Was ist Gottes Wirken und was ist unser Anteil?

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Von Daniel Muhl

- Als MP3-Vortrag hier klicken!

Viele Christen wissen aus der Bibel, dass Gott derjenige ist, der in den Gotteskindern alles bewirkt, was Ewigkeitswert hat. Mehrere Aussagen der Bibel machen das immer wieder deutlich. Denken wir z. B. nur an folgende Stellen:

  • Joh 15:5 - ... denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.
  • Phil 2:13 - Denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken zu [seinem] Wohlgefallen.

Wenn Gott nicht nur das Wirken, sondern auch das Wollen in uns bewirkt, was erwartet dann Gott von uns und warum überhäufen uns dann die Propheten und Apostel mit Ermahnungen und Aufforderungen? Kaum ein anderes Problem beschäftigt die Christen so sehr wie dieses Spannungsfeld.

Eine nie endende Frage?

Dieses Spannungsfeld beschäftigte die Menschen auch schon zur Zeit Jesu. Besonders deutlich wurde dies bei folgender Frage:

  • Joh 6:28 - Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir tun, damit wir die Werke Gottes wirken?

Diese interessante Frage stellten die Anwesenden aufgrund einer aufschlussreichen Vorgeschichte:

  • Joh 6:25-27 - Und als sie ihn jenseits des Sees gefunden hatten, sprachen sie zu ihm: Rabbi, wann bist du hierher gekommen? 26 Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich, nicht weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und gesättigt worden seid. 27 Wirket nicht [für] die Speise, die vergeht, sondern [für] die Speise, die da bleibt ins ewige Leben, die der Sohn des Menschen euch geben wird! Denn diesen hat der Vater, Gott, beglaubigt.

Jesus speiste durch ein großes Wunder 5'000 Männer (Joh 6:1-15). Dieses Ereignis war so spektakulär, dass die Volksmenge Ihn zum König machen wollte. Eigentlich müsste man an dieser Stelle sagen: „Was gibt es Besseres, als wenn die Menschen Jesus zum König machen wollen? Das ist doch letztlich das Ziel, dass sich jedes Knie vor dem König „Jesus“ beugt.“ Doch an dieser Stelle wollten die Menschen Jesus aus einem falschen Motiv heraus, Jesus zum König machen. Sie wollten Ihn als „Brötchengeber“, sie wollten einen König, der dafür besorgt war, sie stets mit Nahrung zu versorgen, so dass sie ein unbeschwertes Leben führen konnten und sich in aller Ruhe um die schönen Dinge des Lebens kümmern konnten. Es wäre so ähnlich, wie wenn Jesus uns jeden Tag 500.- Euro auf unser Bankkonto überweisen würde und wir sagen: „Dieser Jesus ist wirklich zu gebrauchen und wenn Er das so weiter macht, dann darf Er gerne unser Chef sein!“ Dieser Ansatz ist aber für eine echte Nachfolge völlig ungenügend. Jesus will nicht König über Menschen sein, die sich Ihm nur deshalb unterstellen, weil Er ihnen alles gibt, was sie sich wünschen. Jesus möchte über Menschen König sein, die Ihn von ganzem Herzen lieben. Er möchte auch dann König sein und geliebt werden, wenn wir Mangel leiden, so wie das auch Paulus tat (Phil 4:12-13).

In Vers 27 sagt Jesus „wirket ... (für) die Speise, die bleibt ins ewige Leben“. Jesus macht auf eine andere Speise aufmerksam, auf eine Speise, die bis in das äonische Leben bleibt. Der Gesamtkontext von Joh 6 macht uns deutlich, dass Jesus selbst diese Speise ist, die bis in das äonische Leben bleibt. Und wieder kommen wir zu der Frage:

“Was müssen wir wirken, damit wir zu dieser Speise kommen?“

Die Zuhörer von damals fragten:

“Was sollen wir tun, damit wir die Werke Gottes wirken?“

Und jetzt kommt die alles entscheidende Antwort:

  • Joh 6:29 - Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den [er] gesandt hat.

