Unter dem Gesetz der Freiheit

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
57. Die Kinder Gottes nach links und nach rechts 1Jo 2:1-6 (1926)

58. Unter dem Gesetz der Freiheit

  • Jak 2:1-12 (ELB) (1) Meine Brüder, habt den Glauben Jesu Christi, unseres Herrn der Herrlichkeit, ohne Ansehen der Person! (2) Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ring, in prächtigem Kleid, es kommt aber auch ein Armer in unsauberem Kleid herein, (3) ihr seht aber auf den, der das prächtige Kleid trägt, und sprecht: Setze du dich bequem hierher! und sprecht zu dem Armen: Stehe du dort, oder setze dich unten an meinen Fußschemel! - (4) habt ihr nicht unter euch selbst einen Unterschied gemacht und seid Richter mit bösen Gedanken geworden? (5) Hört, meine geliebten Brüder: Hat nicht Gott die vor der Welt Armen auserwählt, reich im Glauben und Erben des Reiches [zu sein], das er denen verheißen hat, die ihn lieben ? (6) Ihr aber habt den Armen verachtet. Unterdrücken euch nicht die Reichen, und ziehen nicht sie euch vor die Gerichte ? (7) Lästern nicht sie den guten Namen, der über euch angerufen worden ist ? (8) Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst» nach der Schrift erfüllt, so tut ihr recht. (9) Wenn ihr aber die Person anseht, so begeht ihr Sünde und werdet vom Gesetz als Übertreter überführt. (10) Denn wer das ganze Gesetz hält, aber in einem strauchelt, ist aller Gebote schuldig geworden. (11) Denn der da sprach: «Du sollst nicht ehebrechen», sprach auch: «Du sollst nicht töten.» Wenn du nun nicht ehebrichst, aber tötest, so bist du ein Gesetzes-Übertreter geworden. (12) Redet so und handelt so wie solche, die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen!

Die Lebensgrundlinie der Gläubigen

In unserem heutigen Text ist der letzte Vers der Hauptvers: „Also redet und also tut, als die da sollen durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden.“ Der Apostel stellt uns unter das Gesetz der Freiheit oder besser gesagt: in das Gesetz der Freiheit. Das Gesetz der Freiheit ist das Lebenselement der Gläubigen. Gesetz ist hier nicht im Sinne von Buchstaben- oder Paragraphengesetz zu fassen, auch nicht im Sinne von mosaischem Gesetz mit seinen einzelnen Geboten. Hier ist Gesetz vielmehr soviel wie L e b e n s - G r u n d l i n i e. Die Lebensgrundlinie der Gläubigen in Christo ist die Freiheit. Ihr seid zur Freiheit berufen, sagt die Schrift. So besteht nun in der Freiheit, mit der euch Christus befreit hat“, sagt Paulus. „Wen der Sohn frei macht, der ist recht frei“, sagt der Herr selbst. Der Glaube lebt und besteht in der völligen Freiheit. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Bei Gott gibt es nirgends und niemals einen Zwang. Ja, einen inneren Freiheitszwang, aber nie einen Knechtschaftszwang. Die Sünde ist lauter Knechtschaft und wirkt sich in Knechtschaft aus. Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Das ist ein großes Stück der Herrlichkeit der Gläubigen, dass sie in der Freiheit leben.

Die freie Liebestat Gottes

In ewiger Freiheit hat der Allvater, Gott, den Weg des Heils in Sich geboren. Ehe der Welten Grund gelegt ward, da war Er schon frei bereit, die Welten, wenn sie fielen, auch durch Sich selbst zu erlösen. Im Schöpfungsrat ist der Erlösungsrat und Versöhnungsrat mit eingewickelt und eingeschlossen. Wie Gott frei schuf, so erlöst Er auch frei. Das stand in Unendlichkeiten fest, dass Gott in der freien Hingabe Seines eingeborenen Sohnes Seine ganze Liebe, Wahrheit und Gerechtigkeit offenbaren wollte. Die Sünde und der Tod haben Gott in keine Zwangslage versetzt, Er sah sie frei, und Er überwand sie frei, ehe sie waren. Unser ganzes Heil ruht in der ewigen und unendlichen Personenfreiheit Gottes. Und der Sohn ging von Unendlichkeiten her frei in diesen Gottesrat ein. Der Vater hat den Sohn nicht kommandiert. Da hieß es: „Ja, Vater, ja von Herzensgrund.“ Ganz frei hingegeben in den Willen des Vaters, welchen Er, der Sohn, in Seiner ganzen Herrlichkeit und Schönheit durchschaute, war der Sohn der Schöpfungsmittler und der Versöhnungs-Mittler. Und als Er in majestätischer Freiheit unser Fleisch und Blut angenommen hatte, da ist Er frei hingegangen in Kreuz, Gericht, Tod und Hölle und hat sie alle frei durchbrochen. Und im erstandenen und verklärten Heiland ist nun die völlige Freiheit von allem Sünden- und Gesetzesfluch allen zerbrochenen Sündern angeboten.

