Hiob und die Frage nach dem Leid

Aus Bibelwissen
Version vom 21. Februar 2023, 16:17 Uhr von DM (Diskussion | Beiträge) (Was Gott uns damit sagen will)

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Von Daniel Muhl

Eine Frage, die immer wieder auftaucht

Die Frage nach dem Leid

Warum gibt es so viel schweres Leid auf dieser Erde?
Warum trifft gerade mich dieses schwere Schicksal?
Warum geht es mir so schlecht und vielen anderen so gut?
Warum gibt es in Afrika so viel Hunger und in Europa haben wir seit Jahrzehnten volle Ladengestelle?
Warum lässt Gott zu, dass so viel Schreckliches passiert und dass sogar gute Menschen so viel leiden müssen?
usw.

Warum stellen wir diese Fragen?

Wir haben gelernt: "Jede Wirkung hat eine Ursache!" Wenn jemand immer wieder ungesichert, in großer Höhe arbeitet und dann irgendwann einmal zu Tode stürzt, wundert uns das nicht so sehr! Wenn jemand jeden Tag nur Hamburger, Pommes und Schokolade ist, dann wundert es uns nicht, wenn er bald einmal gesundheitliche Probleme bekommt. Wenn sich jemand andauernd lieblos und brutal verhält, dann wundert es uns auch nicht so besonders, wenn dieser Mensch unbeliebt ist!

Es geschehen aber auch Dinge, wo wir keine Ursache erkennen können, und uns fragen, warum musste dies oder jenes geschehen? Der Atheist sagt sich vielleicht: "Das war Schicksal! Der eine hat einfach Glück und der andere Pech, obwohl er nichts falsch gemacht hat!" Viele religiöse Menschen sind überzeugt: "Jedes Leid hat auch etwas mit Gott zu tun! Entweder bestraft Gott oder Er belohnt! Wenn ich fromm bin und mich bemühe, nicht zu sündigen oder einfach "lieb zu sein", dann wird Gott mir Wohlstand, Glück und Segen schenken und wenn ich nicht nach den Ordnungen Gottes lebe, dann wird es mir schlecht gehen, denn die Bibel sagt eindeutig:

  • "Was der Mensch sät, wird er auch ernten!" (Gal 6:7)“

Wir stellen die Frage nach der Ursache des Leids, um zu verstehen, warum etwas geschieht, damit wir – wenn immer möglich – uns selbst vor einem solchen Schicksal schützen können! Es verunsichert uns zutiefst, wenn Dinge geschehen, die wir nicht erklären oder einordnen können! Es beruhigt unsere Seele, wenn wir für möglichst viel, eine plausible Erklärung zur Hand haben! Wir können fast nicht anders, als nach dem "Warum" zu fragen. Dabei geht es aber nicht nur darum, möglichst vielen Nöten auszuweichen, sondern auch darum, den Sinn des Lebens und des Leids zu erkennen. Gerne möchten wir auch verstehen, was Gott sich dabei gedacht hat, weil unser Gottesbild mit dieser Frage verknüpft ist! Je verzerrter ein Gottesbild ist, desto beunruhigter ist auch die Seele eines Gottesfürchtigen. Die Frage nach dem Sinn des Leidens ist zutiefst eine Frage nach Gott. Sie ist auch stark mit unserer Identität verknüpft. Wer davon ausgeht, dass es einen allmächtigen Gott gibt, der die Liebe in Person ist, kann nur sehr schwer verstehen, warum dieser Gott so viel Leid zulässt. Mit dem Buch Hiob beantwortet uns Gott diese Frage zu einem wesentlichen Teil. Allerdings finden wir diese Antworten nur dann, wenn wir vertieft darüber nachdenken. Wer das Buch einmal schnell durchliest, hat nur an der Oberfläche gekratzt und wer das Neue Testament nicht kennt, versteht ebenfalls nur einen Teil der Botschaft!  

