Die Bedeutung des Brandopfers

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aus dem Buch von Andrew Jukes - Die Opfergesetze nach 3Mo 1-7


1. Teil: a) Das Brandopfer - 3Mo 1
2. Teil: b) Die Vielfalt des Brandopfers
3. Teil: b) Die Bedeutung des Brandopfers


Das Brandopfer - 3Mo 1

Die Bedeutung der Opfer

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Dies wäre das Brandopfer im Allgemeinen betrachtet nach seinen Unterschieden von den anderen Opfern. Es war ein süßer Geruch, ein Opfer zur Annahme, die Aufopferung eines Lebens und es wurde ganz auf dem Altar verzehrt.

Lasst uns jetzt fortfahren und die M a n n i g f a l t i g k e i t e n betrachten, d. h. das verschiedene Maß der Erkenntnis mit welchem das Brandopfer erfasst wird. Es gab drei Grade bei dem Brandopfer. Es konnte entweder aus rindern (3Mo 1:5) oder aus Schafen (3Mo 1:10 oder aus Vögeln (3Mo 1:14) bestehen. Diese verschiedenen Grade gaben Anlass, verschiedene Mannigfaltigkeiten im Opfer zu beobachten, deren Bedeutung wir nunmehr betrachten wollen.

1. Unterschied

Der erste Unterschied besteht in den T i e r e n, die geopfert wurden. Im ersten Grad haben wir ein junges Rind, im zweiten ein Lamm, im dritten eine Turteltaube. Nach ihrer Natur stellt uns jedes dieser Tiere einen andern Gedanken über das Opfer vor Augen.

  • Das junge Rind, das viel erarbeiten kann (Ps 144:14), - denn "wo der Ochs geschäftig ist, da ist viel Einkommens" (Spr 14:4) - weckt gleich den Gedanken an den Dienst, an geduldige unermüdliche Arbeit.
  • Das Lamm dagegen ist ein Bild der duldenden Ergebung ohne Murren; denn das Lamm wird fortwährend gebraucht, um die Ergebung und Geduld Jesu zu darzustellen. "Er wurde wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, und seinen Mund nicht auftut" (Jes 53:7).
  • Die Turteltaube ist von beiden verschieden und stellt das Opfer Jesu wieder von einer anderen Seite dar. Hier verliert sich der Gedanke an Arbeit, auch denkt man hier nicht an die widerspruchslose Ergebenheit des Lammes, sondern der Gedanke ist hier einfach der einer leidenden Unschuld, wie geschrieben steht "Ich girrte (trauerte) wie eine Taube" (Jes 38:14) und: "ohne Falsch, wie die Tauben" (Mt 10:16).

Dieses sind etliche der Erkenntnisgrade, nach welchen die Hingabe Jesu als Brandopfer betrachtet werden kann, je nachdem der Gläubige auf Seinen treuen Dienst, auf Seine schweigende Ergebung oder auf Seine leidende Unschuld sieht. Dieses alles ist gleich wahr, alles ist gleich kostbar, alles ist gleich lieblich. Doch tritt das bestimmte Wesen des vollkommenen Opfers nicht in allen diesen Graden gleichmäßig hervor. Der Gedanke, der im Brandopfer liegt, ist, wie wir schon sahen, der, dass der Mensch alle seine Pflichten Gott gegenüber vollkommen erfüllt. Des Menschen Pflicht gegen Gott ist aber nicht nur ein Leben der Unschuld oder ein Leben der Hingabe; es ist auch ein Leben des Dienstes.

Man könnte fragen, was soll unter "der Ziege" verstanden werden (3Mo 1:10), welche zuweilen in den niederen Graden des Brandopfers dargebracht wurde? Wenn ich nicht irre, so liegt in diesem Sinnbild eine Hindeutung auf das Sündopfer, und wir werden hier an Christi Opfer als "Sündenbock" erinnert. Diese Anschauung steht scheinbar im Wiederspruch mit dem ganzen Wesen des Brandopfers. Ich glaube, dass diese verschiedenen Grade ein verschiedenes Maß der Erkenntnis bedeuten. Es mag sein, dass einer genug Erkenntnis hat, um zu sehen, wie Christus Sein Opfer bringt, ohne dass er die verschiedenen Seiten des Opfers deutlich unterscheiden kann. Demnach finden wir, dass bei niederen Graden aller Opfer das Eigentümliche des Opfers immer aus den Augen verloren wird, und dass man einen Gedanken oder eine Seite irgendeines anderen Opfers teilweise an die Stelle setzt2.

