Jesus, der einzigartige Mittler

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Abschrift des Heftes: Der göttliche Liebesplan
Julius Beck (1887-1962) stammt aus Altingen.
Er war Mittelschullehrer in Calw, nach 1945 Rektor.

Aus der Reihe: Vätererbe Bd. IV (1962)
Verlag Ernst Franz Metzingen, Württ.

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Inhaltsverzeichnis

Der göttliche Liebesplan

5. Jesus, der einzigartige Mittler

Ein Mittler sollte den zwei Partien, die er zusammenbringen will, zugehören. Dies ist bei Jesus der Fall.

Die beiden Teile sind die Gottheit und die Menschheit. Er gehört der Gottheit in einzigartiger Weise zu, denn Er ist eingeborener Sohn, ist durch den Heiligen Geist aus Maria geboren und hat nie - als Mensch - den Anspruch aufgegeben, Sohn Gottes zu sein. Als Ihn Petrus so bezeichnete, antwortete Er: „Das hat dir mein Vater im Himmel geoffenbart.“ Und immer nannte Er Gott seinen „Vater“. Er ist also „Gott von Art“. Immerhin ist Er auch wahrer Mensch; aus der Menschheit nahm Er nicht nur seine Leiblichkeit, sondern auch sein seelisches Wesen; denn Er war nicht Engel und nicht Tier, sondern Mensch.

Als Mensch gehörte Er der irdischen Schöpfung an, der Sichtbarkeit; als Sohn Gottes aber gehörte Er zur unsichtbaren Welt.

Ausgenommen ist dabei die unsichtbare Finsterniswelt. Mit ihr hatte Er nichts gemein. Denn Er sollte ja nicht die Finsterniswelt mit Gott versöhnen. Niemals wird sich Gott, das Licht, mit dem Teufel, dem Erwecker und Träger der Finsternis, „versöhnen“. Darum wohnt Gott auch in keinem Leib, der der Sünde unterworfen ist. Licht und Finsternis werden nie gemeinsame Sache machen; vielmehr muss die Finsternis, das Böse, wieder aus der ganzen Schöpfung ausgetan werden. Sie ist „neben eingekommen“ und wird wieder ganz ausgeschattet. Darum wurde der Sohn Gottes Mensch, um die neue Ordnung herzustellen. Die Finsternis - als das Böse - gehört nicht zu Gott, nicht zur neuen Schöpfung; auch nicht zum Wesen des wahren Menschen. Sie wird noch überall ausgeschieden werden, und wird auch den „letzten Heller bezahlen müssen“.

Die Stiftshütte als Vorbild

Jesus, der Mittler, wurde durch die Stiftshütte vorgebildet. An ihr sind alle irdischen Reiche beteiligt: das Tierreich durch die Tierfelle, das Pflanzenreich durch das Holz, das Mineralreich durch das Gold usw. So bestand auch der Körper Jesu aus allen Reichen und allen Offenbarungswelten. Auch aus der Unsichtbarkeit! Diese ist in der Stiftshütte ebenfalls vertreten. Gott selbst wohnt in ihr über den Cherubim. Auch in dieser Beziehung trug Jesus Universalcharakter; Er konnte darum das ganze Universum mit Gott versöhnen. Er ist „quintessentialischer Extrakt“ aus dem ganzen All in seiner ganzen Wesenheit und ist darum befähigt, auch alles Geschaffene zu erlösen und mit Gott zu versöhnen. Er ist die Universaltinktur und -arznei für alle Wesen in der sichtbaren und unsichtbaren Welt.

Auch in dem Namen „Menschensohn“ spiegelt sich die Universalität Jesu wieder. Er ist Mensch; blieb aber, im Gegensatz zu Adam, gehorsamer Sohn Gottes. Im Blick auf seine Abstammung „von den Vätern“ vereinigt er aus allen Geschlechtern seiner Ahnen etwas in sich; damit aber auch von der ganzen Menschheit. Die Geschlechtsregister in Mt 1 und Lk 3 bestätigen seine menschliche Zugehörigkeit. Er ist „wahrer Gott“, der zugleich „wahrer Mensch“ war.

