Die Geheimnisse vom Königreich der Himmel

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Auszüge aus dem Buch: Licht aus Seinem Licht von Pastor A. Fünning
erschienen 1948 im Christlichen Allianzverlag, Fellbach

Inhaltsübersicht und Vorwort
1. Die Anbetung des Sohnes Gottes

2. Die Geheimnisse vom Königreich der Himmel

Die heiige Schrift spricht von einer ganzen Anzahl von göttlichen Geheimnissen. Sie spricht

1. vom Geheimnis der Menschwerdung Christi (1Tim 3:16)
2. vom Geheimnis der Gemeinde Christi (Eph 3:3)
3. vom Geheimnis, dass die Gemeinde die Braut Christi ist (Eph 5:32)
4. vom Geheimnis der Entrückung der Gemeinde (1Kor 15:51; 1Thes 4:13-18)
5. vom Geheimnis seines Willens (Eph 1:9)
6. vom Geheimnis des Vaters und Christi (Kol 2:2)
7. vom Geheimnis des Glaubens (1Tim 3:9)
8. vom Geheimnis der Blindheit Israels (Röm 11:25)
9. vom Geheimnis Gottes (Offb 10:7)
10. vom Geheimnis der 7 Sterne und der 7 goldenen Leuchter (Offb 1:20)
11. vom Geheimnis Babylon, der Mutter aller Hurer und aller Gräuel auf Erden (Offb 17:5)
12. von den Geheimnissen der Bosheit (2Thes 2:7) - der Antichrist
13. von den Geheimnissen des Königsreichs der Himmel (Mt 13.), auch Königreich Gottes genannt (Lk 8:10)

Mit den Geheimnissen des Königreichs der Himmel wollen wir uns mit Gottes Hilfe im Folgenden beschäftigen. Da im Grundtext in allen 7 Gleichnissen "Königreich der Himmel" steht, so wollen wir in unserer Auslegung denselben Ausdruck beibehalten.

Mit Kapitel 13 tritt ein Wendepunkt ein in der Geschichte des Volkes Israels. Wie aus Mt 12. ersichtlich ist, hatte Israel in seinem anerkannten, offiziellen Heiland, den Herrn Jesus als König verworfen. Sie hatten seine, vom Geist Gottes gewirkten, herrlichen und mächtigen Werke als Teufelswerke gebrandmarkt und damit die Sünde wider den heiligen Geist begangen. Mit sehenden Augen sahen sie nicht und mit hörenden Ohren hörten sie nicht (Mt 13:13). Genau so wie viele heute, mitten in der Christenheit. Infolge der Verwerfung ihre Königs beginnt nun die Gerichtswolke sich immer tiefer auf das verblendete Volk herab zu senken. Das veranlasste den Herrn, seine Lehrmethode zu ändern. Von da an sprach er in Gleichnissen zum Volk und ohne Gleichnis redete er nicht zu ihnen (Mt 13:34). Erstaunt kommen die Jünger zum Herrn und fragen ihn (Mt 13:10): "Warum redest du durch Gleichnisse zu ihnen?" Der Herr bleibt ihnen die Antwort schuldig (Mt 13:11.12).

Das Volk und besonders seine Führer waren für die göttlichen Wahrheiten so abgestumpft, dass der Herr darin geradezu die Erfüllung vom Jes 6:9,10 erblickt (Mt 13:14.15). Um nun ihre stumpfen Sinne zu wecken, fängt der Herr an, in Gleichnissen, d. h. in Bildern mit ihnen zu reden. Diese Gleichnisse oder Bilder sind alle aus dem, dem, dem Volk bekannten täglichen Leben und aus der Natur entnommen und somit dem Volk wohl bekannt: Acker am Wege - Steinacker - Dornacker und gutes Land - Unkraut unter dem Weizen - Senfkorn - Sauerteig - Schatz im Acker - Perle im Netz. Durch sie spricht der Herr himmlische Wahrheiten aus.

