Von der Verleiblichung Gottes

Aus Bibelwissen
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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:

I. Teil: Der Heiland

1. Von der Verleiblichung Gottes

  • Joh 1:1-14 - Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. (2) Dieses war im Anfang bei Gott. (3) Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe (4) In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. (5) Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt. (6) Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name Johannes. (7) Dieser kam zum Zeugnis, daß er zeugte von dem Licht, damit alle durch ihn glaubten. (8) Er war nicht das Licht, sondern [er kam,] daß er zeugte von dem Licht. (9) Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet. (10) Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn, und die Welt kannte ihn nicht. (11) Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an; (12) so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; (13) die nicht aus Geblüt, auch nicht aus dem Willen des Fleisches, auch nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.(14) Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Der Plan Gottes von Ewigkeiten zu Ewigkeiten geht auf eine verklärte Verleiblichung Gottes. Das Ziel der uns geoffenbarten Wege Gottes ist die verklärte Geistleiblichkeit. Im Mittelpunkt und Herzpunkt aller dieser Wege Gottes steht die Menschwerdung, oder das Kommen ins Fleisch, vonseiten des eingeborenen Sohnes Gottes. In großartigen, geistgegebenen Strichen zeichnet Johannes, der Schauer in unseren Versen, die Schritt-für-Schritt sich vollziehende Verleiblichung Gottes von den Ewigkeiten, vor Grundlegung der Welt an bis auf die Fleischwerdung des Sohnes, und bis auf Seine Verleiblichung in der Gemeine. Es ist ein göttlicher Werdegang ohnegleichen, welcher in diesen vierzehn Versen sich vor unsern Augen enthüllt. Es ist Erbauung im tiefsten Sinn - Festigung, Gründung des inwendigen Menschen - dem heiligen Apostel in seinen Offenbarungslinien zu folgen.

Die Verleiblichung Gottes, das Hinzielen auf die Menschwerdung des Sohnes und Vorbereiten derselben begann schon vor Grundlegung der Welten. Das Eintreten des Sohnes Gottes in unser Fleisch und Blut, zur Hinausführung des Rates Gottes, erscheint nur darum Vielen als ein so absolutes Wunder und als eine so ganz unfassbarer Tatsache, weil sie die Zusammenhänge nicht erkennen; weil sie nicht sehen, dass die Fleischwerdung des Sohnes nur ein Glied in der gewaltigen Kette des Gottesrates ist, der eben das zum Zweck und Ziel hat. Verherrlichung Gottes in mannigfachster Verleiblichung. Die Menschwerdung des Sohnes, wenn wir es so ausdrücken wollen - besser wäre ja gesagt: die Verleiblichung Gottes - hat schon angefangen vor Grundlegung der Welten im ewigen Mutter- und Vater-Schoße der Gottheit. Der Apostel-Prophet lässt uns in dies Geheimnis hineinblicken, wenn er uns kündet:

Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort. Dasselbige war im Anfang bei Gott.
Zunächst öffnete sich uns hier ja ein Offenbarungsblick ins ewige Wesen Gottes. Gott ist Geist - so ist Seine nächste, erste und einzige Naturausgeburt: d a s W o r t. Zum Geiste, zum Persongeist gehört das Wort wesentlich. Ohne Wort wäre der Geist unverkennbar, unvernehmbar, nicht mitteilbar. Das Wort ist die Ur- und Grundgeburt des Geistes. Das aus dem ewigen Persongeist geborene Wort - ist wieder Person. Des ewigen Gottes Wort ist nie bloss Schall, ist nie bloss Ton. Es hat Gestaltung in den verschiedensten Auswirkungen. Auch hinsichtlich der Schöpfung heißt es: „So Er spricht, so geschieht’s, so Er gebietet, so steht’s da.“ Die erste und einzigartige Ausgestaltung des ewigen Gottesgeistes ist nun das persönliche Wort - von uns gewöhnlich S o h n genannt. So sehen wir hier also wesentlich in Gott zwei Personen - den Vater, und das von Ihm geborene Wort. Die beiden sind beieinander, sie sind also unterschiedlich und doch Eines - gleichwie Geist und Wort unterschiedlich und doch Eines sind; ineinanderhangend, eins nicht möglich ohne das andere, und doch zwei verschiedene Erscheinungsformen.

