Die Bedeutung des alten Testamentes für Christen

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Von Daniel Muhl

Einleitende Gedanken

In Bezug auf das Alte Testament tauchen bei den Christen immer wieder Fragen auf wie:

  • Welche Bedeutung hat das AT für uns?
  • Welche Anweisungen des AT haben auch wir noch zu beachten?
  • Was hat es für eine Bedeutung, wenn das Volk Israel Anweisungen bekam, Menschen und Völker zu töten?
  • Wie ist das mit den Schlachtopfern zu verstehen?
  • Wenn wir nicht alles buchstäblich tun müssen, wie können wir dann wissen, was für uns gilt?

Zuerst darf hier einmal folgendes festgehalten werden: "Altes und Neues Testament gehören vollständig zum Wort Gottes!" Jesus selbst sagt:

  • ELB Mt 5:17 - Meint nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Auch Paulus darf etwas ganz Wichtiges bezeugen:

Und trotzdem gibt es wohl kaum Christen, die Schlachtopfer darbringen oder sich beschneiden lassen. Warum machen sie das nicht? Diese und andere Fragen sollen hier näher erläutert werden!

Was unterscheidet das AT vom NT?

Die Aufgabe und Funktion des AT

Ganz grundsätzlich kann folgendes gesagt werden:

  1. Das AT beschreibt die Zeit vor dem Kommen des Messias und Erlösers.
  2. Das AT beschreibt die Anfänge der Menschheitsgeschichte.
  3. Das AT berichtet von der Auserwählung des Volkes Israel aus allen Nationen.
  4. Das AT übermittelt dem Volk Israel das Gesetz, damit es das Gute vom Bösen unterscheiden kann, währenddem bei allen Menschen das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mit Zeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen (Röm 2:15).
  5. Durch die Einführung der Schlachtopfer wurde das Bewusstsein geschaffen, dass die Sünden schmerzhafte Konsequenzen zur Folge hatten, dass die Schuld gesühnt werden musste und dass der entstandene Schaden Wiedergutmachung erforderte.
  6. Das AT gibt dem auserwählten Volk Anweisungen, wie es hier auf der Erde Land einnehmen (Aufforderung zum Krieg) und wie es die Ordnung innerhalb des Volkes aufrechterhalten soll (Aufforderung zur Bestrafung)
  7. Das AT erzählt die Geschichte des Volkes Israel und macht durch die Propheten immer wieder deutlich, dass das Volk den Anforderungen Gottes nicht genügen kann.
  8. Durch das AT wird immer deutlicher, dass die Menschheit, und damit auch das Volk Israel, verloren ist und einen Erlöser braucht, der die Schuldfrage löst und alle errettet.
  9. Das AT ist also auch eine Bestandsaufnahme und macht den IST-Zustand einer gefallenen Menschheit deutlich.
  10. Das AT verheisst den Messias und Erlöser. Sein Kommen und Sein Leben werden ganz exakt prophezeit (siehe Die Einmaligkeit von Jesus Christus).

Die Aufgabe und Funktion des NT

Hier darf folgendes festgestellt werden:

  1. Das NT beschreibt das Kommen des Messias und des Erretters.
  2. Das NT schildert das Leben und die Erlösungstat des Sohnes Gottes.
  3. Das NT beschreibt das Lamm Gottes, welches die Schuld des Kosmos wegträgt (Joh 1:29).
  4. Der Messias gibt neue Anweisungen ("Segnet, die euch fluchen; betet für die, die euch beleidigen Lk 6:28! Tut wohl denen, die euch hassen Lk 6:27)!
  5. Jesus und die Apostel erobern kein irdisches Land mehr, sondern sie bauen an einem geistlichen Haus (1Petr 2:5), sie arbeiten an einem geistlichen Organismus (1Kor 12).
  6. Im NT geht es um eine Neugeburt aus Wasser und Geist (Joh 3:5).
  7. Das NT zeigt die unsichtbare, geistliche und wesenhafte Realität (2Kor 4:18).
  8. Den Aposteln und Propheten des NT ging es um die Auferbauung des inwendigen neuen Menschen, der vom äusseren, sichtbaren und materiellen Menschen ganz klar zu unterscheiden ist (2Kor 4:16).