2 Dies wird besonders bei dem letzten Grad des Speiseopfers ersichtlich und bei den beiden letzten graden es Sündopfers. Die letzte Klasse des Speiseopfers gibt uns den Begriff von "Erstlingsfrüchten" (3Mo 2:14). Der vorletzte Grad des Sündopfers erscheint als ein Brandopfer "zum süßen Geruch" (3Mo 4:31), während der letzte Grad beinahe als Speiseopfer dargestellt wird (3Mo 5:11.12)

Es ist dieses meistens der Fall bei denjenigen, deren Anschauungen von Christo beschränkt sind. So ist es auch bei dem Vorbild. Wo das Maß der Erkenntnis gering ist, da findet sich eine Vermischung von zwei verschiedenen Seiten des Opfers Christi. Man sieht das Gebäude, um auf das früher angegebene Beispiel zurückzukommen von so großer Entfernung aus, dass zwar mehrere Seiten sichtbar sind, aber keine der Seiten sehr deutlich gesehen wird. So wird bei vielen der Gedanke an Jesus als Brandopfer kaum von dem Gedanken des Sündopfers unterschieden. Wenige nur, glaube ich, erblicken Jesus so, wie Er in dem ersten Grad dargestellt wird, als den geduldigen, unermüdlichen Diener anderer. Das Lamm, die Ziege, die Turteltaube, dies alles sind uns näher liegende Sinnbilder. Die Sache ist aber die, dass wir selbst im Dienst stehen und die damit verbundenen Beschwerden und Prüfungen kennen müssen, ehe wir irgendwie das Opfer Christi, wenn es uns unter dem Bild des Farren dargestellt wird, richtig schätzen können.

Die Evangelien sind indessen voll von dieser Anschauung des Brandopfers, ja eines der Evangelien ist derselben ganz und gar gewidmet: Markus stellt uns Jesus nicht dar, wie wir Ihn in den anderen Evangelien sehen, weder als Sohn Abrahams, noch als Sohn Gottes, vielmehr sehen wir Ihn da, wie Er Sich in geduldiger unermüdlicher Arbeit für andere verzehrt. Auf jeder Seite dieses Evangeliums sehen wir unsern Heiland als den "Knecht des Herrn", der gekommen ist, Seinen Willen zu tun. Wenn Er Sich nach Tagen fortwährender Arbeit zum Gebet oder zur Ruhe mit Seinen Jüngern zurückgezogen hatte, sehen wir Ihn doch gleich bereit, den Bedürfnissen der Menge nachzukommen, sobald sie Seiner begehren (Mk 1:35-38 - Mk 6:30-45). So gänzlich gibt Er Sich Seiner Arbeit hin, dass Er "auch nicht Raum hatte zu essen" (Mk 3:20 - Mk 6:31)., "aber Er hatte eine Speise zu essen, welche die Welt nicht kannte. Seine Speise war die, den Willen seines Vaters im Himmel zu tun" (Joh 4:31-34). O welche Gnadenzüge finden sich bei Seinem ganzen Dienst! Er heilt nicht nur den Blinden, sondern "nimmt ihn auch bei der Hand" (Mk 8:23). Er weckte die Toten nicht nur auf, sondern mit zarter Fürsorge "befahl Er, dem Mägdlein zu essen zu geben" (Mk 5:43).

Geliebter HErr, zeige uns mehr von Deinem Dienst, dass wir uns nicht nur über Dein Werk freuen,sondern auch lernen in Deine Fußstapfen zu treten.

2. Unterschied

Ein zweiter Unterschied in den verschiedenen Graden des Brandopfers besteht darin, dass bei dem letzten Grad die Teile nicht unterschieden werden, wie dies bei dem ersten Grad der Fall war. Diese Eigentümlichkeit bei dem letzten Grad ist: der Vogel ward getötet, aber nicht z e r t e i l t. Bei dem Farren und Schaf wird bemerkt, dass das Opfertier "in Stücke zerhauen wird"; die Schenkel, der Kopf, das Fett, die Eingeweide, jedes wird einzeln aufgezählt (3Mo 1:6.8.9). Die Schenkel, die Eingeweide stellen, wie wir schon sahen, den Wandel, die Gedanken, die Empfindungen Jesu dar. Bei dem ersten Grad wird dieses alles erfasst, in dem letzten unbeachtet gelassen. Wie gesagt, stellen diese Grade die verschiedenen Stufen der Erkenntnis dar. Wo das Maß geistlicher Erkenntnis groß ist, da wird der Gläubige das Opfer in seinen Einzelheiten erblicken, seine Augen werden beständig darauf gerichtet sein, den Wandel und die Gesinnung Jesu zu beobachten. Er wird nach und nach bemerken, was er einst nicht beachtete, wie Jesus wandelte wie Er dachte und fühlte.

