Kennzeichen der alten Natur

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Abschrift des Buches: Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen:
Verlagsbuchhandlung Hermann Rathmann, Marburg an der Lahn (1957)

In englischer Sprache, hier erhältlich:
Two Natures in the Child of God Neuauflage 2019

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes

Namen und Kennzeichen der alten Natur

I. Einleitung

Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch,
und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. (Joh 3:6)

Wir hören heutzutage viel über die sogenannte „Lehre Jesu“, und es wird der Versuch gemacht, dieselbe über und gegen die Lehre des Apostels Paulus zu stellen, wobei man die Tatsache übersieht, dass sowohl die Evangelien als auch Briefe durch Inspiration desselben Heiligen Geistes gegeben wurden.

Jene Leute sagen das aber nicht, weil sie die Lehre des Herrn Jesus kennen lernen oder ihr gehorchen möchten, sondern weil sie die Autorität der Botschaft Gottes durch Paulus herabsetzen wollen, um die sogenannte Paulinische Theologie loszuwerden, Stellt man sie vor die tatsächliche Lehre des Herrn Jesu, so wollen sie nichts von derselben wissen. Sie gehen zurück und wandeln nicht mehr mit ihm, oder sie werden „mit Wut erfüllt“ und suchen ihn hinauszustoßen. (Joh 6:66; Lk 4:28.29).

Joh 3:6 erfahren wir aus dem Munde des Herrn Jesus eine entscheidende Wahrheit mit ewigem Grund. Es ist jedoch gerade die Wahrheit die der natürliche Mensch nicht hören will. Sie erklärt, dass wir unserer Natur nach von dem gefallenen Adam abstammen, dass wir nach seinem Bilde gezeugt und seiner gefallenen Natur teilhaftig sind (1Mo 5:3). Als Fleischgeborene besitzen wir die Natur unseres Stammvaters und sind Fleisch. Dieses Fleisch, so sagt Jesus, „nützt nichts“ und in ihm „wohnt nichts Gutes“ (Joh 6:63; Röm 7:18).

Aber, wie gesagt, das ist die Lehre, die der Mensch nicht annehmen will. Kanzel, Rednerbühne und Presse verkündigen mannigfach das Gegenteil und erklären, dass im Menschen etwas Gutes ist und dass unsere ganze Aufgabe darin besteht, es zu entdecken und zu veredeln.

Gegen diese Satanslüge ist die Axt der göttlichen Wahrheit angelegt, wenn der Herr Jesus erklärt:

Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch,

und dass:

das Fleisch nichts nützt,

und dass in demselben

nichts Gutes wohnt.

Wenn im Menschen etwas Gutes gefunden werden soll, muss es zuerst durch Gott in ihn hineingelegt werden. Es muss „vom Geist geboren“ werden, und wenn dieses Gute so geboren und im Menschen vorhanden ist, zeigt sich, dass es der Natur seines himmlischen Vaters teilhaftig ist Es ist Geist Es ist göttlich.

Diese zwei Naturen sind ihrem Ursprung, ihren Wesen und ihrem Charakter nach entgegengesetzt; beide haben verschiedene Namen, Dabei enthüllt jeder Name einen neuen Zug und eine weitere Wahrheit

Lasst uns zuerst die Namen betrachten, die der alten Natur des Menschen gegeben sind.

Das Fleisch

Das Fleisch, wie es Joh 3:6 heißt: Was vom Fleisch geboren ist, ist Fleisch. Es entsteht durch Geburt, nachdem es von einem gefallenen Wesen gezeugt ward. Über das Fleisch wird uns gesagt.

Es kann Gott nicht gefallen. (Röm 8:8)
Es nützt nichts. (Joh 6:63)
Es wohnt nichts Gutes in ihm. (Röm 7:18)

Hier haben wir eine wesentliche und grundlegende Wahrheit vor uns. Dabei fragt es sich: Glauben wir das? Glauben wir Gott oder dem Menschen? Wenn wir Gott glauben, werden wir sehen, dass der größte Teil des sogenannten öffentlichen Gottesdienstes Eitelkeit ist. Der Gottesdienst kommt ganz aus dem Geiste, aus der neuen Natur hervor, wir müssen mit Maria sagen können:

Meine Seele erhebt den Herrn,
Mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland. (Lk 1:46-47)