Völlig frei und umsonst erhält die Menschheit ihr ganzes, ihr volles Heil. Es ist nichts zu tun, es ist nichts zu zahlen, nur nehmen dürfen wir und wieder nehmen aus Seiner Fülle Gnade um Gnade. Und wer am meisten braucht, und wer am meisten nimmt, der ist der Seligste. Frei dürfen wir um Seiner blutigen Liebe willen herzutreten. Die ärgste Sünde schließt nicht aus, im Gegenteil, wo zerbrochener Geist sich bekennt, gehört ihm gerade die ganze Errettung. Ein Lebensgesetz der Freiheit durch und durch ist die vollbrachte Erlösung der Welt. In freier Liebe hängen nun die Erretteten in der Kraft des in Ihm ausgegossenen Liebesgeistes Christi an ihrem Herrn und Erlöser. Je freier sie die Liebe nehmen, die in Christo Jesu ist, umso freier lieben sie wieder. Solche freiverbundene Liebeseinheit ist das Unlöslichste, was es gibt - und sie ist das Lebenselement der Gläubigen.

Aus Freiheit in Freiheit

Aus Freiheit in Freiheit geht die Lebensgemeinschaft Christi und der Seinen. Dabei gibt Er, der Herr, den Gläubigen in allen Stücken Freiheit. Leiden, Sorgen, Trübsale können wir weit überwinden in Ihm. Die Dinge dienen uns, sind also unsere Knechte, nicht wir die ihrigen. Auch die Macht der Sünde und die List des Feindes können wir sieghaft brechen in Ihm. Der Gläubige m u s s nicht mehr sündigen, er k a n n frei werden - und er w i r d bei innerer Treue von Stufe zu Stufe freier. Von Tod und Endgericht ist, wer dem Herrn gehört, endgültig befreit. So ist’s in Wahrheit ein vollgültiges Freiheitsgesetz, in welchem wir in Christo Jesu leben dürfen. Ob und wieweit wir in Ihm erfunden werden, danach werden w i r, die Menschen in Christo, gerichtet, Unsere Herrlichkeitsstufe entscheidet sich an der erlangten Freiheitsstufe in Christo. Darum gilt es in Christo Ernst und Treue. „Also redet und als tut, als die da sollen durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden.“ Wort und Werk zeugen vom Freiheitsgesetz des Lebens und der Liebe, wenn wir in Christo stehen - und müssen davon zeugen.

Stehst du in diesem seligen Freiheits-Glaubensgesetz, welches völlige Liebesgebundenheit an den Heiland ist? Da hinein sind Gotteskinder durch den Geist geboren, und da heraus wachsen sie von Stufe zu Stufe. Ein Gnadengesetz ist es, und Gnade ist ja völlig frei dargereichte, und völlig frei angenommene Gerichtsaufhebung.

Mit diesem Freiheitsgesetz geht nun heute der Apostel Jakobus mit uns ins Leben hinein. Überall im Alltäglichen soll sich’s ja erweisen, dass wir im Gesetz der Freiheit stehen. „Also redet und also tut“, sagt Jakobus. Das göttliche Freiheitsgesetz, als oberes Gesetz der Himmel, wirkt sich im Alltag allem unteren, natürlichen Diesseitswesen entgegengesetzt aus. Wer aus der oberen Welt geboren ist, steht wohl, solange er lebt, mitten in der Welt; aber er ist mit seinem Wesen nicht von der Welt. Darum sind die Menschen des Gesetzes der Freiheit auch die Absonderlichen, weil sie die abgesonderten sind; darum sind sie gehasst und befeindet in der Welt und von der Welt. Ach, dass wir der Welt mehr und treuer dies selige Gesetz der Freiheit wiesen und nicht so oft in Wort und Werk noch Gebundene wären!

