Tüchtig gemacht

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Abschrift des Heftes: Tüchtig gemacht
und: Der königliche Weg zur Heiligkeit
Verfasser: E. W. Bullinger (1837 - 1913)


Autorisierte Übersetzung nach dem Englischen
Grube’s Verlag, Düsseldorf

siehe weitere Abschriften

Tüchtig gemacht

Gegenüberstellung: Religion und Christentum

Religion

RELIGION, wohl zu unterscheiden vom Christentum, ist durch mehrere unzweifelhafte Merkmale erkennbar.

1. Sie gibt ihren Anhängern viel zu glauben auf und stellt große Anforderungen an deren Glaubensfähigkeit. Gleich ob es eine indische, chinesische, römische oder protestantische Religion ist, sie fordert von den Bekennern mancherlei.

2. Sie gibt ihren Anhänger viel zu tun. Werke der verschiedensten Art werden verlangt, Opfer sollen gebracht und Zahlungen müssen geleistet werden. Diese Werke sind fortlaufend und ohne Ende.

3. Dagegen bietet Religion ihren Anhängern sehr wenig worauf sie hoffen können. Vom chinesischen Himmel, in den man je nach Verdienst eingeht, bis zum mohammedanischen Himmel der verherrlichten Ausschweifung, von Rom’s Fegefeuer samt den „vier letzten Dingen“, bis zum Himmel der unbekehrten Evangelischen - der hauptsächlich darin besteht, dass man seine Angehörigen einst an einer bestimmten „Quelle“ oder an einer gewissen „Pforte“ wiederfinden werde, - wird sehr wenig Grund zur Hoffnung geboten, im Vergleich zu jener „herrlichen Hoffnung“, die uns im Evangelium offenbart ist.

4. Einer der größten Gegensätze besteht aber in folgendem: - Ungewissheit betreffs der Errettung! Hierin stehen sich Religion und Christentum scharf gegenüber. Durch dieses Kennzeichen kann man stets die verschiedenen falschen Religionen unterscheiden. In der Praxis leugnen sie alle, dass Christi Werk beendet ist, dass die Errettung vollendet ist, dass die Erlösung am Kreuz vollbracht wurde; dass Er gekommen ist, um "Sein Volk zu erlösen", und es auch erlöst hat. Aus diesem Grunde reden viele religiöse Menschen heutigentags davon, dass Leute in der Jetztzeit errettet werden, ohne zu wissen, dass alle, die "in Christo" sind, bereits auf Golgatha erlöst wurden.

Selbst wenn man den religiösesten Evangelischen vor die Frage stellt, ob er tatsächlich das glaubt, was er immer und immer wieder mit seinen Lippen bekennt und beteuert - "Ich glaube an die Vergebung der Sünden“ -, so wird er in den seltensten Fällen mehr sagen können als „ich hoffe“ oder den Einwand machen: „niemand kann in diesem Leben darüber Gewissheit haben“. Niemals können solche Leute mit Bestimmtheit davon reden. Einige glauben hierin eine besondere Bescheidenheit zu sehen und sind darauf stolz, gleichzeitig halten sie es für Anmaßung, dass man durch Gottes Gnade in Christo Jesu einen gesicherten Standpunkt einnimmt.

Christentum

Dieses führt uns zu dem Unterschied zwischen diesem allem und dem Christentum, wie es uns in den Episteln geoffenbart ist.

1. Das Christentum stellt die denkbar einfachsten Anforderungen an unseren Glauben. Wir sollen „Gott glauben“, d. h. was Gott in seinem Worte sagt und gesagt hat, und dieses wird uns zur Gerechtigkeit gerechnet (Röm 4:20-24).

2. Es fordert zu unserer Errettung keinerlei Handlungen unsererseits, denn Christus hat alles schon längst vollbracht. Die fortan von den Erretteten getanen Werke sind die nicht zu unterdrückenden Ergebnisse der neuen Natur, die hierin ihre größte Freude findet.