Nur Erlöste können wahrhaftig anbeten, Wenn das Fleisch an sich nichts nützt, ist es klar, dass wir Gott nicht mit unseren Sinnen anbeten können, welche alle dem Fleisch angehören Wir können nicht anbeten mit unseren Augen, indem wir ein Sakrament anschauen, wir können nicht mit unseren Nasen anbeten, indem wir Weihrauch riechen, wir können nicht mit unseren Ohren anbeten, indem wir auf Musik lauschen; ebensowenig können wir mit unseren Kehlen anbeten, indem wir singen. Alles was aus dem Fleische kommt, nützt nichts. Gott sieht es nicht an; es ist vergebliche Mühe. Protestantische Christen werden mit uns übereinstimmen, wenn wir vom Anschauen der Sakramente oder über das Riechen des Weihrauchs sprechen. Aber was sagen dieselben über die anderen Sinne des Fleisches? Was über die Ohren und Kehlen? In fast allen Gemeinschaften und Kirchen scheint die Musik den ersten Platz einzunehmen Mit den 1000 Posaunen starken Chören, Wechselgesängen (zwischen Geistlichem und Gemeinde) und mit dem neuen sogenannten gesungenen Evangelium sind wir in eine Zeit eingetreten, in der das Fleisch die allgemeine Herrschaft auszuüben scheint in dem, was noch den Namen Gottesdienst trägt.

Aber das alles nützt nichts.

Diese ganze Flut ist im Steigen, zusammen mit einer anderen, deren Ruf ist: Werdet mit dem Geist erfüllt. Hier wird jedoch das Wort der Wahrheit falsch geteilt. Denn hinter dem Wort erfüllt steht kein Punkt (Eph 5:18.19). Daran erkennt man, dass, wenn wir mit dem Geist er füllt sind, es an den Wirkungen gesehen wird, nämlich. „Redend zueinander in Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern, singend und spielend in euren Herzen (nicht in euren Kehlen) und das nicht vor einer Zuhörerschaft oder Gemeinde, sondern dem Herrn.

Wir brauchen nicht ein Ohr für Musik, sondern ein Herz für Musik.

Aus dem von der alten Natur Gesagten, erfahren wir, dass „das Fleisch nichts nützt“ Dies ist eine Grundwahrheit für den Christenglauben, während die Religion auf dem Gegenteil fußt. Religion hat es mit dem Fleisch zu tun, der Christenglaube aber hat es mit Christus und der neuen Natur zu tun, welche pneuma-Christou oder Christi Geist ist. Wir werden später über diese neue Natur mehr zu sagen haben.

Die alte Natur wird ferner genannt:

Der natürliche Mensch

Es wird uns gesagt, dass „der natürliche Mensch nicht vernimmt, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ (1Kor 2:14)

In diesem Kapitel steht 1Kor 2:14 im Zusammenhang mit 1Kor 2:8, dass keiner von den Fürsten dieser Welt die Weisheit Gottes erkannt hat, nämlich: Das große Geheimnis, denn es war verborgen in Gott, (Eph 3:9) und kein Auge hat es je gesehen, noch ein Ohr gehört (1Kor 2:10); und selbst jetzt, da es „geoffenbart“ ist, kann der natürliche Mensch nichts davon erkennen, weil es allein vom Geist wahrgenommen wird oder von der neuen Natur in uns, die vom Heiligen Geist geschaffen und erleuchtet ist.

Das ist entscheidend für den Charakter, die Kraft, die Neigung und den Zustand des natürlichen Menschen. Dieser Ausdruck bezeichnet den Menschen, wie er naturgemäß in diese Welt hineingeboren wird.

Sodann wird er weiter genannt:

Der alte Mensch

Was hören wir über ihn? Er ist verdorben nach den betrügerischen Lüsten, so wird uns gesagt (Eph 4:23). Der alte Mensch ist voll von Wünschen und Lüsten. Die Lüste sind betrügerisch und verführerisch. Sie sind in allem wider Gott, wider den Geist und ein Wort, und dadurch auch gegen die neue Natur, den Geist, wenn sie einmal in in uns eingepflanzt ist. In dieser Beziehung wird er genannt:

Der äußere Mensch

Der äußere Mensch als der, welcher gesehen wird und welcher tatsächlich zerfällt und zwar Tag für Tag. (2Kor 4:16). Daraus folgt, dass wir diese Last tragen müssen, solange wir in dem Fleische sind und dass keine Satzung aus der vergänglichen Welt in jenem Bereich von Nutzen ist wo alles geistlich ist, d. i. aus dem Geiste, ist und sein muss.

Das Herz

Das Herz, d. i. das natürliche Herz, welches mehr als aller arglistig und verderbt ist. (Jer 17:9), so betrügerisch, dass es uns beständig verführt und täuscht, so arglistig, dass niemand außer Gott es wirklich kennt. Mt 15:19 zeigt der Herr Jesus uns das Herz des natürlichen Menschen: Aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen.

