ist katantao, das ist eins von zweiunddreißig Wörtern, die mit "kommen" übersetzt werden und erscheint nur dreizehn mal. Es ist immer im Sinne von "Ankunft" verwendet). Und als Folgerung daraus fügt er an: "Darum, wer meint er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle."

Wer mit den Briefen aus der Gefangenschaft vertraut ist, dem klingt das wie eine fremde Sprache. Hier findet man keine solchen ernsten Warnungen und keinerlei Ermahnungen aus einem solchen Grunde, denn alles ist in diesen späten Briefen mit der "Herrlichkeit seiner Gnade" verbunden.

In 1Kor 15 kommen wir zu einer Stelle, die von der Auferstehung handelt, die schon im ersten Brief an die Thessalonicher erwähnt wurde, wie wir gesehen hatten. Dort hatte der Apostel die Tatsache erklärt. Jetzt hat er sich vorgenommen, sie zu erläutern. Es gibt vierzehn griechische Wörter, die mit "erklären" übersetzt werden. Aber dieses Wort hier bedeutet: durch Erläuterung bekannt machen [in sechzehn der vierundzwanzig Vorkommen wird es mit "make known" (bekannt machen, bekannt geben) übersetzt, und nur viermal mit "declare" (erklären). Die übrigen sind bezeichnend: einmal "give you to understand" (Lk: kund tun, 1Kor 12:3), je einmal "do to wit" (Lk.: kund tun, 2Kor 8:1), "certify" (Lk.: kund tun, Gal 1:11), "wot" (Lu.: wissen, Phil 1:22)].

Als der Apostel den ersten Brief an die Thessalonicher schrieb, war über die Auferstehung alles bekannt gemacht worden, was im Alten Testament und in den Worten des Herrn zu finden ist. Und da werden zwei Auferstehungen genannt, eine zum Leben und die andere zur Verdammnis (Dan 12:2; Joh 5:28.29); eine der Gerechten und eine der Ungerechten (Apg 24:2). Aber über deren Reihenfolge oder darüber, dass eine "von" oder "aus" den Übrigen stattfinden sollte, die für eine spätere Auferstehung übrig bleiben, das wird dort nicht bekannt gegeben.

Der Herr hat diesen besonderen Ausdruck immer dann verwendet, wenn er von seiner eigenen oder von der Auferstehung der Seinen sprach. Er sagte jedesmal "AUS (griech.: ek = aus, heraus von) den Toten." Seine Jünger verstanden ihn zuerst nicht, "und befragten sich untereinander: Was ist das, auferstehen von den Toten?" (Mk 9:9.10.31.32).

Als Paulus an die Thessalonicher schrieb, wiederholte er ein Wort des Herrn (Joh 11:25.26), und fügte eine neue Offenbarung hinzu, die zeigt, dass die echte Gegenwart des Herrn für seine Leute Leben bedeutete.

Die Erwartung 1Kor 15

Aber wir brauchen hier nicht tiefer zu dringen. Wir sind mit 1Kor 15 beschäftigt und wollen aufzeigen, was in diesem Kapitel offenbart ist, wenngleich es eine Fülle kostbarer Wahrheit bekannt macht, die mit der Offenbarung im Zusammenhang stehen, aber er geht nicht über 1Thes 4 hinaus. Es erklärt das, was Gott bis dahin als "Geheimnis" zurück behalten hatte (1Kor 15:51). Er sagt: "siehe, wir werden nicht alle entschlafen (dasselbe Wort wie 1Thes 4:13.14.15, das 'unabsichtlich einschlafen' bedeutet und für das Sterben verwendet wird; aber nicht dasselbe Wort wie 1Thes 6:6.7.10, das 'sich zum Schlafen anschicken' bedeutet, also 'einschlafen' oder 'nicht wachsam sein'), wir werden aber alle verwandelt werden;..." Das würde eine Auferstehung von den Toten sein. Aber wir besprechen gerade, dass keine von diesen die Aus-Auferstehung von den Toten war. Die war noch Geheimnis, ein weiteres Geheimnis nämlich, das erst später, in Phil 3:11, bekannt gegeben wurde.

In der folgenden Anordnung werden unsere Leser den Unterschied zwischen den beiden Auferstehungen leicht erkennen.

Die eine in 1Kor 15:12.13.21.42 ist anastasis nekron, oder ton nekron, die Auferstehung der Toten.

Die andere in Phil 3:11 ist die EX-anastasis ten ek nekron, die AUS-AUFERSTEHUNG von den Toten.