Welche Einstellung hatten die Lehrer des NT zur sichtbaren und materiellen Welt?

Die Bedeutung des Sichtbaren und Unsichtbaren

Als Jesus vor dem römischen Statthalter Pontius Pilatus stand, erklärte Er ihm folgendes:

  • Joh 18:36 - Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier.

Hier wird auch deutlich, dass Menschen, die zu Jesus Christus gehören, ihr Reich nicht in dieser sichtbaren materiellen Welt sehen, sondern einen neuen Himmel und eine neue Erde erwarten (Offb 21:1). Christen haben - was ihre wahre geistliche Identität betrifft - hier kein Bürgerrecht, weil ihr Bürgerrecht in den Himmeln ist (Phil 3:20).
Paulus sah im Fleischesleib nur einen vorübergehenden Aufenthaltsort für die Seele. Er bezeichnete diesen Leib als irdisches Zelthaus (2Kor 5:1), das zu seiner Zeit zerstört wird und durch ein äonisches Haus (oikia) in den Himmeln ersetzt wird. Aber auch dieses Haus ist zeitlich begrenzt und erst danach folgt die "endlose" Leiblichkeit (griech. "oikētērion"). Der irdische Leib ist wie ein Samenkorn, das gesät wird und sterben muss, damit Frucht entstehen kann. Deshalb schreibt er im ersten Korintherbrief:

  • ELB 1Kor 15:42-48 - So ist auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät in Vergänglichkeit, es wird auferweckt in Unvergänglichkeit. 43 Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit; es wird gesät in Schwachheit, es wird auferweckt in Kraft; 44 es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird auferweckt ein geistlicher Leib. Wenn es einen natürlichen Leib gibt, so gibt es auch einen geistlichen. 45 So steht auch geschrieben: «Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele», der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist. 46 Aber das Geistliche ist nicht zuerst, sondern das Natürliche, danach das Geistliche. 47 Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch; der zweite Mensch vom Himmel. 48 Wie der Irdische, so sind auch die Irdischen; und wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen.

Auch Petrus sagte zu den Gläubigen:

  • ELB 1Petr 2:5 - laßt euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, Gott wohlannehmbar durch Jesus Christus!

Welche konkreten Schlussfolgerungen dürfen wir daraus ziehen?

Unser irdischer Leib ist ein Samenkorn, das sterben wird. Dieses Samenkorn ist mit Vergänglichkeit, Unehre und Schwachheit verbunden. Der irdische Leib ist nur ein zeitlich beschränktes Zelthaus, das irgendwann einmal abgebrochen wird. Allerdings dürfen wir diesen Leib als wohlgefälliges Opfer Gott darbringen (Röm 12:1). Dies können wir u.a. jedoch nur, wenn das körperliche Wohlbefinden nicht oberste Priorität hat. Christen haben nicht die Aufgabe, in der Welt immer mehr Macht zu gewinnen! Sie sind nicht dazu berufen, sich hier "breit zu schlagen". Christen wissen auch, dass diese Welt dem Untergang geweiht ist, weil Jesus sagte:

  • Mt 24:35 - Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen.

Gläubige wissen auch, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können und auch die Vergänglichkeit nicht die Unvergänglichkeit erbt (1Kor 15:50).

Welche Bedeutung hat das AT heute?

Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, gehört auch das AT vollständig zum Wort Gottes. Doch Etliches, was im AT auf Geheiss Gottes wortwörtlich ausgeführt wurde, hat im NT nur noch eine symbolische Bedeutung. Die Bilder (Gesetze und Festordnungen) des AT sind eine Abschattung, durch die man geistliche Realitäten erkennen kann. Paulus macht uns dies deutlich:

  • Kol 2:16-17 - So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats, 17 die ein Schatten der künftigen Dinge sind, der Körper selbst aber ist des Christus.