Das Buch Hiob – einmalig, faszinierend, geheimnisvoll, verstörend und auch erhellend

Die Ausgangslage

Bevor ich einige Gedanken über dieses unvergleichliche Buch weitergeben möchte, lese ich zuerst einige Verse vom Anfang dieses Buches:

  • HFA - Hi 1:1-5 Im Land Uz lebte ein Mann namens Hiob, der rechtschaffen und aufrichtig war. Weil er Ehrfurcht vor Gott hatte, hütete er sich davor, Böses zu tun. 2 Er hatte eine große Familie mit sieben Söhnen und drei Töchtern 3 und besaß riesige Viehherden: 7'000 Schafe und Ziegen, 3'000 Kamele, 500 Rindergespanne und 500 Esel, dazu sehr viele Hirten und Mägde. Hiob war der reichste und angesehenste von allen Herdenbesitzern im Osten. 4 Jahr für Jahr feierten seine Söhne reihum in ihren Häusern Feste, zu denen sie auch ihre Schwestern einluden. 5 Immer wenn die Festtage vorbei waren, ließ Hiob seine Kinder zu sich kommen, um sich mit ihnen auf ein Opfer vorzubereiten. Schon früh am Morgen stand er auf und brachte Gott viele Brandopfer dar, für jedes Kind eins. Das tat Hiob jedes Mal, denn er dachte: »Vielleicht haben sie sich schuldig gemacht und Gott insgeheim verflucht.« 

Wir sehen hier einen vorbildlichen, reichen und gesegneten Mann! Er vermied es, irgendwelche krummen Geschäfte zu machen oder sonst etwas Unrechtes zu tun. Er achtete und liebte Gott, er war aufrichtig, ehrlich und ein vorbildlicher Vater! Man könnte natürlich sagen: "Der äußere Schein trügt!" Aber wenn wir das Urteil Gottes hören, dann irrt man sich mit einer solchen Einschätzung. Im nächsten Abschnitt gewährt uns die Bibel einen Einblick in die unsichtbare Himmelswelt:

  • Hi 1:6-12 - Eines Tages versammelten sich die Gottessöhne im Himmel und traten vor den HERRN, unter ihnen auch der Satan (ü. Ankläger). 7 »Woher kommst du?«, fragte ihn der HERR. »Ich habe die Erde durchstreift«, gab dieser zur Antwort. 8 Der HERR erwiderte: »Dann ist dir sicher auch mein Diener Hiob aufgefallen. Ich kenne keinen Zweiten auf der Erde, der so rechtschaffen und aufrichtig ist wie er, der mich achtet und sich nichts zuschulden kommen lässt.« 9 »Überrascht dich das?«, fragte der Satan. »Er tut’s doch nicht umsonst! 10 Du hast ihn, seine Familie und seinen ganzen Besitz stets bewahrt. Seine Arbeit war erfolgreich, und seine Herden haben sich gewaltig vermehrt. 11 Aber – versuch es doch einmal und lass ihn Hab und Gut verlieren, dann wird er dich ganz sicher vor allen Leuten verfluchen.« 12 »Gut«, sagte der HERR, »mach mit seinem Besitz, was du willst, nur ihn selbst taste nicht an!« So verließ der Satan die Gegenwart des HERRN.

Anschließend verliert Hiob seine Rinder, Esel und Knechte (V. 14-15). In V. 16-17 wird berichtet, wie Hiob die Schafe und Kamele, samt den dazugehörigen Hirten, verliert. Als Abschluss verliert Hiob seine 10 Kinder (V. 18-19). Mit einer grausamen Präzision organisiert Satan einen Schicksalsschlag nach dem anderen! Die vorbildliche Frömmigkeit hat nicht dazu geführt, dass Hiob vor einem so großen Unglück bewahrt blieb! Nebst allem Verlustschmerz, könnte sehr schnell die Frage auftauchen: "Was hat mir meine Frömmigkeit gebracht? Hat sich die Mühe – ein Gott gefälliges Leben zu führen – überhaupt gelohnt?" Schauen wir, wie Hiob reagierte:

  • Hi 1:20-22 - Da stand Hiob auf, zerriss sein Obergewand und schor sich den Kopf. Dann fiel er zu Boden und betete: 21 »Nackt bin ich zur Welt gekommen, und nackt verlasse ich sie wieder. HERR, du hast mir alles gegeben, du hast mir alles genommen, dich will ich preisen!« 22 Obwohl dieses Leid über ihn hereinbrach, versündigte Hiob sich nicht. Kein böses Wort gegen Gott kam über seine Lippen.

