Vom Weinberg

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Die Gleichnisse Jesu - Eine Auslegung in prophetischer Sicht

Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Quelle: private Abschrift, Verlag unbekannt

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Inhaltsverzeichnis des Buches

Kapitel davor:
Evangelium des Lukas (Lk 15)

Vom Weinberg

Mt 21:33-46 - Mk 12:1-12 - Lk 20:9-19

Von der Pflanzung des jüdischen Volkes bis zur Frucht führt uns dieses Gleichnis. Bei ihm ist es ganz klar, dass es vom jüdischen Volk redet. Am Schluss heißt es ja ausdrücklich: die Hohenpriester verstanden, dass er von ihnen redete und suchten, die Hände an ihn zu legen. Man mag auch dieses Gleichnis geistesmäßig-erbaulich auslegen wie man will, der prophetische Ursinn geht auf Israel. Man muss sich aber auch gerade bei diesem Gleichnis wohl vorsehen, dass man es nicht gegen seine Grundlinien und gegen die Grundlinien der Gemeine anwendet, und dass man nicht verkehrte Erscheinungen der religiösen Gegenwarts-Entwicklung damit deckt.

„Ein Mensch, ein Hausherr war, welcher einen Weinberg pflanzte und einen Zaun um ihn legte, und in ihm eine Kelter grub, und einen Turm baute und ihn den Weingärtnern gab.“ Hier haben wir, zunächst auf das Ganze gesehen, die Berufung und Auswahl des jüdischen Volkes. Die ganze heilige Liebe Gottes, die ganze Sorgfalt des Hausherrn kommt bei dieser Schilderung der Erwählung zum Ausdruck. Es ist lieblich und ergreifend, aus dem Munde des Herrn diese Schilderung zu vernehmen, der ja selbst der Mittler dieser Erwählung war. Kein Volk außer den Juden ist so erwählt, und so als Weinberg gepflanzt und umhegt. Die Nationen sind seit dem babylonischen Turmbau hinausgegeben und dahingegeben, wie das auch in Röm 1 klar beschrieben, und mehrmals besonders hervorgehoben ist. Die Nationen sind natürlich nicht zu einem endgültigen Verderben dahingegeben, sondern auf Rettung hin. Daher stehen auch ihre Namen in ihren Grundwurzeln 1Mo 10 in der Heiligen Schrift, im Buch des Lebens. Es ist gar köstlich, dass sie 1Mo 11 nicht dahingegeben werden, ohne zuvor 1Mo 10 in ihren Stammvätern eingeschrieben zu sein. Es ist gerade, wie wenn Gott sagen wollte. „Behüt euch Gott, auf Wiedersehen!“ -

Die Dahingabe der Nationen

Diese Einschreibung der Gesamtnationen vor ihrer Dahingabe deutet auch ganz klar auf die Gesamterlösung hin. - Sonderlich ausgewählt ist aber von diesen Nationen keine. Nur das jüdische Volk hat eine besondere Verheißung. Das jüdische Volk hat aber diese ganze Auserwählung nur im Blick auf die Nationen. Nicht um seiner selbst willen ist Israel erkoren, sondern um des Rates Gottes mit allen Nationen willen. Dieses Volk wird in seinem endlich gläubigen Gesamtteil zubereitet, dass von ihm, und seinem Zion das göttliche Heil auf alle Welt übergehe. Von keinem Volk in der Welt steht so etwas in der Bibel geschrieben wie vom jüdischen Volk. Wenn wir vom Rat Gottes nicht abirren wollen, so müssen wir das zäh festhalten.

