Einführung in das Buch Hiob

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zur TUR - "Die Heilige Schrift" von Naphtali Herz Tur-Sinai


Einführung in das Buch Hiob

Aus HIOB, worin allein hunderte von Einzelstellen und viele ganze Abschnitte in neuer Auffassung erscheinen, seien hier nur einige grundsätzliche Feststellungen und verhältnismäßig wenige Beispiele angeführt. Wer vollere und genauere Erklärungen wünscht, mag zu meinem (Naphtali Herz Tur-Sinai) im Jahr 1957 erschienenen englischen Kommentar zum Buche Hiob greifen.

Grundsätzlich ist versucht worden, vieles in der Übersetzung selbst verständlich zu machen. So z.B. die vielen Fälle, wo Wörter, Sätze und ganze Abschnitte nicht als Äußerungen des Redners selbst zu verstehen sind, sondern als Zitate innerhalb seiner Rede. Als solche sind nicht nur Aussprüche des Gegners angeführt, die in der Fortsetzung widerlegt werden, wie z.B. Hi 4:12-21 - Hi 15:14-16 - Hi 20:2-3 - Hi 22:2-11 - Hi 25:2-7 etc. sondern auch Abschnitte aus älterer epischer Dichtung, aus Spruchweisheit und weisen Fabeln. Zitate aus älterer Dichtung über die Erschaffung der Welt und besonders des ersten Menschen sind z.B. Abschnitte wie Hi 12:7-9, wo - in Anführung von Gottes Wort an Adam, der die Sprache der von ihm erschaffenen Tiere verstand - Hiob gesagt wird: "(Du weißt ja, was Gott Adam sagte, als er sich fragte, wer doch das alles geschaffen habe:) 'Aber frag nur das Vieh, es wird dich lehren, der Höhe Vogelwelt, es wird dir's künden... Wer wüsste nicht von allen diesen, dass dies des Ewgen Hand erschaffen?'"

Ähnlich ist z.B. Hi 40:5: "Sieh da die Tiere (nicht 'Behemot' als legendäres Wesen), die ich mit dir geschaffen, (alles was) Gras frisst wie das Rind!" Zitat einer Anrede Gottes an Liwijatan, der im weiteren als Gottes Schwertträger und sein Gehilfe bei der Schöpfung geschildert wird. Aus der Fabeldichtung stammen z.B. Hi 17:4-5 und Hi 39:13-18; diese Stellen erwähnen das törichte Verhalten zweier Vögel - einer von ihnen grammatisch männlich, der andere weiblich - die sich durch Schmeichelei (offenbar des listigen Fuchses) verleiten ließen, ihre Junen im Stich zu lassen, die darum zugrundegehen. Der Bibeltext enthält keine Anführungszeichen, und diese müssen von uns, dem Sinn nach, ergänzt werden, wie etwa in dem angeführten Fall von Hi 17:4: "Bei Schmeichelei sagt er 'Freunde' (d.i. hier habe ich Freunde gefunden!) und die Augen seiner Jungen (ver)schmachten".

Da die Bibel in der Dichtung im allgemeinen auch keinen bestimmten Artikel verwendet, sind an anderen Stellen Sätze, die ein Zitat ankündigen, verkannt worden, wi z.B. in Hi 15:13: "Dass du... aus deinem Mund die (folgenden) Worte stießest"; was nun, als Zitat, folgt, ist ein Ausspruch des Gegners, der nachher in der Rede widerlegt wird. Andere, ausführliche Zitate innerhalb einer Rede macht die Bibel als solche durch einleitende und abschlieißende Sätze kenntlich, die jedoch unglücklicherweise missverstanden blieben. So ist Hi 4:12-18 der - in die Rede des Freundes der nur als Zitat eingeschaltete - Bericht Hiobs von einem schrecklichen Traumgesicht, das ihm erzählte, dass weder Engel noch Menschen von Gott gerecht befunden werden, durch zwei Sätze (Hi 10-11) eingeleitet, die diesen verzweifelten Bericht Hiobs als Löwenbrüllen und Raubtiergeschrei beschreiben, und am Ende abgeschlossen durch die spöttische Frage: (Der du behauptest, eine göttliche Mitteilung erhalten zu haben) "Ruf nur! Gibt wer dir Antwort? Und von den Heiligen, an wen willst du dich wenden?" Dieses Traumgesicht bildet den Mittelpunkt von Hiobs Argumenten und wird deshalb mehrmals von ihm und den ihn wiederlegenden Freunden angeführt, außer in Hi 4 auch in Hi 9-10 - Hi 15 - Hi 20 - Hi 25-26. Aber da diese Widerholung desselben Berichts der biblischen Tradition überflüssig erschien, sind an manchen dieser Stellen, als Hinweis allen, nur einzelne Sätze aus dem ganzen Zusammenhang wiedergegeben und, begreiflicherweise, missverstanden worden.

Solche Einschaltungen in einer Rede trennen oft zusammengehörige Argumente. Darum sind z.B. die Verse Hi 5:6-7 so völlig sinnwidrig gedeutet worden, als ob sie besagten, dass "der Mensch zum Leid geboren" ist, während sie in Wirklichekeit den Gedanken von Hi 4:8-9 fortsetzen: "Wie die ich sah, die Unheil pflügten, die Leid gesät - sie ernten es!" etc., und nun, in demselben Sinn: "Denn das Leid (das diese Bösewichter säen, das) wird nicht aus der Erde sprossen", ihr Schaffen wird ihnen keinen Ertrag bringen, und wenn (denen, die) Leid (säen), ein Menschenkind geboren wird, tragen die Reschef-Vögel es hochauf hinweg.

Im zahllosen Fällen musste Wortbedeutung und Gedankeninhalt erst neu erschlossen werden. Viele Worte zeigen eine bisher nur aus dem Aramäischen bekannte Bedeutung (vgl. Hi 3:24), und selbst die Bezeichnungen für Gott meinen oft (vgl. Hi 5:8 - Hi 15:11) nicht den einen, höchsten Gott, sondern irgendein göttliches Wesen, in Hi 15 z.B., das göttliche Wesen, das zu Hiob im Traum gesprochen hatte. In der Kürze des Verses ist oft die für den Sinn entscheidende Relativpartikel (ascher) weggelssen; vgl. z.B. Hi 4:10 - Hi 16:21 - Hi 27:11 - Hi 30:7. An anderen Stellen sind Sätzchen zu verbinden, die die spätmittelalterliche Kaptiteleinteilung auseinandergerissen hat, wie z.B. der Schlusssatz von Hi 9 mit dem Anfgangsatz von Hi 10 zu verbinden ist: "denn unrecht bin ich bei mir selbst; zuwider ist mir selber meine Seele". Grammatisch bezeichnet die Zeitform, die in Prosa Gegenwart oder Zukunft bedeutet, oft ferne Vergangenheit, und andere Schwierigkeiten mehr.

Eine Auslese von Einzelheiten sind aufgeführt bei den jeweiligen Versen unter:

Erklärung aus TUR