Der Glaube an den, den Gott gesandt hat, das Vertrauen in Jesus Christus, ist das Werk Gottes! Der Vater im Himmel bewirkt diesen Glauben und dieses Vertrauen in uns. So wie es auch Paulus mit anderen Worten beschreibt:

  • Eph 2:8 - Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es;

Durch Glauben sind wir errettet. Doch dieser Glaube ist ein Geschenk Gottes! Den haben wir nicht selbst produziert; der ist nicht einfach deshalb entstanden, weil wir uns so schlaue und intelligente Überlegungen gemacht haben. Wir wissen ja, dass Gott in uns auch das Wollen bewirkt (Phil 2:13). Wenn wir also auf Jesus Christus vertrauen wollen, dann hat Gott dieses Wollen bewirkt! Unser Gott bewirkt also den Glauben in uns, Er bewirkt das Wollen in uns und Er bewirkt auch das Wirken in uns!
Einmal mehr stehen wir am Anfang unserer Fragen:

- Und was haben wir noch zu tun?
- Sollen wir jetzt auf die Couch sitzen und die Hände in die Hosentasche stecken oder was?
- Wie können wir für die Speise wirken, die bis ins äonische Leben bleibt?

Je länger man über diese Fragen nachdenkt, desto mehr hat man den Eindruck, sich im Kreis zu drehen. Alle Ermahnungen und Aufforderungen der Heiligen Schrift empfinden wir als einen Appell an uns, sich mehr anzustrengen, sich mehr hinzugeben und sich noch mehr zu bemühen. Denken wir nur an Aussagen, wie z. B. 1Tim 6:18, wo es heißt, dass die wohlhabenden Gläubigen reich an guten Werken und freigiebig sein sollen oder auch an folgende Stellen:

  • Kol 1:29 - worum ich mich auch bemühe und kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft.

An dieser Stelle wird sogar Beides erwähnt: Das Bemühen und Kämpfen des Paulus und die wirksame Kraft Gottes in ihm. Paulus schreibt auch im Titusbrief:

  • Tit 3:8 - Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die zum Glauben an Gott gekommen sind, darauf bedacht sind, sich um gute Werke zu bemühen. Dies ist gut und nützlich für die Menschen.
  • Tit 3:14 - Lass aber auch die Unseren lernen, sich für die notwendigen Bedürfnisse um gute Werke zu bemühen, damit sie nicht unfruchtbar seien!

Paulus war es also auch ein Anliegen, dass wir uns um gute Werke bemühen. Allerdings nicht um vor Gott gerechtfertigt zu werden und auch nicht um eine eigene Gerechtigkeit aufzubauen. Bei diesen guten Werken geht es auch nicht darum, gerettet zu werden oder sich das äonische Leben zu verdienen. Das sind alles Dinge, die wir uns von Gott nur schenken lassen können und die der Herr für uns schon längst bewirkt hat, indem Er uns ohne Gesetzeswerke gerechtfertigt hat und uns Seine eigene Gerechtigkeit geschenkt hat. Nur Er kann uns retten und nur Er kann uns das ewige Leben schenken. Trotzdem sollen wir uns um gute Werke bemühen; aber nicht um uns etwas zu verdienen, sondern weil uns die Liebe Christi dazu drängt!
Aber irgendwie scheint dieses „Bemühen“ nicht zu Phil 2:13 zu passen, wo doch klar gesagt wird, dass Gott das Wollen und Vollbringen bewirkt.

Das Geheimnis der scheinbaren Widersprüche

Mittlerweile habe ich im Laufe meines Bibelstudiums schon weit über hundert Bibelstellen entdeckt die sich auf den ersten Blick scheinbar vollständig widersprechen. In diesen scheinbaren Widersprüchen steckt aber ein ganz tiefes Geheimnis. Diese scheinbaren Widersprüche beleuchten unter anderem die unterschiedlichen Auswirkungen der Liebe Gottes in den verschiedenartigen Situationen unserer Existenz. Diese scheinbaren Widersprüche sind wie unterschiedliche Ansichten von nur einem Körper. Ein und derselbe Körper kann sowohl den Umriss eines Kreises, eines Dreiecks als auch eines Quadrates haben und doch ist es nur ein Körper:

Perspektive.jpg

Dieses Beispiel aus der dreidimensionalen Geometrie zeigt uns auch, wie sich die Dinge in der geistlichen Welt verhalten.
Die Liebe Gottes ist einerseits ein Feuer (Hl 8:6), das mit einer großen Leidenschaft alles verbrennt, was nicht Liebe ist. Dies geschieht nicht zuletzt auch in den Feuergerichten Gottes. Sie ist aber auch „zärtlich“ sowie voller Barmherzigkeit und Gnade. Es war die Liebe Gottes, die zuließ, dass Paulus von einem Engel Satans mit Fäusten geschlagen wurde (2Kor 12:7), damit er sich nicht überhob und damit er erkennen durfte, dass die Kraft Gottes in der Schwachheit vollendet würde (2Kor 12:9). Hätte die Liebe Gottes den Paulus diesbezüglich geschont, hätte er sich überhoben und ihm dadurch längerfristig Schaden zugefügt. Paulus hätte die Demut verloren und er hätte seine Brüder nicht mehr höher als sich selbst geachtet, was wiederum zu einem Verlust der wahren Bruderliebe geführt hätte! Die Liebe Gottes hat sich auch im Leben des Apostels als „Feuergericht“ erwiesen, das in ihm jede Schlacke des Hochmuts verbrannte und auch dafür sorgte, dass in ihm keine Überheblichkeit mehr aufkam. Gleichzeitig war es auch die Liebe Gottes, die sich über ihn erbarmte und ihn tröstete. So lesen wir zu Beginn dieses Briefes:

  • 2Kor 1:3-5 - Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. 5 Denn wie die Leiden des Christus überreich auf uns kommen, so ist auch durch den Christus unser Trost überreich.

Die meisten Menschen kommen mit dieser Widersprüchlichkeit nicht klar! Immer wieder hört man denn Ausspruch:

„Wenn Gott die Liebe wäre, dann würde Er nicht so viel Elend zulassen!“

Dabei vergessen sie, dass Gott es mit uns ganz ähnlich macht, wie wir mit unseren Kindern: „Für viele Kinder ist die Schule eine Plackerei und Hausaufgaben eine Qual, ganz besonders für die leistungsschwachen Schüler!“ Trotzdem nötigen liebende Eltern ihre Kinder, die Hausaufgaben zu machen, weil sie ganz genau wissen, dass das Lernen des Schulstoffes eine wichtige Lebensgrundlage ist. Wir setzen unsere Kinder unter Druck, auch dann, wenn sie absolut nicht verstehen wollen, wozu das gut sein soll. So führt Gott uns auch in Nöte und in Schwierigkeiten ohne dass wir wissen, wozu das gut sein soll.
Wenn die Bibel scheinbar gegensätzliche Aussagen macht, dann will sie geistliche Grundsätze von zwei oder mehreren Seiten beleuchten. Mein Großvater Arthur Muhl sagte dazu einmal sinngemäß Folgendes:

  • „Der Geist Gottes verwendet im Wort Gottes etliche scheinbare Widersprüche um uns beschränkten Menschen an das heranzuführen, was der Sinn des Geistes ist!“

Das Paradebeispiel dazu finden wir in den Sprüchen:

  • Spr 26:4 - Antworte dem Toren nicht nach seiner Narrheit, damit nicht auch du ihm gleich wirst!
  • Spr 26:5 - Antworte dem Toren nach seiner Narrheit, damit er nicht weise bleibt in seinen Augen!