Diese Dahingabe der Nationen gilt so lange, bis der jüdische Weinberg seine Frucht bringt und bis die Hochzeit sein kann. Die Nationen sind heute noch dahingegeben, denn das jüdische Volk hat seine Frucht noch nicht gebracht; es läuft noch in der Erziehung, und zwar in der Gerichtserziehung. Der Fluch des Gesetzes muss sich auch an ihm auswirken, bis es den in Christo erfüllten Segen des Gesetzes selbst erhält und auf die Nationen überleiten kann. Kein Volk der Welt außer dem jüdischen ist zu einem Weinberg Gottes angelegt mit Zaun, Kelter und Turm. Es ist eine unbiblische Auslegung, wenn wir etwa predigen, alle Nationen seien auch ein solcher Weinberg mit Zaun, Kelter und Turm. Was uns in dieser Weinbergpflanzung geschildert ist, das werden wir nachher noch näher sehen, ist die ganze Gesetzeshaushaltung. Diese ist keinem Nationenvolk je auferlegt oder erlegen, wir haben vielmehr das Auswahlevangelium zu predigen, das Gemeine-Evangelium. Wir haben Erstlinge zu rufen zur Kindschaft und Erbschaft, wir haben in Christus den Leib zu erbauen, nicht Nationen zu umzäunen, was, wie Jahrhunderte beweisen, doch nicht gelingt. Die Nationen in ihrer Masse sind heute noch dahingegeben - und wir müssten blind sein, ganz blind, wenn wir nicht gerade unter den sogenannten christlichen Nationen diesen Dahingabe-Weg ganz deutlich sähen in unsern Tagen.

Weinberg und Judentum

Unser Gleichnis weist in jedem einzelnen Wort auf Gesetz und Judentum, auf das Königreich in seiner jüdischen Grundanlage und nicht auf die Gemeine unserer Tage. Schon der Ausdruck: „Es war ein Mensch, ein Hausdespot“, wie es in Mt 21:33 wörtlich heißt, ist sehr bezeichnend. Die Gemeine hat keinen Hausdespoten an ihrer Spitze. Luther übersetzt nicht richtig, wenn er sagt Hausvater. Nicht Hausvater, sondern Hausbeherrscher steht da. Das Wort Hausdespot kehrt eben den gesetzlichen Charakter heraus. Die Gläubigen in Christo haben ein Haupt und im Haupt den Vater. Sie selbst sind Kinder - das ist ein total anderes Verhältnis. Wenn sie nun aber ein solches Gleichnis predigen, müssten wir sagen: Sehet, das ist veranstaltet für alle Nationen; was aber haben wir Größeres und Herrlicheres in Christo, darum lasst uns Christus ergreifen.

Noch deutlicher als das Wort Hausdespot weist das Wort Weinberg auf den gesetzlichen und jüdischen Charakter, Immer bezieht sich der Weinberg auf das jüdische Volk, besonders Jes 5. Das Wort Weinberg kommt niemals für die Gemeine vor. Das kann auch gar nicht sein. Ein Weinberg ist eine gesetzliche, geordnete Anlage, wo Weinstock neben Weinstock in Reihen sitzt, das ist doch kein Bild für die Gemeine, wo jeder in Christo hanget. Das Bild der Gemeine ist: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Dieses Bild wird nie auf Israel angewendet. Nur einmal in der Bibel heißt das jüdische Volk „Weinstock“, nämlich in Ps 80. Aber das ist wieder ganz unterschieden von Joh 15. In Ps 80 ist Israel der besonders gepflegte Weinstock, der mit seinem Segen alle Länder bedecken soll.

