Die Geburt des neuen Menschen

Aus Bibelwissen
Wechseln zu: Navigation, Suche

nach dem gleichnamigen Buch von Andrew Jukes

"Der neue Mensch und das ewige Leben"

Gedanken über das zwölffache "Wahrlich, wahrlich!" des Sohnes Gottes im Evangelium Johannes


Inhaltsverzeichnis des Buches

  1. Der "Amen" und "der Jünger der da zeugt" - Einleitung
  2. Die Heimat des neuen Menschen - Das erste "Wahrlich, wahrlich"
  3. Die Geburt des neuen Menschen - Das zweite "Wahrlich, wahrlich"
  4. Das Gesetz des neuen Menschen - Das dritte "Wahrlich, wahrlich"
  5. Die Speise des neuen Menschen - Das vierte "Wahrlich, wahrlich"
  6. Die Freiheit des neuen Menschen - Das fünfte "Wahrlich, wahrlich"
  7. Die göttliche Natur des neuen Menschen - Das sechste "Wahrlich, wahrlich"
  8. Der Dienst des neuen Menschen - Das siebte "Wahrlich, wahrlich"
  9. Das Opfer des neuen Menschen - Das achte "Wahrlich, wahrlich"
  10. Die Erniedrigung des neuen Menschen - Das neunte "Wahrlich, wahrlich"
  11. Die Herrlichkeit und Macht des neuen Menschen - Das zehnte "Wahrlich, wahrlich"
  12. Der Schmerz und die Freude des neuen Menschen - Das elfte "Wahrlich, wahrlich"
  13. Die Vollendung des neuen Menschen - Das zwölfte "Wahrlich, wahrlich"
  14. Schlussgedanken zum Buch - Der neue Mensch und das ewige Leben


Das dritte "Wahrlich, wahrlich"

3. Die Geburt des neuen Menschen

Joh 3:3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Joh 3:4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden?
Joh 3:5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen.
Joh 3:6 Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist.
Joh 3:7 Wundere dich nicht, daß ich dir sagte: Ihr müßt von neuem geboren werden.
Joh 3:8 Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht; so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.
Joh 3:9 Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann dies geschehen?
Joh 3:10 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht?
Joh 3:11 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nehmt ihr nicht an.
Joh 3:12 Wenn ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage?
Joh 3:13 Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel als nur der, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen.


Die Heimat des Menschen

Es kann dem Menschen keine höhere Frage gestellt werden als die, wie er seine lang verlorende Heimat wieder erlangen kann. Sei der Mensch, was er wolle, es liege nhier zwei Tatsachen vor ihm: Erstens, dass allerorts Sünde und Böses herrschen, welches sich nicht nur an den äußeren Mühsalen erkennen lässt, die offensichtlich sind, sondern mehr noch sogar an der inneren Schwachheit und Unruhe, welche den Geist des Menschen bedrücken, und zweitens, dass alle Menschen eine Art Hoffnung oder doch eine Ahnung von Ruhe und Befreiung aus dem allen haben, was sie jetzt hemmt und beunruhigt. Der Mensch fühlt es sogar in seinem gefallenen Zustand und während er noch an der Erde klebt, dass ein so wechselvoller Schauplatz nicht seine Heimat ist, dass es irgenwo einen Ruheort geben muss. Das erste "Wahrlich, Wahrlich" sagt uns, dass der Himmel diese Heimat ist und dass, obgleich die Sünde dieselbe verschloss, sie doch wieder eröffnet werden soll, ja es jetzt schon ist. Das zweite "Wahrlich, Wahrlich" zeigt uns, auf welche Weise wir dieselbe sehen und hineingehen können.

Der einzige Weg in den Himmel ist durch eine neue oder zweite Geburt. "Wahrlich, Wahrlich, ich sage dir, es sei denn, dass jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. - Wahrlich, Wahrlich, es sei, denn, das jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Wahrlich, Wahrlich ich sage Dir, wir reden, was wir wissen, und zeugen was wir gesehen haben. .. Niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel herniedergekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist" (Joh 3:3-13).