Durch den Vers 4 will uns der Geist Gottes darauf aufmerksam machen, dass es eine Veränderung unseres Wesen zur Folge hat, wenn wir ständig dem Toren nach seiner Narrheit antworten und deshalb sollten wir das, wegen uns selbst, nicht tun. Aber manchmal erfordern es gewisse Umstände, dass wir durch die Leitung des Heiligen Geistes, dem Toren nach seiner Narrheit antworten, damit auch der Tor erkennen kann, wie groß seine Narrheit ist und dadurch von seinem Weg umkehren kann.
Selbst das Verhalten unseres Gottes erscheint manchmal von Außen betrachtet, widersprüchlich. Die Barmherzigkeit Gottes ist eine Seiner herausragensten Eigenschaften. Im tiefsten Innern ist Gott die Liebe und dadurch auch absolut barmherzig. Diese Eigenschaft dürfen wir Ihm nie absprechen! Am besten kann man das scheinbar widersprüchliche Verhalten Gottes im Gleichnis des unbarmherzigen Knechtes verstehen (Mt 18:23-35). Zuerst erfährt der ganz große Schuldner von Seiten seines Königs eine überaus große Barmherzigkeit! Nach diesem einmaligen Erlebnis des Schuldenerlasses, kam er - vermutlich aus Geldgier - nicht auf die Idee, auch einem seiner Schuldner die Schuld zu erlassen, obwohl dieser ihm nur ein Bruchteil dessen schuldete, was er vorher dem König geschuldet hatte. Durch diese Uneinsichtigkeit von Seiten des Knechtes verhielt sich der König ganz anders, als Er sich gerne verhalten hätte. Der König übt sehr gerne Barmherzigkeit aus, weil es auch Seinem Wesen entspricht, aber hier konnte Er das nicht mehr, weil der unbarmherzige Knecht zuerst erkennen muss, dass seine Unbarmherzigkeit abgrundtief böse ist. Dies kann er leider nur dadurch erkennen, indem der König unbarmherzig werden musste. Ist der König nun im Innersten Seines Wesens unbarmherzig, wenn Er den unbarmherzigen Knecht ins Gefängnis geworfen und ihn den Peinigern überliess? Nein! Gott der König ist und bleibt barmherzig, auch wenn Er den unbarmherzigen Knecht in ein unbarmherziges Gericht schickt (Jak 2:13)! Gott muss sich so verhalten wie der Knecht, weil der Knecht aus der Lektion der Barmherzigkeit nichts gelernt hat. So lesen wir auch bei Jesaja:

  • Jes 26:10 - Wird dem Gottlosen Gnade zuteil, lernt er nicht Gerechtigkeit; im Land der Geradheit handelt er unrecht und sieht nicht die Hoheit des HERRN.

Im übertragenen Sinn könnte man in Bezug auf Spr 26:4-5 Folgendes sagen: Gott reagiert gegenüber dem Toren (dem unbarmherzigen Knecht), nach seiner Torheit (indem Er sich unbarmherzig verhält), obwohl Gott selbst nicht unbarmherzig ist!

Damit will ich wieder zu unserem Thema zurückkehren! Offensichtlich muss uns der Geist Gottes immer wieder an Dinge erinnern, darum sagt ja auch Paulus:

  • Phil 3:1 - Übrigens, meine Brüder, freut euch im Herrn! Euch öfter dasselbe zu schreiben, ist mir nicht verdrießlich, für euch aber bedeutet es, dass ihr fest werdet.

Auch hier stellt sich die Frage, warum wir immer wieder an gewisse Dinge erinnert werden müssen, wenn doch Gott sowohl das Wollen, als auch das Vollbringen bewirkt? Die Lösung dieses Problems und die Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch finden zu einem wesentlichen Teil im Aufbau des Menschen.

Der Aufbau des Menschen

Der neue innwendige Mensch und der Geist des Menschen

Wir müssen wissen, dass jedes Gotteskind einen inneren, neuen Menschen hat (Röm 7:22), der aus Gott geboren ist (1Jo 5:1) und der nicht sündigen kann (1Jo 3:9). Dann hat ein Gotteskind auch einen „menschlichen Geist“, der durch den innewohnenden Geist Gottes belebt wurde. Der Geist Gottes bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind (Röm 8:16). Somit hat unser Geist auch die Heilsgewissheit.

Das Herz des Menschen

Das Herz des Menschen dürfte die Willenszentrale des Menschen sein, die sich entscheidet, wer auf dem inneren Thron sitzen darf. Wenn wir Jesus unser Herz gegeben haben, dann sitzt Er auf unserem Herzensthron und nicht mehr unser altes Ich. In diesem Fall kann man sagen: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir (Gal 2:20)!“

Die Seele des Menschen

Der nächste Teil des Menschen ist die Seele. Der natürliche menschliche Verstand, das Gewissen, das normale Bewusstsein und das Unterbewusstsein sind, aus meiner Sicht, alles, Bestandteile der Seele. Die Seele befindet sich bis an ihr Lebensende in einem Lernprozess. Die Seele ist unmittelbar nach der Bekehrung noch nicht am Ziel. Das wird auch aus mehreren Stellen der Bibel deutlich! Jesus sagt unter anderem:

  • Lk 21:19 - Gewinnt eure Seelen durch euer Ausharren!

