Harre auf den Herrn! - Spr 20:22+24

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235. Harre auf den Herrn! - Spr 20:22+24

Sprich nicht: Ich will Böses vergelten. Harre auf JAHWEH, so wird ER dich retten. - Des Mannes Schritte werden bereitet von JAHWEH; und der Mensch - wie sollte er seinen Weg verstehen?

"Harre, meine Seele, harre des Herrn, alles Ihm befehle, hilft Er doch so fern..." singen wir - in angenehmen Zeiten unseres Lebens wohl besonders gefühlsbetont und "glaubensstark". Was aber spielt sich in unserer Seele ab, wenn in Unglück und Not, in schwerer Krankheit und Versuchung, oder bei erlittenem Unrecht unser dringliches Gebet scheinbar nicht erhört wird? Geht es nicht oft nach der Weise Hiobs: "Denn ich fürchtete einen Schrecken, und er traf mich, und wovor mir bangte, das kam über mich" (Hi 3:25)? Ersticken nicht solche "Erwartungsängste" die feste Glaubenshoffnung? Diese Fragen sind ernst zu nehmen; gibt es doch mehr Glaubende, als wir vermuten, die in starken Anfechtungen stehen, ohne je davon zu sprechen - vielleicht, weil sie sich im Bekennen ihres Zweifels nicht selbst disqualifizieren möchten! Doch Jud 1:22 gebietet uns: "Erbarmet euch der Zweifelnden...", damit der keimende Zweifel nicht in die Verzweiflung führt (rev. Elberf.).

Dass wir im Glauben leben und nicht im Schauen (2Kor 5:7) wird oft nicht klar genug verkündigt, was auch zu einer schwachen Glaubensgrundlage beiträgt. Freilich ist das Ziel des Glaubens das Schauen in Herrlichkeit (1Kö 10:4-7 - Hi 42:1-5 - 1Jo 3:2-3); so begehren wie schon jetzt mit Moses, Gottes WEGE zu wissen und Seine HERRLICHKEIT zu schauen (2Mo 33:13+18). Aber im Glauben zu leben, ohne zu schauen, heißt, die Spannung auszuhalten, die zwischen dem "schon jetzt" des Glaubensbesitzes und dem "noch nicht" zukünftiger Glaubensverwirklichung besteht. So bezeugt Röm 8:23-25: "Obgleich wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen wir in unserem Inneren beim Warten auf die (Vollausgestaltung der) Sohnschaft, nämlich auf die Erlösung unseres Leibes, denn wir sind zwar gerettet worden, aber doch nur auf Hoffnung hin. Eine Hoffnung aber, die man schon verwirklicht sieht, ist keine Hoffnung mehr; denn wozu braucht man noch auf etwas zu hoffen, was man schon sieht! Wenn wir dagegen auf das hoffen, was wir noch nicht verwirklicht sehen, so warten wir darauf in Geduld!"

Warum aber belässt Gott Seine "Erben", die auch "Miterben Christi" sind, so lange in diesem spannungsvollen Wartezustand obgleich Er die Macht hätte, sie sogleich beim Glaubensanfang zu vollenden? Der Erbe muss durch die Züchtigung Gottes erzogen werden, um schließlich "die friedsame Frucht der Gerechtigkeit" zu erlangen! Wie der Erstgeborene durch Leiden und Versuchungen im Gehorsam vollendet werden musste, um ein barmherziger Hoherpriester zu werden, so müssen auch wir, die wir in kommenden Zeiten königlich herrschen und richten und priesterlich dienen sollen, diese Gesinnung erst in der Schule Gottes erlernen! Spr 20:21 sollte in diesem Lichte verstanden werden. "Ein Erbe, das hastig erlangt wird im Anfang", also, bevor es eigentlich zusteht, "dessen Ende wird nicht gesegnet sein!" Der "verlorene Sohn" biete uns ein Beispiel für "Ein Eigentum, das im Anbeginn zusammengeschnappt wurde" (nach BUB). Darum darf auch kein "Neuling" Ämter in der Gemeinde Jesu übernehmen, kein "Knabe König sein" (1Tim 3:6 - Pred 10:16)!