Die letztere wurde erst nach dem Ende der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte geoffenbart. Sie wurde geheim gehalten, bis sie in der neuen Phase des Geheimnisses bekannt gemacht wurde. Sie ist mit unserem Siegespreis verbunden und bezieht sich darauf. Dieser Preis ist die BERUFUNG IN DIE HÖHE oder himmelwärts (Lu.: himmlische Berufung) (Phil 3:14).

Diese wunderbare Wahrheit ist immer noch für Tausende ein Geheimnis, denn sie ist durch die autorisierten Bibelübersetzungen für deren Leser verborgen. Dort wird das Adverb "in die Höhe" (wir haben das mehrfach herausgestellt) wiedergegeben, als wäre es ein Adjektiv "hoch" und würde die Natur des Rufes beschreiben, dagegen beschreibt das Adverb Richtung oder Art der Berufung. Aber darüber werden wir mehr zu sagen haben, wenn wir zum Brief an die Philipper kommen.

Jetzt genügt es uns, festzuhalten, dass wir ohne Phil 3:11.14 nicht mehr über "unsere Hoffnung" wüssten, als die Gläubigen in Thessalonich in der damals auslaufenden Phase der Apostelgeschichte wussten.

Auf jeden Fall wusste Paulus, dass er nichts verloren hatte. Und er ermahnt in Phil 3:17 mit ihm zusammen dem Herrn nachzufolgen. Und er konnte auch sagen: "Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Kn: 'hin zu so in allen sorgfältigen griechischen Texten dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu.') Wie viele von uns vollkommen sind, die lasst uns so gesinnt sein. Und solltet ihr in einem Stück anders denken, so wird euch Gott auch das (die selige Hoffnung) offenbaren. Nur, was wir schon erreicht haben, darin lasst uns auch leben." (Knoch: Indes, worin wir andere überholen, sollte dieselbe Gesinnung da sein, nach derselben Richtschnur die Grundregeln zu befolgen.)

Der 2. Korintherbrief

Der zweite Brief an die Korinther steht in vieler Hinsicht im Kontrast zum ersten, wie das auch mit den beiden Briefen an die Thessalonicher der Fall ist. Beide Male wurde der zweite Brief durch Umstände erforderlich, die nach dem Abfassen des ersten eingetreten waren.

Aber das Zeugnis geht immer in die gleiche Richtung. Trübsal hatte eingesetzt, in 2Kor 1:4 wie in 2Thes 1:4. In 2Kor 1 war die Last hauptsächlich persönlich, obwohl die Empfänger des Briefes daran teilhatten. Ein Teil des persönlichen Leides war fast dasselbe wie in 2Thes. Dort waren sein Wort und seine Verheißungen angezweifelt worden, hier hatte man seine apostolische Vollmacht in Frage gestellt.

Wie er sich in dem früheren Fall bemüht hatte, ihre Hoffnung auf Gott zu befestigen, die abgenommen hatte, so arbeitete er hier daran, ihr Vertrauen in sein Wort, seine Berufung und seinen Auftrag zu kräftigen und aufzurichten.

Das waren interne Nöte dieser Gemeinde, aber es gab auch externe, von ihren Feinden verursachte. Darin erfüllte sich Mt 24:9-11, wo der Herr den Beginn der Geburtswehen der Trübsal beschreibt: "Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern. Dann werden viele abfallen und werden sich untereinander verraten und werden sich untereinander hassen. Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen."

In 2Kor 11:23-33 lässt er sich breiter aus über seinen Anteil an diesen Verfolgungen. Er bezeichnet das nicht als Erfüllung der Weissagung des Herrn, sondern stellt es ihnen vor, um damit sein Apostelamt zu belegen. Sie sollten sich selber prüfen, ob sie seine apostolische Vollmacht nicht an der Standfestigkeit ihres eigenen Glaubens erkennen könnten (nicht als eine Aufgabe sich selbst gegenüber, durch Selbstbeobachtung, wie allgemein behauptet wird, sondern als Aufgabe ihm gegenüber, damit sie es als Beweis ansehen, als "Beweis dafür, dass Christus in mir spricht") (2Kor 13:5-10).

Aber wenden wir uns wieder den Anfangskapiteln zu. Da bemerken wir weitere Hinweise auf den Charakter der Zeit, in der sie lebten. Nach einer Verteidigung seines geistlichen Amtes in Kap. 3 verweist er nochmals auf seine geistliche Beglaubigung und geht dann wieder (2Kor 4:8-12) auf die Leiden ein, die sie erlebt hatten.