Beim ersten Anblick mögen diese Worte unverständlich scheinen, wenn aber dutch Gottes Gnade das Licht des Himmels in uns kommt, so werden wir sehen, dass dieselben nur einfach eine Tatsache bekunden und dass es keinen anderen Weg in das Königreich gibt noch geben kann. Und die Worte, die unser Herr über diese Tatsache spricht: "Niemand fährt gen Himmel,denn der vom Himmel herniedergekkommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist" zeigen sowohl das warum, als auch die Weise, in welcher diese göttliche Geburt zustande kommen kann. Betrachen wir, wie diese beiden Fragen ihre Antwort in diesen Worten finden!

Warum muss es so sein? Warum ist eine neue Geburt der einzige Weg in den Himmel? Einfach aus dem Grund, weil wir ein himmlisches Leben haben müssen, um im Himmel zu leben. Der Mensch kann in keiner Welt leben, ohne das Leben derselben zu besitzen, er kann ohne eine Geburt in keine Welt eingehen; daher kann er auch nur in den Himmel eingehen, wenn er in den Himmel hineingeboren ist. Und weit davon entfernt, dass dies etwas Willkürliches sei, liegt vielmehr die Ursache hiervon in der Natur der Sache selbst. Jedes Geschöpf kann ja nur in seiner eigenen Welt leben; irdische Geschöpfe auf Erden und himmlische im Himmel. Ist daher der Mensch gefallen und hat er das himmlische Leben verloren, dann ist das Eine, was er braucht, eben die Wiederherstellung dessen, was er verloren hat. Bis er dies nicht wiedererlangt, kann er ebensowenig im Paradies wohnen, für welches ihn Gott geschaffen hat, als ein Mensch auf Erden ohne das Leben dieser Welt leben kann. Um daher in den Himmel zurückzukehren, muss das Himmelsleben wieder in ihm entzündet werden. Um wieder in jene Lichtwelt einzugehen, muss er wiederum in dieselbe hineingeboren werden.

Um dies näher zu erklären, muss ich hier von den drei verschiedenen Welten reden, in welchen wir uns als Menschen befinden, befanden oder befinden könnten. Denn der Mensch steht in Bezieung zu mehr als nur zu einer Welt, und bis wir nicht erkennen, was diese Welten sind, können wir keinen klaren Begriff von der Wahreit haben, welche unser Herr hier lehrt. Zuerst gibt es Gottes Welt des Lichts und der Liebe, welche gewöhnlich der Himmel genannt wird. Zweitens gibt es jene finstere, gefallene Welt der Eigenliebe, des Stolzes und des Zorns, das heißt die höllische Welt, welche in der heiligen Schrift "die Obrigkeit der Finsternis" genannt wird (Kol 1:13), von diesen beiden für die Sinne unsichtbaren Welten ist die eine unermischt gut, die andere eine unvermischt böse; dann gibt es außerdem noch diese äußere sichtbare und zeitlich Welt, welche weder gut wie der Himmel noch böse wie die Hölle ist, welche aber allenthalben voller Abbilder jener beiden anderen Welten ist, indem alles irdisch Gute ein Abbild der Lichtwelt, alles irdisch Böse eine Abschattung der Finsterniswelt ist. Jede dieser drei Welten besitzt ihr eigenes Leben in beinahe unendlichen Mannigfaltikeiten, je nach der Sonne, dem Licht und der Luft einer jeglichen, und um in irgeneiner dieser Welten leben zu können, muss die Kreatur das Leben derselben besitzen,; das irdische Leben, um auf Erden zu leben, das des Himmel oder der Hölle, um im Himmel oder in der Hölle zu leben.

1. Der natürliche Mensch

Nun erklärt uns aber die Schrift, dass der natürliche Mensch tot sei, was die Lichtwelt anbelangt, dass er ohne das Leben aus Gott "tot in Übertretungen und Sünden" ist (Eph 2:1) und dass er doch, während er für Gott tot ist, noch zweierlei anderes Leben besitzt und zwei Welten lebt und demgemäß nicht nur "nach dem Lauf oder Leben dieser äußeren Welt wandelt" (Eph 2:2), sondern auch nach dem Fürsten, der in der Luft herrscht, nach dem Geist, der zu dieser Zeit sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens (Eph 2:2.12), dass er somit seinem Leibe nach das Leben dieser sichtbaren äußere Welt lebt, und seiner Seele nach das Leben der Finsterniswelt, mit aller jener Unruhe, welche dem Stolz und der Eigenliebe entspringt (Ambrosius) während sein Geist für das himmlische Leben tot ist, welches wieder in ihm entzündet werden muss, wenn er jemals zum Reich Gottes zurückkehren und hineingehen soll.

