Fürchte dich nicht, Jakob-Israel! - Jes 41:8-20

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

aus HSA: Verkündiger von Gericht und Heil nach Jesaja (40-66) Bd.2


Fürchte dich nicht, Jakob-Israel! - Jes 41:8-20

Wieder begegnet uns, wie schon in Jes 40:27, der Doppelname Jakob-Israel (aber in umgekehrter Reihenfolge). Gott betont hier, dass er in Vergangenheit und Gegenwart der Wirkende war und ist: Ich habe erwählt, ergriffen, gerufen, und ich bin jetzt dein Tröster und Helfer und Beistand. "Jedes Wort atmet hier innige Liebe" (Delitzsch). Gott erinnert hier an Abraham, mit dem die Geschichte Israels gewissermaßen begonnen hat: Er hat ihm "von den Enden der Erde her ergriffen" (vom Standpunkt Jerusalem aus geschaut), nämlich von Ur in Chaldäa und von Haran im nördlichen Mesopotamien; zweimal wurde Abraham gerufen (Apg 7:2.3 - 1Mo 12:1-3). Gottes Tun wird in den Versen Jes 41:8-10 durch die Verben "erwählen, ergreifen - rufen - stärken - helfen - stützen" deutlich gemacht. Das alles tut Gott auch heute an seiner Gemeinde (vgl. Röm 8:28-30 und Jes 41:26).

Während die Reihenfolge sonst Jakob-Israel lautet, steht in Jes 41:8 Israel-Jakob. "Israel, mein Knecht - Jakob, den ich erwählt habe" (anders herum in Jes 44:1). Jakob weist, wie wir sahen, auf das alte Wesen hin, Israel auf die neue Natur und Bestimmung (vgl. in Eph 4:22-24 und Kol 3:9.10 die Ausführungen über den "alten Menschen" und den "neuen Menschen"). Was wollen diese Stellen Israel sagen und uns sagen? "Israel, ich habe etwas mit dir vor, große Aufgaben warten auf dich. Jakob, ich kenne dich durch und durch, trotzdem habe ich dich erwählt" (Jes 41:8). Und umgekehrt in Jes 44:1: "Jakob, du sollst mein Knecht sein und mir dienen. Ich weiß, dass du dazu in deinem alten Wesen nicht in der Lage bist; aber ich habe dir ja einen neuen Namen gegeben: Israel, und im Hinblick auf deinen neuen Namen, dein neues Wesen, deine neue Bestimmung (Gerichtswerkzeug und Heilsträger inmitten der Nationen zu sein) habe ich dich erwählt." - Auch die Glieder der Gemeinde Jesu sind in ihrem alten Wesen völlig unfähig, Gott zu dienen; trotzdem hat Gott sie zum Dienst und zum Heil für andere auserwählt und er schenkt ihnen "in Christus" ganz neue Lebensmöglichkeiten (vgl. 2Kor 5:17 - 2Kor 3:4-6 - Gal 2:20 - Röm 8:1 - Röm 8:12-17 - 2Petr 1:3-11). Und was Israel betrifft, so wissen wir aus Röm 9-12: trotz hundertfachen Versagens, trotz zeitweiliger Verblendung und Verstockung, hält Gottes Treue an seiner Auswahl und an der Berufung Israels fest (Jes 41:11 - Jes 41:25-29). Ist Jakob-Israel auch nur wie ein Wurm (Jes 41:14, vgl. Ps 22:7), ein kleines Häuflein inmitten mächtiger Feinde - Jahwe, der Ewigseiende, ist sein Helfer. Wer sich auf diesen Heiland und Helfer im Glauben verlässt, kann kühn fragen: "Ist Gott für mich - wer mag wider mich sein?" (Röm 8:1 - Hebr 13:6).