An dieser Stelle wird etwas ganz Besonderes sichtbar:

"Die Gottergebenheit Hiobs und seine Liebe zu Gott geschah kaum aus Berechnung! Hiob liebte Gott nicht deshalb, weil dieser ihm ein glückliches Leben gab, sondern aus anderen Gründen!"

In Kapitel 2 wird das Gespräch im Himmel wird fortgesetzt:

  • HFA - Hi 2:1-7 - Wieder einmal versammelten sich die Gottessöhne und traten vor den HERRN, unter ihnen auch der Satan. 2 »Woher kommst du?«, fragte ihn der HERR. »Ich habe wieder die Erde durchstreift«, gab der Satan zur Antwort. 3 »Dann ist dir sicher auch mein Diener Hiob aufgefallen«, sagte der HERR. »Ich kenne keinen Zweiten auf der Erde, der so rechtschaffen und aufrichtig ist wie er, der mich achtet und sich nichts zuschulden kommen lässt. Immer noch vertraut er mir (w. hält er fest an seiner Rechtschaffenheit), obwohl du mich dazu verleitet hast, ihn ohne Grund ins Unglück zu stürzen.« 4 Der Satan erwiderte bloß: »Kein Wunder! Er selbst ist doch noch mit heiler Haut davongekommen. Ein Mensch gibt alles her, was er besitzt, wenn er damit sein eigenes Leben retten kann. 5 Greif nur seinen Körper und seine Gesundheit an, ganz sicher wird er dich dann vor allen Leuten verfluchen!« 6 Der HERR entgegnete: »Ich erlaube es dir! Greif seine Gesundheit an, doch lass ihn am Leben!« 7 Da ging der Satan weg vom HERRN und schlug zu: Eitrige Geschwüre brachen an Hiobs Körper aus, von Kopf bis Fuß.

Das war der absolute Super-GAU im Leben Hiobs! Wenn wir uns gedanklich in diese Situation hineinbegeben, dann "brennen normalerweise alle Sicherungen durch"!

  • Welcher normale Mensch kann so schwere Schicksalsschläge ertragen?
  • In so einem Fall ist doch der psychische Absturz vorprogrammiert!
  • In dieser Situation wird doch jeder, irgendwann einmal mürbe!

Dann kommen zwangsläufig die Fragen nach dem Charakter Gottes:

  • Ist das wirklich ein "Gott der Liebe"?
  • Warum mutet Gott einem Menschen, der so vorbildlich lebte, so viel Leid zu?
  • Lohnt es sich überhaupt, sein Vertrauen auf Gott zu setzen, wenn man ständig damit rechnen muss, ebenso geprüft zu werden?

Wir sehen: Nur schon das Lesen der ersten beiden Kapitel erzeugt eine enorme Spannung; vor allem dann, wenn man davon ausgeht, dass diese Geschichte wirklich so stattgefunden hat. Für diejenigen, die davon ausgehen, dass es sich hier nur um eine metaphorische Erzählung handelt, hat das Buch Hiob vielleicht einen philosophischen oder unterhaltungstechnischen Wert – ähnlich wie bei Goethes Faust! In gläubigen Menschen erzeugt diese Geschichte aber ein Spannungsfeld, in dem es um nichts Geringeres als um ihr Gottesbild geht. Bevor ich noch ein paar weitere Gedanken erläutern will, lese ich die nächsten drei Verse:

  • Hi 2:8-10 - Voll Trauer setzte Hiob sich in einen Aschehaufen, suchte eine Tonscherbe heraus und begann sich damit zu kratzen. 9 »Na, immer noch fromm?«,[1] wollte seine Frau wissen. »Verfluch doch deinen Gott und stirb!« 10 Aber Hiob sagte nur: »Was du sagst, ist gottlos und dumm! Das Gute haben wir von Gott angenommen, sollten wir dann nicht auch das Unheil annehmen?« Selbst jetzt kam kein böses Wort gegen Gott über Hiobs Lippen.