Dies aber ist nicht der eigentliche, normale Zustand des Menschen, noch derjenige, für welchen er geschaffen wurde. Gott schuf den Menschen Ihm zum Bilde: (1Mo 1:26-27) dem Geiste nach ein kreatürliches Abbild Seiner Selbst, eine Trinität in Unität mit Willen, Vernunft und Herzstrieben, der geöffnete Himmel in dem Paradies Gottes um ihn herum, wo er nicht nur mit Gott, sondern auch mit jenen geistlichen Wesen verkehren konnte, welche bei Gott sind, - welches jetzt alles vor unseren Auben verborgen ist, - während er dem Leibe nach (obgleich dieser von der Erde ist) dermaßen von dem inneren Leben durchzogen war, wie ein rotglühendes Eisen, welches ganz wie Feuer - nicht wie Eisen ausieht, bis das Feuer entfernt ist, sodass er keiner Kleidung bedurfte, sich auch nicht zu schämen brauchte, denn das Licht des Himmels, das durch alles leuchtete, war sein herrliches Gewand, sodass er keine Blöße empfinden konnte, denn es war weder Sünde noch Eigenwille in ihm.

Doch wich diese Herrlichkeit bald, das Leben wurde erstickt. Wie dasselbe verloren ging, ist eine der ersten Lektionen der heiligen Schrift (1Mo 3:1-7). Indem der Mensch der Kreatur mehr als Gott traute und dachte, in Unabhängigkeit von Ihm wie Gott zu sein, verfiel er unter die Gewalt der Kreaturen, über welche er doch zum Herrn gesetzt war, und aus der Lichtwelt heraus, welche doch sein eigentliches Königreich war. Denn die Lüge der Schlange, dass nämlich Gott missgönnend und unwahr sei und doch der Mensch im Eigenwillen wie Gott sein könne, worin die erste, ja alle Versuchungen bestehen, vergiftete und tötete des Menschen himmlisches Leben, gerade wie der Biss einer Schlange das natürliche Leben tötet, und durch das Gift dieser Lüge starb er sogleich, freilich nicht der äußeren Welt, wohl aber dem himmlischen Leben, und fiel aus der Lichtwelt in jene geistliche Finsternis und Unruhe, die sein gegenwärtiges Teil sind. Durch diesen inneren Tod ist er eben so sehr von der Lichtwelt Gottes abgeschnittten, wie ein Mensch, der sein irdisches Leben verloren hat, abgeschnitten ist von den toten Dingen dieser gegenwärtigen sichtbaren Welt.

Da wich die Herrlichkeit unddie innere Freude und der Friede, und als arme gefallene Kreatur suchte er seine Schande mit Feigenblättern zu verdecken und seinen Unterhalt und Freude bei den Geschöpfen zu finden, die ihn umgaben. Anstatt, dass seine Seele eine Flamme von innerem Licht und Liebe gewesen, wurde sie nun ein verzehrendes inneres Feuer, zu Neid, Stolz und Zorn geneigt, seine Liebe in Eigenliebe verkehrt wie süßer Wein in sauren Essig, während sein Leib allen Mächten dieser Welt unterworfen wurde wie die Tiere, von Kälte, Hitze Schmerz, und Mangel berührt, so schwach, dass jedes Geschöpf ihn quälen, jedes Element ihn verderben, ja ein Blick oder Wort ihn beunruhigen kann, und trotz alle dem wohnt in ihm ein Bewusstsein, dass er zu etwas Besserem bestimmt war und dass er ursprünglich alles beherrschen sollte.

Adam, unser Vater

So fiel unser Vater Adam, und in diesem von Gott abgefallenen Zustand zeugte er Söhne und Töchter nach seinem Ebenbild, und von ihm stammt die Familie von Sündern her, welches ihren wahrhaftigen Leben fremd, keine Freude an der Liebe, am Frieden und am Himmel haben können, so lange sie nicht durch die Gnade erneuert sind, welche kein Auge für geistliche Dinge besitzen, sondern ihre Heimat auf Erden suchen. Und wir, die gefallenen Kinder dieses gefallenen Hauptes, sind wie die Kinder eines Königs, der entthront und in Gefangenschaft geführt worden ist, wo seine Kinder und Kindeskinder als Sklaven geboren wurden und durch Demütigung von harter Sklaverei nicht nur beinahe die Tradition von ihres Vaters Herrlichkeit vergessen haben, sondern auch ganz unfähig geworden sind, seine königliche Stellung einzunehmen, indem jetzt ihre unnatürliche knechtische Lage ihnen gewohnter ist als ein Thron und ein Königreich - wir, die gefallenen Kinder des gefallenen Menschen, sind so lange gefallen gewesen, dass wir kaum mehr glauben können, was der Mensch einst war, oder welches noch immer sein eigentliches Königreich ist. Nämlich dass er, als Gottes Ebenbild geschaffen, einst im Pardies mit Gott wandelte und dass wir eben hierzu geschaffen worden sind.