Wen nach der Wahrheit verlangt, der wird durch dies Bilder gefesselt und angeregt, weiter zu forschen, bis er durch die Schale des Gleichnisses den wohlschmeckenden Kern erlangt hat. Es wird ihm gegeben, dass er die Fülle hat (Mt 13:12). Gerade die Fülle köstlicher Wahrheit wollen die Gleichnisse vom Königreich der Himmel darreichen. Wer aber nicht nach der Wahrheit verlangte und auch heute nicht verlangt, sondern in stumpfer Weise sein Ohr der Stimme der Wahrheit verschließt, der bekommt gar nichts. Im Gegenteil, von dem wird noch genommen, was er hat (Mt 13:12). Dem wird dann die Wahrheit nicht enthüllt, sondern verhüllt und diese Gleichnisse dienen ihm dann zum Gericht. Auf das Nichtverstehenwollen folgt oft das Nichtverstehenkönnen, genau wie auf das sich nicht Bekehren wollen oft das sich nicht Bekehren können folgt. Also , Enthüllung oder Verhüllung bezwecken diese Gleichnisse. Enthüllung den Heilverlangenden und nach Wahrheit Suchenden, dagegen Verhüllung den Satten und Faulen. Die einen werden wunderbar bereichert, die andern dagegen bleiben so arm wie sie sind, ja sie werden noch ärmer, indem ihnen das Wenige, das sie hatten, noch weggenommen wird. Jedem das Seine. Also, Segen oder Gericht enthalten die Gleichnisse. Nun wähle, Menschenkind, was du willst!

Was enthalten oder bedeuten diese Gleichnisse?

Zuerst ist hier zu bemerken, dass der Herr hier von Geheimnissen redet (Mt 13:11), nicht von einem Geheimnis, wie Luther übersetzt, sondern (nach dem Grundtext) von mehreren Geheimnissen. Da es 7 Gleichnisse sind, so enthalten diese 7 Gleichnisse 7 Geheimnisse.

Ein Geheimnis ist in der Schrift immer etwas, das vorher verborgen und nicht geoffenbart war. Hier sind es verborgen gewesene Wahrheiten, die von Ewigkeit her, von Grundlegung der Welt verborgen waren, die aber druch den Sohn Gottes geoffenbart wurden (Mt 13:35).

Was bedeuten diese Gleichnisse vom Königreich der Himmel? Sechsmal braucht der Herr den gleichen Ausdruck: "Königreich der Himmel". Was meint der Herr damit? Ist das messianische Königreich gemeint, wie es Israel durch die Propheten verheißen war? Nein, denn dies Königreich war dem Volk angeboten worden, als der König selbst, wie auch sein Wegbereiter, Johannes der Täufer, dem Volk zurief: "Tut Buße, denn das Königreich der Himmel ist nahe herbei gekommen". Doch Israel hat diese Botschaft, das Königreich und den König abgelehnt. Deshalb hören wir diese Botschaft: "Tut Buße...." weder in diesem Kapitel, noch nachher wieder. Denn, wenn der Herr das Königreich, dem Israel im Alten Testament verheißen, hier im Auge gehabt hätte, als er sagte: "Das Königreich der Himmel ist gleich...", dann hätte er seine Geheimnisse geoffenbart, die von Grundlegung der Welt verborgen gewesen waren, denn das messianische Königreich war kein Geheimnis, sondern immer wieder klar von den Propheten beschrieben und verkündigt worden.

Andere lehren (und das ist die verbreitetste Lehre fast aller protestantischen Kirchen) das Königreich der Himmel ist die Kirche. Das finden wir, so sagen sie, ja ganz deutlich im Gleichnis vom Sauerteig. Das Weib ist die Kirche, der Sauerteig aber ist das Evangelium, das nach und nach die ganze Welt durchdringen soll. Doch wir lehnen diese Lehre als grundfalsch, unbiblisch, rundweg ab, denn

a) der Herr hat bisher noch nie von der Kirche gesprochen. Er tut das zum ersten Mal in Mt 16:18: "auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde".
b) Die Kirche wird nirgends, weder vom Herrn in den Evangelien, noch vom heiligen Geist in den apostolischen Briefen "Königreich der Himmel" genannt. In den apostolischen Briefen wird sie eine "Behausung Gottes im Geist", ein "Haus", oder "Tempel Gottes", ferner "Leib Christi" etc., aber nie Königreich der Himmel genannt. Wohl ist die Gemeinde im Königreich der Himmel, aber nie ist die Gemeinde das Königreich der Himmel.
c) Auch die Lehre, dass der Sauerteig das Evangelium sei, ist grundfalsch, wie wir später sehen werden.

