Vom Reich Satans

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Abschrift des Heftes: Die Schöpfung - ein Abbild der Herrlichkeit Gottes
Julius Beck (1887-1962) stammt aus Altingen.
Er war Mittelschullehrer in Calw, nach 1945 Rektor.

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. VIII
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

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Inhaltsverzeichnis

Die Schöpfung als Abbild der Herrlichkeit Gottes

5. Vom Reich Satans

Wie das Reich Gottes, so ist auch das Reich Satans für uns unsichtbar. Man kann es nur erkennen an den Lebensäußerungen der Menschen, die Glieder dieses Reiches sind. In der unsichtbaren Welt sind die bösen Engel Satans Trabanten. Sie besitzen denselben Geist und dasselbe Wesen wie ihr Meister; sie sind „Träger der Finsternis“ und auch „Organe der Finsternis“. In der sichtbaren Welt üben dieselben Menschen dieselbe Funktion aus; auch sie sind erfüllt von dem finsteren Geist ihres Meisters und sind seine treuen Diener. Einstweilen glauben sie, ihr eigenes Selbst auszuleben, während sie doch nur Werkzeuge der Macht der Finsternis sind. „Unser keiner lebt sich selber!“

Durch diese seinem Willen ergebenen Organe ist es dem Satan möglich, eine große Macht in der Sichtbarkeit zu entfalten; ohne sie wäre er oft und viel gehemmt. Er vermag nur mittelbar in die Verhältnisse und Wesen der sichtbaren Welt einzuwirken, weil diese in der Siebenzahl der schöpferischen Naturkräfte leben. Wer in sie einwirken will, muss ebenso in der Siebenzahl existieren, was bei Satan nicht der Fall ist. Einst lebte er als herrlicher Lucifer in allen sieben Eigenschaften der himmlischen und irdischen Natur; seine Ausstrahlung war Licht und Liebe. Doch verließ er mit seinem Willen das Licht, ruinierte dadurch sein eigenes Wesen, das ein Finsterniswesen wurde. Das war die Strafe der Degradierung von Seiten Gottes, dessen Ähnlichkeit er sich anmaßen wollte. Sein gefallenes Wesen wurde aus der Siebenzahl in die Vierzahl, aus dem Licht in die Finsternis, aus der Liebe in das Feuer verwiesen. Er hat das Licht abgelehnt, wenigstens wollte er nicht mehr dessen Diener sein; darum lehnte das Licht und die Lichtswelt ihn ab. Er muss nun im höllischen Feuer und im Wesen der Finsternis existieren. Zur Strafe für sein frevelhaftes Tun ist er in dieses Finsterniselement hineingebannt - und muss Vermittler der Finsternis sein, so wie er einst Vermittler des Lichtes war. Aus dieser Zwangslage kann er sich nicht selber befreien; nur eine höhere Macht, als er ist, vermöchte ihn aus der Umklammerung durch die Gesetze der Finsterniswelt zu erlösen. Nun muss er Tod statt Leben, Lüge statt Wahrheit wollen; das alles ist ihm zur Lust geworden! Eine schauerliche Strafe für eine schauerliche Tat!

Weil er nur über die Kräfte der vier ersten Eigenschaften der schöpferischen Natur verfügt, ist er in seinem Einfluss gehemmt. Ihm fehlt die Wesenhaftigkeit der sieben Eigenschaften; hilfreich für ihn sind darum Menschen im Fleisch, die sich von ihm beeinflussen lassen. Dieser Einfluss geschieht dadurch, dass er in die Seelenkräfte (Tinkturen) der für ihn offenen bösen Menschen einwirkt, indem er ihnen wesenhaft seine finstere Geisteskraft einführt. Diese finstere Inspiration fällt ihm umso leichter, als bei bösen Menschen die Hölle im Herzen erschlossen und das Prinzip der Finsternis herrschend ist. Hier stehen ihm Tür und Tor offen. Er tritt nicht nur in solche Herzen ein, sondern wohnt und wirkt auch in ihnen. Damit aber besitzt er Organe, um auf die Wesen der sichtbaren Welt einwirken zu können. Weil er nur Lüge und Finsternis in diese Menschen eingeistet, werden diese zu willigen Organen Satans, ohne dies zu merken. Solche Einwirkung liegt außerhalb unsres Bewusstseins und unsrer Wahrnehmung. Alle Menschen unterliegen dieser höllischen Inspiration, soweit sie die Finsternis lieben und mit ihrem Willen bejahen.