Als ein solch universales Wesen, wie es keines mehr gibt, ist Jesus Christus in besonderer Weise befähigt, die gesamte Schöpfung wieder mit Gott zu versöhnen und ihr als Mittler zu dienen. Er wird Mensch, um die gefallene Menschheit wieder in das Gottesbild und in die Geistleiblichkeit zurückzuführen.

Diese Vollmacht ist ihm auch dadurch zuteil geworden, dass Er sich von seinem Vater durch das Elend eines menschlichen Daseins und sogar durch die Schrecken des Todes hindurchführen ließ. Er ist aber siegreich durch den Tod hindurchgeschritten und hat Tod und Hölle überwunden. Diese wollen ja nicht versöhnt werden; sie müssen unter Anwendung von Gewalt Gott wieder untertan gemacht werden.

War das Fleisch Jesu sündlos?

Unter „Fleisch“ ist hier das körperliche Wesen Jesu zu verstehen; seine Seele war nie fleischlich oder irdisch eingestellt. Die Frage entsteht im Blick auf die menschliche Abstammung Jesu von der Jungfrau Maria. Maria gehört in den Zusammenhang des gefallenen Menschengeschlechts hinein. Doch sei ihr ein besonderer Grad von Reinheit und Keuschheit zuerkannt. Das veränderte aber ihre Grundanlage nicht; und diese war die Anlage eines gefallenen Menschen.

Bei der Empfängnis bzw. Geburt Jesu ist sowohl der göttliche als der menschliche Beitrag zu bedenken. Der göttliche Beitrag war durch und durch heilig. Durch Überschattung der Maria durch den Heiligen Geist wurde in ihrem menschlichen Wesen keine sündliche Erhitzung erzeugt. Doch wurde der aus ihr selbst kommende Beitrag zu dem Menschenwesen Jesu, insbesondere zu seiner Körperlichkeit, geheiligt durch den Heiligen Geist. Diese Heiligung war immerhin nötig, da am gefallenen Menschen alles von der Sünde infiziert ist. Dass diese Heiligung aber möglich war, ist unbezweifelbar. So war also auch der von der Menschheit her durch Maria gegebene Beitrag rein und heilig, und es kann behauptet werden, dass auch die Leiblichkeit Jesu völlig sündlos war.

Das Fleisch Jesu hatte wohl sündliche Gestalt, d. h. Jesus war nach dem Augenschein nach Leib und Seele ein Mensch wie wir; aber sein Menschenwesen war völlig unsündlich und göttlich rein. Er hatte nur die Gestalt, nicht aber das Wesen des sündlichen Fleisches an sich.

Jesus war wahrer Mensch

Im Übrigen war Er durchaus Mensch, nicht etwa ein Engel oder gar ein Tier. Dabei war Er ein wahrer Mensch in mehrfacher Bedeutung. Er war ganz in das menschliche Wesen eingegangen; sein Leib hatte die Gestalt und seine Seele die Struktur eines wahren Menschen. Und dabei lag keinerlei Täuscherei vor; Er hatte einen wirklichen, aus Fleisch und Blut bestehenden Menschenleib, keinen Scheinleib. Wahrer Mensch ist Jesus aber auch darin, dass er völlig sündlos war. Die Sünde gehört durchaus nicht zum Wesen eines wahren Menschen; darum muss sie ja auch wieder ausgeschieden werden. „Ihr sollt heilig sein!“ Diese grundmäßige Erkenntnis ist für uns überaus wichtig.

Bei uns gefallenen Menschen liegen die Dinge anders: wir sind Sünder und stammen von Sündern. Und doch hat Gott einen Weg erfunden, auf dem auch in sündigen Menschen eine heilige und von Sünden gereinigte Menschheit entstehen kann. Es ist der Weg der Wiedergeburt. Die „Geburt von oben“ geschieht durch den Heiligen Geist, wie bei Maria. Der Beitrag aber , den wir aus unserer Naturgeburt zur neuen Menschheit in uns geben, muss durch einen langen Reinigungs- und Heiligungsprozess hindurchgeführt werden, so dass das, was von der Naturgeburt verklärt werden kann, aus Fleisch in den Geist erhoben und für die neue Menschheit in uns verwertet werden kann. So kann auch in Sündern „Christus“, d. h. ein neuer Mensch geboren werden, wie in Maria.

