Die Weisen aus dem Morgenland

Aus Bibelwissen
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Auszüge aus dem Buch: Licht aus Seinem Licht von Pastor A. Fünning
erschienen 1948 im Christlichen Allianzverlag, Fellbach

Inhaltsübersicht
11. Unsere Verantwortung Israel gegenüber

12. Die Weisen aus dem Morgenland

(Mt 2:1-12) Die Begebenheiten des 2. Kapitels im Matthäus-Evangelium - wie die Weisen aus dem Morgenland in Jerusalem den König der Juden suchen, um ihn anzubeten und ihre Gaben aus der Ferne zu bringen; der Zorn des Königs; die Flucht nach Ägypten; das Töten der Kinder von Bethlehem und die Rückkehr und das Wohnen der Eltern und des Jesuskindes in Nazareth - werden in keinem anderen Evangelium erzählt. In ein anderes Evangelium würden sie garnicht hineinpassen, deshalb hat der heilige Geist sie nur im Matthäus-Evangelium, das vorwiegend an und für Israel ist, aufgenommen. Denn alle diese Begebenheiten sind im Alten Testament angezeigt.

Dieses 2. Kapitel ist ein ungemein interessantes und lehrreiches, und enthält wichtige Zeitalter-, ja prophetische Offenbarungen. Es enthält wie in einer Nussschale die Geschichte der ganzen Evangeliumszeit, zum Beispiel:

1. Der wahre König ist in Jerusalem, der Stadt des großen Königs, nicht bekannt, und sein Volk weiß nicht, dass er gekommen ist.

2. Aber Fremde, Heiden aus fernen Länden. kommen und suchen ihn begierig, um ihn anzubeten. Hier schon geht die Weissagung des Simeon, "ein Licht zu erleuchten die Heiden", in Erfüllung. Doch das Bild wird noch trauriger, denn:

3. Die geistliche Behörde von ganz Israel (Hohepriester, Schriftgelehrte und Älteste in Jerusalem) verhält sich gleichgültig, ja kalt, ihrem rechtmäßigen König gegenüber, während der weltliche Herrscher voll Hass gegen den wahren König erfüllt ist und ihm nach dem Leben trachtet.

4. Später vereinigen sich beide, die geistliche, kirchliche und weltliche Behörde, um ihn zu töten, ja sie ruhen nicht eher, bis sie ihn umgebracht haben.

Da haben wir in diesem kurzen Kapitel, wie von einem Blitzlicht beleuchtet, den Gang des ganzen Evangeliums durch die Welt. Doch es enthält noch mehr. Die ganze Geschichte des Königreiches der Himmel (in Mt 13. im Grundtext steht stets: "Königreich der Himmel", also stets in der Mehrzahl und nicht in der Einzahl wie Luther übersetzt hat) von Christi Himmelfahrt bis zu seiner Wiederkunft, wie dieselbe in Mt 13. ausgelegt wird, ist in diesem Kapitel verborgen, und der Charakter dieser neuen Heilsperiode ist hier schon geoffenbart. Dies alles und noch mehr, das später erwähnt und ausgeführt wird, ist in diesem Kapitel schon abgeschattet.

Die Weisen folgen dem Stern

Die Weisen aus dem fernen Osten kamen nicht gleich nach der Geburt Jesu Christi. Die Darstellung auf Bildern: das Jesuskind in der Krippe, daneben Maria und Joseph und einige Haustiere, und die angekommenen Weisen, Könige mit Kronen auf ihren Häuptern, ist nicht schriftgemäß. Die Weisen betonten: Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland. Der Stern erschien dort im fernen Osten in dem Augenblick, als Jesus geboren wurde. Wenn die Weisen auch sofort aufgebrochen wären, so nahm die Reise nach Jerusalem immerhin mehrere Wochen, wenn nicht Monate in Anspruch. Dann heißt es in Mt 2:9: "Der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten... stand still, wo das Knäblein war. Und in Mt 2:11: "Und sie gingen in das Haus (nicht in einen Stall). Maria und Joseph waren also, nachdem die Volkszählung vorüber war, und die Volksmenge sich verlaufen hatte, in ein Haus umgezogen, und dann erst erschienen die Weisen.

Auch dass es drei, und zwar Könige gewesen sein sollen, ist eine bloße Annahme der katholischen Kirche, die Bibel sagt nichts davon. Statt drei müssen es eine ganze Anzahl hochstehender Personen gewesen sein, mit einer großen Dienerschaft. Dieser große fremdländische Tross in den Straßen Jerusalems jagte dem König solchen Schrecken ein, dass er sofort im Herzen beschloss, diesen sogenannten neugeborenen König, umzubringen. Drei Männer hätten ihm nicht solchen Schrecken verursacht. Dieser große Tross aus fernen Landen trug auch dazu bei, dass ganz Jerusalem erschrak. Diese Weisen aus dem fernen Osten, wahrscheinlich von Babel, waren Gelehrte, die das Wissen der damaligen Zeit erforscht hatten, ohne das Heilmittel ihrer Seele gefunden zu haben. Nun suchten sie dasselbe bei Jesus.