Auch Jakobus und Petrus machen auf diesen Umstand aufmerksam, wenn sie schreiben:

  • Jak 1:21 - Deshalb legt ab alle Unsauberkeit und das Übermaß der Schlechtigkeit, und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu retten vermag!
  • 1Petr 1:9 - und so erlangt ihr das Ziel eures Glaubens: die Rettung der Seelen.

Im ersten Timotheusbrief spricht zwar Paulus nicht explizit von der Seele, aber er weist Timotheus auch darauf hin, dass das Achthaben auf sich selbst und auf die Lehre sowie das Beharren in diesen Dingen, sowohl seine eigene, als auch die Rettung derer bewirkt, die auf ihn hören (1Tim 4:16). Die Seele eines jeden Gläubigen ist bis zu seinem Lebensende in einem Entwicklungs- und Heiligungsprozess! Dass heißt auch, dass die Seele immer wieder an die geistlichen Grundsätze erinnert werden muss. Sie muss durch die Ermahnungen der Bibel erkennen, dass sie ganz vom Geist abhängig ist und dass sie sich immer wieder neu dem Geist unterordnen muss.
Weil unsere Seele so gerne autonom sein möchte, emanzipiert sie sich oft vom Geist, ohne dass uns solches richtig bewusst wird. Sie möchte das System des Geistes begreifen, indem sie „fromm“ und „religiös“ wird, indem sie sich an Traditionen klammert, indem sie sich auf ihr Bibelwissen abstützt und indem sie sich immer wieder selbst dahingehend beruhigt, dass sie doch ein überdurchschnittlich guter Christ sei!
Die Seele schreitet in der Heiligung nur insofern voran, wie sie gelernt hat, sich in allen Teilen dem Geist zu unterordnen. „Wandelt im Geist“ (Gal 5:16) ist letztlich eine Aufforderung an die Seele, sich vom Geist führen zu lassen und sich dem Geist unterzuordnen.
Wenn wir nun durch das Wort Gottes in irgend einer Sache ermahnt werden und wir nehmen uns diese Sache zu Herzen, so dass die Seele sich vom Geist führen lässt und Ihm gegenüber gehorsam ist, dann wandelt die Seele im Geist! Dadurch wandelt die Seele auch in den Werken, die Gott zuvor bereitet hat (Eph 2:10). „Unser Anteil“ besteht also darin, dass unsere Seele von ihren eigenen Werken zur Ruhe kommt (Hebr 4:10), sich dem Geist unterordnet und sich von Ihm führen und beschenken lässt. Das ist eigentlich unsere „Verantwortung“. Wenn der Seele das gelingt, dann hat sie ihre Verantwortung wahrgenommen! Aber kann sie sich dann rühmen? Nein, das kann sie nicht, weil der Geist in ihr gewirkt hat und weil der Geist ihr alles geschenkt hat, damit sie ein Werkzeug Gottes sein durfte. Wenn sich die Seele anschließend rühmen würde, dann wäre das, wie wenn ein Mensch sich rühmen würde, weil er mit dem Geld, das er geschenkt bekommen hat, einen Palast gekauft hat. Wie will eine beschenkte Seele sich rühmen? Sie darf sich aber über den Geber aller guten Gaben rühmen. Meine Seele will meinen himmlischen Vater rühmen, weil Er meiner Seele alles schenkte was sie wirklich brauchte und ich darauf vertraue, dass Er es auch in Zukunft tun wird!

  • Eine abhängige und ohnmächtige Seele kann durch ein großes Vertrauen auf Gott, eine Seele werden, die sich in allen Teilen von Gott beschenken lässt und somit den besten Weg, für ein Gott wohlgefälliges Leben gewählt hat!