Im Hebräerbrief wird uns folgendes erklärt:

  • Hebr 10:1 - Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer vollkommen machen.
  • Hebr 8:3-5 - Denn jeder Hohepriester wird eingesetzt, um sowohl Gaben als auch Schlachtopfer darzubringen; daher ist es notwendig, daß auch dieser etwas hat, das er darbringt. 4 Wenn er nun auf Erden wäre, so wäre er nicht einmal Priester, weil die da sind, die nach dem Gesetz die Gaben darbringen 5 - die dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, wie Mose eine göttliche Weisung empfing, als er im Begriff war, das Zelt aufzurichten; denn «Sieh zu», spricht er, «daß du alles nach dem Muster machst, das dir auf dem Berge gezeigt worden ist»! -.

So sieht auch Paulus in der Beschneidung die am Fleischesleibe geschieht, nur eine symbolische Darstellung der wesenhaften und unsichtbaren Beschneidung:

  • Kol 2:11-12 - In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschehen ist, sondern im Ausziehen des fleischlichen Leibes, in der Beschneidung des Christus, 12 mit ihm begraben in der Taufe, in ihm auch mit auferweckt durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat.

Das Studium des AT ist deshalb auch von grosser Wichtigkeit, weil hier geistliche Realitäten in den verschiedenen Berichten und Gesetzen erkannt werden können. Wenn aber Christen die alttestamentlichen Anweisungen "Land einzunehmen" wörtlich verstehen und sie umsetzen wollen, dann kommt es zu sehr ungeistlichen Handlungen, wie die der Kreuzzüge oder der Inquisition.
Paulus redet auch von einem Kampf, aber nicht von einem Kampf gegen "Fleisch und Blut":

  • Eph 6:11-17 - Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die Listen des Teufels bestehen könnt! 12 Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt. 13 Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen und, wenn ihr alles ausgerichtet habt, stehen bleiben könnt! 14 So steht nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit, bekleidet mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit 15 und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums des Friedens! 16 Bei alledem ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt! 17 Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort!

Warum fordert das AT zu Handlungen auf, die im NT aufgehoben wurden?

Wie bereits erläutert, haben viele geforderten Handlungen des AT eine allegorische Bedeutung, durch die unsichtbare und wesenhafte Dinge erkannt werden können. Trotzdem ergeben sich einige Fragen, die nicht ganz einfach zu beantworten sind.

Warum wird das Volk Israel dazu aufgefordert, ganze Volksstämme zu vernichten?

Gerade im Buch Josua finden wir vielfach solche Aufforderungen. In Jericho kamen mit Ausnahme von Rahab und denen, die in ihrem Haus waren, alle um. Alt und Jung, Mann und Frau wurden getötet:

  • Jos 6:21 - Und sie vollstreckten den Bann an allem, was in der Stadt war, an Mann und Frau, an Alt und Jung, an Rind, Schaf und Esel, mit der Schärfe des Schwertes. -

Und in Bezug auf die Stadt Ai forderte JHWH Josua zu folgendem auf:

  • Jos 8:1-2 - Und der HERR sprach zu Josua: Fürchte dich nicht und erschrick nicht! Nimm das ganze Kriegsvolk mit dir und mache dich auf, zieh hinauf nach Ai! Siehe, ich habe den König von Ai sowie sein Volk, seine Stadt und sein Land in deine Hand gegeben. 2 Du sollst mit Ai und seinem König das tun, was du mit Jericho und seinem König getan hast. Jedoch seine Beute und sein Vieh dürft ihr unter euch aufteilen. Lege du der Stadt einen Hinterhalt von der Rückseite her!

Der Herr ordnet also die Tötung von Mann und Frau, von Jung und Alt an! Diese Anweisung lässt sich irgendwie gar nicht mit der Lehre von Jesus Christus in Übereinstimmung bringen, wenn er sagt:

  • Lk 6:27-29 - Aber euch, die ihr hört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; 28 segnet, die euch fluchen; betet für die, die euch beleidigen! 29 Dem, der dich auf die Backe schlägt, biete auch die andere dar; und dem, der dir den Mantel nimmt, verweigere auch das Untergewand nicht!

Spricht hier der gleiche Geist? Ist der JHWH des AT ein anderer als Jesus? Um diese enormen Gegensätze zu verstehen, bedarf es einer genauen Differenzierung der Begebenheiten.

  1. Das Volk Israel ist das auserwählte Volk Gottes auf Erden.
  2. Das Volk Israel hatte irdische Verheissungen und deshalb auch irdische Besitzansprüche. Es sollte ein Land einnehmen, das Gott ihm verheissen hatte.

