Zippora beschneidet ihren Sohn

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Von Daniel Muhl

Es ist relativ schwierig, diese seltsame Begebenheit von 2Mo 4:24-26 klar zu deuten. Fest steht, dass der gemeinsame Sohn von Mose und Zippora nicht beschnitten war und jetzt aus einer Notsituation heraus beschnitten wurde. Gott hat dem Abraham und allen seinen Nachkommen die Anordnung gegeben, alle männlichen Nachkommen am achten Tag zu beschneiden (1Mo 17:10-12). Offensichtlich wurde dies beim Sohn des Mose bis dahin nicht vollzogen. Sehr naheliegend ist, dass sich Zippora bis zu diesem Zeitpunkt geweigert hat, ihren Sohn beschneiden zu lassen, da es entweder in ihrer Kultur unüblich war oder sie vor diesem Ritual einen Ekel empfand. Sie verstand vielleicht auch nicht, dass man einem kleinen Jungen solche „Schmerzen“ zufügen sollte. Es wäre auch möglich, dass Mose und Zippora vor diesem Ereignis heftig über dieses Bundeszeichen diskutierten. Mose wollte vermutlich eine Beschneidung seines Sohnes und Zippora weigerte sich strikte dagegen. Möglicherweise wollte Mose in dieser Angelegenheit seinen Willen nicht durchsetzen, doch für Gott war dieses Bundeszeichen fundamental wichtig. Er wollte nicht, dass dieses Bundeszeichen bei einem der Stämme Israels verloren geht und schon gar nicht bei den Leviten, die über Jahrtausende das Gesetz lehren sollten und als Priester des Volkes Gottes eine ganz wichtige Funktion hatten.
Es war nicht wirklich die Absicht Gottes, den Mose zu töten, aber es machte vor Zippora den Anschein, dass Gott den Mose töten wollte. Zippora merkte vermutlich sofort, dass dieser Angriff auf ihren Mann, etwas mit ihrer Weigerung zu tun hatte, ihren gemeinsamen Sohn zu beschneiden. Sie merkte, dass sie ihren Mann sofort verlieren würde, wenn sie diese Beschneidung jetzt nicht durchführen würde. Man könnte sagen, dass Gott sie an dieser Stelle „unter Druck“ gesetzt hat.
Als Auslegung könnte man erklären, dass diejenigen Menschen, die den Bund und das Bundeszeichen Gottes verachten, auch ihren Mann verlieren werden. Die zehn Stämme Israels, die in die assyrische Gefangenschaft verschleppt wurden, haben sich sehr wahrscheinlich assimiliert und dadurch auch ihre Identität als Volk Gottes verloren. Dabei haben sie sehr wahrscheinlich auch aufgehört das Bundeszeichen an ihren Söhnen weiter zu vollziehen. Sie haben ihre Identität und somit auch ihren Mann (JaHWeH) verloren. Hosea prophezeit diesen Stämmen auch, dass sie ihre Identität verlieren werden und nicht mehr „Sein Volk“ sein werden (Hos 1:6-9). Das allerdings nur vorübergehend, wie dann auch aus Hos 2. deutlich wird.
Zippora bedeutet so viel wie Vogel und das hebr. Wort „zippor“ (Vogel; +06833) kommt von „zaphar“ (frühzeitig fortgehen; +06853). Irgendwie passt dieser Name, denn man könnte auch sagen, dass sie frühzeitig den Bund der Beschneidung verlassen wollte.

Die Erklärung aus der SEB:

Die knappe Erzählung ist rätselhaft und anstößig. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, weshalb Gott seinem berufenen Sendboten im Nachtlager in feindlicher Absicht entgegentrat (nicht entgegenkam). Nichts deutet darauf hin, dass die versäumte Beschneidung des Sohnes eingefordert wurde (aber vielleicht hat es schon der Überlieferer, der die Geschichte in den jetzigen Zusammenhang aufnahm, so verstanden; vgl. 1Mo 17:9-14). Es ist offenbar Mose, der von Zippora an der Scham (wörtlich:den Beinen) mit der abgeschnittenen, blutigen Vorhaut berührt und als Blutbräutigam angeredet wird (das mit Bräutigam übersetzte hebräische Wort bezeichnet allgemein den durch Heirat Verwandten, auch Schwager und Schwiegersohn). Vielleicht wurde in einer älteren Fassung der Erzählung eine Beschneidung des Bräutigams in der Hochzeitsnacht geschildert. Jetzt dient die Erzählung eher dazu, die Einführung der Kinderbeschneidung zu erklären. Dass eine solche Geschichte vom HERRN erzählt wurde, lässt erkennen:Israel hat sich der Erfahrung gestellt, dass Gott rätselhaft und unbegreiflich handeln kann und dem Menschen immer wieder auch seine dunkle Seite zuwendet (vgl. 1Mo 32:23-33)