Gebunden an die Sünde

Jakobus zeigt uns, wie die Gebundenheit an die natürlichen Zwangsgesetze der Sünde noch bis in die Versammlungen der Gläubigen mit hineingeht. Er führt ein Beispiel der Erfahrung an. Jakobus ist in seiner Art zu reden den altttestamentlichen Propheten gleich. Er nimmt, wenn er etwas darlegen und vor Augen stellen will, ein einziges Beispiel heraus, um an dem einen das Ganze zu illustrieren. Er lässt in die Versammlung der Gläubigen zwei Männer nacheinander eintreten. Nebenbei gesagt, sehen wir hier wieder die Gläubigen als eine Versammlung unter sich und in sich, in welche von außen her noch Ungläubige je und je kommen. Das ist das rechte biblische Bild der äußeren Form der Gemeinen. Da kommt nun zuerst ein Reicher mit goldenem Ring am Finger. Er erregt sofort bei allen Geschwistern das lebhafteste Interesse. Das könnte ja für die Gemeine einen ausgezeichneten Gewinn geben, wenn solch ein Mann beiträte! Alles rückt auf seinen Plätzen. Er soll den allerbesten Platz haben. Hinter ihm kommt ein Mann in unsauberem Kleid, ein Armer. Er wird wenig beachtet. Er kann an der Türe stehen oder zu den Füßen eines anderen sitzen. Wir begreifen das.

Es würde vielleicht bei uns auch nicht anderes zugehen, wenigstens bei vielen. Der Apostel aber fährt dazwischen und sagt, macht ihr mit solchem Tun nicht einen bösen Unterschied und richtet ihr nicht nach argen, d.h. aus dem Reich des Bösen geschöpften Gedanken? Ja, das ist nicht nach dem Gesetz der Freiheit; da offenbart sich eine böse Gebundenheit - ja, eine solche an Geld und Gut. Man erwartet von Geld und Gut mehr als vom Geist. Gewiss will der Apostel nicht sagen, dass man nicht Ehre gebe, wem Ehre gebühre. Aber Zurücksetzung n u r deshalb, weil einer arm ist, und Ehrung n u r deshalb, weil einer reich ist: das ist Weltart, ganz Weltart. Im Gesetz der Freiheit werden die Menschen nach Geist und Glauben beurteilt. Nur das Ewige ist im Gesetz der Freiheit wahrhaft wertvoll. Wie, wenn der Arme zum Glauben kam, könnte er nicht ein reicher Segen der Gemeine werden? Und wenn der Reiche zum Glauben kam - was wäre er? Und wenn er zum Glauben kam, ist dann gesagt, dass er deswegen, weil er mehr irdische Mittel besaß, der Gemeine auch mehr zum Segen geworden wäre. Das ist sehr die Frage. Das hängt nicht an den irdischen Mitteln.

Der Geist hat das Wort

In Kreisen der Gläubigen sind oft und viel die äußerlich Geringsten die innerlich Gewichtigsten. Sind die Reichen deswegen die Gewichtigsten, weil sie reich sind, dann steht es nicht gut in einer Gemeine. Im Gesetz der Freiheit hat der Geist das Wort. Nicht Reichtum, Ehre, Stand und Würde sind die Maßstäbe, nach denen und an denen gemessen wird, sondern Geist, Glaube, Liebe, Zucht. So bestimmt sich auch der Lebensumgang der Gläubigen ganz nach dem Innern der Menschen. Dem Befreiten imponiert nichts Äußeres an sich selbst. Wo kein Inneres ist, da ist alles Äußere, und wenn es noch so glänzt, Tod. Was nicht aus dem Glauben geht, das ist bei den Gläubigen Sünde. Rein äußere Vorteile und Gewinne sind im Gesetz der Freiheit Verlust; innere Gewinne bei äußerem Verlust sind große Vorteile. Gehst du mit den Menschen nach dem Gesetz der Freiheit um? Gibst du wohl ordnungsgemäß Ehre, wo Ehre verlangt wird, aber gehst du Lebensgemeinschaft mit den Menschen nur ein nach dem Freiheitsgesetz des Glaubens und der Liebe in Christo? Stehst du noch in der Geld-Kategorie oder in der Kollegen-Kategorie oder dgl., was alles Welt ist? Lässt du dir von niemand und von nichts imponieren, wenn da nicht Geist ist? Ist dir einer, und wenn er an den Nordpol flöge, bei aller Achtung vor seinem Mut und Können, eben doch ein armer, bedauernswerter Mensch, wenn er keinen Heiland hat.