In der Persönlichkeit Jesu aber vollzog Gott zunächst, wie in einem kleinsten Punkt der Schöpfung, die Versöhnung. In Ihm vereinigte sich die heilige Gottheit mit der heiligen Menschheit Jesu. Und das heißt Versöhnung bzw. Wiedervereinigung von Gott und Mensch. Dieser Prozess soll sich nach und nach in allen Menschen vollziehen, bis Gott ist alles in allen. Jesus war der Vertreter des ganzen Alls, des ganzen Universums; in Ihm wohnt nun die Universaltinktur, die Arznei zur Heilung aller sündenkranken Menschen. Von der sündlosen Leiblichkeit Jesu kann gesagt werden, dass sie kein Todesleib war. Immerhin auch kein solcher Leib, wie ihn Adam vor dem Sündenfall besaß. Er hatte die Gestalt des sündlichen Fleisches, ohne das Wesen der Sünde. Dieser Leib war nach dem Tod rasch verklärungsfähig und konnte leicht in den Geist erhöht werden, da er unsündlich war. Er brauchte keinen Verwesungsprozess durchzustehen. Immerhin mussten mancherlei Organe von dem bisherigen Leib abfallen bzw. verschlungen werden, als der Auferstehungsleib sich bildete durch die Allmachtskraft des Vaters. So war Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich.

Gut und Böse

Im Blick auf die Versuchlichkeit Jesu, die Er als Mensch besaß, entsteht die Frage, ob ein gewisses Maß von Finsternis, das dem menschlichen Wesen an sich eignet, auch schon böse sei. Es ist zu unterscheiden zwischen Finsternis und Sünde, zwischen Versuchlichkeit und Sünde, und der Zusammenordnung von Licht und Finsternis in einem Menschen - und Sünde! Sündig wäre eine solche Anlage nur dann, wenn eine Notwendigkeit zum Sündigen vorläge!

„Gut“ ist, was mit dem Bösen in keiner Weise vermischt ist - oder auch nur vermischt werden kann. Gut ist also Gott, der in einem unveränderlichen Lichte wohnt. Ebenso Jesus, in dem sich Finsternis nie als Sünde offenbaren konnte. Auch Engel, die nie gefallen sind, wären als gut zu bezeichnen. Ebenso war Adam vor dem Sündenfall gut, vielleicht sehr gut! Auch wir jetzt noch sündige Menschen werden einmal gut sein, wenn alle Sünde aus unserem Wesen entfernt ist und wir in das Bild Gottes zurückverklärt sein werden.

Jesus Christus war Mensch und zugleich wahrer Gott. Als Gottessohn war Er gut wie der Vater selbst, aus dem Er kam. Als Menschensohn trug Er eine mäßige Portion Finsternis in sich, die aber einer größeren „Portion“ Licht untergeordnet war. Diese Finsternis im menschlichen Wesen dient lediglich dazu, das Licht abzustrahlen. Nie aber kam bei Jesus die Finsternis zum Durchbruch oder gar ins Herrschen; Er blieb also unsündlich. Trotz der Möglichkeit, anders zu handeln, bewahrte er seine Jungfräulichkeit und Unschuld. Das alles war möglich, weil Er nicht aus sündigem Samen gezeugt und nicht in Sünden empfangen war; sondern vom Heiligen Geist, der auch den menschlichen Beitrag aus der Maria heiligte. Dadurch war Jesus auch vor jeder Erbsünde bewahrt.

So lag bei dem Gottmenschen Jesus Christus wohl eine Sündenmöglichkeit, nicht aber eine Sündenwirklichkeit vor. In Gott, dem Vater, aber liegt absolute Sündenunmöglichkeit vor; denn Er ist das allerheiligste Wesen. „Gott ist Licht, und in Ihm ist keine Finsternis!“ Dass in Jesus die Möglichkeit zu sündigen vorhanden war, beweist sein Gebet in Gethsemane: „Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Daraus geht hervor, dass Er doch einen Willen in sich verspürte, der etwas anderes wollte als den Willen Gottes, was allerdings Sünde gewesen wäre. Aus dieser Möglichkeit zu sündigen ist also nie eine Wirklichkeit geworden, so dass sein Wort zu Recht besteht: „Wer kann mich einer Sünde zeihen?“ Er war und blieb sündlos. Bei Adam vor seinem Fall lag auch lediglich die Möglichkeit zu sündigen vor; leider wurde aus ihr Sündenwirklichkeit, ohne dass das Sündigen notwendig gewesen wäre. Eine solche Notwendigkeit lag durchaus nicht in seiner Natur.