Wir sind so tief gefallen, dass wir uns hier niederlassen, als sei dies unsere wahre Heimat; wir glauben dem Zeugnis kaum, welches uns das Evangelium bringt, dass das Leben welches Christus lebte, unser eigentliches Leben ist, dass Er dasjenige war, was der Mensch sein sollte und einst wieder sein wird: nicht mehr Sklave der Sünde und des Todes, sondern Sieger über beides und Herr aller Geschöpfe, und dass Er kommt, um uns unser wahres Leben zu geben, weil wir verloren sind, so lange dieses nicht in uns wieder erweckt ist, und tot für alles, was Gott bereitet hat und noch für uns aufbewahrt.

Das Geheimnis des Evangeliums

Doch scheint dies alles etlichen Menschen eine starke Übertreibung zu sein. Sie geben zu, dass sie schwach sind, dass sie der Belehrung und Leitung bedürfen, ja dass sie vielleicht Erbarmen benötigen. Sie fühlen wohl, das etwas nicht stimmt, dass die Menschen keine Ruhe haben. Dass sie aber bekennen sollten, sie seien ohne das Leben und das Licht Gottes tot, und dass si edem Ebenbild Christi, der der Abglanz Gottes ist, gleichgemacht werden können, das scheint ihnen unglaubwürdig. Christus aber und seine Apostel sagen dies, ja es ist dies der wesentliche Inhalt ihrer Lehre. So lautet ihr Zeugnis: "Gott hat uns das ewige Leben gegeben" (Joh 5:11) weil nichts als dieses Leben unseren Mangel wahrhaft stillen konnte; es lautet: dass "Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben, wer aber nicht an den Sohn glaubt, hat das Leben nicht, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm" (Joh 3:36) und abermals, dass "Wer den Sohn hat, der hat das Leben, und wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht" (1Jo 5:12).

Das Geheimnis des Evangeliums ist das, dass der Mensch tot ist und doch in Christo wieder lebendig gemacht, - dass es ein Gericht über die Sünde und doch Vergebung derselben gibt. Dahin lautet das dreifache Zeugnis des Geistes und des Wassers und Blutes (1Jo 5:8). Der Geist sagt: "Euch, die ihr tot wart in Sünden, hat Er lebendig gemacht" (Eph 2:1) Und das Wasser, das ist die Taufe, bezeugt das gleiche, indem sie uns mit Christus begräbt (Röm 6:4 - Kol 2:12) (wir begraben aber nicht lebendige, sondern tote Dinge), um uns aus dem Grab der Natur als neue Kreaturen in dem Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes aufzurichten. Und das Blut bezeugt das folgende, denn Christus sprach: "Dies ist mein Blut, trinket alle daraus! Denn werdet ihr nicht essen das Fleisch und trinken das Blut des Menschensohnes, so habt ihr kein Leben in euch" (Mt 26:29 - Joh 6:53.54).

Ich sage nicht, dass alle diesen Tod erkennen. Unser äußeres Leben mit seinen gegenwärtigen Vergnügungen, Sorgen oder Beschäftigungen verbirgt ihn eine zeitlang vor unsen Augen. Und dies ist eben die Ursache, warum die Menschen die Welt so sehr liebhaben, weil dieselbe sie davon abhält, zu sich selbst zu kommen, während ihr Verlust uns zeigt, was für arme leere, ruhelose Seelen wir sind, bis die Gnade uns findet. Und dies ist auch der Grund, weswegen Gott diee Dinge so oft Seinen Auserwählten wegnimmt, damit, wenn sie ihren inwendigen Mangel entdecken, sie nach ihrem wahrhaften Leben verlangen und während sie suchen, es zu ihrer Freude finden. So lange nicht dieses neue Leben in uns erweckt ist, können wir ebensowenig die göttlichen Dinge schmecken oder sehen, wie wir die Schmerzen udn Freuden dieser Welt ohne dieses irdische Leben kennen würden. Denn gerade wie wir nur vermögen das Los unsere Anteils an der Natur des alten Menschen zu teilen, so können wir auch nur durch die Teilnahme an der Natur des Sohnes Gottes Sein Leben und unser wahrhaftiges Erbteil in Ihm erkennen.