In der unsichtbaren Welt, der Satan selber angehört, sind die bösen Engel seine Helfershelfer. Diese sind mit ihm ein Herz und eine Seele; sein Wille ist ihr Wille. So sehr sind sie „dahingegeben“ an das Böse! Diese finsteren Engelwesen sind tätig bei Naturkatastrophen, bei Strafgerichten und Landplagen, bei Krankheits- und Unglücksfällen. Ist doch ihr Oberhaupt das Werkzeug des Zornes Gottes! Wenn durch das falsche, gottwidrige Handeln von Menschen der Zorn Gottes gereizt wurde, so dass die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes strafmäßig einschreiten muss, dann ist Satan mit seinen Engeln der Vollzieher des göttlichen Gerichts, der Beauftragte Gottes. Gott tut solche Werke der Vernichtung nicht selber; er beordert damit auch nicht die guten Engel. Vielmehr wird der Satan, der Erzverderber, mit der Ausführung der Gerichte Gottes beauftragt. Mit Lust folgen ihm seine Engel, die unter ihm stehenden Teufel, und morden und verderben und würgen mit voller Lust - wie die Gerichtsengel in der Offenbarung. Am liebsten würden sie alles, was besteht, zugrunde richten; doch sind ihrem Zerstören von Gott genaue Grenzen gesetzt, über die sie nicht hinausgehen dürfen, auch nicht können. „Bis hierher und nicht weiter!“ das ist das Gesetz für diese finsteren Mächte, die in ihrer höllischen Wut aus der Erde eine Hölle machen würden.

Wo ist der Sitz des satanischen Reiches? Einst war Lucifer ein strahlender Thronfürst im Reich des Lichts und erschien vor Gott, um Ihn anzubeten. Nach seiner Abkehr vom Licht „sah der Sohn den Satanas vom Himmel fallen“. Er fiel zunächst in die Hölle hinab, die ihm zum Wohnort und Aufenthalt angewiesen wurde. Er hält sich aber auch im Luftraum unserer Erde auf und bewirkt in den Elementen viel Unordnung, wodurch Naturkatastrophen herbeigeführt werden. Da sein inneres Wesen Finsternis ist, ist auch die Finsternis und die Nacht das Element, in dem er wohnt. Alles Licht und alle Helligkeit - auch auf moralischem Gebiet - ist ihm zuwider. So ist dem Satan und seinem ganzen Anhang die Sonne ein Gegenstand des Verdrusses; ist sie doch reines Licht und strahlt als offener Punkt der Lichtwelt deren Licht nach allen Seiten aus!

Nicht nur in der Hölle und nicht nur im Luftraum der Erde ist der Sitz des satanischen Reiches zu denken; Satan wohnt auch in der (moralischen) Finsternis böser Menschen, macht sie zu seinen Werkzeugen und, was viel schlimmer ist, zu seinen Ebenbildern!

Satan gräbt sich selbst sein Grab

Wie das Leben Adams, so stand auch das Leben Satans unter der Gewalt des Wortes: „Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben!“ Bei Adam bestand dieses „Essen“ im Ungehorsam gegen Gottes Willen, bei Lucifer-Satan in dem Streben nach Gottgleichheit. Lucifer überschritt die Grenzen, die seinem Leben gesetzt waren; er „forcierte“ seinen Lebensgrund, aus dem er Licht erzeugen zu können glaubte. Das war Irrtum; er erweckte nur das in ihm schlummernde Feuer des Zornes Gottes; das Licht versagte sich ihm.