Und doch ist es wahr, was Spr 10:28 bezeugt: "Das Harren der Gerechten wird Freude werden, aber die Hoffnung der Gesetzlosen wird zunichte!" Gott hört gewiss unser Gebet; aber die Art und die Zeit der Erhörung und Verwirklichung unterliegt Seinem alles entscheidenden Willen! So gesehen, gehört Spr 20:24 inhaltlich zu unserem Gedankengang. Der Mensch macht wohl viele Schritte hin und her, in scheinbar selbstgewählter Richtung und freier Entscheidung. Aber schon die Schritte hängen von JAHWEH ab, sind von Ihm bereitet (BA); Er bezieht sie ein in Seinen übergeordneten Plan und gestaltet mit unseren Schritten Seinen Weg in unserem Leben. Wie sollten wir Gottes Weg mit uns verstehen können, oder gar das Ziel dieses Weges, die wir den Gottes Weg mit uns verstehen können, oder gar das Ziel dieses Weges, die oft noch nicht einmal unsere Schritte zu überschauen vermögen? Die Enträtselung unseres Weges bleibt der Zukunft vorbehalten! "Jeder unserer Schritte ist Glied einer Kette, die wir weder nach rückwärts noch vorwärts überschauen, wohingegen Gottes Wissen Anfang, Mitte und Ende unseres Weges umfasst, und Gottes geschichtsgestaltende Weisheit alle menschliche freie Bestimmung Seinem Weltplan dienstbar macht" (nach DEL). Wenn es einmal von Henoch heißt, dass er "mit Gott wandelt" - dann meint dies, dass Seine Schritte den Fußspuren Gottes folgten. Das sollte auch unser Glaubensziel sein!

Dies gilt nun auch bei erlittenem Unrecht, etwa, wenn unser guter Name in den Schmutz gezogen wird und unsere Absichten missdeutet werden! Sprich nicht: Ich will Böses vergelten! "Vertraue still dem JAHWEH und harre auf Ihn! Erzürne dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den Mann, der böse Anschläge ausführt" (Ps 37:7)! "Sprich nicht: Wie er mir getan hat, will ich ihm tun, will dem Mann vergelten nach seinem Werk" (Spr 24:29)! "Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Schimpfwort mit Schimpfwort, sondern im Gegenteil segnet..." (1Petr 3:9)! Auch der König David "harrte auf JAHWEH" und auf die Gottesstunde, als er zweimal darauf verzichtete, sich an Saul zu rächen und sich mit Gewalt zur falschen Stunde Recht zu verschaffen (1Sam 24:1-8 - 1Sam 26:6-12).

Doch will Spr 20:22 nicht besagen, dass der Herr den, der auf IHN harrt, in der Weise erhört, dass Er schon jetzt an seiner Stelle die Vergeltung durchführt. ER wird dich retten, wird dir helfen! spricht die Verheißung. So stellen wir Gott nicht nur den Zeitpunkt der Rechtfertigung frei sondern auch die Weise Seines Handelns, ob "Wie feurigen Kohlen", die Er auf das Haupt unserer und Seiner Feinde sammelt, nicht den "Gluten Seiner göttlichen Liebe" entstammen könnten? (vgl. Röm 12:20 mit Hl 8:6-7). Es gibt orientierungslose Fromme, die in falscher, "charismatischer" Belehrung Gottes Handeln erzwingen wolle; wir aber sollten es mit dem Erzvater Jakob halten, der im Segen über seine Söhne, kurz vor seinem Tode ausrief: "Herr, ich warte auf Deine Rettung, auf Dein Heil" (1Mo 49:18)


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236. Der kluge König erweist Gericht und Gnade - Spr 20:26-28