Hören, Ablegen und Annehmen (Jak 1:19-21)
Von Daniel Muhl
In den nächsten drei Versen motiviert Jakobus zu einem ganz neuen Verhalten. Die Empfänger dieser Zeilen sollten ihre Prioritäten neu setzen. Dazu schreibt er:- 19 Ihr sollt wissen, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch sei schnell [bereit] zum Hören, [dagegen] langsam zum Reden, langsam zum Zorn!
20 Denn eines Mannes Zorn bewirkt nicht, was vor Gott gerecht ist.
21 Habt darum alles unsaubere Wesen und die im Überfluss [vorhandene] Bosheit abgelegt und nehmt das [euch] eingepflanzte Wort in Sanftmut auf, das eure Seelen zu erretten vermag.
Wer den gesamten Jakobusbrief an einem Stück einmal durchgelesen hat, empfindet dieses Schreiben manchmal ziemlich "hart". An einigen Passagen dieses Briefes bekommt man fast ein wenig den Eindruck, dass Jakobus die Empfänger als "Söhne des Bösen" sah. Dabei denke ich auch an die ersten Verse von Kap 4. und 5.
Aber das war nicht so! Trotz all' seiner "harten Worte" schrieb Jakobus an "seine geliebten Brüder" (Jak 1:16 - Jak 1:19 - Jak 2:5). Die Liebe will uns zum Lieben führen und dabei gebraucht sie manchmal Worte, die uns treffen und schmerzen.
Die Ermahnung, die in Vers 19 ausgesprochen wird, ist fundamental wichtig. Wer sie sich zu Herzen nimmt, muss nicht selten völlig umdenken und ein ganz neues Verhalten einüben.
Normalerweise reden wir viel zu viel (in etlichen Ehen wird jedoch viel zu wenig gesprochen) und gleichzeitig haben wir noch kaum gelernt, richtig zuzuhören. Hier benötigen die meisten Christen (ich miteingeschlossen) einen Prioritätenwechsel!
Bevor ich erkläre, warum das so wichtig ist und wie wir uns das angewöhnen können, will ich die Ursachen unserer "Redefreudigkeit" sowie mangelhaften Hörbereitschaft kurz erläutern.
- Nebenbei bemerkt: Es gibt auch "die Stillen im Lande", die aus Gewohnheit kaum etwas sagen, obwohl sie vielleicht durchaus etwas zu sagen hätten. Verbal zurückhaltende Menschen, die aus der Stille mit Gott etwas erkannt haben, müssen sich wahrscheinlich eher darin üben, mutig das weiterzugeben, was Gott ihnen deutlich gemacht hat.
Wenn ich jetzt über das Reden spreche, dann meine ich nicht nur die akustischen Verlautbarungen, sondern auch Äusserungen in Briefen, E-Mails, in Online-Kommentaren und sozialen Medien, wie Facebook, Twitter und Co. Viele Menschen reden viel, ...
- ... weil es ihnen hilft, die Dinge, die sie so sehr beschäftigen, besser zu verarbeiten. Das ist durchaus verständlich und grundsätzlich auch nicht schlecht. Leider erhoffen wir uns vom Zuhörer bewusst oder unbewusst Hilfe. Viele Zuhörer können uns aber nicht die Hilfe geben, die wir wirklich brauchen. Wer im Gebet viel mit Gott redet, hat den besten Zuhörer und Helfer gefunden. Doch auch hier gilt: Ihm zuzuhören muss höhere Priorität haben als Ihn "vollzuquatschen". Auf Ihn hören können wir meist nur dann, wenn wir Sein Wort betend lesen.
- ... weil sie denken, dass ihre Erfahrungen und "Erkenntnisse" sehr wichtig seien und ihr Gegenüber dies aber noch zu wenig verstanden hat. Als Großvater weiß ich, dass meine z. B. fünfjährigen Enkel ihre Erfahrungen weit überschätzen. Genauso weiß der ewigseiende Gott, dass ich meine Erfahrungen manchmal weit überschätze. Völlig lachhaft ist es, wenn Menschen meinen, dass sie mit ihrer sechzig- oder achtzig-jährigen Erfahrungen bereits besser wüssten, was gut ist und gut wäre, als der ewigseiende Gott!
- ... weil sie auf sich aufmerksam machen wollen. Das vermittelt ihnen das Gefühl etwas "mehr wert" zu sein. Sie möchten auch ernst genommen und wertgeschätzt werden. Die Gewissheit, wirklich wertvoll zu sein, kann uns nur Jesus schenken, weil Er uns durch den Glauben an Ihn, die Identität eines Gotteskindes schenkt! Das ist höchste Wertschätzung und die kann uns kein Mensch geben.
Wer das aufmerksame Zuhören an die erste Stelle setzt, und dem Ewigen sowie denen zuhört, die sich von Ihm belehren lassen, hat eine sehr weise Entscheidung gefällt.