Ein Geschöpf, dessen Tun im Gegensatz zum Schöpfer und seinem Willen steht, hat grundsätzlich das Recht auf sein Leben verwirkt. Denn unser Leben ist nur ein vom Schöpfer uns anvertrautes Pfund. Indem Lucifer sich in einem eigenen Willen fasste und diesen Willen gegen den Schöpfer durchsetzte, handelte er böse; damit war die Sünde in die Welt eingeführt.

Gott in seiner Allmacht und Weisheit aber gebraucht das vom Satan erweckte Böse zur Offenbarung des Guten. Das ist sein göttlicher Triumph über das Böse und über die Bösen. Doch muss das Böse, wenn es diesen ihm von Gott auferlegten Dienst getan hat, wieder ins Nichts zurückkehren, wie überhaupt das ganze Reich der Finsternis. Göttlich groß an diesem Handeln Gottes ist, dass Er ungehorsame Geschöpfe nicht damit bestraft, dass Er ihr Leben auslöscht. Doch ist der Tod „der Sünde Sold!“ Unser Tod ist aber nicht ein Auslöschen unserer Existenz, sondern ein Übergang in eine andere Existenzform. Immerhin trägt der Tod deutlich Strafcharakter.

Das Böse hat aber noch eine weitere Aufgabe. Es soll nach Gottes Willen, der in diesem Fall lauter Liebe ist, auch dazu dienen, das gefallene Geschöpf wieder zu seinem Ursprung zurückzuführen. Alles Leben, das aus Gott seinen Anfang nahm, kehrt früher oder später wieder zu diesem Ursprung zurück, und zwar durch das priesterliche Walten Jesu, des Wiederbringers. Diese Aussicht gilt nicht nur für den gefallenen Menschen, dessen Rückführung zu Gott bereits läuft, sondern auch für Satan. Gott macht ihm gegenüber keine Ausnahme; sind doch wir Menschen auch kleine Teufel geworden! Wir erkennen mit Dankbarkeit und Bewunderung den göttlichen Liebesrat, dass nicht Zerstörung, sondern Erhaltung und Erhöhung des Lebens der Grundsatz des Handelns Gottes gegenüber seinen abgefallenen Geschöpfen ist.

Wie dürfte sich die Rückkehr Satans zu Gott gestalten, wenn wir die für uns Menschen geschaffenen Verhältnisse analog auf ihn übertragen? Der Mensch hat das Böse nicht erweckt, er wurde durch Satan dazu verführt. Um ihn wieder in seine frühere Stellung zu Gott und in das Ebenbild Gottes zurückzubringen, starb der Sohn Gottes für ihn. Sofern wir das Verdienst Jesu ergreifen und die Kraft des für uns vergossenen Blutes mit unsrer Willens- und Glaubensmagie in uns zu ziehen suchen, bekennt sich Gott zu uns und gebiert uns neu. Dieses neue Leben aber ist fähig und würdig, mit Gott wieder in Gemeinschaft zu treten. Ungezählte Menschen sind auf diesem Weg bereits wieder in das Bild Gottes zurückgekehrt.

Auch für Satan, den Erwecker des Bösen, dürfte ein ähnlicher Weg zurück in seine vormalige Stellung zu Gott vorhanden sein. Sicher trifft auch auf ihn das Wort Jesu am Kreuz zu: „Vergib ihm, denn er weiß nicht, was er tut!“ Lucifer- Satan ahnte nicht, welches Feuer er durch sein verwegenes Tun entzünden werde; glaubte er doch, Licht aus sich hervorbringen zu können - „wie Gott“! Immerhin bedarf es bei Satan strengerer Mittel, um ihn zur Besinnung und zur Rückkehr zu Gott zu bringen. Aber Gott weiß auch ihn in allerlei Zwangslagen zu versetzen, in denen es sich um die Erhaltung seiner Existenz handeln wird. Um nicht in seiner Existenz ausgelöscht zu werden, greift Satan in seiner „Todesnot“ lieber nach der ihm von Gott angebotenen Gnade, um nicht einen absoluten Tod sterben zu müssen. Greift doch der Ertrinkende sogar nach einem Strohhalm! „Alles gibt der Mensch - und auch der Satan - um sein Leben!“

