Der zweite Schöpfungstag

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Abschrift des Heftes: Die Schöpfungstage in der großen und in der kleinen Welt
Julius Beck (1887-1962) stammt aus Altingen.
Er war Mittelschullehrer in Calw, nach 1945 Rektor.

Aus der Reihe: Vätererbe Anhang
Zuerst erschienen im „Verlag des Lehrerboten“, Stuttgart-Bad Cannstatt.

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Inhaltsverzeichnis

Die Schöpfungstage in der großen und in der kleinen Welt

2. Der zweite Schöpfungstag

(1Mo 1:6-8)

Und Gott sprach

1Mo 1:6: Und Gott sprach! Das erste Sprechen Gottes brachte die Erleuchtung des Chaos; das Chaos selbst aber blieb bestehen in seiner Unordnung und Unfruchtbarkeit, es war nur nicht mehr ganz der Herrschaft der Finsternis untergetan. Im Chaos waren alle Elemente enthalten, nur noch nicht getrennt, sondern wie in einem ungeordneten Klumpen. Durch die zweite Umwendung des Schöpfungsrades erfolgte eine örtliche Trennung der einzelnen Teile des Chaos.

Erleuchtung ist auch für die Seele der erste Schritt zur Erlösung, aber nicht schon die Erlösung selbst. Im Licht des ersten Tages erkennt die Seele etwas von der ihr innewohnenden Finsternis; damit ist ihr aber noch nicht geholfen. Das Chaos ist durchaus noch vorhanden; es ist nur vom Licht gebunden, vermag aber unbehindert fortzubestehen. Der zweite Tag bringt hier einen großen Fortschritt und setzt die Offenbarung des ersten Tages in weit größerem Umfang fort. Er bringt zur Erleuchtung die Befruchtung der Seele mit himmlischen Kräften. Es geht jetzt auf die Wasser, diese Sinnbilder des finsteren Todeslebens in uns, los. In sie muss eine neue Ordnung kommen.

Gott macht machte die Feste

1Mo 1:7a: Und Gott machte die Feste und schied das Wasser. Bei dieser „Feste“ handelt es sich nicht um die Erde; sie erlebt ihre Geburt erst am 3. Tag. Es handelt sich um die Wölbung, welche die oberen Wasser von den unteren trennt, also um den Luftraum. Diese Feste ist eine himmlische Ausdehnung mit höheren Ordnungen, die der Erde im Fortschreiten der Schöpfung als ein weiteres Stück ihrer Erlösung zuteilwird. Dieses himmlische Element ist für die Erde etwas Neues und Fremdes; aus sich selbst hätte sie es nicht hervorzubringen vermocht, so wenig als das Licht des ersten Tages. Auch in unserer Seele wird an ihrem zweiten Schöpfungstag ein neues Wunder der Schöpfung offenbar: sie bekommt eine Festigkeit im Guten und Göttlichen. In die ungefesselten Gewässer der Seele kommt ein ordnender Machtfaktor hinein, durch den diese Wasser geschieden werden, sodass sie nicht mehr alles in ihren Untergang hineinziehen können. Hier legen sich die stolzen Wellen und ihr Brausen. Die Pforten der Hölle vermögen nicht mehr, diese Himmelsordnung in der Seele zu überwältigen; vielmehr nimmt diese den Kampf auf gegen die Unordnung des Chaos und bringt eine neue Gestaltung hervor.

Gott schied das Wasser

1Mo 1:7b: Gott schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste.
„Scheidung“ ist das Evangelium des zweiten Schöpfungstages. Das Chaos wird geteilt und in Feuer, Luft, Wasser und Erde auseinandergesprochen; damit wird seine Macht weithin eingeengt und gebrochen. Außerdem werden die Wasser gezwungen, sich in „Wasser über der Wölbung“ und in „Wasser unter der Wölbung“ zu teilen. Die „oberen Wasser“ schieden sich von den unteren als leichtere, dünnere und geistvollere Wesen; damit fängt die Erhöhung eines Teils der Wasser an. Die unteren waren gröberer Art; ihnen war mehr finsteres Wesen, den oberen mehr Lichtsnatur eigen. Mit dieser Scheidung vollzog sich äußerlich und räumlich, was am ersten Schöpfungstag nur dynamisch und im Innern des Chaos getrennt wurde.

Eine Scheidung, d. h. ein Ausgehen aus Babel, aus seiner Freundschaft, aus seinem Vaterhaus und aus der Welt bringt der zweite Schöpfungstag für den vom Licht erweckten Menschen mit sich. Die Scheidung ist nicht das erste, sondern die Erleuchtung; aber Scheidung ist ein weiterer Schritt zur Erlösung. Wer das Sprechen Gottes, auszugehen aus der Welt, nicht hinreichend vernimmt, kommt nicht mehr weit voran in seiner inneren Entwicklung. Die Loslösung von den Elementen der Welt und der Finsternis ist die Voraussetzung für die nächste Stufe des inneren Lebens, nämlich die der Auferstehung am 3. Tag. Diese beginnt schon hier am zweiten Tag damit, dass der himmlische Teil der Seele erhöht und in eine göttliche Ordnung gebracht wird. Wo aber Menschen dem scheidenden und trennenden Wirken des Wortes Gottes (Hebr. 4, 12) in sich Raum geben, da tragen sie auch eine Scheidung in die äußere Welt hinein.