Der Weinstock und die Reben

Etwas ganz anderes ist Christus, als der Weinstock, und die in ihn eingewachsenen Reben. Vor allem aber heißt die Gemeine nie Weinberg. Um sie ist auch kein Zaun gemacht, sie hat das Geistesleben und die Geisteszucht von innen heraus Der Zaun ist doch das Gesetz des Buchstabens, dessen Ende und Ziel in der Gemeine der Herr ist. Die Gemeine braucht auch keine Kelter. Der Opferdienst ist vorüber. Wir haben Christus den Gekreuzigten und Erstanden innewohnend. Wir brauchen auch keinen Turm. Die Verheißungen sind für alle Ja in ihm, und Amen in ihm. An einem solchen Gleichnis können wir einmal den ganzen Rat Gottes durch die Juden mit den Nationen, sodann aber die überwiegende Herrlichkeit der Glaubensgemeine in Christus gar köstlich herausstellen. Den Unterschied müssen wir bezeugen zwischen Königreich und Gemeine - und nicht die Königreichslinie ins Zeitalter der Gemeine hineinziehen. Wir predigen immer viel zu viel Gesetz, anstatt, wozu wir berufen sind, Auswahl-Evangelium. Der Heiland hat uns nicht aufgetragen, die Nationen unter das Gesetz zu tun, das können sie nach Röm 2 sich selber tun. Wir haben Rettung, Kindschaft, Erbschaft in Christus zu bezeugen. So stehen wir mit Weinberg, Zaun, Kelter und Turm mitten im Gesetz des Buchstabens, mitten in der wunderbaren, pädagogischen, erzieherischen Zubereitung des jüdischen Volkes für die ganze Nationenwelt. Der Turm hat ja zu allen Zeiten von Zion aus die Nationen mit überblickt.

Die Weingärtner

Diesen Weinberg übergab der Herr den Weingärtnern. Das ist die geordnete Priesterschaft mit dem Hohenpriester an der Spitze, mit den Ordnungen der Priester und Leviten. Die Schriftgelehrten gehören nicht zu den geordneten Weingärtnern. Sie sind ein später, unter heidnischem Einfluss gewordener Stand. Schriftgelehrte sollten alle Juden sein, und jeder Hausvater sollte seine Kinder unterrichten. Auch die Könige waren kein ursprünglicher Stand, sondern sie sind später unter Verwerfung des ewigen Königs und Herrn hereingekommen. Der Herr sagt ausdrücklich zu Samuel, unter dem die Juden den König begehrten: sie haben mich verworfen. Die Fürsten zu Jesu Zeiten trugen vollends halb heidnischen Charakter, und wenn sie, wie ein Herodes, den Tempel bauten. Doch waren zur Zeit der Offenbarung des Sohnes alle diese Weingärtner da. Für die sogenannten Ämter können die Weingärtner nicht herangezogen werden. In der Glaubensgemeine gibt es keine Ämter, allerhöchstens, wenn wir die Ältesten so nennen wollen. Alles andere sind verschiedene Gaben, welche der Heilige Geist innerhalb der Gemeine wirkt; welche Gemeine annimmt und von welchen sie sich dienen lässt; welche sie auch, wenn sie will, und wenn die Begabten so geführt werden, freistellt und unterhält, dass sie ohne Beschwer dienen können. Eine durch bestimmte Berufslaufbahn gebildete Beamtenschaft kann wohl in der gesetzlichen, allgemein religiösen Linie sein, nicht aber in der Gemeine der Gläubigen. Die Gemeine hat Selbsterbauung aller unter Zurüstung durch die verschiedenen Gaben.

So dürfen wir die Weingärtner nicht auf die Gemeine übertragen. Wer hier richtig auslegen will, muss immer sagen: In der Gemeine ist es so und so. Diesen ausgestatteten Weinberg, an welchem der Herr nach Jes 5 alles getan hat, dass er Frucht bringen möchte, d. h dass er seiner Bestimmung gemäß zum bußfertigen Volk, und reif für die Gnade werden möchte, diesen Weinberg überließ der Herr nun sich selbst. „Der Herr zog über Land“, nach Lk 20: „genügende Zeiten“. In der Gesetzeszeit war der Herr nicht ständig bei seinem Volk, nachdem es einmal im heiligen Land eingepflanzt war. Wohl war im Allerheiligsten über der Bundeslade die Wolke seiner verhüllten Gegenwart, ein Zeichen hinter dem Vorhang. Aber diese Wolke war nicht mehr nach der babylonischen Gefangenschaft, weil dort schon das Gericht der Verwerfung begonnen und auch nach der Rückkehr nicht mehr ganz aufgehört hatte. Das Urim und Thummim, das Licht und Recht des Hohenpriesters war auch da, diese Willenkundgebung des Herrn in entscheidenden Stunden. Auch leitete der Herr sein Volk und griff in Gericht und Gnade je und je ein. Aber im Großen und Ganzen war der Weinberg seinem Heranwachsen und Fruchtbringung überlassen.