Trotzdem stellt sich die Frage, weshalb dies nur mit Blutvergiessen möglich war?

Mögliche Motive Gottes

Die Aufforderung Gottes, diese Völker zu vernichten, entsprang nicht einfach einer Laune Gottes, sondern sie hatte einen Grund. Damit wir mögliche Beweggründe Gottes für Sein Verhalten erkennen können, müssen wir etwas weiter zurückgreifen.
Vor der Sintflut kam es zu einer Vermischung zwischen Engel und Menschen, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und die Riesen die Helden der Vorzeit sowie die berühmten Männer zeugten (1Mo 6:2-4). Dabei haben sich die Söhne Gottes vermutlich in Menschen verwandelt und die sogenannten "Halbgötter" gezeugt. Vermutlich weist Judas auf diese Verwandlung des Leibes hin, wenn er schreibt, dass Engel ihre Behausung (Leiblichkeit) verliessen und ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrten (Jud 1:6). In 4Mo 13:33 werden diese Riesen (Nephilim) wieder erwähnt und als Söhne Enaks bezeichnet. Wir können davon ausgehen, dass etliche Völker im Lande Kanaan z.T. aus diesen Mischwesen bestanden. Diese Mischwesen waren das "Produkt" einer widergöttlichen Handlung, die weitere Gräuel förderten. Die Sünden dieser kanaanitischen Völker werden wie folgt beschrieben:

  • 3Mo 18:21-25 - Und von deinen Nachkommen sollst du nicht einen hingeben, um sie dem Moloch durch das Feuer gehen zu lassen. Und du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht entweihen. Ich bin der HERR. - 22 Und bei einem Mann sollst du nicht liegen, wie man bei einer Frau liegt: ein Greuel ist es. 23 Und bei keinem Vieh sollst du liegen, so daß du dich an ihm unrein machst. Und eine Frau soll sich nicht vor ein Vieh hinstellen, damit es sie begattet: es ist eine schändliche Befleckung. 24 Macht euch nicht unrein durch all dieses! Denn durch all dieses haben die Nationen sich unrein gemacht, die ich vor euch vertreibe. 25 Und das Land wurde unrein gemacht, und ich suchte seine Schuld an ihm heim, und das Land spie seine Bewohner aus.
  • 5Mo 12:31 - Dem HERRN, deinem Gott, sollst du so etwas nicht antun. Denn alles, was dem HERRN ein Greuel ist, was er haßt, haben sie für ihre Götter getan; denn sogar ihre Söhne und ihre Töchter haben sie für ihre Götter im Feuer verbrannt.

Die Sünden der kanaanitischen Völker waren durchaus mit den Sünden Sodom und Gomorras zu vergleichen. Die Bosheit nahm so stark überhand, dass der allmächtige Gott diesem Treiben ein Ende setzen musste. Diesmal fiel nicht Feuer und Schwefel vom Himmel (1Mo 19:24), sondern diesmal wurde das Gericht durch das Volk Israel vollstreckt. Der Götzendienst, die Verunreinigung durch Mischwesen, die überhandnehmende Bosheit musste vollständig beseitigt werden und deshalb mussten auch Frauen und Kinder umgebracht werden. Doch bevor Gott dieses Gericht über diese Völker angeordnet hat, ertrug Er sie mit grosser Langmut, denn Gott ist gross an Gnade und langsam zum Zorn (Ps 145:8).
Das Volk Israel bekam erst dann den Auftrag, die Amoriter zu vernichten, als das Mass ihrer Schuld voll war (1Mo 15:16). Diese Völker mussten durch Gericht (in diesem Fall durch Krieg) vernichtet werden, damit die Bosheit nicht noch mehr Schaden anrichtet, so wie auch ein Nazi-Regime vernichtet werden musste, damit seine Ungerechtigkeit nicht noch mehr Unheil anrichtete. Es gab aber auch klare Anweisungen Gottes, Städte zu verschonen. So gab es auch die Aufforderung Gottes, gewissen Städten den Frieden anzubieten (5Mo 20:10). Gott hat also ganz klare Unterschiede gemacht und es ist anzunehmen, dass diejenigen Städte, die das Friedensangebot der Israeliten angenommen haben, aus der Sicht Gottes eben nicht gerichtet werden mussten.

