Gott, der Erhabene, ist zugleich der Barmherzige - Jes 57:14-21

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aus HSA: Verkündiger von Gericht und Heil nach Jesaja (40-66) Bd.2


Gott, der Erhabene, ist zugleich der Barmherzige - Jes 57:14-21

Jes 57 spricht - zum Teil sehr derb und deutlich - von Israels Sünden (Jes 57:3-10 - Jes 57:17), wobei der 17. Vers insbesondere der Götzendienst der Habsucht (Kol 3:5), die Gier nach weltlichem Besitz und Gewinn, anprangert. Der Sünde folgte Gottes Zorn - ein Zorn von begrenzter Dauer Jes 57:16.17)-, wobei der Ewige sein Volk schlug (durch die Feinde schlagen und verschleppen ließ) und sein Angesicht gleichsam verhüllte. Israel wandelt auf eigenen Wegen, den Gelüsten seines Herzens nachgehend; diese Wege hat Jahwe genau beobachtet (Jes 57:17.18). Nun aber sollen dem Strafgericht von Gott her Heilung, Leitung, Tröstung und Frieden folgen und auf Israels Seite Lob und Dank als "Frucht der Lippen" (Hebr 13:15).

Jes 57:18 erinnert an Jes 40:1 und Jes 40:14 an Jes 40:3.4: Gottes Volk soll wieder getröstet werden; den aus der babylonischen Gefangenschaft Heimkehrenden soll ein gangbarer Weg gebahnt werden, ja mehr noch: Jahwe, dem Ewigseienden und Getreuen, soll in den Herzen seiner Auserwählten ein Weg gebahnt werden, ein Glaubensweg, ein Gehorsamsweg. Denn Israels Weg ist sein Weg! "Wenn Gott verkehrte Wege richtig macht, dann überlässt er die also Geretteten nicht sich selber, sondern führt sie auf seinen Wegen weiter" (D. Schneider). Wer sich dieser Führung und Leitung anvertraut, erlebt Heilung vom Sündenschaden, Tröstungen nach Zeiten der Angst udn tiefen Frieden (Schalom = Unversehrtsein, Heil und Glück in Gott). Der doppelten Tröstung von Jes 40 entspricht die doppelte Friedenszusage in Jes 57:19.

Für die Fernen und Nahen hält Gott Frieden bereit; man kann dabei an verschleppte, zerstreute, gefangene Israeliten in der Ferne oder Nähe Israels denken oder aber - im Sinn von Eph 2:17 - an Menschen aus den Nationen und aus Israel.

Während diejenigen, die auf Gott hören und glauben, Frieden erlangen (Röm 5:1 - Phil 4:6.7), heißt es im letzten Vers Jes 57:21 in Bezug auf die Gottlosen (Menschen, die in der Gottentfremdung leben und bleiben wollen) kurz und eindeutig (wie schon in Jes 48:22): Sie haben keinen Frieden - Ihnen steht er nicht zur Verfügung. Sie befinden sich stattdessen in ständiger innerer Unruhe, in einem Aufgewühltsein, das nichts Gutes zum Vorschein bringt, denn es gilt nun einmal das Augustinwort: "Unser Herz ist unruhig, bis es ruhet in Dir!" Nur der Gottlose, der umkehrwillig sich beugt, wird Gottes Gnade und Heil und Frieden erlangen.

Die Verse Jes 57:15.16 zählen zu den kostbarsten und wichtigsten im ganzen Jesajabuch! Hier hören wir, wo Gott wohnt, und hier erfahren wir in außerordentlich trostreichen Woten, was Gnade ist: Gott wohnt einerseits in der Höhe und im Heiligtum (Mt 6:9 - 1Tim 6:16 - 1Kö 8:13 - 1Kö 8:27), andererseits aber auch in den Menschen demütigen, zerschlagenen, gebeugten Geistes, denn den Demütigen gibt er Gnade (Jak 4:6). Es sind Menschen, die sich selbst richten (1Kor 11:31), die Gottes Urteil über sich anerkennen, das da lautet: "Nichts Gutes" (Röm 3:9-19 - Röm 5:12 - Röm 7:18): in ihrer Not wenden sie sich Gott zu und nehmen sein Heilsangebot an und werden gerechtfertigt aus Glauben durch Gnade, uabhängig von Werden (Röm 5:1- Eph 2:8-10 - 2Tim 1:9). Nun dürfen sie erfahren, dass der Herr ihren Geist und ihr Herz belebt, ja, aus dem geistlichen Tode zum Leben führt (Joh 5:24 - Eph 2:5.6), und dürfen fortan in seiner Nähe leben. - Wir brauchen also, um in Gottes Nähe und Gemeinschaft zu kommen, ihm nicht durch Leistungen zu "imponieren"; im Gegenteil, wer zerschlagen am Boden liegt und mit sich selbst am Ende ist, bei dem ist Gott am Anfang (der Heilung und Erneuerung).

Jes 57:16 betont (wie auch Kla 3:31-33), dass der Herr nicht auf ewig, nicht für immer, nicht unaufhörlich richtet und zürnt (oder gar quält). Dies beweist - als Muster und Modell für die übrige Welt - die Geschichte Israels. Immer wieder richtet Gott, aber es ist nie sein letzte Wort. Sein Richten ist stets ein Züchtigen mit Heilsabsicht, ein Zurechtweisen und Zurechtbringen (vgl. [Jes 28:23]-29). Sogar für die in der Sinflut und im Feuergericht über Sodom und Gomorra Umgekommenen gibt es Hoffnung (man vergleiche 1Petr 3:19.20 - 1Petr 4:6 und Hes 16:53-55 sowie Mt 11:23.24). Die begründet der Ewigseiende in wunderbarer Logik göttlicher Barmherzigkeit damit, dass er sagt: Ich würde ja sonst mein eigenes Schöpfungwerk zerstören! Ich schuf des Menschen Geist und seinen Odem, seine Seele, nicht zu dem Zweck, sie als missratene Gefäße endgültig zu vernichten, sondern dazu, ein Bild Gottes zu sein (1Mo 1:27 - Kol 3:9.10). Und ob der Mensch auch tausendfach der Verführung der Sünde erlag - Israel wie auch die Nationen - ich höre nicht auf, richtend zu retten und schlagend zu heilen (Jes 19:22). Wie Gottes Gnade die Sünde überragt (Röm 5:20), so seine Liebe den Zorn; er hat ein Ende. Die nennt F. Delitzsch die "Selbstbeschränkung des göttlichen Zorns". "Wenn Gott seinem Zorn keinen Einhalt täte, so hätte dies die Vernichtung des Menschenlebens zur Folge, welches doch sein schöpferisches Werk ist." Und D. Schneider schreibt: "Würde Gott sich jetzt nicht erbarmen, würde er das Werk seiner Schöpfung in Frage stellen. Der Schöpfer stünde als einer da, der ein Werk wieder ausgelöscht hätte, das er einst wunderbar ins Leben gesetzt hatte. Aber nicht nur wegen solcher 'Blamage' erbarmt sich Gott seines Volkes, sondern weil er treu ist und zu dem steht, was er einmal angefangen hat."

Solche Liebe und Treue Gottes gilt Israel, aber auch allen Menschen (Röm 5:18.19).