Die Gemeine

Ganz anders ist es bei der Gemeine. Hier ist der Herr durch Einwohnung des Heiligen Geistes in jedem neugeborenen Kind gegenwärtig. Der Herr ist für die Gemeine nur gen Himmel gefahren, um desto intensiver, kräftiger, allgemeiner in jedem einzelnen stets gegenwärtig sein zu können, und den einzelnen und die ganze Gemeine in alle Wahrheit zu leiten. Die Erwählten sind in ihm und er in ihnen, gleichwie der Vater im Sohn und der Sohn im Vater, und die Gemeine ist Eine in ihrem Herrn. Wir haben einen völlig gegenwärtigen, leitenden, führenden und alles bis ins einzelne ordnenden Heiland. Hier wieder ganz anders als im Weinberg. Da ging der Herr über Land genügende Zeiten; in der Gemeine kommt er zu den Gläubigen und macht im Geist Wohnung in ihnen. Wir sehen in allen Stücken den Unterschied zwischen dem Königreich in der Gesetzeszubereitung und der Gemeine in ihrem Werden. Das muss eine wahrheitmäßige Schriftauslegung auch so darlegen. Wo der Herr der Weinstock ist, und die Gläubigen die Reben, da ist der Herr in allen wahrhaftigen Reben saftmäßig inwendig.

Und nun sucht der Herr des Weinberges und erwartet Frucht. In der Gemeine gibt es bei den Wahrhaftigen immer Frucht. Da ist ja der Sohn der Weinstock und der Vater der Weingärtner. Und der Vater reinigt selbst, dass mehr Frucht und bleibende Frucht werde. Was nicht Frucht bringt, ist nicht wahrhaftige Rebe und wird abgeschnitten und verdorrt. Johannes sagt in seinem Brief: „Sie waren nicht von uns, sonst wären sie bei uns geblieben.“ - Ganz anders beim Weinberg, da wird nach genügenden Zeiten Frucht gesucht. Und diese Frucht auf dem Boden des Gesetzes sollte ein bußfertig und heilverlangend Volk sein. Das hören wir bei allen Knechten, welche in den Weinberg kommen, Frucht zu suchen - sie suchen Buße. Das Gesetz soll Zuchtmeister sein auf Christus. Es soll Erkenntnis der Sünde und Verlangen nach dem Verheißenen wecken.

Wer sind die Knechte?

Darum zu gottbewussten Zeiten: die Knechte. Matthäus nennt zweimal Knechte; das zweite Mal mehr als das erste Mal. Markus und Lukas nennen je einen Knecht und lassen die einen dreimal kommen. Im Grund ist das einerlei. Man kann die vielen Propheten, diese geistausgerüsteten Knechte, auch als eine Einheit ansehen. Sie laufen ja auch auf Einen, den Größten, auf Johannes den Täufer hinaus - und sie sind in Wahrheit eine Einheit. So haben alle einen Geist; sie schlagen in eine Kerbe, sie haben alle ein Ziel, trotz mancherlei Gaben und Wachstum, die einen sehen auf die innere Einheit.