3. Es bietet uns eine große und segensvolle Hoffnung, die in „überaus großen und herrlichen Verheißungen“ besteht, die Hoffnung, einst hingerückt zu werden in die Wolken, dem Herrn entgegen in der Luft, und allezeit bei dem Herrn zu sein, verherrlicht mit Seiner Herrlichkeit.

4. Außer diesem allen gibt es uns bereits hier die segensreiche Gewissheit unserer nunmehr schon vollendeten Errettung, und unseren Seelen den herrlichen Genuss davon. Alle, die in Christo sind, befinden sich im glücklichen Besitz der neuen Natur, die sie befähigt, den unverbesserlichen Charakter der alten Natur zu erkennen (Röm 3:7) und in der sie den richten Masstab für letzteren haben; sie erfahren täglich, dass in uns selbst „wohnet nichts Gutes“ (Röm 7:18)

Während religiöse Menschen niemals weiter kommen als bis zu dem Bestreben einer Verbesserung der alten Natur, hat der wahre Christ gelernt, dass die alte Natur Gott nicht gefallen kann (Röm 8:8), dass sie Gott feindlich und dem Gesetz Gottes nicht untertan ist, noch dies auch zu sein vermag. (Röm 8:7)

Obgleich er hierdurch täglich in Konflikte kommt, zeitweise sogar in viel Betrübnis, so ist doch dieses die feste Grundlage seiner Zuversicht, die segensreiche Versicherung, dass er Besitzer ist der wunderbaren „Gabe Gottes“ (Röm 6:23; Eph 2:8), ohne welche er weder seinen eigenen verlorenen Zustand an sich, noch seinen vollkommenen Standpunkt, den er in Christo einnimmt, erkennen würde. Diese Stellung nahmen die Heiligen in Kolossä ein, und das sollte diejenige eines echten Christen heutzutage sein. Der an die Kolosser gerichtete Brief beginnt mit „Gnade“: Gnade, die uns als den Verlorenen, entgegen kommt, die uns erlöst, reinigt, und uns vor Gott, unseren Vater, völlig frei hinstellt. Gott offenbart sie, der Glaube genießt sie, und verdrängt jeden Einwand unserer Gefühle oder unserer Erfahrungen.

In Christo-Sein

Die Heiligen in Kolossä werden angeredet als „in Christo“ (Kol 1:2) und daher vollkommen in Ihm (Kol 2:10). „An welchen wir haben die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden (Kol 2:14).

„Welcher uns errettet hat von der Obrigkeit der Finsternis, und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes (Kol 2:13).

Somit erhalten wir die Gewissheit, und werden demgemäß behandelt, als hätten wir gegenwärtige Erlösung, gegenwärtige Befreiung und gegenwärtige Versetzung.’'

Und noch mehr, diejenigen, welche im Besitz so wunderbarer, unbegrenzter Segnungen sind, können nicht anders als anbeten. In Bezug auf unsere Stellung in Christo haben wir nichts mehr zu bitten oder zu erbitten. Dies ist, wie uns versichert ist, vollkommen in Ihm (Kol 2:10), dieser Vollkommenheit kann nichts hinzugefügt werden, noch können wir jemals darin zunehmen oder wachsen. Wohl können wir zunehmen in dem Genuss und in der Anerkennung derselben, doch können wir nie wachsen in unserem Verhältnis zu Gott, noch in unserer Stellung in Christo. Was unseren Wandel und unsere Laufbahn hier auf Erden anbelangt, so ist es selbstverständlich, dass wir in allen Dingen mit Gebet und Flehen unsere Anliegen vor Gott bringen sollen; sind wir aber unserer Stellung bewusst, so werden unsere Gebete des Lobes voll sein, denn unser Herz ist erfüllt von Frieden. und der Becher unseres Segens überfließend. Daher geht in Kol 2:12 das Gebet des Apostels durch den Heiligen Geist dahin, dass wir danksagen dem Vater, der uns tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht. Können wir wohl anders, als überwältigt sein von dem „Reichtum der Gnade“ die so große Dinge für uns getan hat?