Satan muss selber die Ursache für seinen Untergang - als Satan! - sein. Das von ihm in seinem Innern erweckte Zornfeuer ist ein verzehrendes Feuer. Dieses wurde ihm zur Strafe als sein Aufenthalt und als sein Lebenselement zugewiesen. Er ist in seine Hölle hineingebannt. Doch vermag er nicht ewig darin zu existieren; denn das Feuer des göttlichen Zornes „verzehrt“, es ist ein nagender Wurm, ja geradezu der Todeswurm in ihm. Dieser wird, analog dem Tod des Menschen, ihn jeder Leiblichkeit berauben, so dass ihm schließlich nur noch die „nackte Seele“ übrig bleibt. Dieser Zustand aber bedeutet für ihn ein Sterben, schließlich sogar ein Aufhören seines Lebens überhaupt. Er sieht sich einst von Gott vor die Frage gestellt, ob er lieber aufhören wolle zu existieren oder aber: ob er nach dem einzigen Rettungsmittel greifen wolle, nämlich nach dem Blute Jesu, das er selber durch seine Helfershelfer einst vergossen hat! Es ist anzunehmen, dass Satan in solch verzweifelter Lage schließlich sich für das Blut Jesu entscheiden werde.

Zieht er mit seinem Willen dieses Blut in sich, so fängt es - wie beim Menschen - alsbald an, seine Segenswirkungen an ihm auszuüben. Kann doch Satan auch nicht sich selbst erlösen! Das Blut Jesu aber wird ihn von sich selbst erlösen: es wird seine Finsternis erhellen, seinen Hochmut dämpfen, seinen Zorn sänftigen usw. Damit ist in diesem „verlorenen Sohn“ eine Art Buße und Sinnesänderung von Gott gewirkt worden. Gott hat ihn auf den Weg „zurück zum Vater“ gestellt. Das Blut Jesu wird ihn auch mit einer neuen Leiblichkeit begaben; ist doch Leiblichkeit das Ende und Ziel aller Wege und alles Wirkens Gottes. Erst in einer ihm angemessenen Leiblichkeit kann ein Geschöpf wahrhaft existieren. Sobald Satan das Blut Jesu ergreift, entgeht er den zerstörenden Einwirkungen des Zornfeuers; nunmehr wirkt das göttliche Liebesfeuer durch das Blut Jesu in ihm und schafft ihm auch den neuen Leib.

Wie Leiblichkeit zustande kommt, lässt sich gleichnisweise an den irdischen Naturelementen beobachten. Ihr Ausgangspunkt ist das Feuer; aus dem Feuer entsteht Luft, Luft wird zu Wasser, aus Wasser wird Erde - oder Leiblichkeit. Wo dieser Geburtsprozess ungehindert ablaufen kann, kommt es zur Bildung eines „Leibes“. Wenn aber eine Kreatur - wie Satan - im Feuerselement stehen bleibt bzw. da hineingebannt ist, kann sich bei ihr keine bestandhaltende Leiblichkeit bilden. Im Feuer des Blutes Jesu aber liegen die Erneuerungskräfte sowohl für den Leib wie für die Seele. Jesu Blut ist die Universalkraft, in der alle Substanzen zur Wiederherstellung gefallener Geschöpfe enthalten sind. In diesem himmlischen „Feuer“, dem Grundelement der neuen Schöpfung, sind alle übrigen Elemente enthalten; es heißt darum das „Quintelement“ - oder Fünftelelement, weil es als „Fünftes“ die andern Vier in sich fasst. Aus dem Geistesfeuer des Blutes Jesu entsteht Geistesluft, daraus kommt Geistes- oder Lebenswasser, dieses aber gebiert Geisteserde - oder die himmlische Leiblichkeit. Dieser göttliche Werdeprozess geht in einem wiedergeborenen Menschen schon in seinem Fleischesleben vor sich; so bildet sich in ihm der Auferstehungsleib, das „Haus, nicht mit Händen gemacht“.