Unser Gewissen sagt, dass uns etwas fehlt. Wir können die göttlichen Dinge nicht sehen - Sein Reich mag nahe herbeigekommen sein, aber es ist uns doch nicht erschlossen, so lange wir nicht Sein Leben besitzen. Anstatt aber bereit zu sein, in uns zu gehen (Lk 15:17) und unseres Mangels innezuwerden, damit wir so zu unserem Vater gehen können, um von Ihm unser eigentliches Erbe zu empfangen, haben wir so viele Ausreden, um die schmerzliche innere Leere zu verbergen, so viele Zerstreuungen, um von uns selbst abgewendet zu werden und den Hunger der Seele zu stillen. Besser ist es, gewiss viel besser, schon hier in uns zu gehen, vielleicht getrieben durch Schmerzen oder gar Sünden, welche uns so bedrdücken, dass wir keine Ruhe haben, bis wir einen Heiland finden, als hier unserem eigentlichen Zustand fremd zu bleiben und so ungerettet, unerneuert, ohne Leben, wie im Finstern von dannen ziehen, wir wissen nicht wohin?

2. Die Wiedergeburt

Hier ist der Grund, warum eine Wiedergeburt notwendig ist. Wir müssen von neuem geboren werden" weil wir nur durch eine neue Geburt wieder in den Himmel eingehen können. Nun bleibt noch die Frage übrig: wie wir wiedergeboren werden sollen: wie kann das Leben aus Gott wieder in uns entzündet werden, - und wenn es entzündet ist, wie können wir wieder in den Himmel eingehen? Auch hierfür liegt die Antwort in den Worten: "Wahrlich, Wahrlich, ich sage Dir, es sei denn, dass jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen"; denn "niemand fährt gen Himmel, denn der von Himmel gekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist", mit anderen Woten, es kann nur das Leben, welches zuerst vom Himmel herniederkam und welches selbst im Niedrigkeitsleib dem Himmel angehört, wieder in denselben eingehen. Die Wiedergeburt oder die Wiederbelebung des göttlichen Lebens im Menschen kann nur von demjenigen kommen, der dieses Leben hat, das heißt, von dem Sohne Gottes, und dies geschieht erstmals dadurch, dass Er herabkam und im Menschen wohnte, um so das ewige Leben in unserer Natur hier unten aufzurichten, sodann dadurch, dass Er dieser Natur erstarb, um uns aus derselben heraus in der Kraft des Lebens, welches Er in uns erweckt hat, in den Himmel zu versetzen.

Demnach gibt es also zwei unterschiedliche Stufen in diesem Werk. Denn es ist nicht nur notwendig, dass das Himmelsleben wieder in uns entfacht wird, sondern es ist uns nicht weniger nötig, dass wir von dem höllischen und irdischen Leben befreit werden, in welchem wir als gefallene Geschöpfe gefangen sind. Das Erste geschieht durch das Wort, welches der göttliche Same ist, der an unsere Stelle tritt, sich mit uns verbindet und eine zeitlang unsere Bande mit uns teilt. Das zweite geschieht dadurch, dass Er uns aus unserem Ort an den Seinen durch die schmale Pforte des Todes bringt, welches der eine und einzige Weg ist, um den Himmel völlig zu schauen und hineinzugehen. Jede natürliche Geburt ist ein Abbild der geistlichen, denn "Gottes unsichtbares Wesen ("Seine unsichtbaren Dinge") wird erkannt, so man dieses an den Werken wahrnimmt, nämlich in der Schöpfung (Röm 1:20). Wenn die Menschen es nur sehen könnten, wie dieser gegenwärtige, irdische Leib aus einem so kleinen Anfang zu einem so wunderbaren Haus wächst und wie beides, Wasser und Feuer, darin wirken, so könnten sie das Schattenbild des noch viel herrlicheren Hauses erkennen (2Chr 5:1.2), welches durch den Samen Gottes auferbaut wird, und man würde stauden ob der Wunder des Gebäudes und des Baumeisters.