Die vorbildliche Offenbarung dieser Geheimnisse finden wir schon in einem alttestamentlichen Vorbild treffend abgeschattet. Nachdem Joseph zur Rechten Pharaos erhöht worden war, lesen wir 1Mo 41:45: "Und Pharao gab Joseph den Namen "Zaphnath Pa0neach". Dieser Name bedeutet nach rabbinischer Auslegung "Offenbarer der Geheimnisse Gottes". Nachdem Joseph von seinen Brüdern verworfen war, wurde er der Offenbarer des Geheimnisses Gottes, vorwiegend die Heidenwelt betreffend. Nachdem Christus von seinem Volk verworfen war, (er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf), da wurde Er der Offenbarer der Geheimnisse Gottes, ebenfalls vorwiegend die Heidenwelt betreffend. Das wird uns überaus klar in den Gleichnissen vom Königreich der Himmel gezeigt.

In den Geheimnissen vom Königreich der Himmel offenbart uns Christus, was geschehen wird, nachdem Israel König und Königreich verworfen und der König das Volk und die Erde verlassen hat. Während seiner Abwesenheit isst das Königreich der Himmel in die Hände der Menschen geraten. Es wird uns nun in den 7 Gleichnissen gezeigt, was Menschen aus dem Königreich der Himmel gemacht haben und was das Evangelium - das in dieser Zeit in aller Welt gepredigt wird - angefangen vom Auftreten des Herrn iund abschließend mit der großen Ernte am Ende dieses Zeitalters (Mt 13:47-50) ausgerichtet hat. Mit anderen Worten, die Gleichnisse vom Königreich der Himmel zeigen uns die Christenheit, in welcher sich schlechter und guter Herzensacker, Weizen und Unkraut, Sauerteig der falschen Lehren, gute und schlechte Fische, befinden. Doch zeigt uns der Herr auch, was das köstliche Resultat dieser ganzen Zeitperiode sein wird, die eine köstliche Perle, die Gemeinde. Die Geheimnisse des Königreichs der Himmel zeigen uns die Gestaltung des Königreichs Gottes in diesem Zeitalter und umspannen die Zeit vom ersten bis zum zweiten Kommen Christi. Sie zeigen uns die Geschichte der Christenheit, ihren Anfang, Fortgang und ihr Ende. Es ist eine Geschichte des Niedergangs. Der Sauerteig des Bösen durchsetzt den ganzen Teig, d. h. die ganze Christenheit und zwar ununterbrochen, bis der König kommt. Er wird dann all das Böse in Bündeln gebunden in den Feuerofen werfen lassen.

Sieben Geheimnisse im Matthäus-Evangelium

Sieben Geheimnisse gibt uns der Herr. In keinem anderen Evangelium sind diese Gleichnisse bezüglich des Inhalts so zusammengestellt, wie im Matthäus-Evangelium. Warum wohl? Nun, auch das hat seine tiefe Bedeutung. Es sind 7 Gleichnisse, die Zahl 7 ist die Zahl der Vollkommenheit. Sie bilden ein zusammenhängendes Ganzes und sind, wie die 7 Sendschreiben (Offb 2:3) auch ein prophetischer Abriss der ganzen Kirchengeschichte bis zur Wiederkunft Christi. Das Charakteristische der 7 Sendschreiben und der 7 Gleichnisse vom Königreich der Himmel ist Folgendes: Die 7 Sendschreiben zeigen uns den inneren Zustand der christlichen Kirche, die 7 Gleichnisse vom Königreich der Himmel zeigen uns dagegen den äußeren Zustand der Christenheit. Beide während der Abwesenheit des Königs. Zwischen beiden besteht deshalb auch ein innerer Zusammenhang, z. B. das