Dass nur nicht auch noch bis in die Stunden hinein die falsche, weltgebundene Taxierung laufe. Darum können wir auch (es ist das eine Meinung von uns) die Sonderbündeleien unter den Gläubigen nicht leiden; sie tragen gar leichte irdische, natürliche Taxierungen hinein, wo nur Geist gelten sollte. Und so wie bei den Menschen, nach dem Beispiel des Jakobus, die Geistestaxierung allein dem Gesetz der Freiheit entspricht, so in allen Dingen. Uns ist wertvoll nur, was das Geistesleben fördert; wertlos oder wenig wert, und wenn es das Glänzendste wäre, was das Geistesleben hemmt oder ausschließt. Uns ist nichts begehrenswert, was den Glauben nicht fördert; für uns ist ausgeschlossen, was den Glauben hindert. „Also redet und also tut, als die ihr durch das Gesetz der Freiheit sollet gerichtet werden.“ Ist das Geistes-Freiheitsgesetz dein Nicht- und Richtliniengesetz? Der Herr gebe uns Gnade, dass wir darin immer vollständiger werden.

Im Gesetz der Freiheit

Der Herr selbst verfährt immer nach Seinem herrlichen, ewigen Freiheitsgesetz. Das weist uns Jakobus wieder an seinem Beispiel nach. Er sagt: Sehr ihr nicht, wie der Herr schon viele Arme am Glauben reich gemacht hat, wenn sie den Glauben und die Liebe zu Christus angenommen haben? Ja, seht ihr nicht, dass die Gemeine wesentlich aus solchen gläubigen Armen besteht? Dagegen aber ist doch offenbar, dass der Reichtum viele hindert, zum Glauben durchzubrechen, ja dass viele Reiche geradezu Feinde des Glaubens sind. In jener Zeit waren es, wie uns Jakobus sagt, oft gerade Reiche, welche die arme Gemeine verfolgten, ihre Glieder vor Gericht schleppten und den Namen Christi lästerten. Gott erwählt überhaupt nur, was in sich arm ist. Ein Reicher, welcher Art er auch sei, muss zuerst in seinem Reichtum zerbrechen, ehe ihn der Herr füllen kann. Deshalb sagt auch der Herr „Wie schwer werden Reiche ins Reich Gottes kommen!“ Auch heute noch gibt es unter den Reichen an Geld und Gut, an Amt und Würde, an Wissen und Können wenige Gläubige und solche, die sich von Herzen den armen Reichen Christi anschließen.

Da müssen wir selbst schon sehr Geniedrigte sein. Der Herr sieht auf das Niedrige. Das gilt im Gesetz der Freiheit. Darum ist auch der unendlich reiche Sohn ganz arm geworden um unseretwillen. Bei Gott gilt nichts Äußeres es solches, sondern nur Geist. Und in der Geistesgemeine des Glaubens wird in Unendlichkeiten alles nach Geistesgesetz rangiert. Nicht die Taten, nicht die Werke gelten, sondern was einer als Geistesmensch geworden, das gilt - und nur d i e Werke folgen nach, die aus dem Geist geboren, also bleibende Früchte sind. Bedenke den heiligen Ernst des Gesetzes der Freiheit. „Also redet und also tut, als die ihr nach dem Gesetz der Freiheit sollet gerichtet werden.“

Die Leser des Jakobusbriefes wollten sich herausreden. Sie fühlten des Jakobus Vorwurf sitzen. Sie meinten, man müsse doch gegen alle Menschen Liebe Christi erweisen. Das sei das königliche Gebot: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ - so tut ihr wohl. Aber meinet nur nicht, ihr hättet das königliche Gesetz erfüllt. Ihr habt die Person angesehen, und das ist Sünde; da werdet ihr vom Gesetz als Übeltäter gebrandmarkt. Ach, wie kann die Ich-Sucht, wenn sie etwas will, so lieb sein! Dann meint sie noch, das königliche Gesetz erfüllt zu haben, und hat doch nach sündigen Ich-Gedanken gehandelt. Wie können wir uns täuschen und meinen, wir hätten Großes und Edles getan, und haben u n s selbst gesucht. Doch das ist dem Apostel jetzt nicht die Hauptsache. Viel mehr erfasst es ihn, dass die Gläubigen, die er vor Augen hat, vom Gesetz der Freiheit ins Knechtsgesetz des Buchstabens hinabsinken. Sie berufen sich auf das königliche Gebot. Wenn ihr es erfüllet, sagt Jakobus zu ihnen, dann tut ihr wohl. Wenn ihr es aber nicht erfüllet, so seid ihr Übertreter - und empfanget als Übertreter Verdammnis.