Die Frage, wann bei Satan ein solcher Erneuerungsprozess sich vollziehen werde, bleibe für uns unbeantwortet. Es dürfte von Ewigkeit zu Ewigkeit währen, bis Gott ihm gnädig begegnet - und mit ihm auch den letzten Feind aufhebt. Alsdann erst wird Gott sein „Alles in Allen“.

Lehrreich und erhebend ist für uns eine Gegenüberstellung des satanischen und des göttlichen Wirkens. Jetzt würde Satan alles in Tod und Verderben hineinziehen; Gott aber, die Quelle des Lebens, erhält und erhöht alles, auch dem Tode verfallenes Leben. Dies ist seiner Heiligkeit und seiner göttlichen Würde angemessen.

Die Entstehung der sichtbaren Welt

Wir verstehen unter der sichtbaren Welt unser Sonnensystem mit seinen großen und kleinen Planeten, kurz: Sonne, Mond und Sterne.

Die Annahme des Unglaubens, dass diese Welt aus sich selbst entstanden sei, ist absurd; kein Gräslein entsteht „aus sich selbst“. Sofern für die Entstehung der Schöpfung ein Schöpfer angenommen wird, wird zwei verschiedenen Ansichten gehuldigt. Die einen nehmen — nach Analogie der heutigen Veränderungen auf unsrer Erde - eine nach Jahrmillionen zu berechnende Entwicklung an. Die biblische Anschauung ist, dass Gott die Welt in sechs Tagewerken erschaffen hat, wobei der Begriff „Tag“ nicht als eine Zeitdauer von 24 Stunden (nach Sonnenzeit) anzusehen ist. Zu Beginn der Schöpfung war überhaupt noch keine Sonne vorhanden; die Mathematik Gottes aber unterscheidet sich von der menschlichen Mathematik bedeutend, da bei Gott „1000 Jahre sind wie ein Tag“. Es ist wohl kaum zu ergründen, welche Zeiträume für die Entstehung der Welt bei der Schöpfung in Frage kommen; wesentlich aber ist, zu unterscheiden zwischen bloßer „Entwicklung“ und „Schöpfung“.

Alles Sichtbare ist um eine Geburt weiter außen als das Unsichtbare; aber die sichtbaren und die unsichtbaren Welten und Geschöpfe hängen alle an demselben Lebensband, das sie im Dasein erhält. Immerhin ist mit der Ausgeburt ins Sichtbare ein Nachteil verbunden: während das Unsichtbare auch unveränderlich ist nach Gestalt und Wesen, ist beim Sichtbaren nur das Wesen unveränderlich; die Gestalt dagegen unterliegt u. U. einer großen Veränderlichkeit. Wir denken an die wachsenden Lebewesen, deren Gestalt sich von Tag zu Tag ändert. Eine Hauptveränderung aber ist jene, die wir als Sterben bezeichnen. Dabei vergeht die äußere Erscheinung; aber dieser „Tod“ löscht das Wesen nicht aus, sondern bedeutet nur eine Veränderung der Existenzform. Man denke an das Beispiel vom Wasser, das aus dem festen in den flüssigen und luftförmigen Zustand übergehen kann, aber doch immer weiterexistiert. Der Tod verändert also nur die Gestalt der Menschen und Dinge, nicht aber ihr Wesen; insbesondere löscht er ihr Dasein nicht absolut aus.