Warum mussten auch die Kinder getötet werden?

Wenn verantwortliche Führer eines Volkes böse Entscheidungen fällen, dann wirkt sich das auch immer auf das ganze Volk aus. Kinder, und selbst auch die übrige Schöpfung (die Tier- und Pflanzenwelt), leiden in den meisten Fällen unter den Fehlentscheidungen ihrer Regenten. So sehen wir auch heute, wie gerade die Kinder und die Schwachen unter den Machtintrigen und der Korruption der Herrscher am meisten zu leiden haben. Viele leiden unschuldig und viele Babys werden im Mutterleib umgebracht, obwohl sie nichts dafür können, dass sie entstanden sind. Vermutlich litt auch der arme Lazarus unschuldig ein Leben lang an Armut und Krankheit und wir wissen nicht warum. Aber unser Gott ist ein Gott der Erstattung! Er erstattet jedes Leid und Er verwandelt Fluch in Segen (5Mo 23:6). So durfte auch der arme Lazarus erleben, wie Gott sein Leid erstattete und sein Fluch in Segen verwandelt wurde (Lk 16:22-25).
Damit ist aber die Frage, warum Gott auch die Tötung der Kinder anordnete, noch nicht beantwortet. Eine mögliche Antwort liegt in der Tatsache, dass es sich bei den Kindern z.T. auch um "Mischwesen" handelte, die nicht weiter existieren sollten. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass bei einer allfälligen Verschonung dieser Kinder ihr Schicksal weitaus schwerer gewesen wäre, als wenn sie getötet wurden. Wahrscheinlich gab es zu wenig Menschen, die sich um diese Kinder gekümmert hätten und in den israelitischen Familien wären sie vermutlich immer die Verachteten gewesen. Ebenso hätten sie vermutlich, wenn sie erwachsen geworden wären, nach ihren Wurzeln geforscht und aus der Zugehörigkeit zu ihren Vorfahren heraus wieder die Anweisungen des Molochs befolgt (die eigenen Kinder dem Moloch im Feuer zu opfern) und noch andere Gräuel praktiziert.
Aber auch hier gilt: Wenn diese Kinder unschuldig sterben mussten, so gibt es beim allmächtigen Gott eine Erstattung; ähnlich wie sie der arme Lazarus erleben durfte!

Warum erscheint das Gesetz, entgegen den Lehren von Jesus, so unbarmherzig?

Die vielen Aufforderungen des alttestamentlichen Gesetzes (z.B. Menschen, die gefehlt haben zu töten), scheinen mit den Lehren von Jesus Christus nicht vereinbar zu sein. Beispiel:

  • 3Mo 20:10 - Wenn ein Mann mit einer Frau Ehebruch treibt, wenn ein Mann Ehebruch treibt mit der Frau seines Nächsten, müssen der Ehebrecher und die Ehebrecherin getötet werden.

Von Jesus hingegen lesen wir nie, dass Er die Tötung eines Ehebrechers oder einer Ehebrecherin verlangte:

  • Joh 8:5-11 - In dem Gesetz aber hat uns Mose geboten, solche zu steinigen. Du nun, was sagst du? 6 Dies aber sagten sie, ihn zu versuchen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7 Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie. 8 Und wieder bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde. 9 Als sie aber dies hörten, gingen sie einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Älteren; und er wurde allein gelassen mit der Frau, die in der Mitte stand. 10 Jesus aber richtete sich auf und sprach zu ihr: Frau, wo sind sie? Hat niemand dich verurteilt? 11 Sie aber sprach: Niemand, Herr. Jesus aber sprach zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr!