Er gibt ihnen dieselbe Hoffnung auf die Auferstehung, die er den Thessalonichern zugesprochen hatte (1Thes 4:13-17). Anstatt "wenn wir glauben," sagt er hier "denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird UNS auch auferwecken mit Jesus (Dia Jesou, wie in 1Thes 4:14, woraus hervorgeht, dass diese Worte sich wie hier auf die Auferstehung beziehen, und nicht auf den Schlaf, d. h.: Tod) und wird UNS VOR SICH STELLEN samt EUCH" (2Kor 4:14). Die gleiche Präsentation, die in 1Thes 2:19 und 1Thes 3:13 gemeint ist, die bei der parousia des Herrn stattfinden wird. Er sah dem entgegen, dass er mit ihnen gemeinsam präsentiert werden soll. Das war kein Ereignis, das damals noch in weiter Ferne lag, sondern eine damals gegenwärtige Hoffnung, die in Kürze realisiert werden würde. So nahe war sie, dass sich ihre Kraft in der Befähigung zum Ertragen von Leiden erweisen konnte. Er sagt: "Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch der äußere Mensch verfällt, so wird doch der Innere von Tag zu Tag erneuert" (2Kor 4:16).

Und warum war das so? Paulus erläutert es anschließend: "Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig. Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung (das ist ein geistlicher Leib griech.: oikoterion, das nur hier und in Jud 1:6 vorkommt, wo es für geistliche oder Engels-Leiber verwendet ist, in genau der gleichen Bedeutung wie hier), die vom Himmel ist, überkleidet werden, weil (K: wenn [als Tatsache dargestellt, jeden Zweifel ausschließend, was im englischen Bibeltext durch Verwendung des Wortes if nicht direkt ersichtlich ist] nämlich) wir dann bekleidet und nicht nackt (ganz ohne Leib) erfunden werden" (2Kor 4:17 - 2Kor 5:3).

Hier verstärkt der Apostel die Verheißung von 1Thes 4:17. Dort wird nichts davon gesagt, dass irgend eine Veränderung stattfände, weder in den auferstandenen noch in den entrückten Leibern. Aber hier werden die früheren Verheißungen stark erhellt. Die Empfänger werden darüber belehrt, dass die Toten nicht auferweckt und die Lebenden nicht entrückt werden wie sie waren, mit unveränderten Leibern, sondern dass sie Leiber haben werden wie die Engel (Mt 22:30). Diesen Leib erhalten sie vom Himmel und Gott überkleidet ihn.

Paulus formuliert hier kein Kredo über die Eschatologie. Er spendet Trost (wie in 1Thes 4) für die, die erste Erfahrungen mit den Geburtswehen der Trübsal machten. Er gab die neue und wunderbare Hoffnung (indem er die Verheißung des Herrn in Mt 24:31 erweiterte) und erläuterte die Verheißung eingehender, die er in 1Thes 4:17 gegeben hatte.

In 2Kor 5:4 wiederholt er Vers 2: "Denn solange wir in dieser Hütte sind, seufzen wir und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben." Dann fährt er fort: "Der uns dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat. So sind wir denn allezeit getrost und wissen: solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; denn wir wandeln im Glauben, und nicht im Schauen" (2Kor 5:5-7). Das heißt also, sie hatten die Verheißung vom Herrn, dass sie bei seinem Kommen für immer in seiner Gegenwart sein würden, sei es durch Auferstehung oder durch Entrückung.

Bis zu seinem Kommen und solange sie noch im Leibe waren (d. h.: im Fleisch), waren sie "fern von dem Herrn." So fügt er hinzu: "Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn. Darum setzen wir auch unsere Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen. Denn WIR MÜSSEN ALLE offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse. Weil wir nun wissen, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir Menschen zu gewinnen; aber vor Gott sind wir offenbar. Ich hoffe aber, dass wir auch vor eurem Gewissen offenbar sind" (2Kor 5:8-11).

Das ist nun der ganze Kontext der oft genannten, aber aus dem Zusammenhang gerissenen und deshalb ungenauen Redensart, "fern dem Leibe, nah dem Herrn," und es muß uns sicher allen klar sein, wenn wir es im Zusammenhang lesen, und im Licht der Zeit, in der es der Apostel geschrieben hat.