Eine ernste Gesetzeslektion

Und nun hält er ihnen, welche doch hätten froh sein sollen, dass sie im Gesetz der Freiheit leben durften, eine furchtbar ernste Gesetzeslektion. Er sagt ihnen: Täuschet euch nicht, das Gesetz ist, wie alle Offenbarungen Gottes e i n Ganzes. Der das gesagt hat: „Du sollst nicht ehebrechen“, der hat auch gesagt: „Du sollst nicht töten“. So du nun nicht ehebrichst, tötest aber, so bist du ein Übertreter des Gesetzes. Getötet aber haben die Leser des Jakobusbriefes. Sie haben dem armen Mann mit dem unsauberen Kleid einen tödlichen Stich versetzt. Was mag es ihn bei seiner Armseligkeit nur gekostet haben, in die Versammlung der Christen im unsauberem Kleide zu gehen! Wird nicht ein Geisteszug schon in ihm gewesen sein? Und nun so behandelt! Der war getötet. Und sie - die Gläubigen - standen unter dem Fluch des Gesetzes, wenn sie auf das Gesetz sich stellten. Wer auch nur e i n Gesetz übertritt, der hat eben das Gesetz übertreten, und muss des Strafe leiden. Wie töricht, dass die Jakobusbriefleute sich auf den Gesetzesboden und auch noch auf das königliche Gesetz stellen - da sind sie verloren. Darum ruft er ihnen zu: Hinweg vom Gesetzesboden, hinüber auf den Glaubensboden! „Also redet und so tut, als die durch das Gesetz der Freiheit sollen gerichtet werden.“

Es gibt keine ärmeren Menschen als die Leute des Gesetzes. Und doch leben die meisten Menschen unter dem Buchstabengesetz. Sie sehen nicht und merken nicht, dass sie da verloren und dem Tode verfallen sind. Sie sehen immer auf das, was sie ihrer Meinung nach tun - das ist die Art der Gesetzesleute. Und sie sehen nicht ein, wiewohl es doch ganz klar ist, dass wer auf dem Boden des Gesetzes nur e i n e s übertritt, eben sich Strafe zuzieht. Das ist im gewöhnlichen Leben doch schon so. Wenn ich dem staatlichen Gesetz in allen Stücken nachkäme, aber etwa die Steuer hinterzöge, so wäre ich eben strafbar. Und wollte ich etwa vorbringen: Ich habe doch alle anderen Gesetze gehalten - dann würde man mir sagen: umso schlimmer und unbegreiflich von dir, dass du dies eine nicht auch gehalten hast. Leute, die mit dem Buchstaben- und Werkgesetz umgehen, sind ganz gewiss verloren und verfallen der Strafe im Gericht. Dies umso mehr, als sie gewiss nicht nur e i n Gebot übertreten haben. Wir Gläubige bekennen, dass wir sie alle übertreten haben, sonderlich i n dem e i n e n, in dem königlichen.

Raus aus dem Gesetz des Buchstabens

Darum ins Gesetz der Freiheit! Im Gesetz der Freiheit ist Vergebung, ist tägliche Reinigung für den Bußfertigen. Das gibt’s unter dem Gesetz des Buchstabens nicht. Drum ins Gesetz der Freiheit, da ist Kraft zur Überwindung der Sünde - die ist im Gesetz des Buchstabens nicht. Drum ins Gesetz der Freiheit, da ist Geliebtsein von Gott - das gibt es im Gesetz des Buchstabens nicht; da ist Furcht des Gerichts. Im Gesetz des Buchstabens stehen kalte Gebote - im Gesetz der Freiheit steht der liebende Heiland. Im Gesetz des Buchstabens breche ich zusammen, wenn ich wahrhaftig bin - im Gesetz der Freiheit bin ich zwar mir gestorben, aber ich bin auferstanden und lebe in Christo Jesu, meinem Herrn.

Seliges Gesetz der Freiheit, nimm mich immer mehr gefangen! rüste mich aus mit deinen Gaben, dass es heißt: „Also redet und also tut, als die ihr durch das Gesetz der Freiheit sollet gerichtet werden.“ Ja, das Gesetz der Freiheit: dir steh’ ich und dir fall’ ich. Steh’ ich - so steh’ ich in Christo; fall’ ich, so fall' ich auf Christum. Wo aber Christus ist, das ist Leben und Friede!

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59. Die Weisheit von oben Jak 3:13-18