Da Daniel einst der Oberste der Astrologen war, so kannten diese Weisen möglicherweise durch seinen Einfluss die Weissagung Bileams in 4Mo 24:12: "Es wird ein Stern aus Jakob ausgehen." Dann erwartete man ja auch zu jener Zeit im ganzen Orient oder Morgenland das baldige Auftreten eines jüdischen Welterlösers. In diese Erwartung war Jerusalem einbezogen. Als nun eines Nachts ein neuer, glänzender Stern am Himmelsgewölbe aufblitzte, erkannten und wussten die Weisen sofort, dass der verheißene Welterlöser in Judäa erschienen sein musste. Und: Auf zu ihm! war ihr Entschluss, den sie auch ausführten. So brachte sie jenes Zeichen am Himmel nach Jerusalem. Doch welch bittere Enttäuschung erfuhren sie dort, wo nach ihrer Erwartung der König wohnen musste und wo sie ihn zu finden hofften. Wen fanden sie in Jerusalem? Einmal, Jerusalem unter der Herrschaft eines falschen Königs, des Herodes, der mit Hass gegen Gottes Volk und den rechtmäßigen König erfüllt war. Herodes ist hier ein Vorbild vom Antichristen, der, wenn der Herr Jesus wiederkommen wird, auch voll tödlichen Hasses gegen Gottes Volk und gegen Jesus sein wird. Dann durchwandern sie die Straßen Jerusalems, vergeblich rufend und fragend: Wo ist der neugeborene König der Juden? Doch wo immer sie auch fragen, nirgendwo eine Antwort. Was werden diese aus fernen Landen gekommenen, suchenden Fremdlinge, die eine weite, beschwerliche und gefährliche Reise hinter sich hatten, wohl gedacht haben?

Ein falscher König in Jerusalem

Die prächtige religiöse Stadt mit ihren wundervollen Bauten, vor allem der großartige herodianische Tempel, an dem damals noch gebaut wurde, mit der malerisch aufgeputzter, aristokratischer Priesterschaft, - sie wussten nichts vom wahren König; sie hatten auch kein Verlangen nach demselben. Sie waren mit ihrem prächtig ausgestatteten Kultus, mit ihren herrlichen, religiösen Formen und Zeremonien vollkommen zufrieden. Etwas anderes brauchten sie nicht. Hier finden wir schon im Vorbild die ganze, traurige Geschichte der Verwerfung des Königs vom Himmel herab. Er fand nicht nur keinen Raum in der Herberge, sondern auch keinen Raum unter seinem Volk, sie nahmen ihn nicht auf. Auf dem rechtmäßigen Thron Davids aber sitzt ein falscher König, der ein Regiment voll Blut und Tränen führte. Wie treffend schildern diese Züge die ganze Geschichte Israels in diesem Zeitalter - von Pfingsten bis zur Wiederkunft Christi. Jerusalem und Israel kennt seinen König nicht, ja hat ihn verworfen, und seither ist Israels Geschichte eine Geschichte voll Blut und Tränen und wird eine solche bleiben, bis der falsche König von seinem Thron gestürzt, und Jesus von Nazareth, der König der Juden, als rechtmäßiger König auf den Thron erhoben wird.

Die religiösen Führer der Juden

Doch in unserem Text erblicken wir in Jerusalem, neben dem falschen König, religiöse Führer, und zwar rechtmäßige Führer der Volkes, wie Hohepriester und Schriftgelehrte. Das waren die gelehrten Herren des Gesetzes, der Weissagung, der Rechtgläubigkeit. Sicherlich werden die doch, wenn sie hören werden, dass Er, auf den Israel 2000 Jahre wartete, gekommen sei, laufen, laufen, um ihn willkommen zu heißen. Doch weit gefehlt! Wohl haben sie eine ausgezeichnete Schriftkenntnis. Denn als der König Herodes sie zu einer Spezialsitzung zusammenruft, um von ihnen zu erfahren, wo Christus geboren werden solle, können sie sofort dem König und den Weisen aus der Schrift die gewünschte Auskunft geben. Da und da im Propheten Micha steht so und so geschrieben. Auch sind sie alle orthodox, d.h. rechtgläubig. Da ist kein Modernist oder Freidenker unter ihnen, sondern alle glaubten an die Weissagung, genau so, wie sie geschrieben steht. Doch leider, leider war ihre Schriftkenntnis und Rechtgläubigkeit nur Kopf- und nicht Herzenssache. Ihr Herz wurde nicht berührt.