Jetzt können wir sehen, wie diese eschatologischen Aussagen die große Verheißung bestätigen und erläutern sollen, die in 1Thes 4:17 gemacht wurde. Die "das Wort angenommen" hatten (Apg 2:41; 1Thes 2:13), hatten die Verheißung, bei dem Herrn zu sein (1Thes 4:17). Im unmittelbaren Kontext (2Kor 4:14) hatte er zu ihnen davon gesprochen, dass sie "vor ihn gestellt" würden (und deshalb auch er zusammen "MIT EUCH"), und er hatte die Gläubigen in Thessalonich in 1Thes 2:19 und 1Thes 3:13 mit genau der gleichen Hoffnung getröstet.

Auch Judas empfahl sie Gott, als er von der allgemeinen und kommenden Errettung und Erlösung schrieb. Der Herr hatte davon gesprochen, und "die es gehört haben" (Hebr 2:3), die hatten es bestätigt. Judas tat das mit den Worten: "... der euch vor dem Straucheln behüten kann und euch untadelig stellen kann vor das Angesicht seiner Herrlichkeit mit Freuden..." (Jud 1:24).

Die Erweiterung dieser Verheißung in 2Kor 5 muss man auf den gleichen Linien auslegen. "Daheim zu sein bei dem Herrn," sollte Wirklichkeit werden, und die war für sie in einem ganz besonderen Sinne nahe. Wenn die Entschlafenen auferstehen und die Lebenden mit ihnen zusammen entrückt werden sollten, dann würde es in unveränderten Leibern geschehen, wenn ich 1Thes 4 richtig verstehe. Jetzt wird in 2Kor 5 diese weitergehende Instruktion erteilt, und es wird ihnen von den Leibern gesagt, die sie vom Himmel bekommen sollten.

Danach sehnten sie sich; nicht nach dem Sterben, sondern nach der Auferstehung, Verwandlung und Entrückung, dass sie "überkleidet" würden mit einem geistlichen Leib auferstanden oder entrückt miteinander und "daheim", ja, ewig "beim Herrn" zu sein.

In 1Kor 15:51 hatte er ihnen das bereits als Tatsache geschrieben: "... wir werden aber alle verwandelt werden." Jetzt in 2Kor 5 erläutert er, wie diese Verwandlung geschehen soll. Das war das herrliche Ende all ihrer Mühe, der glückselige Abschluss all ihres Kummers. Sie erhofften sich nicht das Entschlafen, sondern sie waren getrost in der Gewissheit, dass sie, wenn sie entschlafen waren, auferweckt, verwandelt und entrückt würden. Wir können 2Kor 5 nicht von 1Thes 4:17 trennen, wo ihnen ausdrücklich gesagt wurde, dass sie "SO", d. h.: in dieser Weise und nicht anders, für immer beim Herrn sein sollten.

Der Richterstuhl Christi

In 2Kor 5:10 verbindet der Apostel das alles miteinander und mit einer weiteren, ernsten Tatsache. Er sagt: "WIR MÜSSEN ALLE offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi..."

Wie haben wir alle mit diesem Wort gerungen! Wissen wir doch, dass wir, die wir in der gegenwärtigen Phase des Geheimnisses ganz in der Gnade stehen, nicht nach Werken gerichtet werden können. Daher waren wir immer bemüht, nachzuweisen, dass hier vom Gericht über den Dienst die Rede sei. Aber von so einer Unterscheidung wird hier nichts gesagt, und Werke an sich werden in Verbindung mit diesem Gericht im ersten Brief erwähnt (1Kor 3:13.14). Wo der Herr in der gleichen Periode von seinem Kommen spricht, in den sieben Sendschreiben an die Gemeinden in Asien, ist ebenfalls jedes mal von "Werken" die Rede, in einem sogar zweimal (siehe Offb 2:2.9.13.19; Offb 3:1.2.8.15).

Wir erinnern auch daran, dass bema bei den Griechen für das erhöhte Podium verwendet wurde, von dem aus die Siegespreise vergeben wurden. Obwohl wir uns mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass es in der Heiligen Schrift, im Neuen Testament, nie so gebraucht wird! Das Wort "bema" kommt zwölfmal vor und ist zehnmal davon mit "Richterstuhl" oder "Gericht" (in Apg 7:5 heißt es 'Standort' und hat einen anderen Zusammenhang) und einmal mit "Thron" (Apg 12:21) übersetzt. Eine Prüfung dieser Stellen zeigt sofort, dass die Heilige Schrift das Wort nur für die Bühne zur Verkündigung von Urteilen gebraucht.