Und die Zeit zwischen der Einpflanzung des Volkes ins heilige Land bis zur Zerstreuung unter die Nationen kann in zwei oder drei Epochen gegliedert werden. Wenn man Johannes den Täufer besonders nimmt, dann sind es drei Epochen. Zuerst kommen Propheten und suchen Frucht bis zur assyrischen Gefangenschaft. Dann kommen noch mehr Propheten als die ersten waren, und suchen Frucht bis zur babylonischen Gefangenschaft. Lässt man die Gefangenschaft fortlaufen, was man wohl kann, dann sind die zwei Epochen voll. Dann ist die Zerstreuung in der zweiten Zerstörung Jerusalems nur die Vollendung der ersten. Nimmt man die letzte Zeit, sonderlich unter Johannes dem Täufer besonders, dann hat man noch eine dritte Zeit, und kann dieser dritten Zeit Haggai, Sacharja und Maleachi zurechnen.

Alle diese Propheten wurden vom Volk abgewiesen. In gewissem Sinn wurden alle getötet. Man kann auch mit den Evangelisten sagen, sie wurden leer dem Herrn zurückgeschickt. Die Unbußfertigkeit des Volkes Israel stieg ja von Stufe zu Stufe. Hingen sie zuerst den Götzen an, so richteten sie sich nach Babylon noch schärfer im Ich auf, in der Selbstgerechtigkeit. Nach Abweisung der Knechte schickt der Herr endlich den Sohn. Den nehmen sie, töten ihn und werfen ihn zum Weinberg hinaus. Außerhalb des Lagers ist er umgebracht. Sie wollten sich das Erbe aneignen. Von den Weingärtnern, welche selber Herren des Weinberges sein und werden wollten, ging die Verwerfung aus. Hätte der Weinberg seine Frucht gebracht, so wäre das Volk ein königliches und priesterliches geworden, dann hätten die Weingärtner in die bekehrten Volksmassen eintreten müssen unter dem einen Erben und König. Das wollten sie nicht. Ihr Stand war ihnen wichtiger als das Reich. Und sie wollten Herren im Weinberg sein. Ihre Verwerfung des Herrn bringt das Gericht über Jerusalem und Israel. Aber mit diesem Gericht ist es nicht aus. Die Hörer des Gleichnisses urteilen selbst, dass wohl Gericht über die Mörder kommen werde - Böse über die Bösen - aber auch das Volk ist der Meinung, der Herr werde den Weinberg andern geben, nämlich, wie sie meinen, andern Weingärtnern, die ihre Frucht abliefern würden zur rechten Zeit.

Der Herr schafft Neues

Der Herr greift viel tiefer und weiter. Der Herr greift hinein ins prophetische Wort, er nimmt den Ps 118. Das herrliche Lied vom neuen Tempel, von der köstlichen messianischen Zeit greift er heraus. Wenn der köstliche, erwählte Stein, der ewige Sohn, auch verworfen ist von den Bauleuten, damit ist der Rat Gottes nicht zu Ende. Das wäre ja ein schmähliches Ende. Nein, der Stein vom Himmel ist der königlich krönende Abschlussstein. Der Hauptstein, der alles zusammenhält und abschließt, das ist er. So muss es eigentlich statt Eckstein heißen. Und in ihm wird - Er ist ja erstanden und erhöht - eine wunderbare Zeit anbrechen. Da wird jedermann staunen, wenn er als Schlussstein und Krönungsstein der ganzen jüdischen, und damit der Weltgeschichte erscheinen wird. Wohl werden schwere Gerichte dazwischen liegen, bis die wunderbare Aufrichtung des Königsreiches durch Ihn geschehen kann. Da werden viele auf ihn fallen. Sie werden sich bewusst und klar wider ihn stellen. Sie werden ihn anfallen und abtun wollen. Das ist geschehen von den Weingärtnern nach der Erhöhung des Herrn und hat den Fall der Stadt und die Zerstreuung des Volkes nach sich gezogen. Die Obersten haben sich an ihm die Hände verbrannt; das verführte Volk ist zermalmt. So wird’s gehen bis ans Ende. Da werden sie alles ohne ihn und wider ihn, ohne Gesetz und Prophetie ausführen zu wollen.