Tüchtig gemacht

Wie wenige, selbst unter den Erretteten des Herrn, haben einen Begriff von dem Umfang der „Reichtümer“ die ihnen zufallen! Wie wenige beschäftigen sich damit, diese Fülle der Gnade zu überblicken und zu betrachten. Selbstsucht lenkt die Gedanken auf das eigene Ich und den eigenen Wandel. Hieraus folgt unvermeidlich, dass sie ausschauen nach einer Arbeit, die noch an ihnen oder durch sie geschehen müsse, um sie tüchtig zu machen. Einige meinen, Trübsale und Prüfungen trügen hierzu bei; andere glauben, dass ein geheiligtes Leben dazu verhelfen könne, und dabei übersehen sie, dass sie nun bereits tüchtig gemacht worden sind zum Erbteil der Heiligen, dass es sich nicht um etwas handelt, was noch getan werden soll, sondern was getan ist. Es ist eine ernste Tatsache, dass alle solche nicht nur den Frieden, den Segen und den Genuss gegenwärtiger Gewissheit in Bezug auf ihre Stellung verlieren, sondern, indem sie einen Standpunkt einnehmen, der die Möglichkeit zulässt, durch irgendetwas ihre Tüchtigkeit für den Himmel auch nur um ein Jota zu vermehren,

(1) leugnen sie die Wahrheit in Betreff des verlorenen Zustandes des Menschen im Fleisch,
(2) verwerfen sie das Werk Gottes, wodurch Er uns zu neuen Geschöpfen in Christo machte, und
(3) stellen sie die Vollgültigkeit des Werkes Christi in Frage durch welches Er „mit einem Opfer in Ewigkeit vollendet hat, die geheiligt werden (Hebr 10:14).

Diese Worte in Kol 1:12, sind keinen Beschränkungen unterworfen. Sie gelten dem jüngsten Kinde in Christo, dem demütigsten, ärmsten, schwächsten und unwissendsten Gläubigen; denn sie reden von, und beziehen sich auf das Werk Gottes in Christo, und nicht auf unsere eigenen Fähigkeiten oder Errungenschaften. Zwar können wir dieses vergessen, wir mögen Zweifel und Befürchtungen heben, und wir mögen uns durch unsere Schwachheit vieler Fehler bewusst sein, doch wird und kann hierdurch das Werk Gottes in Christo keinen Augenblick beeinflusst werden. Nein! Wir besitzen nun eine gegenwärtige Tüchtigkeit, eine stets vollkommene Tüchtigkeit. O! welche Ruhe für das Herz! Welch ein Frieden für den Geist, und dieses alles ist das Werk des Vaters, und alles in Christo (Eph 1:2).

Wir warten auf die Erlösung unseres Leibes; wir warten auf das Erbteil selbst. Was aber die Vergebung all unserer Sünden, was unsere Gerechtigkeit, Heiligung, Vereinigung mit Christo, Identifizierung mit Christo, Vollendetsein in Ihm, Vollkommenheit in Ihm anbetrifft, so warten wir nicht hierauf, weil dieses alles bereits unser ist, denn „es steht geschrieben“, der uns tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der Heiligen im Licht.


Der königliche Weg zur Heiligkeit

DER gefallenen Natur gemäß ist der Mensch selbstgefällig und dementsprechend natürlich geneigt, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Selbst Christen, welche eine neue Natur besitzen, unterliegen vielfach der Versuchung. Dieses ist an und für sich, und auch für das, war daraus folgt, sehr schlimm; wenn es aber an Stelle der Beschäftigung mit Christo tritt, dann hat es eine doppelt böse Folge: - der Weg der Wahrheit wird verlassen, und der Friede ist dahin, durch den falschen Weg, welchen man gewählt hat, fühlt man sich elend.

Da man nun nicht ganz an Christo vorüber gehen kann, so betrügt die Seele sich selbst. Es ist ein Gemisch von Christo und dem Ich entstanden und Er füllt unser Leben nicht völlig aus. Man könnte sagen: es ist „Ich und Christus“, und nun hat Ich, wie man glaubt etwas zu tun, sich zu weihen und hinzugeben, sonst ist es Christo unmöglich zu helfen. Und sollte dieser Christus machtlos sein zu helfen, bis das allmächtige Ich es Ihm möglich macht zu retten?