Warum hält Hiob immer noch am Vertrauen auf seinen Gott fest? Nachdem Gott solche furchtbaren Schicksalsschläge zuließ, hätte sich Hiob berechtigterweise fragen können, ob es sich überhaupt lohnt, Gott zu vertrauen. Er hätte bei andern Göttern Hilfe suchen können; aber es tat es nicht! Er liebte seinen Gott, obwohl Er ihm so Schweres zumutete. Seine Gottergebenheit und sein Gottvertrauen waren nicht an das Wohlbefinden oder an den sichtbaren Segen geknüpft! Hier sehen wir eine Gottesbeziehung, die von der Treue geprägt war! Für Hiobs Frau war die Situation unerträglich! Sie wünschte sich für ihren Mann eine möglichst rasche Erlösung und dachte vermutlich, wenn er Gott fluchen würde, könnte er sterben und hätte seine Ruhe! Man kann ihre Reaktion ein stückweit verstehen! Sie war mehr oder weniger nur auf das Sichtbare fokussiert und ließ sich dabei unwissend auch noch von Satan inspirieren. Wenn Hiob Gott verflucht hätte, dann wäre das für Satan ein Triumph gewesen.  

Ein Überblick zum Buch Hiob

Kapitel Inhalt Bemerkung
1-2 Vorgeschichte im Himmel und auf der Erde. Zwei Prüfungen. Besuch der Freunde Elifas, Bildad und Zofar. 7 Tage Schweigen.
3 Hiob wird mürbe, klagt und verflucht seinen Tag (sein Dasein).
4-14 Die ersten Reden der 3 Freunde, in denen sie nach einer Erklärung suchen. Nach jeder Rede antwortet ihnen Hiob. 1. Gesprächsrunde
15-21 Die zweiten Reden der 3 Freunde und die anschließenden Antworten Hiobs. 2. Gesprächsrunde
22-26 Die dritten Reden von Elifas und Bildad sowie die anschließenden Antworten Hiobs. 3. Gesprächsrunde
27-31
· · 27
· · 28
· · 29
· · 30
· · 31
Hiobs Schlussrede:
· · Beteuerung seiner Unschuld
· · Das Lied von der Weisheit
· · Hiobs früherer geistl. und weltl. Stand
· · Das gegenwärtige Elend Hiobs
· · Hiobs unsträfliches Verhalten / Bereitschaft mit Gott zu reden

32-37 Die vier Reden des (jungen) Elihu
38-41 Gott erscheint und antwortet Hiob, indem Er ihn mit Fragen "zudeckt"!
42 1-6: Hiob antwortet Gott und tut Buße
7-9: Verurteilung und Begnadigung der drei Freunde Hiobs
10-17: Gottes reichen Segen über Hiob
Elihu wird von Gott nicht erwähnt!

Die Einmaligkeit des Hiobbuches

1* Nach seinem Leiden lebte Hiob noch 140 Jahre (Hi 42:16). Da er davor 10 erwachsene Kinder hatte, war er während seiner Leidenszeit mindestens 55-60 Jahre alt. Sehr wahrscheinlich wurde Hiob über 200 Jahre alt und dieses Alter deutet auf eine Zeit hin, in der die Väter Abrahams lebten.

Das Buch Hiob ist das zweitälteste, bzw. das älteste Buch der Bibel. Die ersten 11 Kapitel des ersten Buches Mose1, bzw. der Genesis dürften noch älter sein als das Buch Hiob, aber die gesamte Genesis mit ihren 50. Kapiteln ist ziemlich sicher jünger als das Buch Hiob. Dieses uralte Buch ist in der Weltliteratur absolut einmalig, weil es uns Einblicke, in ganz verschiedene Themenbereiche, gewährt:

  1. Es lässt uns "hinter die Kulissen" schauen. Gott schenkt uns hier u. a. einen Einblick in die unsichtbare Himmelswelt!
  2. Wir sehen einen allmächtigen und allwissenden Gott, der nur das genehmigt, was in Seinen Augen "zielführend" ist, auch wenn es die Betroffenen nicht verstehen können und erst im Nachhinein ein stückweit erkennen können, worum es ging!
  3. Das Buch Hiob zeigt uns, dass nicht jede Auswirkung die gleiche Ursache hat. Eine allgemeingültige Erklärung für alles Leid gibt es nicht und Umkehrschlüsse sind nicht immer folgerichtig!
  4. Dieser Bericht macht auch deutlich, dass der menschliche Verstand nicht alles gegenwärtige Leid erklären kann und es auch nicht versuchen sollte.