Die Schwierigkeit, mit der wir und viele andere Bibelleser gerungen haben, waren selbstgemacht. Wenn wir es aber von daher betrachten, dass die Entfaltung der Heilsgeschichte in verschiedenen Phasen geschah, und wenn wir die biblischen Schriften chronologisch ordnen, dann verschwindet nicht nur die Schwierigkeit, sondern das Zeugnis von 2Kor 5:10 fügt sich nahtlos an alle anderen Schriftstellen, die wir betrachtet haben.

Außerdem war dieses Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi, dem die Gläubigen in der Phase der Apostelgeschichte immer entgegen sahen, nicht eine Möglichkeit in einer fernen Zukunft, sondern es betraf sie selber und persönlich. Paulus schließt sich da mit ein: "WIR müssen...".

Aber das war in ihren Augen sogar eine Notwendigkeit, erforderlich, wenn alles, was die Propheten von diesem kommenden Gericht gesagt hatten, in Erfüllung gehen sollte. Es war durch die nationale Buße bedingt. "wir müssen" sagt der Apostel. Nach all den Prophezeiungen über das Kommen des Herrn musste es so geschehen. Außerdem ist diese Aussage nicht isoliert. Sie wird in den letzten der sogenannten früheren Briefe des Paulus in vielen Worten wiederholt. Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.... So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben" (Röm 14:10.12).

Diese Ausdrucksweise stimmt mit der Phase der Apostelgeschichte genau überein, und mehr noch, es war auch die einzige Art, wie die Wahrheit dargelegt werden konnte. Wenn wir weiter nachdenken und nochmals die Ausdrucksweise in den Briefen aus der Gefangenschaft studieren, dann sehen wir die gewaltige Veränderung, die inzwischen stattgefunden hatte. Sicher kann es uns nicht entgangen sein, dass dort solche Aussagen nicht nur fehl am Platz, sondern völlig unmöglich wären.

Alles, was wir tun müssen, ist sie wieder einmal durchzulesen und zu lernen, was wir in der Vergangenheit waren (Eph 2) und was wir jetzt sind und ewig bleiben werden aus Gnade. Wie können die vor seinem Richterstuhl stehen, die "Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden" haben?

Wie können diejenigen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen, um gerichtet zu werden für irgend etwas, was man sich auch immer vorstellen könnte? Es ist unmöglich, denn sie sind es, die er "gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus" (Eph 1:3). Sie sind "erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war" (Eph 1:4), sind "begnadet in dem Geliebten (Eph 1:6). Sie haben den unmittelbaren Blick auf die gesegnete Verheißung einer vorausgehenden Auferstehung oder exanastasis, die Ausauferstehung von den Toten und die Berufung in den Himmel von ihm (Phil 3:11.14). Sie haben jetzt bereits ihr Bürgerrecht in den Himmeln, von wo wir den Heiland erwarten; nicht damit er uns richtet, sondern damit er uns verwandelt; nicht nur um uns aufzuerwecken und mit einem geistlichen Leib zu kleiden, sondern um unsere nichtigen Leiber zu verwandeln, dass sie gleich sein werden seinem verherrlichten Leib (Phil 3:20.21). Sie sind "in Christus vollkommen" (Kol 1:28), die er "tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht" der himmlischen Schechina (Kol 1:12). Sie haben die "Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden" (Eph 1:7 vgl. Kol 1:14), sind "vollkommen in ihm" (Kol 2:10 Lu. vor Rev. K: vervollständigt in ihm). Sie sind es, denen gesagt ist, er "hat uns vergeben alle Sünden" (Kol 2:13). Warum sollten die vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen?

Und doch ist dieser herrliche Stand, der uns durch den Reichtum und die Herrlichkeit seiner Gnade gegeben ist, wirkungslos gemacht worden und völlig verlorengegangen für die, die sich freiwillig in eine Stellung zurückversetzen, die in einer vergangenen Phase Gültigkeit hatte.

Was für ein Verachten der Gnade Gottes ist das! Welchen Verlust erleiden sie, die das tun! Was für Schwierigkeiten werden so geschaffen und in das Wort Gottes eingebaut; und wieviel vergebliche Mühe und endlose Anstrengungen macht man, um wieder da heraus zu kommen!

Aber wenn wir einmal das kostbare "Wort der Wahrheit" entsprechend den Zeiten und heilsgeschichtlichen Phasen richtig geteilt haben, dann verschwinden nicht nur die Schwierigkeiten aus der Schrift (die meisten Anfragen befassen sich damit), sondern wir sind frei, etwas über den Frieden und die Gnade Gottes zu lernen: Wir erfahren, was Gott den Herrn Christus für uns sein lässt, und dass wir in Christus sein können.

Lies weiter:
6. Der Galaterbrief