Haben wir uns zu wundern, dass diese neumodische Theologie unfähig ist, das vorgestreckte Ziel zu erreichen? Ist es zu verwundern, dass dieses „Evangelium der Hingabe“, welches von Westen herüber gekommen, unfähig ist, ein echtes Christentum und ein heiliges Leben hervorzubringen; wie sie durch das „alte Evangelium“ (dieses kam von Osten zu uns) Jahrhunderte hindurch gezeugt wurde. Sollte nicht gerade der Umstand, dass es sich um etwas Neues handelt, die Christen mahnen, damit auf der Hut zu sein und das Neue mit Vorsicht zu betrachten? Sieht man jetzt noch nicht ein, dass es falsch ist? Es ist nicht der königliche Weg zu einem heiligen Wandel!

Es geht hier so, wie es immer mit den menschlichen Hilfsmitteln geht: „die Dosis muss immer wieder erneuert werden“, und selbst dann bringt die Kur keine Heilung für das eigentliche Übel, auch wird der Streit zwischen den zwei Naturen damit nicht aufgehoben.

Wir sind mit vielen zusammengekommen, welche durch die Anwendung dieser neumodischen Mittel, durch die in dieser Zeit so sehr empfohlene Methode, gänzlich zurückgegangen sind. Denn, während die Mittel vergebens angewendet werden, nimmt das Übel mächtig zu.

Der Weg zum Ziel

Es gibt nur ein Mittel, nur einen Weg, nur einen königlichen Weg.

Aber dieser Weg ist der alte: es sind die alten „Steige“ nach dem Worte Gottes. Gebe der Herr, dass wir viele veranlassen, diese alten Steige zu suchen, die Steige des Friedens und der Ruhe, die Steige der Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit.

Wir haben schon früher über diesen königlichen Weg gesprochen und betont, dass das Geheimnis, ihn zu betreten, in der absoluten, in der völligen Selbstverleugnung und Ausschaltung des eigenen Ichs, in seinen unendlich vielen betörenden Erscheinungsarten’', und der alleinigen Beschäftigung des Herzens mit Gott und Seinem Christus liegt.

Dieses ist kein neues Mittel, um die ererbten bösen Neigungen der menschlichen Natur zu heilen, sondern es ist so alt wie Gottes Wort selbst.

„Welche auf Ihn sehen, die werden erquicket, und ihr Angesicht wird nicht zuschanden“, dieses ist die Erfahrung derer, welche das Mittel gebrauchen, das von Gott selbst bestimmt und dargereicht wird (Ps 34:6). Die Psalmen berichten uns von zwei Fällen in denen man andere Mittel anwandte.

Wir haben sie in zwei Psalmen Asaphs zu suchen. Dieser gehörte zu denen, welchen es mit den gewählten Mitteln schlecht ergangen ist. Er hatte die Quelle des lebendigen Wassers verlassen, und trachtete aus selbst gewählten Brunnen zu schöpfen; der Erfolg, den er damit erzielte, ist uns zur Warnung geschrieben.

Die neuen Mittel brachten ihn fast ums Leben. Er gebrauchte zwei derselben, und zwar das zweite, nachdem er sich von der Wertlosigkeit des ersten überzeugt hatte! „Da war ich ein Narr und wusste nichts“ (so sagt er). Und in dieser Zeit macht man es noch so, und wird es so machen bis an das Ende. Wir wollen die Schrift reden lassen. Lesen wir Ps 77:

Hier sieht die Seele auf sich, wie Tausende jetzt bemüht sind zu tun. Asaph blickt in sich selbst, sehen wir, wie er es macht:

Psalmen Asaphs

2. Ich schreie mit meiner Stimme zu Gott
Zu Gott schreie ich, und Er erhöret;
3. In der Zeit meiner Not suche ich den Herrn;
Meine Hand ist des Nachts ausgereckt, und lässt nicht ab;
Denn meine Seele will sich nicht trösten lassen;
4. Wenn Ich betrübt bin, so denke ich an Gott;
Wenn mein Herz in Ängsten ist so rede ich (Sela).
5. Meine Augen hältst du, dass sie wachen;
Ich bin so ohnmächtig, dass ich nicht reden kann.
6. Ich denke der alten Zeit
Der vorigen Jahre
7. Ich denke den Nachts an mein Saitenspiel,
Und rede mit meinem Herzen;
Mein Geist muss forschen

Konnte diese Selbstuntersuchung etwas anderes bewirken, als dass er sich elend fühlte? Und das geschieht, wenn wir auf uns sehen. Denn siehe, wie er fortfährt:

8. Wird denn der Herr ewiglich verstoßen,
Und keine Gnade zeigen?
9. Ist es denn ganz und gar aus mit Seiner Güte
Und hat die Verheißung ein Ende?
10. Hat Gott vergessen, gnädig zu sein,
Und Seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen? (Sela)

Achten wir auf dieses „Sela“. Es bezeichnet das Ende eines Abschnittes, in welchem uns der Erfolg gezeigt worden ist derer, die auf sich sehen und sich mit sich selbst beschäftigen. Dieses Sela steht an sehr wichtiger Stelle, da wir zuvor die Ursache des beklagenswerten Zustandes erkannten. Lasset uns nun auch aus den folgenden Versen ersehen, wie demselben vorzubeugen und wie er zu heilen ist.

11. Aber doch sprach ich: Ich muss das leiden1
Die rechte Hand des Höchsten kann alles ändern.
12. Darum gedenke ich an die Taten des Herrn;
Ja, ich gedenke an deine vorigen Wunder.
13. Und rede von allen deinen Werken,
Und sage von deinem Tun.
14. Gott, dein Weg ist heilig2 (im Heiligtum)
Wo ist so ein mächtiger Gott, als Du Gott bist;
15. Du bist der Gott, der Wunder tut;
Du hast deine Macht bewiesen unter den Völkern.
16. Du hast dein Volk erlöset gewaltiglich;
Die Kinder Jakobs und Josephs. (Sela)

Hier haben wir ein anderes „Sela“, das uns hinweist auf den königlichen Weg zum Frieden und zur Glückseligkeit. Die Folge des Auf-Sich-Sehens war Elend. Denn ist etwas in uns, abgesehen von dem, was Gott in uns geschaffen hat, das uns auch nur im entferntesten befriedigen könnte?

Alles ist durch Gott vollbracht! Wir sind „Sein Werk“ (Eph 2:10), „eine neue Kreatur“3 (2Kor 5:17). der erste „Fall“ ist damit betrachtet, wir sahen die Art des Leidens, die Wirkung der verkehrten Mittel, den traurigen Erfolg und die Heilung durch das Betreten des wahren Weges.

1 Elb. Übers.: Da sprach ich: „Das ist mein Kranksein"
2 Elb. Übers.: dein Weg ist im Heiligtum
3 Elb. Übers.: eine neue Schöpfung

Den zweiten „Fall“ liefert uns Asaph in Ps 73. Hier haben wir nicht zu tun mit Selbstbeschauung, sondern mit Beschauung dessen was um uns ist. Hier richtet der Blick sich nicht auf das arme Ich, sondern auf andere Menschen, und die Folge davon ist nicht das Gefühl des Elends, wie vorhin, sondern vielmehr ein in die Irre gehen (oder abirren = distraction). Der Psalm fängt an:

1. Israel hat dennoch Gott zum Trost,
2. Wer nur reinen Herzens ist.

Asaph sieht hier wohl von sich ab, aber... wie! Wenn wir auf andere sehen, und besonders auf solche, welche „mehr gefördert“ scheinen, so führt uns dies wieder zu uns selbst und zum Nachdenken über uns zurück.