Bethlehem liegt etwa sechs Meilen von Jerusalem entfernt. Die Weisen hatten etwa 600 Meilen zurückgelegt, um den neugeborenen König der Juden zu finden und ihn anzubeten, doch den religiösen, aber innerlich toten Juden fällt es im Traum nicht ein, mit den Weisen die sechs Meilen nach Bethlehem zu gehen, um auch ihren König und Messias anzubeten. Die gelehrten religiösen Herrn waren religiöse Eiszapfen, hölzerne Wegweiser, die wohl anderen den Weg wiesen, aber ihn selbst nicht gingen. Zum ersten Mal im Neuen Testament treten uns hier diese rechtgläubigen, mit viel Schriftkenntnis ausgerüsteten Herrn entgegen, die aber Jesus gegenüber innerlich gleichgültig, ja kalt waren, deren Gleichgültigkeit und Kälte - je mehr wir in das Evangelium hineingehen - sich bis zum tödlichen Hass steigert: "Kreuzige ihn, kreuzige ihn!"

Die religiösen Führer der Christen

Dieses traurige Bild aus Israel ist ein Spiegelbild unserer Zeit. Religiosität, Zeremonien, Formen und Glaubensbekenntnisse finden wir auch heute reichlich unter den kirchlichen Leuten. Und dieses befriedigt, wie damals in Israel, auch heute vollkommen die große Masse. Und wie damals in Israel, so verhält sich auch heute die Masse religiöser Leute ihm, dem Messias, gegenüber sehr gleichgültig, ja oft feindselig, trotz aller Schriftkenntnis und Rechtgläubigkeit. Die Masse hat kein Interesse an Jesus, an seiner Verherrlichung und für die Ausbreitung seines Reiches, sie sieht ihn nicht, geschweige denn, dass sie Begeisterung für ihn hätte. Das herrschende kirchliche System genügt ihr vollkommen, genau wie damals den Juden. Und wie die religiösen Führer damals kein Interesse hatten an dem ersten Kommen Jesu, so haben heute viele religiösen Führer der Kirchen kein Interesse an dem zweiten Kommen Jesu. Diese Herren, damals wie heute, in gut bezahlten Stellungen, haben kein Verständnis und kein Verlangen nach den wiederkehrenden Heiland. Die gut bezahlten Stellungen genügen ihnen vollkommen. Gleichgültigkeit, Feindschaft, Hass und Gericht, das war der traurige Weg abwärts damals in Israel, und genau derselbe traurige Weg abwärts wird der Abschluss der Christenheit dieses Zeitalters sein.

Die Weisen als Heilssucher

Zum Schluss noch etwas mehr über die Weisen. Wir haben schon gesehen, dass sie ernste Hellssucher waren. Das sehen wir aus mancherlei. Zum Beispiel:

1. Sie waren reiche, angesehene Leute. Aber der Reichtum und ihre Ehre sättigte und stillte ihren Seelenhunger nicht. So suchten sie ein besseres, himmlisches Gut im neugeborenen König. Der sollte die Leere ihres Herzens ausfüllen. Lass auch deine Leere von ihm ausfüllen! -

2. Sie hatten ein feines Gespür für die Zeichen der Zeit. Ein besonderes Zeichen am Himmel (Stern) brachte sie nach Jerusalem und schließlich zu Jesus. Studiere auch du die Zeichen der Zeit, das ist ein sehr segensreiches Studium. Oder soll uns der bittere Vorwurf des Herrn in Mt 16:3 gelten?

3. 'Sie verlassen Vaterland, Haus, Hof, Weib, Kinder, Nachbarn und Bequemlichkeit und machen sich auf die weite, beschwerliche und gefährliche Reise von etwa 600 Meilen, die eine längere Zeit dauerte. Sie scheuten weder Mühe, Beschwerden noch Gefahr. Das ist ernstes Suchen! -

4. Auch als in Jerusalem niemand etwas vom neugeborenen König wusste, kehrten sie nicht enttäuscht und entmutigt um, sondern suchten weiter. Und der gesagt hat: "So ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, werde ich mich von euch finden lassen", der ließ es ihnen gelingen. So musste selbst der grimmige Feind Herodes, mithelfen, dass die Weisen Jesus fanden (Mt 2:7-8). In ihrem Beruf (Astrologen) hatten sie etwas Licht erhalten, das sie bis nach Jerusalem brachte. Dann erhielten sie aus der geöffneten Bibel in Jerusalem helleres Licht, sodass sie jetzt ganz genau wussten, wo der neugeborene König zu finden war und dahin zogen sie.