Es ist die Frage berechtigt, woraus Gott die Welt gemacht habe? Alle Lichtswelten sind unmittelbare Schöpfungen Gottes. Unsere Welt zeigt einen Mischcharakter: sie besteht aus Licht und Finsternis. Sofern man die Lichtseiten hervorhebt, kann man sie als die „beste“ aller Welten bezeichnen; der Pessimist, der nur die Schattenseiten sieht, heißt sie die schlechteste aller Welten. Beide Benennungen übertreiben und sind nur zum Teil richtig. Soweit Finsternis unserer Welt zugrunde liegt, kann sie nicht aus Gott stammen; sie setzt vielmehr den Fall Lucifers voraus. Die zeitliche Entstehung der heutigen Gestalt unsrer Erde ist also nach dem Engelfall anzunehmen. Vermutlich gehörte unsere Erde, die einst als Lichtserde geschaffen wurde, zum Herrschaftsbereich Lucifers, der - auch von Jesus - als „Fürst dieser Welt“ bezeichnet wird - und der bei der Versuchung seinen „Besitz“ an Jesus abzutreten bereit ist, falls Er ihn anbetet! Der finstere Charakter unserer Erde würde sich also aus der Einwirkung des „Fürsten der Finsternis“ in sie verstehen. Ebenso jener gefallene Zustand der Erde, als sie „wüste und leer“ war. Fast scheint es, als wolle sich jener Zustand - mindestens auf moralischer Ebene - wiederholen. Der teils gute, teils böse Zustand unsrer heutigen Erde lässt den Schluss zu, dass sie nicht aus erster Hand, sondern aus zweiter Hand kommt. Sie hat seit ihrer Existenz wiederholt ihren Zustand verändert und steht auch jetzt wieder vor einer solchen Veränderung; soll sie doch auch wieder „neu“ werden! In Wirklichkeit besitzt unsere Erde keinen reinen Typus; sie ist Himmel und Hölle, sie besteht aus Licht und Finsternis.

Es besteht weithin auch in theologischen Kreisen die Ansicht, dass Gott die Welt „aus Nichts“ gemacht habe. Diese Ansicht ist zum mindesten ungenau. Die erste Erde - als Lichtesschöpfung - ging unmittelbar aus dem Wort und dem Wesen Gottes hervor. Niemand hat Ihm zuvor etwas gegeben weder an Stoff noch an Geist und Kraft. Diese erste Erde gehörte - nach unseren heutigen Begriffen - der Unsichtbarkeit an. Sie wurde durch Satans Fall mitverwüstet; dadurch wurde sie gut und böse, finster und leer - vom Licht! Auch sichtbar wurde sie, wobei das Sichtbarwerden einer Art Degradierung gleichkommt. Genau müsste also gesagt werden: Gott hat die Welt nicht aus sichtbaren Stoffen geschaffen. Ihr Doppelcharakter von gut und bös erklärt sich daraus, dass die jetzige sichtbare Welt aus zwei unsichtbaren Welten, der Lichts- und der Finsterniswelt, hervorgegangen ist.

Im Blick auf die Begriffe „sichtbar“ und „unsichtbar“ entsteht die Frage, welchem Zustand die größere Wirklichkeit eigne. Weil unser Auge auf die Sichtbarkeit eingestellt ist, sind wir geneigt, der Sichtbarkeit in allerlei Beziehungen den Vorrang zuzuerkennen, ihr also auch die größere Wirklichkeit zuzuschreiben. Das aber ist irrig; denn über kurz oder lang muss die sichtbare Welt - und die auf ihr wohnenden Wesen - ihre Gestalt ändern, während die unsichtbaren Welten beständig bleiben hinsichtlich ihrer Gestalt und ihres Wesens. Ihnen gebührt das Prädikat der größeren Wirklichkeit. Etwas übertreibend lässt sich sagen: „Alles Sichtbare ist nur Schatten und Schein; das Unsichtbare ist bleibend und wesenhaft“.

Demnach wohnt der Schöpfer mehr in der Unsichtbarkeit als in der Sichtbarkeit. Er wohnt seiner ganzen Schöpfung inne und wirkt in ihr und erhält sie im Dasein. Doch geht der Schöpfer keineswegs auf in seiner Schöpfung, sondern steht weit über ihr als ihr Meister und Herr. Hoch erfreulich aber ist für uns, die wir der sichtbaren Welt angehören, die Tatsache, dass wir die unsichtbare Kraft des Schöpfers, seine Weisheit und Größe wahrnehmen können an der Schöpfung; denn Himmel und Erde rühmen die Herrlichkeit und Ehre ihres Schöpfers. Und bei diesem Ruhm Gottes sollte der Mensch nicht fehlen!

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