Ausleger mögen von einer Veränderung des Herzens reden, aber es wird nie verändert. Ein neues Herz muss gegeben werden. Sie mögen über die Verbesserung des menschlichen Herzens (oder der menschlichen Natur) reden, aber das alte Herz kann nicht verbessert werden, und das neue Herz hat keine Verbesserung nötig.

Die Spiritisten und Theosophen mögen von dem Göttlichen im Menschen reden und zeigen, wie dieser alte Gedanke des Ostens, der Wiege aller Philosophie im Begriff ist, die Religionen des Westens zu durchdriingen. Dies ist nur allzu wahre Tatsache; wir aber stellen dieser Lüge Satans die Wahrheit Gottes entgegen. Auch der Mensch selbst muss manchmal zugeben und bekennen, dass alle seine Anstrengungen, das Herz des Menschen zu verbessern, im Bankrott enden.

Ein anderer Name, den das Wort Gottes der alten Natur gibt ist:

Die fleischliche Gesinnung

Diese Seite der alten Natur ist noch bedenklicher als die anderen. Jene beziehen sich mehr auf die Taten, die Zustände und den Charakter; aber hier haben wir es mit den Gedanken zu tun, mit der Verstandestäigkeit, der Urteilskraft und den Vorstellungen des natürlichen Menschen.

Dass diese das Gegenteil der Gedanken Gottes sind, zeigte sich schon von jeher. Alles Dichten und Trachten des Menschenherzens (alle Gedankengebilde) war nur böse immerdar. (1Mo 6:5). Gerade von dieser Gesinnung des Fleisches erklärte Gott: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege. (Jes 55:8).

Röm 8:7.8 lesen wir: Fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott; weil es dem Gesetze Gottes nicht untertan ist, denn es vermag es auch nicht. Die fleischlich sind, können Gott nicht gefallen.

Die Gesinnung des Fleisches ist also:

Feindschaft gegen Gott.
Dem Gesetz nicht untertan,
denn es vermag es auch nicht.

Und vermag Gott nicht zu gefallen.

Aus der Gesinnung gehen die Gedanken hervor. Aus den Gedanken entspringen die Handlungen. Die Gesinnung des Fleisches ist daher jener Teil des Fleisches, der denkt, und seine Gedanken sind stets wider Gott und haben die Natur der Sünde.

Die Sünde

Nun kommen wir zu dem letzten Namen, den die Schrift der alten Natur gibt: die Sünde’’'.

Wir müssen unterscheiden zwischen Sünde und Sünden. Die Sünde ist die Wurzel, die Sünden sind die Früchte. Von Röm 1:16 bis Röm 5:11 ist von den Sünden die Rede, welche hier als Frucht der alten Natur betrachtet werden. Zugleich wird uns gezeigt, wie Gott gerecht sein kann., indem er die Sünden hinweg tut und zudem noch der Rechtfertiger des Sünders ist, welcher aufgrund des Glaubens statt aufgrund des Gesetzes errettet wird.

Von Röm 5:12 bis Röm 8:39 handelt es sich um die Sünde, die alte Natur. Denn obwohl der Sünder in Christus gerechtfertigt ist, fühlt er noch die Wirksamkeit der alten Natur und erfährt den Streit zwischen dieser und der neuen Natur. Das Ziel dieses Abschnitts ist, zu zeigen, dass wir den alten Baum als abgestorben betrachten sollen, obwohl wir schon seine Früchte sehen; und dass wir uns dafür halten sollen, dass wir mit Christus gestorben sind. Es ist dabei keiner Veränderung vor sich gegangen, Die Wurzel ist noch vorhanden. Der Unterschied liegt in unserer Stellung Gott gegenüber. Jetzt stehen wir auf einem anderen Boden, wir wandeln im Glauben, und im Glauben rechnen wir damit, dass obwohl das Fleisch in uns ist, wir nicht in dem Fleische sind; und trotz den Früchten, die wir von Zeit zu Zeit sehen, glauben wir es Gott, wenn er uns sagt, dass der Baum in seinen Augen verurteilt ist. Ein neues Reis ist eingepfropft, das nur für Gott Frucht bringen kann, während alles, was aus dem alten Stamm (unterhalb des Pfropfreises) erzeugt wird, wertlos ist und von des großen Gärtners Hand abgeschnitten wird (1Kor 3:9). Wir sind sein Ackerwerk. Er pflanzt in uns die neue Natur, und wir glauben ihm, wenn er uns von all den Wundern sagt, die er vollbracht hat.

Lies weiter:
Wesen und Ende der alten Natur