Auch empfängt das Wort vom Geist her immer wieder seine Fülle - insofern ist es doch bei aller Göttlichkeit: G o t t war das Wort - doch auch wieder etwas niedriger; es ist immer g e b o r e n vom Geiste. So sehen wir im ewigen Vatergott - den Sohn - unterschiedlich und doch eins - gleich, und doch eben etwas niedriger. Es sind feine Wesensunterschiede in den göttlichen Personen - und diese Wesensunterschiede bedingen das Leben und die Liebe. Ohne Wesensunterschiede kann sich kein Liebesleben entfalten. Der im Vater und Sohn gemeinsam lebend und webende Heilige Geist ist hier nicht sonderlich genannt. Er scheint nach der ganzen Bibel keine Person zu sein - denn er wird in der Schrift nirgends angerufen, noch angebetet - sondern ist eben der von beiden ausgehende, und in beiden wesende, e i n e gemeinsame Geist. Eben dadurch wird die Dreieinigkeit vollendet. Der Heilige Geist ist das ewige, göttliche Feuer- und Liebes-Element, in welchem Vater und Sohn leben und Sich lieben. Und die Einheit der Drei steht nach innen darin, dass Sie völlig ineinander sind: der Vater ist Geist; das Wort ist der ausgestaltete und ausgeborene Geist - und das gibt den Geist, aus dem er geboren ist, gewissermaßen ausgestaltet wieder zurück.

So weset der Geist im Vater und Sohn, und beide wirken in Ihm aufeinander und nach außen. Und die Einheit der Drei steht nach außen darin, dass der Vater nichts tut ohne des Sohn; denn Geist kann nur durch Wort wirken; dass der Sohn nichts tut ohne den Vater; denn Wort kann nur durch Geist gewirket werden - und dass Vater und Sohn alles tun in dem gemeinsamen Heiligen Geiste. Es gibt kein Gottwirken, in welchem nicht Vater, Sohn und Geist einheitlich wirkten. Dies alles ist nun aber, wenn auch mitenthalten in unserem ersten Versen, doch nicht ihre Hauptsache in unserem Zusammenhang. Hier kommt mehr d i e Seite in Betracht, dass vor Grundlegung der Welten eine Verleiblichung Gottes stattgefunden hat und zwar im Sohne, im Wort. Es heißt, dies Wort w a r im Anfang bei Gott, also ehe etwas anfing, war es schon bei Gott.

Dasselbige war im Anfang bei Gott

Nun können wir uns aber doch nicht denken, dass das ein wirkungsloses, untätiges, bloss Sich gegenseitig genießendes und ineinander ruhendes Leben gewesen sei, welches da Vater und Sohn miteinander führten. Nein, es war ein wirkendes und wirksames - denn es steht gechrieben: „Mein Vater wirket bisher, und Ich wirke auch.“ Dort in den Ewigkeiten ist die erste Verleiblichung Gottes im Sohne vor sich gegangen. Lesen wir nur einmal in der Schrift nach, was sie alles vor Grundlegung der Welten stellt. Das zeigt auch der Name: "W o r t“ an. Das Wort ist eine Verleiblichung des Geistes, wenn auch die reinste und feinste, die geistigste und geistverklärteste - aber doch gewinnt der Geist im Worte einen Leib. Der Sohn hat in jenen ewigen Äonen als göttliche Weisheit gespielt vor dem Vater, wie die Schrift sagt. Der Vater hat alle Seine großen und tiefen Gottgedanken vor dem Sohne geoffenbart, und der Sohn hat sie angenommen und aufgenommen. Er ist in sie eingegangen, bereit, sie weiter auszuführen.