Ein Buch das immer wieder fasziniert

Dieses Buch fasziniert die Leser immer wieder aufs Neue, weil es einerseits die Hintergründe für unerklärliche Geschehnisse aufzeigt und andererseits ganz neue Fragenkomplexe erzeugt. Wir können erkennen, dass viele, bzw. alle sichtbaren Ereignisse eine unsichtbare Ursache haben, aber gleichzeitig bleibt die tieferliegende Absicht Gottes zuerst einmal verborgen. Wer denkt, es handele sich bei diesem Buch lediglich um eine "himmlische Wette", bei der die Beteiligten – also Gott und Sein Gegenspieler Satan – herausfinden wollten, wie lange und wie treu der gottesfürchtige Hiob durchhalten würde, der hat noch nicht ansatzweise verstanden, worum es in dieser Geschichte wirklich geht. Hiob war nicht nur ein überdurchschnittlich frommer Mann; er hatte ein "geistliches Format", das weit mehr als nur erstaunlich war. Wer Hiob 29 sorgfältig studiert, kann ein stückweit erkennen, was dieser Mann für eine "Größe" war und man versteht, warum Gott ihn als einen herausragenden Mann erwähnte. Wenn die Autobiographie von Kap. 29 nicht authentisch wäre, sondern nur eine "selbstgefällige Darstellung", wie das manche Ausleger interpretieren, dann hätte Gott das gesehen und ihn nicht als ein "vorbildliches Beispiel" dem Satan präsentiert!

Das Buch Hiob ist bis heute auch geheimnisvoll

Das Buch Hiob zeigt uns auch, dass geschaffene Geisteswesen, mit der Genehmigung Gottes, mit den Naturgewalten, den Gedanken der Menschen und den Körperfunktionen "spielen" können. Sie können an jedem x-beliebigen Ort Stürme auslösen, Menschen so inspirieren, dass sie genau zum "gewünschten Zeitpunkt" andere morden und berauben und sie können Körperzellen manipulieren sowie, nach Belieben Viren und Bakterien so wüten lassen, dass böse Geschwüre entstehen. Ebenso ist es für Satan kein Problem, die zeitliche Abfolge von Ereignissen sekundengenau zu orchestrieren. Doch ohne die Genehmigung des liebenden Vaters geschieht gar nichts! Ohne seine Zulassung fällt nicht einmal ein Spatz vom Himmel (Mt 10:29)! Hiob und seine Freunde führen Gespräche, die wir nur z. T. nachvollziehen können. Einige Argumente verstehen wir nicht und erkennen auch keinen Zusammenhang mit dem schrecklichen Schicksal Hiobs. Vor mehr als 4'000 Jahren existierte eine andere Kultur des Denkens. Auch die Weltanschauung war anders als heute; aber keineswegs primitiver! Zwar verfügte die Menschheit damals nicht über den technischen Fortschritt von heute, aber die Weisheit eines Hiob übersteigt die Weisheit der heutigen Gesellschaft um ein Mehrfaches!

Das Buch Hiob wirkt verstörend und beunruhigend

Auch wenn das Buch Hiob mit einem "Happy End" schließt und man sagen kann; "Ende gut, alles gut!", so hinterlässt es bei uns, doch auch verstörende und beunruhigende Gefühle. Wer dieses Buch liest und davon überzeugt ist, dass dieser Bericht den Tatsachen entspricht, kommt fast zwangsläufig in ein inneres Zittern! Der Leser stellt fest: "Der allmächtige Gott, der gleichzeitig auch die Liebe in Person ist (1Jo 4:8), mutet Seinen treuen Dienern unheimlich schwere Dinge zu!" Dadurch erscheint uns Gott "unberechenbar" und das verunsichert uns zutiefst! Einerseits wissen wir aus der Bibel, dass Gott die Liebe in Person ist, dass Er voller Güte, Gnade und Barmherzigkeit ist und dass Sein Wesen unveränderlich ist und bleibt und andererseits werden wir mit dem Zorn Gottes und mit unsagbar schweren Schicksalsschlägen konfrontiert, die wir fast nicht mit dem Wesen Gottes vereinbaren können. Aus unserer Sicht erscheint uns Gott manchmal ambivalent.