Der achtsame Zuhörer denkt auch darüber nach, was der Redende wirklich meint und was für Motive und Sehnsüchte dahinterstecken! Der gute Zuhörer lernt auch "zwischen den Zeilen" zu lesen.
Nur derjenige, der gelernt hat zu hören, wie ein Jünger Jesu hört, wird auch an Weisheit zunehmen. Das macht uns auch schon das Buch der Sprüche deutlich.
- Spr 1:5 - Der Weise wird hören und an Kenntnis zunehmen, und der Verständige wird sich weisen Rat erwerben;
- Spr 2:2 - so dass du dein Ohr aufmerksam auf Weisheit hören lässt, dein Herz neigst zum Verständnis;
Leider stelle ich auch bei mir immer wieder einmal fest, dass ich in den Gesprächen schlecht zuhöre, weil mich ein zuvor geäusserter Gedanke noch länger beschäftigt oder weil ich meine zu wissen, was mein Gegenüber sagen will und schon darüber nachdenke, was ich als Nächstes sagen möchte. Bei diesem "schlechten Zuhören" entgehen mir dann wichtige Dinge, so dass ich zu wenig gut erkenne, was hinter dem Gesagten steckt! Das Erkennen des Hintergründigen ist aber oft sehr wichtig, weil man dann dem Gegenüber eine bessere Hilfe sein kann.
Durch das "Zu-viele-Reden" entstehen auch viele Verletzungen. Das führt dann nicht selten zu immer heftigeren Reaktionen, die Zorn erzeugen.
Meist möchten wir im Zorn ein Unrecht brandmarken und wenn möglich beseitigen. Dabei sind wir bewusst oder unbewusst der irrigen Meinung, eine Gerechtigkeit herzustellen, die auch von Gott erwünscht ist. Doch Jakobus macht hier ganz klar deutlich, dass dies so nicht geht oder kennen wir irgendeinen König, Regent oder Diktator, der durch seinen Zorn eine Gerechtigkeit hergestellt hätte?
Als David auf den "reichen Mann" zornig war – in der Geschichte, die Nathan dem David nach seinem Ehebruch mit Bathseba erzählte –, bemerkte er nicht einmal, dass er selbst der Mann war (2Sam 12:5).
In Bezug auf den Zorn rät uns David in Ps 37:2-5:
- "Erzürne dich nicht über die Übeltäter, beneide nicht die, die Unrecht tun! Denn wie das Gras werden sie schnell vergehen und wie das grüne Gras verwelken. Vertraue auf den HERRN und tu Gutes, wohne im Land und weide dich an Treue und ergötze dich an dem HERRN: So wird er dir geben die Bitten deines Herzens. Befiehl dem HERRN deinen Weg und vertraue auf ihn, und er wird handeln!
In Vers 21 schliesst Jakobus dies Abschnitt ab, indem er zum Ablegen der Unsauberkeit und Schlechtigkeit ermahnt. Gerade das "viele Reden", das "Über-andere-Reden", das "Sich-Empören" und "Zornig-werden" führt zu einem unsauberen Wesen und zu einer wachsenden Bosheit! Das gilt es abzulegen wie ein beschmutztes Kleid!
Das wirksame Gegenmittel dazu ist das Aufnehmen des Wortes Gottes. Der natürliche Mensch sträubt sich gegen die Aufnahme des Wortes Gottes, weil das Wort Gottes ihm immer wieder seine Fehlerhaftigkeit vor Augen führt und er sich dadurch wertlos oder minderwertig fühlt.
Dies wiederum geschieht aber nur deswegen, weil er seinen Wert über seine Leistung definiert. Wir müssen es immer wieder neu buchstabieren: Unsere Fehlerhaftigkeit macht uns vor Gott nicht unwert! Wir sind in Seinen Augen so wertvoll, dass Er für uns den höchsten Preis bezahlte!
Weil wir beim Aufnehmen des Wortes Gottes oft einen inneren Widerstand empfinden, rät uns Jakobus, dass wir es mit Sanftmut aufnehmen sollen. Damit ist eine demütige, sanfte, zurückhaltende und bescheidene Haltung gemeint. Der Sanftmütige lässt sich etwas sagen; auch von Menschen, die noch nicht so gereift sind. Im Lexikon zur Bibel lesen wir in Bezug auf die Sanftmut Folgendes:
- "Darunter ist aber keineswegs eine weichlich-nachgiebige Grundhaltung zu verstehen. Menschen sollen schon auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden, aber eben mit einer barmherzigen und nicht von Zorn geprägten Grundeinstellung."
Wer das Wort Gottes mit Sanftmut und Willigkeit aufnimmt, darf die Erfahrung machen, wie dieses Wort seine Seele errettet!
Weiter zu: Täter des Wortes (Jak 1:22-27)
Start | Menu | Stelle | Tabellen | Verzeichnisse | Info | Kontakt | Suche - Bibelwissen-ch