Das Gesetz vom Sinai regelte u.a. das Zusammenleben eines grossen Volkes auf der Erde. Noch heute gibt es wohl kaum einen Staat auf der Welt, der ohne Gesetz funktionieren könnte. Jeder Staat hat die Aufgabe, Diebe und Mörder zu verfolgen und sie zu bestrafen. Ein Volk mit weit über einer Million Menschen brauchte klare Regeln und auch die Androhung und Durchführung von Strafen.
In der heutigen Zeit ist der Ehebruch leider ein unbedeutendes "Kavaliersdelikt" geworden und viele sehen darin gar keine Sünde mehr (Die Massenmedien führen uns täglich vor, dass dies ja sowieso alle machen). In den Augen Gottes jedoch ist der Ehebruch eine schwere Sünde, weil hier viele seelische Verletzungen stattfinden, was die Gesellschaft jedoch nicht wahrhaben will (Der betrogene Partner wird verletzt, anschliessend wird derjenige seelisch verletzt, der sich für den Ehebruch zur Verfügung gestellt hat und dann vielleicht doch merkt, dass der Ehebrecher keine verbindliche Beziehung mit ihm eingehen will). Wenn der Ehebruch zu einer totalen Normalität geworden ist, dann wird es kaum mehr Menschen geben, die verbindlich zueinander stehen wollen. Der Mensch wird zur "Verbrauchsware" degradiert und so etwas ist in den Augen Gottes ein Gräuel. Die Ankündigung der Todesstrafe für einen Ehebruch machte deutlich, wie schwerwiegend dieses Vergehen ist, auch wenn wir das Bewusstsein dafür heute weitestgehend verloren haben. Auch wenn sich Jesus über reumütige Ehebrecher, Huren und Zöllner erbarmt hat, so hat Er diese Sünde doch nie bagatellisiert:

  • Mt 5:27-28 - Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. 28 Ich aber sage euch, daß jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.

An dieser Stelle wird sogar deutlich, dass Jesus den Massstab für die Sündhaftigkeit noch verstärkt. Auch die nächste Stelle lässt dies erkennen:

  • Mt 5:21-22 - Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber töten wird, der wird dem Gericht verfallen sein. 22 Ich aber sage euch, daß jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka! dem Hohen Rat verfallen sein wird; wer aber sagt: Du Narr (w. Du Törichter)! der Hölle (w. Gehenna) des Feuers verfallen sein wird.

Ist die Gehenna des Feuers nicht noch schlimmer als die Todesstrafe? Auf der einen Seite scheint Jesus noch radikaler als das Gesetz zu sein und auf der anderen Seite war Er voller Liebe und Barmherzigkeit! Wer diese beiden Stellen verstanden hat und gleichzeitig ehrlich ist, muss ohne wenn und aber zugeben, dass er schuldig geworden ist und vor den Augen Gottes niemals bestehen kann, wenn er seiner Schuld nicht enthoben wird. Die Menschen sollten aufhören, ihre Sünden zu rechtfertigen oder zu beschönigen; sie sollten endlich zugeben, dass sie aus sich selbst niemals den Anforderungen Gottes genügen können. Glücklicherweise hat aber Gott die Schuld und Sünde durch Jesus Christus auf Golgatha weggenommen. Deshalb sagt Johannes der Täufer:

  • Joh 1:29 - Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt (des Kosmos) wegnimmt!

Jesus hat noch deutlicher gemacht, wie verloren und erlösungsbedürftig wir sind. Durch diese Klarstellung können wir mehr denn je erkennen, dass wir ohne eine lebendige Beziehung zum Schöpfer (durch und aus Glauben leben Hab 2:4) niemals bleibend vor Gott bestehen, geschweige denn ewiges Leben erwerben können. Gott geht es darum, dass wir unsere Mangelhaftigkeit und Sündhaftigkeit erkennen, dass wir umkehren und dass wir Busse tun (w. mitdenken), dass wir Sünde als Sünde bezeichnen und wir unser Vertrauen in Seine Erlösungstat setzen! Wer dies von ganzem Herzen tut, der ist demütig geworden und erhält deshalb von Gott Gnade und Erbarmen! Wie kann aber ein Mensch mit dem Erbarmen Gottes rechnen, wenn er seine Sünden rechtfertigt?

Warum wurden auf Geheiss Gottes so viele Schlachtopfer dargebracht?

Die Schlachtopfergesetze sind ein ganz grosser Bestandteil des Gesetzes vom Sinai. Aus unserer heutigen Sicht wirken diese Ordnungen befremdlich, da hier viel Blut vergossen und Etliches einfach verbrannt wurde. Was sollte das Schächten der Tiere? Warum mussten so viele Tiere tagtäglich geschlachtet werden?