Wir können ein stückweit nachvollziehen, dass der liebende Gott mit der Zeit, auf böse rücksichtslose und brutale Menschen zornig wird und sie bestraft, aber, dass Er Gottesfürchtigen, die Ihm gefallen, manchmal auch schwerste Schicksalsschläge zumutet, das übersteigt unser Fassungsvermögen und verunsichert uns. Ja, Gott ist unberechenbar! Warum? Weil Er alles sieht und wir nur einen ganz kleinen Bruchteil des Ganzen. Unser beschränkter Verstand ist niemals in der Lage, Gott zu "berechnen"! Wer das glaubt, ist ein Narr! Aber die "Unberechenbarkeit Gottes" bedeutet nie und nimmer, dass Er manchmal lieb und ein andermal böse ist! Er ist immer die Liebe! Und wenn die göttliche Liebe alles verbrennt, was nicht Liebe ist, dann erschüttert uns das zeitweilig! Der absolut Unschuldigste, der je über die Erde ging, erlitt einen so grausamen Tod, dass man dieses Ereignis zuerst einmal überhaupt nicht mit der Güte und Freundlichkeit Gottes in Verbindung bringen kann. Was da geschah, wurde zwar prophezeit und doch war es für die Engel und Menschen nicht berechenbar! Wie konnte Gott zulassen, dass Seinem geliebten Sohn so viel Ungerechtigkeit widerfuhr? Der Sohn Gottes wusste, was auf Ihn zukommt, aber Er zweifelte keine Sekunde lang an der Liebe Seines Vaters! Wie war das möglich? Die göttliche Liebe überwindet alle Ungerechtigkeit, indem sie die größte Ungerechtigkeit aller Zeiten getragen hatte, ...

  • ... damit jeder die herrliche Liebe Gottes sehen kann
  • ... damit die glaubenden Sünder am göttlichen Wesen Anteil bekommen
  • ... damit den Schuldigen die göttliche Gerechtigkeit geschenkt werden konnte
  • ... damit den Sündern vergeben werden konnte und sie zum wahren göttlichen Leben zurückfinden!

Auch wenn Gott unsagbar schwere Dinge zulässt; Sein innerstes Motiv ist immer die Liebe!

Dieses Buch ist erhellend

Sowohl seine Freunde als auch Hiob selbst, suchten verzweifelt nach der Ursache dieses unfassbaren Leids. Für die Freunde war klar: Gott ist vollkommen und absolut gerecht! Darum ist es unmöglich, dass Gott einen Unschuldigen so hart "bestraft", weil Gott dann nicht mehr gerecht wäre! Da sie fest davon überzeugt waren, dass Gott niemals etwas Ungerechtes tun würde, gab es nur noch eine Möglichkeit: "Im Leben von Hiob muss es eine verborgene geheime Schuld geben! Hiob verübte bestimmt eine ganz schlimme Sünde, die aber nur Gott gesehen hat und jetzt trifft ihn die Strafe dafür!"

Hiob seinerseits, war sich sicher, dass er nichts getan hat, das dieses harte Schicksal rechtfertigen würde. Je länger das Leid andauerte, je mehr hatte er den Eindruck, von Gott so behandelt zu werden, als wäre er Sein ärgster Feind. Er hielt an Gott fest und er wusste, dass sein Erlöser lebt (Hi 19:25), aber sein schweres Schicksal brachte ihn zur Verzweiflung! Möglicherweise suchte er intensiv nach einer Schuld seinerseits; aber er fand sie nicht. Er fand keine Schuld bei sich, die so schwere Schicksalsschläge rechtfertigen würden. Es macht den Anschein, dass Hiob im Verlauf seines Leidens, Gott zu einer Auseinandersetzung provozieren wollte. Er wollte mit Gott über seine vermeintliche Schuld diskutieren, weil für ihn das Schweigen Gottes unerträglich wurde. Er fühlte sich von Gott "nicht gerecht" behandelt und sagte dabei Dinge, die er später bereute (Hi 42:6).