Auch das Kreuzgeheimnis ist dort schon aufgenommen worden. Dieses Aufgenommene des Sohnes gab dann S e i n e Herrrlichkeit im Unterschied von des Vaters großer Herrlichkeit. Sonderlich in Seinem hohepriesterlichen Gebet unterscheidet der Heiland S e i n e Herrlichkeit, welche Ihm ggeben sei vor Grundlegung der Welt, deutlich von des Vaters Herrlichkeit. Die Herrlichkeit des Sohnes ist auch die, an welcher die Auserwählten teilnehmen dürfen, sie ist eben schon eine Art Verleiblichung, der Kreatur näher zugewendet. Johannes sagt auch in unseren vorliegenden Versen: wir sahen Seine Herrlichkeit, eine H e r r l i c h k e i t als des e i n g e b o r e n e n S o h n e s. So sind im ewigen Wort die rein geistigen Gedanken Gottes schon in einen materiellen, leiblichen Stand eingetreten - und das ist gewissermaßen das allerste Kommen, das schon hinzielt auf die einstige Verherrlichung des Sohnes und Menschwerdung Gottes.

Zeit der Fülle

In dem ewigen Gott-Liebes-Leben, in dem ewigen Ausgeboren-Werden des Vaters im Sohne gab es nun auch eine Z e i t der F ü l l e. Und da hob dann eine weitere Verleiblichung an - in den S c h ö p f u n g e n. Das Wort ist geboren aus dem Geiste des Vaters - das gefüllte Wort schafft aus Seiner Fülle Gestaltungen um Gestaltungen, Welten um Welten. Daher sagt Johannes weiter „Alle Dinge sind durch dasselbige gemacht, und ohne dasselbige ist nichts gemacht, was gemacht ist.“ Ist der Sohn eine Verleiblichung des Vaters, so sind die Kreaturen alle eine Verleiblichung des Sohnes - nur mit dem Unterschied, dass hier keine Geburt, sondern einen Schöpfung vorliegt. Ist kraft Seiner ewigen Geburt der Sohn dem Vater wesensgleich bei dem geringen Unterschied, wie er eben in Geist und Wort beschlossen liegt - so ist der Unterschied zwischen Wort und Kreatur ein viel tieferer. Durch die geburtsmäßige Übernahme aller göttlichen Gedanken in Sich selbst - hat der Sohn das Leben und das Licht in Sich selber. In Ihm war das „Leben“, oder wie der Heiland selber sagt: „Ich bin das Leben, Ich habe es in Mir selber.“

Die Kreatur ist dagegen abhängig. Sie hat das Leben nur im Wort, im Sohne, „Das Leben war das Licht der Menschen. Hier sind die Menschen als die Krone und der Schlusstein aller Kreatur genannt; gemeint ist: Das Leben, das ewige, lebendige Wort, ist das Licht aller Kreatur. Ohne den Sohn und die Gemeinschaft mit Ihm sinkt die ganze Kreatur in die Finsternis und in den Tod. Das ist also nun gewissermaßen das zweite Kommen Gottes oder die weitere Verleiblichung Gottes im Sohne; dass Kreaturen ohne Zahl entstanden, die alle, alle ihren einheitlichen Lebensmittelpunkt im Sohne haben und in Ihm zusammenhängen. Unter diesen Kreaturen haben wir alle die Millionen von Lichtwelten zu verstehen mit ihren mannigfaltigen Personengeistern. Alle diese Geschöpfe sind schon in ihrem reinen, sündlosen, geschöpflichen Zustand, also ehe die Sünde unter sie trat, Verleiblichungen des Sohnes Gottes, der selber die herrlichste und geistlichste Ur- und Wesensverleiblichung Gottes ist.