1. Gleichnis vom Sämann entspricht dem 1. Sendschreiben an Ephesus mit dem apostolischen Zeitalter und mit dem Anfang des Mangels an der ersten Liebe.
2. Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen entspricht dem 2. Sendschreiben an Smyrna (Bitterkeit). An beiden Orten offenbart sich eine bittere Feindschaft.
3. Gleichnis vom Senfkorn entspricht dem 3. Sendschreiben an Pergamon, das das bedeutet Hochburg oder hoher Baum, hoher Turm. Die Kirche wird Staatskirche, wird infolge dessen groß und stark. Die Vögel des Himmels (die Nationen) finden in ihr Zuflucht.
4. Gleichnis vom Sauerteig entspricht dem 4. Sendschreiben an Thyatira, das bedeutet die Opfernde, Rom. Das Weib Isebel entspricht dem Weib im Gleichnis.
5. Gleichnis vom Schatz entspricht dem 5. Sendschreiben an Sardes, das bedeutet Edelstein. Der Schatz im Acker, Israel und der Schatz des Wortes Gottes sind beide gleich teuer. Doch beide, Israel und die Reformationskirche haben den Namen, dass sie leben und doch tot sind.
6. Gleichnis von der Perle entspricht dem 6. Sendschreiben an Philadephia, das bedeutet Bruderliebe. Das ist die wahre Gemeinde Jesu Christi.
7. Gleichnis vom Netz entspricht dem 7. Sendschreiben an Laodizea - Gericht. Die faulen Fische werden weggeworfen und die laodizeischen Christen werden ausgespien.

Überblickt man diese Gleichnisse nach ihrem Inhalt, so zerfallen sie naturgemäß in 2 Gruppen: in 4 und 3 Gleichnisse. Die ersten 4 waren an das Volk gerichtet. Diese zeigen uns mehr die äußere Erscheinungsform des Königreichs der Himmel. Die letzten 3 Gleichnisse dagegen richtet der Herr an seine Jünger, als das Volk entlassen war. In diesen offenbart der Herr seinen Jüngern mehr die verborgenen Geheimnisse des Königreichs der Himmel.

In den ersten 4 Gleichnissen findet sich überall ein feindliches Element, das dem Guten erfolgreich entgegenarbeitet und scheinbar das Gute überwindet - Wegacker - Stein - Dornacker - Feind - Unkraut - Sauerteig. Malt uns der Herr da ein Zeitalter vor Augen, in welchem das Gute das Böse allmählich überwindet, wie so viele lehren, die ihre Bibel nicht kennen? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Der Herr zeigt den Jüngern und uns in den ersten 4 Gleichnissen, wie das Gute vom Bösen überwunden wird. Und wie sehr haben die verflossenen Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag dem Herrn Recht gegeben.

In den letzten 3 Gleichnissen - Schatz - Perle - Netz dagegen zeigt der Herr seinen Jüngern und uns die tieferen Geheimnisse, die unter der äußeren Erscheinungsform verborgen sind. Die 3 Gleichnisse offenbaren, dass trotz allem scheinbaren Misserfolg die Arbeit in diesem Zeitalter dennoch nicht vergeblich gewesn ist, sondern herrliche Früchte getragen haat, wie wir das später noch besser sehen werden. Die letzten 3 Gleichnisse sind tiefer, köstlicher und herrlicher als die ersten 4. Die ersten 4 können mit dem natürlichen Auge, die letzten 3 dagegen nur mit den Augen des Glaubens geschaut werden. Die ersten 2 Gleichnisse erklärt der Herr selbst, die letzten 5 dagegen lässt er unerklärt.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen können wir nun an die Erklärung der Gleichnisse selbst gehen.

Lies weiter:
I. Das Gleichnis und Geheimnis vom Sämann