Das Leiden der geschlachteten Tiere

Bevor ich mich der Beantwortung der eigentlichen Frage widmen will, soll hier noch eine Zwischenbemerkung gemacht werden. Der moderne Mensch empfindet die Schlachtungen, bei denen so viel Blut vergossen wird, als etwas Ekliges und sieht ein stückweit das Leiden dieser Geschöpfe. Dabei stellt er sich die Frage: "Ist dieses Leiden überhaupt notwendig, sollte man das Schlachten nicht gänzlich verbieten? Sollten nicht alle Menschen zu Vegetariern werden?" Doch wie verhält es sich mit dem Leiden eines geschlachteten Tieres?
Zuerst muss einmal festgehalten werden, dass jeder Mensch und jedes Tier sterben muss! In der Natur werden Milliarden Tiere von anderen Tieren gefressen. Ob das Gefressenwerden der Gazelle von einem Rudel Löwen einfacher ist als der Vorgang des Schächtens für ein Schaf sei einmal dahingestellt und kann stark bezweifelt werden. Es gibt auch viele Tiere, die an Krebs und anderen Krankheiten leiden und sterben und ich bezweifle auch hier, dass dieses Sterben einfacher ist, als geschächtet zu werden. Vor der Schächtung hat das Schaf wahrscheinlich ähnlichen Stress wie die Gazelle vor dem Gefressenwerden. Auch der Schnitt durch die Halsschlagader dürfte Schmerzen bereiten, aber danach versinkt das Tier relativ schnell in die Bewusstlosigkeit und stirbt. Ich bezweifle, dass jemand das Gefressenwerden der Schächtung vorzieht, ebenso, ob das Leiden der geschlachteten Tiere, wirklich grösser ist, als das Leiden der übrigen Tiere.
Letztlich sehnen sich alle nach der Erlösung!

  • Röm 8:20-22 - Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden - nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat - auf Hoffnung hin, 21 daß auch selbst die Schöpfung von der Knechtschaft der Vergänglichkeit freigemacht werden wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, daß die ganze Schöpfung zusammen seufzt und zusammen in Geburtswehen liegt bis jetzt.

Hat Gott die Schlachtopfer gefordert?

Trotzdem stellt sich die Frage, was hat Gott davon, wenn die Menschen für Ihn Tiere schlachten? Bevor ich auf den Sinn der Schlachtopfer eingehen möchte, will ich zuerst einmal festhalten, was David erkannte:

  • Ps 51:18 - Denn du hast keine Lust am Schlachtopfer, sonst gäbe ich es; Brandopfer gefällt dir nicht.
  • Ps 40:7 - An Schlacht- und Speisopfern hattest du kein Gefallen, Ohren hast du mir gegraben; Brand- und Sündopfer hast du nicht gefordert.

Auch der Hebräerbriefschreiber macht darauf aufmerksam, wenn er sagt:

  • Hebr 10:1-7 - Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer vollkommen machen. 2 Denn würde sonst nicht ihre Darbringung aufgehört haben, weil die den Gottesdienst Übenden, einmal gereinigt, kein Sündenbewußtsein mehr gehabt hätten? 3 Doch in jenen Opfern ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden; 4 denn unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden wegnehmen. 5 Darum spricht er, als er in die Welt kommt: «Schlachtopfer und Opfergabe hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; 6 an Brandopfern und Sündopfern hast du kein Wohlgefallen gefunden. 7 Da sprach ich: Siehe, ich komme - in der Buchrolle steht von mir geschrieben - um deinen Willen, o Gott, zu tun.»

Durch diese Stellen wird deutlich, dass es für Gott keine Freude ist, wenn Tiere geschlachtet werden und Blut fliesst! Brand- und Schlachtopfer hat Er auch nicht gefordert, aber Er hat diese Anordnungen bewilligt, weil sie ein Schatten der zukünftigen Güter sind, d.h., durch diese Schlachtopfergesetze können geistliche Realitäten erkannt werden. Wer den Schatten sieht und ihn studiert, kann immer besser erahnen, wie der Körper aussieht. Deshalb schreibt auch Paulus:

  • Kol 2:16-17 - So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats, 17 die ein Schatten der künftigen Dinge sind, der Körper selbst aber ist des Christus.