Die Geschöpfe alle waren bei ihrer Erschaffung noch nicht zielfertig. Sie waren vollkommen in Ihm, dem Schöpfer, aber auf ein weiteres, großes Vollkommenheitsziel angelegt. Zur Erlangung dieses Zieles der geistleiblichen Herrlichkeit war der Sohn ihr Leben und ihr Licht. Durch glaubensmäßige Lebensübernahme aus Ihm wären sie immer mehr lichtgefüllt und ihrem wunderbaren Lebens-Lichtes-Ziele zugeführt worden. Der Mensch, als der Letzgeschaffene und Höchstbeschaffene, der erst geschaffen wurde, nachdem schon der Fall Satans geschehen war; der Mensch, die Krone der angefangenen Neuschöpfung, hatte hier noch eine ganz besondere Aufgabe. Er sollte, als wachsendes Gottesebenbild, die Lichteskräfte einführen in die angefangene neue Welt, sie zur Herrschaft in sich, und in der Umwelt bringen, und so die geistleiblich verklärte Gottherrschaft heraufführen, darum heißt es, das Leben, nämlich der Sohn, war das Licht der Menschen. Durch die geradlinige Durchführung aller dieser Gottesziele machte der H e r e i n t r i t t der S ü n d e einen großen Strich. Den Gottesrat und das Gottesziel hob die Sünde nicht auf - aber die Art der Durchführung des Gottesrates änderte sich.

Nach dem Fall Satans

Nach dem Fall Satans und nach den nachkommenden Verführungs-Sündenfällen, sonderlich der Menschen, geht alle Gottesratsentfaltung d u r c h den T o d. Achten wir wohl, der Tod ist nicht, wie ihrer Viele wähnen, ein neu durch die Sünde aufgekommenes Ziel; dann hätte ja die K r e a t u r durch ihre S ü n d e Gott das Z i e l verrückt - das sei ferne. E r ist ein n e u h e r e i n g e k o m m e n e r W e g - und diesen Weg musste jetzt selbst der Sohn Gottes gehen, wenn Er die gefallene Kreatur retten, und ihrem Ziele zuführen wollte. Dieser Sünden-Todes-Weg in seinen gräßlichen Gerichtsentfaltungen brachte neue Arten der göttlichen Verleiblichung. Durch die Sünde wurde die Leiblichkeit zum Fleisch - zum finsterniserfüllten Träger des Todeswesens. Wollte Gott im Sohne Sein Ziel der geistleiblichen Herrlichkeit erreichen, dann musste Er jetzt i n s F l e i s c h eintreten, und das tat Er. Johannes in unseren herrlichen Versen redet nicht des Weiteren vom Sündenfall, sondern lässt ihn einfach eingetreten sein, und redet von den weiteren Verleiblichungen im Fleisch. Er sagt:

Das Licht scheint in der Finsternis

Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht aufgehalten.

Hier gibt uns unsere lutherische Bibelübersetzung leider eine nicht entsprechende, und den ganzen Sinn aufhellende Verdeutschung. Luther übersetzt „Die Finsternis hat’s nicht b e g r i f f e n“. Es heißt aber: „Die Finsternis hat’s nicht aufgehalten.“ Der Sinn ist der: Nach dem Eintritt der Finsternis ist das Licht von der Kreatur nicht völlig gewichen, sondern das Licht b l i e b scheinend auch in der Finsternis, und hat den göttlichen Plan in neuer Weise weiter durchgeführt - nämlich den Plan der geistleiblichen Verklärung. Und diesen Lichtesplan haben die Finsternisse trotz all ihrer furchtbaren Anstrengungen nicht a u f h a l t e n können. Schritt für Schritt ist der Liebes- und Lebensplan seinen Weg gegangen durch alle Todesgerichte hindurch. Der Sohn Gottes ist mit Seinen Kreaturen auch in ihrem Fleisches- und Todes-Wesen in Verbindung geblieben. „Das Licht scheint in der Finsternis“. Selbst die Teufel glauben noch und zittern. In aller Kreatur aber steckt noch das Urlichtwesen des Wissens um Gott und Seine Wege. Es gibt ein „L i c h t in u n s“, wie der Heiland sagt, auch im natürlichen Fleisches-Sünden-Todes-Stande. Sonst könnte es nicht heißen: Mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt - was auch allgemein gilt.