2. Ich aber hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen,
Mein Tritt wäre beinahe geglitten.
3. Denn es verdross mich den Ruhmredigen,
Als ich sah, dass es den Gottlosen so wohl ging.
4. Denn sie sind in keiner Fahr des Todes.'’
Sondern stehen fest wie ein Palast.
5. Sie sind nicht in Unglück wie andere Leute,
Und werden nicht wie andere Menschen geplagt.
6. Darum muss ihr Trotzen köstlich Ding sein
Und ihr Frevel muss wohlgetan heißen.
7. Ihre Person brüstet sich wie ein fetter Wanst;
Sie tun, was Sie nur gedenken.
8. Sie achten alles für nichts.
12. Siehe das sind die Gottlosen;
Die sind glückselig in der Welt und werden reich.

Was ist nun der natürliche Erfolg dieser Beschäftigung? Er schaut um sich und sieht, wie die Gerechten leiden und es den Gottlosen gut geht. Er sieht (scheinbar) wie von den Bedürftigen genommen wird und die Hilflosen verlassen werden. Selbstsverständlich wird er von Gott abgelenkt und erleidet die Folge seines verkehrten Vorgehens.

13. Soll es denn umsonst sein, dass mein Herz unsträflich lebt,
und ich meine Hände in Unschuld wasche?
14. Ich bin geplagt täglich,
Und meine Strafe ist alle Morgen da.
15. Ich hätte auch schier so gesagt, wie sie;
Aber siehe, damit hätte ich verdammt alle deine Kinder, die je gewesen sind.

Asaphs Wendepunkt

Nun kommt der Wendepunkt, welcher ihn auf den königlichen Weg führt:

16. Ich gedachte ihm nach, dass ich’s begreifen möchte;
Aber es war zu schwer,
17. Bis dass ich ging in das Heiligtum Gottes,
Und merkte auf ihr Ende.
21. Da es mir wehe tat im Herzen,
Und mich stach in meinen Nieren,
22. Da war ich ein Narr, und wusste nichts,
Ich war wie ein Tier vor dir.

Jetzt kommen wir in’s Licht. Im „Heiligtum" da wird alles klar (so wie im erste Fall, Ps 77:14). Die Gegenwart Gottes bringt alles in Ordnung. In dem er auf Ihn blickt, wird er „erleuchtet“. Von jetzt an verzichtet er auf alle andre Beschäftigung und sieht nur allein auf Gott. Nunmehr kann er sagen:

23. Dennoch bleibe ich stets an Dir:
Denn Du hältst mich bei meiner rechten Hand,
24: Du leitest mich in Deinem Rat.
Und nimmst mich endlich mit Ehren an.
25. Wenn ich nur Dich habe,
So frage ich nichts nach Himmel und Erde1
1 Elb. Übers. sagt besser: Wen habe ich im Himmel? und neben Dir habe ich an nichts Lust auf der Erde.

Hier ist ein herrliches Ziel zu erreichen. Wie wir dahin gelangen, haben wir gesehen.

Als er seine Füße auf den königlichen Weg gestellt hatte, konnte er bis zum Ende darauf weitergehen, und er erzählt dann von den gesegneten Erfahrungen, die er machen durfte, wie folgt:

28. Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte,
Und meine Zuversicht setze auf den Herrn (Adonai Jehovah),
Dass ich verkündigen soll Dein Tun.

Hier ist er am Ende des Weges, nichts sucht er mehr in sich. Gott selbst ist ihm alles, und was Er an ihm getan. Wir wollen uns warnen lassen durch dieses Beispiel, als Wegweiser, der uns auf den königlichen Weg leiten soll, und die Worte beherzigen:

Willst du elend sein,
Schaue auf dich.
Willst du abgelenkt werden,
Schaue um dich.
Willst du glücklich sein
Schaue auf Jesum!

Möchte dein Herz, lieber Leser, sich mit Gott beschäftigen und mit dem Stande, zu welchem Er dich in Christo erhoben hat, dann zögern wir nicht zu sagen, dass dein „Wandel“ von selbst ein rechter werden wird. Mit anderen Worten: Gottes Mittel ist ein von Ihm bestimmtes, das sicher zur Heilung führt. Dem gegenüber das menschliche allgemein gebräuchliche Heilmittel, welches zweifellos sich als verfehlt zeigen wird und muss.