Ferner wird bei dem Vorbild hervorgehoben, dass bei dem ersten Grad des Bandopfers "die Eingeweide und Schenkel mit Wasser gewaschen" wurden (3Mo 1:9). Nichts Derartiges findet sich bei dem letzten Grad. Da werden nicht einmal die einzelnen Teile unterschieden. Was lehrt uns dieser Unterschied? "Die Schenkel und die Eingeweide" sind der Wandel und die Triebe. Das Wasser ist das Sinnbild des Geistes, der vermittelst des Wortes wirkt, wie geschrieben steht: "Christus liebte die Gemeinde und hat Sich Selbst für sie gegeben, auf dass Er sie heiligte; und hat sie gereinigt d u r c h das W a s s e r b a d im W o r t" (Eph 5:26). Ferner: "Heilige sie in Deiner Wahrheit, D e i n Wort ist die Wahrheit" (Joh 17:17). Obgleich Christus ohne Flecken oder Mangel war, unterwarf Er Sich doch als Mensch in Seinen Empfindungen und in Seinem Wandel dem Wort und Geist Gottes. Als wahrhaftiger Mensch ward Er sogar durch dieselben geheiligt, denn Er sagte: "Ich bewahre Mich im Wort Deiner Lippen" (Ps 17:4) - Im Gesetz stand geschrieben: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Munde des HErrn kommt" (5Mo 8:3 - Lk 4:4), und der Mensch Jesus tat dies in Wahrheit. Jeder Schritt, jede Empfindung war untertan dem Wort. Dies alles aber wird bei der Turteltaube übersehen. Die Unterscheidung der einzelnen Teile, sowohl als das Waschen mit Wasser, beides wird nicht beachtet.

3. Unterschied

Ein dritter Unterschied zwischen den verschiedenen Graden des Brandopfers ist der, dass, während bei dem ersten Grad der Opfergabe der Opfernde seine Hand auf das Opfertier legte (3Mo 1:4) dieses Verfahren bei den anderen Graden nicht stattfindet. Ich habe schon auf die Bedeutung dieser Handlung hingewiesen als auf den Ausdruck des Einsseins des Opfernden mit dem Opfer. Dieses Einssein wird bei dem ersten Grad des Brandopfers erkannt, bei den andern Graden wird es gänzlich aus dem Blick verloren. Nicht wenige sehen, dass Christus ein Opfer für uns bringt, ohne zu erkennen, dass E r S e l b s t das Opfer ist. Sie sehen, dass Er dieses oder jenes hingab, dass er viel für uns gab, und dass das, was Er gab, höchst kostbar war. Sie sehen aber nicht in Wahrheit, dass " E r sich S e l b s t gab", dass dasjenige, was Er opferte, Seine eigene gebenedeite Person war. Dies wird nur in dem ersten Grad des Brandopfers deutlich erkannt; in den andern Graden bemerkt man nichts davon.

4. Unterschied

Ein vierter Unterschied, dem eben betrachteten nahe verwandt, ist, dass bei dem e r s t e n Grad der O p f e r n d e das Schlachttier tötet, - in den l e t z t e r e n der P r i e s t e r (3Mo 1:5 - 3Mo 1:15). Ja, bei dem letzten Grad tut der Priester fast alles, der Opfernde verschwindet beinahe ganz, während bei der ersten Klasse im Gegenteil vieles von dem Opfernden im einzelnen berichtet wird. Die Bedeutung dieses Unterschiedes liegt offen, wenn wir den Unterschied zwischen dem Priester und dem Opfernden erkennen. Der O p f e r n d e stellt, wie schon gesagt, Christus in S e i n e r Person vor Augen. Der P r i e s t e r stellt Ihn in Seinem A m t dar, als den von Gott erlesenen Mittler zwischen Ihm selbst und dem Menschen. Erkennt man das Einssein des Opfernden mit dem Opfer, so sieht man, wie der Opfernde das Schlachtopfer tötet, d.h., dass Christus in Seiner eigenen Person Sein Leben freiwillig hingibt, wie geschrieben steht: "Niemand nimmt Mein Leben von Mir, sondern Ich lasse es von Mir Selber" (Joh 10:18). Wird auf der anderen Seite das Einssein des Opfers mit dem Opfernden nicht gesehen oder bleibt es unbeachtet, so sieht man, dass der Priester das Schlachtopfer tötet, d.h. man erkennt Christi Tod als das Werk des M i t t l e r s, - Sein Tod wäre so nämlich eine Tatsache, die mehr zusammenhängt mit Seinem P r i e s t e r a m t, als mit Seiner P e r s o n, die Sich Selbst als Opfer bringt. So ist es bei den Gläubigen, wo nur ein beschränktes Maß an Erkenntnis ist; da wird Christus nur als M i t t l e r erkannt; Er Selbst, Seine gebenedeite Person, wird übersehen, oder doch nur wenig erkannt.