Und die Heiden, welche das Gesetz nicht haben, und doch von N a t u r tun des Gesetzes Werk - sind sich selbst ein Gesetz und beweisen damit, dass des Gesetzes Werk beschrieben sei in ihrem Gewissen. Es gibt einen göttlichen Ursinn und Allgemeinsinn, der aller Kreatur eigen ist. Darum gibt es auch starke, mannigfaltig entwickelte, aber doch durchweg mit Lichtesstrahlen durchsetzte natürliche R e l i g o s i t ä t und S i t t l i c h k e i t. Diese ist unter allen Nationen und ist eine Wegbereiterin Christi. Und dieses Licht haben bis heute die Finsternisse nicht ertöten, und in seiner Wirksamkeit nicht aufhalten können. Ja, die furchtbaren Gerichte der Finsternis machen es schreien und nach Licht begehren, und machen es so verlangend nach dem Tag des Herrn - nach der Erscheinung des Lichtes, von dem es stammt. - Neben diesem a l l g e m e i n e n Scheinen des Lichtes im Fleische geht das sonderliche, offenbarungsmäßige im jüdischen Volke her. Hier scheint das wachstümlich immer stärker sich o f f e n b a r e n d e Licht in die Finsternis - hier ist eine klarere Fleischwerdung des Lichtes in Gesetz und Prophetie - und läuft hinaus bis auf J o h a n n e s den T ä u f e r.

Dies eben genannte Doppelte ist nun gewissermaßen das dritte und vierte Kommen - schon eine Erscheinung des S o h n e s G o t t e s im F l e i s c h e. - wenn auch noch nicht die personenhafte, sondern nur in vorausgeworfenen Strahlen. All dieses Scheinen des Lichts in der Finsternis läuft zusammen in eins in J o h a n n e s dem T ä u f e r. Darum heißt ihn auch der Heiland ein s c h e i n e n d e s L i c h t, und darum fährt unser Schauer Johannes fort:

Es ward ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes. Derselbige kam zum Zeugnis, dass er von dem Lichte zeugte, auf dass sie alle durch ihn glaubten.

Durch Johannes sollten a l l e, d. h. die ganze Kreatur für den Glauben zubereitet werden, aufgrund des durch alle Jahrhunderte scheinenden Lichtes. Es sollte zunächst das Auswahlvolk der Juden für seinen Bußruf für den Versöhnungsglauben empfänglich machen - dann sollte vom Lichte, das über Zion vom Gekreuzigten und erstandenen Heiland aufgegangen wäre, alle Welt erschüttert, und auch zum Glauben geführt werden. So hatten’s alle Propheten bezeugt, so sollte es Johannes vollenden. Er war, obwohl er diesen gewaltigen Beruf hatte, noch nicht das Licht, sondern dass er von dem Licht zeugte. Das wahrhaftige Licht, welches j e d w e d e n Menschen e r l e u c h t e n sollte, war e r s t in der A n k u n f t begriffen - so heißt der neunte Vers wörtlich. So ging also eine gewisse Verleiblichung oder Fleischwerdung des Lichtes - des Sohnes Gottes - bis auf Johannes den Täufer. Aber das alles war noch nicht das Licht selbst, sondern nur ein V o r z e u g n i s vom Licht. Aber in der W e l t war es - auch ehe es ins Fleisch kam - und die Welt ist ja durch dasselbige gemacht - darum m u s s es ja in ihr sein.