Im gefallenen Menschen jedoch liegen Möglichkeit, Wirklichkeit und, infolge der Erbsünde, auch eine gewisse Notwendigkeit zu sündigen vor. Durch den Sündenfall wurde das bisher harmonische Verhältnis zwischen Licht und Finsternis verschoben; die Finsternis maßte sich die Herrschaft über das Licht an, und das war Sünde.

Versuchlichkeit bzw. Sündenmöglichkeit ist also noch keineswegs böse; auch die in Jesus vorhandene Zusammenordnung einer kleinen Portion Finsternis mit einer größeren, die Finsternis beherrschenden Portion Licht ist nicht böse. Die so in Schach gehaltene Finsternis wird erst böse, wenn sie sich lossagt von der Herrschaft des Lichts, selbständig wird, ja sogar herrscht über das Licht. Ähnlich ist es beim Feuer, wenn es über die Grenzen seines Herdes hinausgreift.

Verselbstständigung der Finsternis

Eine solche Verselbständigung der Finsternis vollzog sich aber im Sündenfall. Bei der Versuchung wurde der Mensch mit Finsterniswesen infiziert; dadurch bekam die Finsternis im Menschen ein Übergewicht über das Licht. Aus der mäßigen Portion Finsternis, die wohltätig war, wurde eine übermäßige Portion. Dadurch kam die Finsternis ins Herrschen - und der Mensch fing an zu sündigen. Dieses Vorhandensein einer übermäßigen Portion Finsternis im menschlichen Wesen heißt Erbsünde; sie ist auf alle Nachkommen Adams fortgeerbt worden. Nur Jesus, der kein Adamssohn war, machte hierin eine Ausnahme. Wo aber Erbsünde vorliegt, liegt mehr oder weniger auch eine Not- wendigkeit zu sündigen vor. Darum hat das Wort Gottes recht: „Alle Menschen sind Sünder.“ Freilich bleibt es bei vielen Menschen, die von der Sünde versucht werden, bei der Sündenmöglichkeit. Sie überwinden die reizende Lust zum Bösen und üben Tugend in Kraft des Geistes Gottes, der das Licht in ihnen vermehrt. Aber die große Masse der Menschen ist wie „dahingegeben“, zu tun, was nicht taugt. Sie alle stecken tief in der Erbsünde und lassen sie ausbrechen als wirkliche Sünde, was ihnen Höllenstrafen einbringt.

Wer aber ist schuldig an der Sünde? Wenn die harmonische Zusammenordnung von Licht und Finsternis, wie dies bei Jesus und Adam der Fall war, schon Sünde wäre, dann hätte ja Gott einen sündlichen Menschen geschaffen. Dem ist nicht so! Zudem ist Jesus in seinen Versuchungen bestanden und hat damit bewiesen, dass eine solche Zusammenordnung von Licht und Finsternis keinerlei Notwendigkeit zu sündigen in sich schließt. Denn bei Ihm blieb das Licht herrschend trotz aller Versuchung; Er blieb am Willen des Vaters. Damit ist nicht gesagt, dass die Überwindung der Versuchung nicht ein schwerer Kampf für Ihn gewesen sei. Er aber blieb am Licht und damit am Willen des Vaters. Darin versagte jedoch Adam, in welchem zunächst auch Licht und Finsternis in göttlicher Weise zusammengeordnet waren. In der Versuchung geschah bei ihm ein starker Einfluss von der Finsternis her, wodurch sein Gemüt verwirrt wurde, so dass er den Willen und das Gebot Gottes vergaß und sich in der sündlichen Ekstase dem Willen der Finsternis in ihm hingab. Diese hatte qualitativ und quantitativ durch die Beeinflussung gewonnen und ein starkes Übergewicht über das Licht erreicht. Demnach liegt die Schuld an der menschlichen Sünde weithin am Versucher und Verführer. Immerhin aber lag Schuld auch beim Menschen. Er wurde dadurch mitverantwortlich an der Sünde, dass er den Willen Gottes verließ. Gott selbst aber trifft keinerlei Schuld am Sündenfall.

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6. Das Kreuz in der Seele Jesu