Denn der neue Mensch ist die wahrhaftige Hütte, welche Gott aufrichtet und kein Mensch (Hebr 8:2) welcher sein Heiliges und Allerheiligstes hat (2Mo 26:33) welche, obschon zur Zeit wie das männliche und weibliche Element getrennt, doch dazu bestimmt sind, vereinigt zu werden, wenn der Vorhang zerrissen und weggetan ist. Wir aber sind so tief gefallen, dass man hier nur sehr wenig von der Art und Weise, auf welche Gott überall das Leben gibt, erkennen kann. Etwas aber muss von diesen beiden Stadien der Wiedergeburt des Menschen gesagt werden, wie dieselben erstmals durch den Heiligen Geist in Christo, unserem Haupt erwirkt wurden, und wie sie danach in uns, Seinen Gliedern, durch denselben Geist zustande kommen.

Der Weg in Christo

Erstmals ist also die Wiedergeburt in Christo für uns erwirkt worden. In Ihm, das heißt in Seiner Person, ist der Mensch wiedergeboren worden. In Ihm empfing der Mensch auf's Neue das Leben Gottes, indem das ewige Wort kam, um im Fleisch zu wohnen, durch dieses Innewohnen wurde unsere Natur neu belebt, und so in Christo zurück gewonnen, was im alten Adam verloren ging, so dass der Mensch hier mit allen Tugenden, Kräften und Herrlichkeiten lebt, die einem solchen Geschlecht zugehören, obschon diese Herrlichkeiten durch den Vorhang, das ist Sein Fleisch (Hebr 10:20) in und unter dem, der ewige Sohn geoffenbart wurde, verhüllt lagen. Auf diese Weise fing das Werk der Wiedergeburt des Menschen an. Vollendet aber wurde es nicht und konnte es nicht werden, bis jenes Fleisch, in welchem des Menschen Sohn erschien, abgetan und erhöht wurde, um die neue Kreatur, welche weder Mann noch Weib, weder Jude noch Grieche, sondern ein ungeteiltes Leben in Christo Jesu ist (1Kor 11:11 - Gal 3:28 - Kol 3:11) darzustellen. Denn so lang Er sich auf Erden der gegenwärtigen Natur befand, war das ewige Leben beschränkt; daher hatte Er noch eine Taufe, mit welcher Er sich taufen lassen musste, und es war Ihm bange, bis sie vollendet war (Lk 12:50). Erst durch den Tod kehrt der Mensch in Christo in den Himmel zurück.

Das Leben des Himmels war schon auf Erden in Ihm; aber nur durch dem Tod konnte jenes Leben vollendet und geoffenbart werden, gerade wie auch das natürliche Leben, das in einem noch ungeborenen Kindlein ist, erst dann zum Tageslicht gebracht wird, wenn es aus dem Schoß, in welchem es gezeugt wurde, entbunden wird. Ehe aber dieser Tod der Natur tatsächlich in Erfüllung ging, wurde derselbe in gewissem Grad vorausgeschmeckt und, obgleich geistlicherweise, doch sehr wesentlich durchlebt in dem Tod, welcher Christus in Seiner Taufe erlitt, als der Himmel sich Ihm beim Hinabsteigen in den Jordan erschloss. Doch der tatsächliche Tod, "ja der Tod am Kreuz" (Phil 2:8) war es, der Ihm den Himmel völlig öffnete. Da "riss der Vorhang", welcher den inneren vom äußeren Hof trennte, in zwei Stücke "von oben an bis unter aus" (Mt 27:51), nicht von unten nach oben, sondern "von oben nach unten" - denn das Werk wird von Gott für uns vollbracht - um zu zeigen, wie der Apostel sagt, dass der Weg zum Allerheiligsten durch das Zerreißen des Vorhangs, das heißt dieses Fleisches, durch das Blut Jesu nun wieder geöffnet ist (Hebr 10:19.20).

Denn wahrlich, das Fleisch ist die gegenwärtige Natur, welche uns auf der Erde sowohl den Himmel als auch die Hölle verbirgt, bis jenes Leben aus Gnaden wieder entfacht ist, welches dem Himmel angehört und in denselben eingehen kann. Und der Weg in das Allerheiligste wird nicht geoffenbart, solang die erstse Hütte, nämlich das, was von dieser Schöpfung ist, noch steht (Hebr 9:8-11). Christus starb, um in den Himmel einzugehen. Er ging durch "Sein Blut ein", indem Er auf diese Weise "eine ewige Erlösung für uns erwirkte" (Hebr 9:12 und 3Mo 17:11).