5. "Hoch erfreut" (Mt 2:9-10). Wie sticht das heilsverlangende Suchen und dann die große Freude dieser Heiden ab von der Sattheit und Kälte der toten Frommen in Jerusalem! So ist es vielfach heute noch zwischen toten Christen und heilsverlangenden Heiden draußen.

6. (Mt 2:11). Endlich, endlich, nach langer, beschwerlicher und gefährlicher Reise, auch nach viel Enttäuschung, waren sie dennoch endlich am Ziel. Sie hatten den gefunden, nach dem ihre Seele verlangte - der Heiden Bestes, genauer: Köstlichstes (Hag 2:7). Das war für sie sicherlich eine selige Stunde und ein seliger Tag. Weißt du auch etwas von einer solch seligen Stunde und von einem seligen Tag, an dem du den Heiland gefunden hast? Diese Weisen zeigen uns, was wir tun sollen, nämlich Ihn suchen und zwar wie die Weisen es taten, von ganzem Herzen. Hast du das getan?

Eine Auswahl aus den Heiden

Doch nicht alle Heiden kamen und suchten den Heiland und beteten ihn an, sondern nur eine kleine Anzahl. Diese Heiden hier schatten die Auswahl aus den Heiden in diesem Zeitalter ab. Die Verheißung für dieses Zeitalter lautet nicht, dass alle Nationen zu Christus kommen und in seinem Licht wandeln werden, sondern nur eine Auswahl - die Gemeinde. "Gott hat heimgesucht und angenommen ein Volk aus den Heiden für seinen Namen", sagt Jakobus nach Apg 15:14. Doch diese Heiden, die hier nach Jerusalem pilgerten, um den König anzubeten, sind ferner ein Vorbild davon, wie einst alle Heiden nach Jerusalem pilgern werden, um den König, den Herrn der Heerscharen, anzubeten (Jes 2:2.3).

Die Weisen als Vorbild

Was sollen Menschen tun, die, wie die Weisen, Jesus gefunden haben? Auch das zeigen und lehren uns die Weisen. Da lesen wir:

1. Sie fielen nieder und beteten ihn an. Das hatten sie nicht Herodes gegenüber getan. Auch beteten sie nicht Maria und Joseph an, wie heute die kath. Kirche solches tut. Nein, sie beten den an, dessen Name über alle Namen ist, und dem alle Zungen bekennen werden, dass Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes des Vaters. Anbetung des Sohnes Gottes war das erste, was die Weisen taten. Anbetung des Sohnes Gottes ist und bleibt immer das erste und das letzte eines jeden wahren Christen. Fehlt diese Anbetung, dann hat noch keine wahre Übergabe zu Jesus stattgefunden. Doch noch etwas taten die Weisen, was zur wahren Huldigung des Sohnes Gottes gehört:

2. Sie taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Im Morgenland war und ist es Sitte, dass man vor den König nur mit wertvollen Gaben kommen durfte. Auch im Alten Testament war es Vorschrift, dass man vor den Herrn nicht leer kommen durfte. Auch durften sie nicht das Schlechteste, wie es so viele Christen heute tun, sondern das Beste mussten sie bringen. Seht, genau das taten diese Heiden, ohne irgend welche Vorschriften. Zuerst beten sie den Heiland an - das war ihre Hingabe und Übergabe an ihn - und dann geben sie ihm das Beste von ihren Gütern. Das können wir von den Weisen lernen.

Prophetisch haben diese Gaben eine große Betdeutung. Gold für den König, den anzubeten sie gekommen waren, Weihrauch dem Gott, und die bitteren Myrrhen dem Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. Ob diese Weisen die prophetische Bedeutung ihrer Gaben verstanden haben?

Mt 2:12 Die Weisen durften nicht auf dem gleichen Weg zurückkehren, den sie gekommen waren. Der Weg vom Kreuz ist ein anderer, als der Weg zum Kreuz, denn das Kreuz scheidet uns von der Welt und von ihrer Lebensweisse. Wer da sagt, er habe den Sohn Gottes als Heiland angenommen und geht doch denselben Weg wie vorher, der hat Christus noch nicht wahrhaft angenommen und angebetet. Haben wir auch ein feines Gespür auf die Stimme des Geistes Gottes, und sind auch wir demselben auch sofort gehorsam? Mögen wir das alles von dlesen Weisen lernen. Ich möchte heute das tun, wozu der Psalmist in Ps 95:6 auffordert: "Kommt lasst uns anbeten und knien und niederfallen vor dem Herrn". Das taten die Weisen. Lasst es auch uns tun! Amen.

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13. Leben und volle Genüge