Aber als es nun kam, das ewige Lebenslicht aller Kreatur, da t r a t diese W e l t n i c h t in L e b e n s g e m e i n s c h a f t mit I h m (Luther: die Welt kannte es nicht, d. i. ebensoviel, als: die Welt trat nicht in Lebensgemeinschaft mit Ihm). Und warum trat die Welt nicht in Lebensgemeinschaft mit Ihm? Zum Teil aus eigener Schuld, zum Teil und hauptsächlich, weil die Eigentumsleute, welche Er durch besondere Offenbarung zubereitet hatte, als Er zu ihnen kam, Ihn nicht aufnahmen.

Er kam in Sein Eigentum

Er kam in Sein Eigentum und die Seinen nahmen Ihn nicht auf.

So konnte auch der schöne Glanz Gottes von Zion nicht auf alle Welt ausgehen. Das alles muss nun verschoben sein bis an den Ablauf eines neuen, nun nach der Menschwerdung Christi eintretenden Zeitalters. Ins F l e i s c h persönlich h e r e i n g e t r e t e n war das Licht - der Sohn Gottes - zu den Zeiten Johannes des Täufers. Sollte der Plan Gottes im Sohn, die geistleibliche Verherrlichung Gottes in aller Kreatur durchgeführt werden - so musste der Sohn solchen Gottessieg im Sündenfleisch selbst heraufführen, und so die Möglichkeit schaffen, dass alle Kreatur durch Glauben in das Leben und in das Licht eintreten konnte. Diese Möglichkeit hat der Sohn Gottes geschaffen: Er k a m in Sein Eigentum; das Wort w a r d Fleisch und wandelte unter uns - in Jesus von Nazareth. Und die mit geistgeöffnetem Auge um Ihn waren - die sahen in Ihm die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes - und sie bezeugen es, dass sie Ihn gesehen haben; und sie beten an - die Gnade und Wahrheit in Ihm - nämlich das Gericht über die Sünde und doch die Aufhebung dieses Gerichtes - beides in Ihm.

Die Masse des jüdischen Volkes freilich, und die Masse der Welt sah es nicht und sieht’s bis heute nicht. Seine Herrlichkeit ist eben noch fleischverhüllt. Die Ankunft des Herrn im Fleisch ist noch eine Niedrigkeitsankunft. Dennoch aber ist durch Ihn der Weg geöffnet - es ist ja vollbracht - dass jetzt die geistleibliche Verklärung der Kreatur ihren Anfang nehmen kann. In empfänglichen Menschen wirkt der Heilige Geist den Glauben, dass sie in der Hülle das gekommene Leben und Licht der Menschen sehen. Und die Ihn sehen, die nehmen Ihn auf. Und denen gibt Er die Macht, Gottes Kinder zu heißen, die an Seinen Namen glauben. Das sind Leute, welche nicht nur durch eine der natürlichen Menschheitsstufen hindurch geboren sind - sie sind direkt aus dem Heiligen Geiste, diesem Träger der geistleiblich verklärten Jesuspersönlichkeit, geboren. Sie sind Erstlinge des nunmehr nach vollbrachter Versöhnung und Erlösung zum Ziel eilenden Gottesrates. Sie sind Glieder und bilden in ihrer Gesamtheit den Leib.

Zu dieser Verleiblichung Gottes in Christo durch den Heiligen Geist ruft auch dich das Wort. Willst du es annehmen? Dann darfst du einst im vollendeten Leibe mit beitragen als Königspriester zu den weiteren Verleiblichungen Gottes. O Wunderrat! O Wunderziel!“ Was hat uns Johannes durch den Griffel des Geistes gezeichnet in 14 Versen! Was wird derselbe Geist noch vollendend hinausführen - des Herrn Rat ist wunderbar - Er führet es alles herrlich hinaus.

Lies weiter:
2. Wir sehen Seine Herrlichkeit Lk 2:1-14