Unser Weg zurück

Dies war der Weg, auf welchem in Christo der Mensch in den Himmel zurückkehrte. Und damit wir hingelangen, wo Er ist, muss das Gleiche in uns durch denselben Geist vollzogen werden; denn es gibt keinen anderen und kann keinen anderen Weg geben. Das Leben aus Gott, welches wir besitzen müssen, um wieder in den Himmel einzugehen, kann uns nicht durch ein bloßes Zusammensetzen der getrennten Teile werden. Es muss die Natur Gottes selbst zuerst wieder in uns belebt werden, durch den Empfang des Wortes, des "Samens Gottes", in welchem das Leben ist (2Petr 1:4 - Joh 1:4); sodann muss eine befreiung von dem gefallenen alten Menschen und ein Ablegen desselben druch das Kreuz stattfinden, das heißt durch den Tod der gegenwärtigen Natur. Nur auf diese Weise erlangen wir das "Bild und die Gleichheit" (1Mo 1:26 - 1Kor 11:11) unseres Schöpfers und Vaters wieder, nur so werden wir befreit von dem Dienst des vergängnlichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes" (Röm 8:21). Wenn wir das Wort empfangen und in unseren Herzen bewahren - denn es ist noch immer das Herz, der weibliche Teil unserer gegenwärtigen gefallenen und geteilten Natur, welche wie Maria das Wort empfängt - wenn, wie sie beim Hören der Verheißung Gottes: "der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchtsten wird dich überschatten", unser Herz antwortet: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie Du gesagt hast!" (Lk 1:35.38) - so wird jenes Wort, da es der Same des Reichs ist, Gottes Leben in uns entzünden und einen neuen Menschen in uns schaffen, welcher "Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit ist", (Kol 1:27) in welchem der Riss geheilt ist, in welchem unsere Natur nicht zerteilt ist, in welchem "aus Zweien ein neuer Mensch gemacht ist, indem Er Frieden machte" (Eph 2:15).

Und gleichwie die Welt ihren alten Gang noch weiter ging, als der Herr geboren und es sich wenig bewusst war, dass einer gekommen und in ihrer Mitte ist, der eines Tages alles verändern und alles beherrschen wird, so wird auch da, wo der neue Mensch gezeugt worden ist, das äußere Leben eine zeitlang ziemlich ebenso wie vorher weitergehen; der tägliche Beruf und seine irdischen Sorgen und nur zu oft auch alte Lüste und Gewohnheiten nehmen uns noch in Anspruch, ein weltliches Auge erspäht wenig Neues, während doch das Leben, welches ewiglich bleibt, im Inneren angefangen hat und ein neuer Mensch gebildet worden ist, der alles ererben soll. Von Anfang an ist dieser "neue Mensch" (Eph 4:6) Gottes Erbe. Während wir aber auf Erden in diesem Leib der Demütigung sind, wird das Leben oftmals schmerzlich druchkreuzt und eingeengt. Wir werden nur durch die Erlösung dieses Leibes, nach welcher wir uns sehnen und wonach wir seufzen, indem wir mit dem Apostel sagen: "Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? (Röm 7:24) und durch den Tod und die Auferstehung mit Christo befreit.

Befreiung durch Christus

Diese Befreiung erlangen wir indem wir uns auf das Opfer Jesu berufen und uns Seiner Autorität unterstellen. Wir wechseln den Herschaftsbereich der Autorität der Finsternis in die Autorität des Lichtes und geben unser Leben dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, zurück. Das geschieht durch ein Sündenbekenntnis und einen Willensakt in Form eines Gebetes vor der sichtbaren und unsichtbaren Welt. Die Taufe kann diesem folgen, indem wir symbolisch in den Tod durchs Wasser gehen und als neuer Mensch hervorkommen. Die Freilösung unseres Fleisches erlangen wir erst wenn wir durch den leiblichen Tod gegangen sind.

Lies weiter hier:

4. Das Gesetz des neuen Menschen - Das dritte "Wahrlich, wahrlich"
5. Die Speise des neuen Menschen - Das vierte "Wahrlich, wahrlich"
6. Die Freiheit des neuen Menschen - Das fünfte "Wahrlich, wahrlich"