Gott nannte die Feste Himmel

1Mo 1:8: Und Gott nannte die Feste Himmel. Dieser Himmel steht über der Erde und hat ihr unendlich viel zu geben. Wir vermögen kaum zu ahnen, welche Kräfte von ihm ausgehen und auf der Erde wirken. Nicht ohne Grund heißt der Himmel auch der „Ordner“; von ihm stammen die Kräfte der Anziehung und Abstoßung, des Dampfes und der Elektrizität. Der Himmel ist ein Reich, das beherrschend über den drei Reichen der Erde, dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreich steht. Dieses höhere Reich befeuchtet die Erde. Diese Befeuchtung ist die Voraussetzung dafür, dass auf der Erde Leben hervorkommen und bestehen kann. Der Himmel zieht die toten, salzigen Wasser von unten nach oben, reinigt sie und sendet sie, mit neuen Kräften begabt, als Tau und Regen wieder auf die Erde herab. So stellt er die Finsternis, d. h. die Wasser, in den Dienst des Himmels, d. h. des Lichts; die Wasser müssen mitwirken bei der neuen Schöpfung des Lebens und des Lichts, also einen Dienst tun für das werdende Geschöpf. Zwar verdunkelt das heraufziehende Gewölk den Himmel unzählige Mal; aber es kann der Himmel der Erde nie mehr ganz genommen werden. Nach den dunkelsten Tagen muss es immer wieder Licht werden. Und oft gerade dann, wenn die dunkelsten Wolken den Himmel grau verhängen, bricht plötzlich die Sonne hervor und schreibt mit ihrem Licht den Regenbogen, dieses Zeichen der Verheißung eines ewigen Bundes Gottes, in das Wolkendunkel.

Auch unserer Seele werden der Himmel und die ganze Himmelswelt mit ihren Kräften am zweiten Tag wieder erschlossen. Seitdem Adam aus dem Paradies verwiesen wurde, ist uns dieser himmlische Einfluss genommen. Die himmlische Welt wird jetzt wieder zum Ordner unseres Innenlebens und befruchtet unsere Seele, dass sie am dritten Tag schon Früchte des Geistes hervorbringen kann. Wie könnten diese sonst in unserer Seele hervorkommen, wenn sie nicht von oben her gewirkt würden! Wir vermögen aus uns selbst keine bleibenden Seelenwerte zu offenbaren und keine „Speise zu wirken, die da bleibet ins ewige Leben“. Durch diesen himmlischen Ordner werden die finsteren Wasser der Seele, unsere unreinen Wünsche, Begierden und Leidenschaften, welche die Seele im Tod gefangen halten, auch – teilweise – nach oben gezogen. Sie trachten jetzt nach dem, das droben ist. So wird die Finsternis in den Dienst des Lichtes gestellt und muss sich mehr und mehr den Gesetzen des Himmels unterordnen. Unsere Gesinnungen ändern sich; unser ganzes unordentliches Wesen kommt in eine gewisse Harmonie und steht unter einer höheren Leitung und Einwirkung. Soviel die Seele an geistlicher Befruchtung ertragen kann, teilt ihr der Himmel, dieses wieder erschlossene Paradies, mit und befähigt sie zur Hervorbringung von höherem Leben. Jedoch nicht alle Gewässer des Todes werden nach oben gezogen; manche bleiben bis zum fünften Schöpfungstag unten und bilden ein unfruchtbares, oft wild tobendes Meer. Aber diese Kräfte werden wenigstens durch den Himmel in einer gewissen Ordnung gehalten so lange, bis auch sie am fünften Schöpfungstag in den Dienst des Lichtes gestellt werden. Auf der neuen Erde aber wird kein Meer mehr sein; dieses Symbol des Widergöttlichen ist dort verschwunden. Auch in der vollendeten Menschenseele wird das ruhelose, unfruchtbare und ungefesselte Element der Finsternis einst nicht mehr sein, wenn Gott bei ihr wohnen und sie bei Gott sein wird. –

Auch auf die Stufe des zweiten Schöpfungstages deuten viele Worte der Heiligen Schrift und bekommen durch richtige Einordnung eine besondere Bedeutung; ebenso Geschichten wie die von Abrahams Auszug u. a.

Esr 10:11: Scheidet euch von den Völkern des Landes.
Mt 13:49: Die Bösen werden von den Gerechten geschieden.
Hi 26:10: Er hat um das Wasser ein Ziel gesetzt, bis Licht und Finsternis sich scheiden.
Ps 19:2: Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündiget seiner Hände Werk.
Röm 8:39: Keine Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes.
Hebr 4:12: Das Wort Gottes scheidet Seele und Geist ...

Lies weiter:
3. Der dritte Schöpfungstag (1Mo 1:9-13)