So dürfen wir erkennen, dass alle Opfergesetze des Alten Testamentes Schattenbilder sind, die den Christus als das grosse Lamm Gottes darstellen (auch hier darf erwähnt sein, dass eine Schächtung oder sogar ein Verbranntwerden, um einiges "angenehmer" ist, als eine Kreuzigung).

Das Gesetz und die Engel

Wer hat dann die Brand- und Sündopfer gefordert, wenn nicht Gott (Ps 40:7)?
Einen möglichen Hinweis finden wir in Gal 3:19-21:

  • Was soll nun das Gesetz? Es wurde der Übertretungen wegen hinzugefügt - bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung galt - angeordnet durch Engel in der Hand eines Mittlers. 20 Ein Mittler aber ist nicht Mittler von einem; Gott aber ist nur einer. 21 Ist denn das Gesetz gegen die Verheißungen Gottes? Das ist ausgeschlossen. Denn wenn ein Gesetz gegeben worden wäre, das lebendig machen könnte, dann wäre wirklich die Gerechtigkeit aus Gesetz.

Bei der Gesetzgebung am Sinai, hatten also auch die Engel in irgend einer Weise "ihre Finger im Spiel". Eine mögliche Erklärung könnte wie folgt lauten:

  1. Gott, der Vater gibt das oberste Gesetz an die Engel: Das höchste Gesetz, an dem das ganze Gesetz hängt, kommt vom Gott-Vater: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.» «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.» (Mt 22:37-39)
  2. Die Engel formulieren das Gesetz inkl. aller Schlachtopfergesetze bis in die Details aus. Dabei entsteht das Gesetz vom Sinai.
  3. Anschliessend stellen die Engel einen Antrag an JHWH: Das ausformulierte Gesetz, mit allen Opferverordnungen, wird von den Engeln zur Genehmigung beantragt! JHWH (in diesem Fall der Sohn) übermittelt diesen Antrag dem Gott-Vater und dieser genehmigt und bestätigt den Antrag (das von Engeln gesprochene Wort Heb 2:2), weil es zu einem Pädagogen in den Christus hinein wird Gal 3:24 und weil im Gesetz die künftigen Dinge vorgeschattet werden, z.B. das Lamm Gottes in den Schlachtopfergesetzen.
  4. JHWH (der Sohn) übernimmt den Antrag von Engeln. JHWH übernimmt den Antrag von Engeln und das von ihnen gesprochene Wort als Mittler (1Tim 2:5)! Mose kommt als Mittler nicht in Frage, da er das Gesetz von einer Person bekommen hat und der Mittler nicht Mittler von einer Person sein kann (Gal 3:20). Mose kommt als Mittler des Gesetzes auch deshalb nicht in Betracht, weil das Gesetz nicht von unten nach oben, sondern von oben (von den Engeln, da nicht einer) nach unten (zu den Menschen) übermittelt wurde.
  5. Als der Engel (w. Beauftragter) JHWH‘s und als Mittler übergibt der Sohn Gottes dem Mose das Gesetz. Da das Gesetz mit Genehmigung Gottes angeordnet wurde, kann JHWH auch als Gesetzgeber gesehen werden (Jes 33:22 / Neh 9:13-14). Da Er aber Schlachtopfer nicht gefordert und an Brandopfern kein Wohlgefallen hat (Heb 10:8), stammen die Opfergesetze nicht aus Seinem Herzen. Er hat sie lediglich genehmigt, um so auch das Opfer Gottes vorzuschatten.
  6. Mose überbringt das Gesetz dem Volk.

Die Opfergesetze sind also von Gott genehmigt, sie stammen aber nicht aus Seinem Herzen! Am tatsächlichen Blutvergiessen bei einer Opferung hat Er keinen Gefallen. Er hat jedoch Gefallen daran, wenn jemand aus Liebe ein Opfer darbringt und so gefiel Ihm auch das Opfer Seines Sohnes, weil es aus vollkommener Liebe heraus geschehen ist!