Aber sie werden zerschellen - der Herr wird auf sie fallen und sie zermalmen. Das ist die antichristliche Zeit und ihr Gericht. Danach wird das Reich Gottes, das Königreich, wie es eigentlich heißt, nicht den Weingärtnern gegeben werden, die werden nicht mehr eingesetzt; vielmehr einem Volk, das seine Frucht bringt. Israel wird nach solchem Gericht das königliche, priesterliche Volk werden, das in Buße und Glauben an den Wiederkommenden und Wiedergekommenen seine Aufgabe ergreift. Das Volk, welchem die königliche, priesterliche Aufgabe im Königreich gegeben wird, ist kein Nationenvolk. Nirgends hat in der Bibel ein Nationenvolk eine Verheißung. Alle Nationen sind in der Bibel immer nur ein Block gegenüber dem Judentum. Das sind auch nicht die „christlichen Völker“, welchen das Königreich übergeben wäre. Wahrlich, sie hätten in zweitausend Jahren miserable Frucht gebracht. Nein, das Volk, dem das Königreich gegeben wird, das ist das endlich bußfertig, gläubig gewordene Judenvolk, das neue Früchte bringt.

Schlussgedanken

So haben wir in diesem großartigen Gleichnis den ganzen Gang des Königreiches in seinem Führervolk den Juden. Wir haben den gepflanzten Weinberg; wir haben die Zeit des Früchtesuchens durch die Propheten; wir haben die Propheten mordende Stadt und ihre Gerichte; wie haben den verworfenen Sohn und das große Gericht. Wir haben aber auch den herrlichen und erhöhten Sohn. Wir haben den Antichristen und das Gericht über ihn; wir haben das erneuerte Volk und seinen Beruf im Königreich. Die große Lücke zwischen der Erhöhung des Sohnes und der antichristlichen Zeit ist, wie es immer im prophetischen Wort ist, zusammengezogen. Alle Propheten haben je und je zusammengesehen, was sich geschichtlich weit trennt. So ist es auch hier. Aber der ganze Gang liegt wieder klar vor uns.

Und diesen dem Gegenwartsgeschlecht, sonderlich der Gemeine zu predigen, ist wahrlich nötig. Und wunderbar kann dann, gerade im Gegensatz dazu, Wesen und Aufgabe der Gemeine beschrieben werden. In ihr ist ja der Erhöhte nicht der kommende Abschlussstein, vielmehr ist er ihr alles in allem jetzt schon, Leben und Wesen. In ihr hat er als Haupt seinen Leib schon an sich gezogen, und die Gemeine erwartet seinen Offenbarungstag. In der Gemeine gibt es keine solchen Zerbruchsgerichte, wie sie der Heiland grausig malt. Wenn wir wollen, können wir diese Gerichte auch so nehmen, dass wir sagen, die auf den Herrn fallen, das sind die Juden mit ihrem Antichrist; diejenigen, auf welche der Herr fällt, das sind die verführten Nationen. Wenn der Stein diese Gerichtwirkungen ausübt, dann ist die Gemeine schon bei ihm als sein Leib, denn wenn er kommt, kommt er mit seinen Heiligen (Kol 2:3.4)

Dies ist im Gleichnis nicht erwähnt, weil der Heiland in den Gleichnissen nicht von der Gemeine redet. Das müssen wir als Fülle hineintun aus der Gemeineoffenbarung, wie sie uns die Gemeine-Briefe zeigen. Wir sehen auch in diesem Gleichnis wieder, was es auf sich hat, wenn sie sagen, vom tausendjährigen Reich stehe nur einmal in der Bibel, nur in der Offenbarung. Nein, von ihm steht überall, nur heißt es gewöhnlich Königreich.

Lies weiter:
Die königliche Hochzeit
Mt 22:1-14; Lk 14:16-24