Die Erwählung spielt in der Heilsgeschichte Gottes eine große Rolle. Gott ist es, der erwählt, nicht wir Menschen (Joh 15:16). Wir unterscheiden zwei große auserwählte Körperschaften Gottes: Israel als völkisch-nationale Auswahl und die Gemeinde Christi Jesu als übervölkisch-internationale Auswahl. Die Auserwählten sind nicht die Einzigen, die Gott rettet, sondern die Erstlinge, die für die Übrigen ein Segen sein sollen. Sie sind auch nicht die größten, Edelsten, Besten; eher ist das Gegenteil der Fall (vgl. 5Mo 7:7.8 - 1Kor 1:26-29). Gerade auf dem Hintergrund ihrer Schwachheit, ja Sündhaftigkeit will sich der rettende Gott verherrlichen. Erwählung ist pure Gnade, un doch ist es nicht gleichgültig, wie man mit ihr umgeht: Es gilt, die Berufung und Erwählung fest zu machen (2Petr 1:10). So soll auch das Volk Israel dessen eingedenk sein, dass es Gottes Knecht und Gottes Erwählter ist (wie wir es in Jes 41-44 immer wieder vernehmen). Das Erste aber, was Gott von seinen Erwälten erwartet, ist nicht Leistung, sondern Glaube, Vertrauen, dankbare Annahme seiner Gnade und seiner tröstenden Worte "Fürchte dich nicht", die allein in unserm Text dreimal erklingen (Jes 41:10 - Jes 41:13.14).

"Fürchte dich dich - Fürchtet euch nicht!" so lesen wir es immer wieder im alten wie im Neuen Testament (vgl. Jes 43:1 - Jes 43:5 - Jes 44:2 - Jes 51:7 - Jes 54:4 - Mt 1:20 - Mt 10:26.28 - Mt 14:27 - Mt 17:7 - Mt 28:5 - Mt 28:10 - Lk 1:13 - Lk 1:30 - Lk 2:10 - Lk 8:50 - Lk 12:4 - Lk 12:7 - Lk 12:32 - Offb 1:17 - Offb 2:10), während den selbstherrlichen Gottlosen zugerufen wird: "Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre!" (Offb 14:7). Der Mensch fürchtet sich vor übersinnlichen Erscheinungen, seien es Gotteserscheinungen (Theophanien) oder Engelerscheinungen, vor dem Leben und vor dem Sterben, vor dämonischen Mächten, vor Unrecht, Krieg, Verfolgung, Krankheit, Einsamkeit, Arbeitslosigkeit, Enttäuschungen aller Art oder Naturkatastrophen. Er fürchtet sich, wo es nicht sein müssste, wenn doch der Herr sein Beistand ist, und lässt es andererseits an der rechten Furcht (Ehrfurcht) vor Gott und Menschen fehlen.

Die Begründung des göttlichen "Fürchte dich nicht" in den Trostkapiteln Jes 41-44 aber lautet immer wieder: "denn ich..." Es heißt nicht: Fürchte dich nicht, denn du wirst es schon schaffen - denn so schlimm wird es nicht kommen - denn es kommen auch wieder bessere Zeiten; nein, es folgt stets der Hinweis auf das große, starke, liebende, treue Gottes-Ich (Jes 41:10 - Jes 41:13.14 - Jes 43:1 - Jes 43:5 - Jes 44:2.3). "Kein anderer Prophet stellt das Ich Jahwes schon in der Form so nachdrücklich in den Mittelpunkt. Immer tritt dabei Jahwes unvergleichliche Macht und Güte ins Licht" (Elliger). Gott darf, ja muss (im Unterschied zu uns Menschen) sein Ich betonen und herausstellen, weil in seiner Person alles Heil beschlossen liegt. Und Jahwes immer wiederkehrendes Ich im Jesajabuch findet im Neuen Testament seine Fortsetzung in den Ich-bin-Worten Jesu, der ja selber auch Jahwe ist: Joh 8:12 - Joh 10:11 - Joh 11:25 - Joh 14:6 - Offb 1:17 u.a.

Doch kehren wir zu Israels Situation zur Zeit des Kyrus zurück! Wovor mögen sich die Juden im Exil damals gefürchtet haben? "Werden uns die Babylonier wirklich ziehen lassen? Ist auf den Perserkönig Verlass? Wie sollen wir den beschwerlichen Weg durch die Wüste bewältigen? Was werden wir daheim antreffen? Nur Armut, Not und Trümmmer? Wie soll es weitergehen?"

In dieser Situation tröstet Jahwe Israel. "Fürchtet euch nicht, denn ich bin doch da! Ich werde euch stärken und helfen! Eure Feinde werden zunichte werden. Ich kann auch in der Wüste für Wasser sorgen (2Mo 17:6 - 4Mo 20:8-11) und dürres Land fruchtbar machen, ja ich kann euch einen Vorgeschmack des Messiasreiches erleben lassen" (vgl. Jes 41:17-20 mit Jes 35:10): - So kann Gott auch heute Israel stärken und überhaupt alle "Elenden und Armen", die im Glauben zu ihm rufen.