Die vom Vater abhängige Seele Jesu wusste (Joh 5:19), dass sie kein Geld hatte, die Tempel-Steuern zu bezahlen, aber sie vertraute darauf, dass der Steuerbetrag im nächsten Fisch, den Petrus fangen würde, vorhanden sein würde (Mt 17:24-27), obwohl Er als Sohn für das Haus Gottes keine Steuern hätte bezahlen müssen. Diese Begebenheit zeigt uns sowohl die völlige Abhängigkeit Jesu und gleichzeitig sein vollkommenes Vertrauen in Seinen Vater!

Der Leib des Menschen

Der Leib hat sich ebenfalls dem Geist unterzuordnen. Das geschieht wahrscheinlich fast automatisch, wenn sich die Seele dem Geist unterordnet. Beim natürlichen Menschen ist es meistens so, dass der Leib ganz stark die Bedürfnisse der Seele steuern will und dies auch tut. Je weniger Ansprüche der Leib stellt, desto leichter fällt es der Seele in der Regel auch, sich dem Geist unterzuordnen. Darum empfiehlt uns Paulus im Römerbrief:

  • Röm 12:1 - Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist.

Je bedürfnisloser unser Leib ist, desto leichter fällt es der Seele auf den Geist zu achten, wobei die Seele in erster Linie lernen sollte, sich dem Geist unterzuordnen und in ihm zu wandeln, weil sie dann auch nicht mehr die Begierden des Fleisches erfüllt (Gal 5:16).

Siehe dazu auch die Präsentation über den Aufbau des Menschen

Wie können wir in der Heiligung fortschreiten?

Vielleicht hat unser Verstand begriffen, dass die Seele lernen muss, in allen Teilen dem himmlischen Vater zu vertrauen und sich alles von Ihm schenken zu lassen. Aber die Seele hat das noch lange nicht begriffen. Schwer wird es vor allem da, wo man keine Reserven mehr hat (sei es finanziell oder auch kräftemäßig). Die Seele hat nichts mehr, aber sie vertraut trotzdem, dass der Vater das Notwendige gibt. Wenn die Seele gelernt hat, hundertprozentig auf Gott zu vertrauen und ganz aus Glauben zu leben, obwohl sie nichts mehr hat (an Mitteln und an Kräften), dann hat sie ihr Ziel erreicht und dann kann sie im Glauben auch das sagen, was Jesus vermutlich auch sagen konnte:

  • „Ich habe kein Geld für die Steuern, aber ich kann die Steuern bezahlen (Mt 17:24-27), ich habe keine Kraft mehr, das Kreuz zu tragen (Lk 23:26), aber der Vater gibt mir trotzdem noch Kraft, sechs Stunden am Kreuz zu hängen, bis alles vollbracht ist!“

Vielleicht erahnen wir, was es heißt, wenn Paulus am Ende seines Lebens schreibt:

  • 2Tim 4:7 - Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt;

In den unmöglichsten Situationen unseres Lebens am Vertrauen auf den himmlischen Vater festhalten ist der wesentliche Kampf von uns Gläubigen! So etwas lernt die Seele nicht von heute auf morgen. Das ist ein Prozess! Zu Beginn dieses Prozesses bildet sich die Seele ein, sie könne das alles durch Anstrengung und genügend Übung erlernen. Durch das Studium des Wortes Gottes erkennt sie, dass die Messlatte für die Vollkommenheit immer höher steigt und es immer unwahrscheinlicher wird, die göttliche Vollkommenheit aus eigener Kraft zu erreichen. Es kommt zu einer ganz großen Krise und genau an diesem Punkt spielt die Wahrheit eine ganz große Rolle. Wer gegenüber Gott und sich selbst wahr bleibt, der kommt unweigerlich zum Schluss, dass er das Ziel aus eigener Kraft nie erreichen wird! Die Seele muss dann aber dazu stehen und auch die Demut haben, zu kapitulieren. Die eigene Kapitulation ist die Grundlage dafür, dass die Seele nur noch auf die Gnade Gottes vertraut und nicht mehr auf die eigene fromme Leistung!
Wer vor Gott kapituliert hat und trotzdem noch auf Ihn vertraut, der kann sagen: „Für mich ist es unmöglich das Ziel zu erreichen und meine Erfahrung zeigt mir auch, dass ich es nicht erreichen werde, aber ich vertraue auf meinen Herrn, dass Er das angefangene Werk in mir auch vollenden wird (Phil 1:6), dass Er das Unmögliche in meinem Leben möglich macht!“ Dieses absolute Vertrauen lernt unsere Seele in etlichen Bereichen erst dann, wenn sie kapituliert hat und wenn sie in Schwachheit und Nöte geführt wird! Dieses Geheimnis hat Paulus entdeckt und nur darum konnte er – für den natürlichen Menschen - so unverständliche Dinge schreiben wie:

  • 2Kor 12:9b-10 - Sehr gerne will ich mich nun vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohne. 10 Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

Solche kaum fassbaren Worte kann nur jemand aus tiefster Überzeugung sagen, wenn er das Geheimnis entdecken durfte, dass seine eigene Ohnmacht ihn immer mehr in die Abhängigkeit Gottes hineindrängt, in der er vollkommen lernen darf, ganz aus dem Vertrauen heraus zu leben und sich dadurch auch alles schenken zu lassen, sowohl das Kleine, also auch das Große! Für solche Menschen ist alles möglich, weil sie nicht mehr an ihre eigenen Möglichkeiten glauben. Sie können die Kraft des Feuers auslöschen, sie können unheilbar Kranke heilen und sie können Tote aufwecken. Sie tun es aber nie und nimmer zur eigenen Ehre, sondern nur zur Verherrlichung des himmlischen Vaters und sie tun es auch nur dann, wenn ihnen der Heilige Geist das zeigt. Es gibt nämlich auch etliche Gläubige, die auch aus diesem Glauben leben und trotzdem geschehen keine solchen spektakulären Wunder. Einige erleiden mit Standhaftigkeit den Scheiterhaufen oder einen anderen Märtyrertod; aber auch durch diesen Glauben, der in ihnen vollendet wurde (Hebr 11:33-38). Unser himmlische Vater entscheidet, welche Unmöglichkeit in unserem Leben durch den Glauben geschehen darf. Im NT war es vielfach so, dass diejenigen, welche die spektakulärsten Wunder durch den Glauben vollbringen durften, am Ende ihres Lebens auch den Märtyrertod mit Hilfe des Glaubens ertragen konnten. Damit auch unsere Seelen im Glauben vollendet werden können benötigen wir Gläubige Sterbenswege, in denen wir an unsere Grenzen stoßen und wo wir merken, dass wir gar nichts können, um gleichzeitig zu erfahren, dass uns durch das Vertrauen auf Gott alles möglich ist!

Zusammenfassung

Was genau ist unser Anteil? Wenn ich es mit drei Begriffen beschreiben müsste, dann würde ich sagen: Dankbarkeit, Wahrheit und Demut! Diese drei Dinge haben nichts mit Stärke oder Begabung zu tun, sondern mit einer Umkehr und mit einer Entscheidung:

  1. Dankbarkeit ist eine Willensentscheidung, die in der Regel keine Kraft braucht.
  2. Wer wahr ist, kommt früher oder später zu dem Schluss, dass er den Anforderungen Gottes nie genügen kann und dass es unmöglich ist, aus eigener Kraft, das Ziel zu erreichen.
  3. Wer demütig ist, gibt das vor sich selbst, vor Gott sowie den Menschen zu und er erkennt auch, dass er nicht besser ist als andere Menschen.

Durch diese Selbsterkenntnis entsteht die Grundlage, damit uns der Glaube (Jesu Christi) geschenkt wird, der darauf vertraut, dass Gott mit allen unseren Unmöglichkeiten fertig wird und dass Er alles bewirkt, was wir benötigen, um ans Ziel zu gelangen. Unsere Seele darf nun während ihrer irdischen Existenz immer wieder neu den Glauben ergreifen, den uns Gott durch den neuen innwendigen Menschen geschenkt hat. Das lernt sie immer da besonders gut, wo sie an ihre eigenen Grenzen stößt! Darum ist das ein Wachstums-Prozess, der ein ganzes Leben dauert und bei den Gläubigen wahrscheinlich in den meisten Fällen mit dem Sterben des Leibes zum Abschluss kommt! Auf dem Sterbebett bleibt normalerweise nur noch der Glaube an einen Gott übrig, der die Toten auferweckt!

Weitere Informationen

- Präsentation über den Aufbau des Menschen