Als Gott in Kap. 38 endlich anfing, mit Hiob zu reden, war das für ihn vmtl. eine große Erlösung, obwohl sich sein Schicksal noch nicht verändert hat und obwohl Gott ihm keine Frage beantwortete, sondern ihn nur mit "Fragen zudeckte"! Vermutlich dachte Hiob dann: "Endlich redet Er mit mir!" Das Buch Hiob ist deshalb erhellend, weil es uns neue Erkenntnisse über Gott und unser Leben vermittelt:

  1. Nicht jeder schwere Schicksalsschlag ist eine Strafe Gottes.
  2. Ein gerechter und vollkommener Gott, tut manchmal Dinge, die unserem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, weil nur Gott allein die ganze Welt- und Heilsgeschichte überblickt.
  3. Gott ist allezeit gut und es lohnt sich, Ihm zu vertrauen, auch wenn wir Sein Handeln oft nicht verstehen können.
  4. Gott bleibt treu, auch wenn Gläubige sich von Ihm verlassen fühlen und es kaum aushalten können, dass Gott manchmal längere Zeit schweigt.
  5. Gott verfolgt ein wunderbares Ziel und Er setzt dem Leid auch ein Ende.
  6. Im Leid entstehen wertvolle Prozesse und Erfahrungen mit Ewigkeitswert, die es ohne Leid nicht geben würde!

Was Gott uns damit sagen will

Als Mose die Herrlichkeit Gottes sehen wollte, bekam er u. a. zur Antwort:

  • "Dann werde ich meine Hand wegnehmen, und du wirst mich von hinten sehen; aber mein Angesicht darf nicht gesehen werden." (2Mo 33:23)

Die Tatsache, dass Mose Gott nur von hinten sehen konnte, hat uns vieles zu sagen! Indirekt zeigt es uns u. a. auch, dass wir Ihn erst sehen können, wenn er vorbeigezogen ist oder mit anderen Worten: "Erst im Nachhinein werden wir wirklich verstehen!" Joseph hat erst am Ende seiner Geschichte erkannt, warum Gott es zuließ, dass er von seinen Brüdern als Sklave verkauft wurde und warum er als Unschuldiger jahrelang im Kerker schmachtete! Erst nach seinen schweren Schicksalsschlägen erkannte er die gnädige Führung Gottes, so dass er zu seinen Brüdern sagen konnte:

  • LUO - "Ihr wolltet mir Böses tun, aber Gott hat Gutes daraus entstehen lassen." (1Mo 50:20)

Obwohl Gott am Ende Seiner Rede, dem Hiob noch keine "Warum-Frage" beantwortete und obwohl sich sein Schicksal noch nicht gewendet hatte, kam Hiob zur Ruhe, weil er endlich Gott gesehen hat und allein schon für diese Schau, hat sich alles gelohnt! Er bezeugt:

  • Hi 42:2-6 – "Ich habe erkannt, dass du alles vermagst und kein Plan für dich unausführbar ist. 3 »Wer ist es, der den Ratschluss verhüllt ohne Erkenntnis?« So habe ich denn ⟨meine Meinung⟩ mitgeteilt und verstand ⟨doch⟩ nichts, Dinge, die zu wunderbar für mich sind und die ich nicht kannte. 4 Höre doch, und ich will reden! Ich will dich fragen, und du sollst es mich wissen lassen! 5 Vom Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen. 6 Darum verwerfe ich ⟨mein Geschwätz⟩ und bereue in Staub und Asche."

Unser Geschwätz über die vielen Schicksalsschläge dieser Welt ist manchmal so erbärmlich! Warum? Weil wir alles aus der "Froschperspektive" sehen und nicht das Ganze überblicken! Einmal kommt der Tag, wo wir Gott sehen und zurückblicken werden und erleben dürfen, wie Er alle unsere Tränen abtrocknet und uns tröstet! Dann werden wir sagen:

  • "Meine Augen haben Dich gesehen und Du hast alles wunderbar gemacht!"

Durch Jeremia hat Gott Seinem Volk schwere Wege prophezeit, aber Er hat in Jer 23:20 auch verheißen:

  • "Am Ende der Tage werdet ihr das voll verstehen."

Warum? Weil wir Menschen im Nachhinein sehen werden, welche große Herrlichkeit aus dem Leid entstanden ist, denn jedes Leid ist eine Saat für eine künftige Herrlichkeit, die alle unsere Vorstellungen übertrifft. So schreibt Paulus auch:

  • "Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Bedrängnis bewirkt uns ein über die Maßen überreiches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit!"


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