Zusammenfassung

Dies sind die wichtigsten Unterschiede, die bei dem Brandopfer hervortreten. Wie viel Belehrung kann hier der Gläubige finden! Wie klar sind hier die verschiedenen Erkenntnisgrade der Gläubigen in Bezug auf das Werk und die Person unseres HErrn aufgezeichnet! Aber doch begnügen sich einige Gläubige damit, nichts von alledem zu wissen, und es wäre ihnen lieb, man deckte ihnen ihre Unwissenheit gar nicht auf. Sie können nur e i n e Wahrheit erkennen - das Passahlamm in Ägypten - und was darüber hinaus ist, danach verlangt sie nicht. Ob sie es wissen oder nicht, so bezeugen doch solche Leute nur zu deutlich, dass sie weder von der Wüste, noch von der Stiftshütte etwas wissen, dass ihre Heimat bisher in Ägypten war und dass sie nicht anderes, als Knechte in Ägypten sind.

Sind wir aber durch Gottes Gnade von Ägypten ausgegangen und haben Erkenntnis von den verschiedenen Opfern erlangt, erkennen wir unsere Erlösung und sind wir derselben gewiss, und besitzen wir geistliche Erkenntnis genug, um die mannigfaltigen Seiten des Opfers Christi zu unterscheiden: wie viel bleibt dann noch übrig, von Jesu Werk zu lernen! Es gibt in der Wüste nicht nur starke Männer, sondern auch Kindlein, und diese können nur wenig wissen, bis sie erwachsen sind. Ja es gibt zum Mannesalter herangereifte Kindlein in der Wüste, welche durch ihre Untreue beinahe dem Opfer entfremdet sind. Bei solchen wird das Maß der Erkenntnis beschränkt und infolge dessen auch ihre Freude und Kraft nur gering sein. HErr, erweck deine Gläubigen, dass sie ihrer Berufung inne werden, indem sie mehr und mehr von Jesu erkennen, damit sie, anstatt sich zu rühmen, sie seien Abrahams Kinder - während sie Knechte in Babylon oder Ägypten sind - vielmehr danach trachten, als S ö h n e Abrahams gleich ihm, mit Dir zu wandeln als Fremdlinge und Gäste hienieden!

Hier schließe ich meine Bemerkungen über das Brandopfer. Wir haben Jesus in demselben als unsern S t e l l v e r t r e t e r gesehen. Sein O p f e r wurde f ü r u n s gebracht und nun heißt es: "Wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt" (1Jo 2:21). So wie Jesus angenommen ist, so sind auch wir in Ihm angenommen. "Wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten" (Eph 1:6). Aber Jesus steht auch als unser Vorbild in dem Brandopfer da, "Er hat uns ein Vorbild gelassen, dass wir sollen nachfolgen Seinen Fußstapfen" (1Petr 2:21). Daher sollte das Maß Seiner Hingabe der Maßstab für die unsrige sein, "wir sollten wandeln, gleichwie Er gewandelt ist" (1Jo 2:6).

Gebe der HErr, dass Seine Gemeinde ihrer Berufung völliger inne werde, ihr Einssein mit Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, mehr verwirkliche und in lebendiger Hoffnung auf Sein Erscheinen warten, damit, während sie sich ihres Erbteils freuen und sich dessen trösten, dass Jesus sie droben vertritt, Sein Kreuz ihr täglich lieber werde und sie Ihn mehr und mehr hienieden darstellen können. Amen.

Fortsetzung folgt im 3. Kapitel: Das Speiseopfer - 3Mo 2