Der richtige Umgang mit Zweifel

Aus Bibelwissen
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Von Daniel Muhl

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Ein gewisses Maß an Zweifel wird manchmal als positiv angeschaut, doch in vielen christlichen Gemeinschaften wird der Zweifel als Glaubensschwäche interpretiert. Dabei stellt sich die Frage, ob es ein biblisch gesundes Maß an Zweifel gibt oder ob der Zweifel generell zu verurteilen ist.

Der Begriff

Die möglichen gr. Begriffe, die mit Zweifel übersetzt werden können, lauten:

  1. +1365 διστάζω distázo (zweifeln). Von δι–στας aus +1364 δίς dís zweimal und +2476 ἵστημι hístemi (stellen, stehen). Wörtlich: Zwei Standpunkte vertreten“ oder „auf zwei Seiten stehend“
  2. +1261 διαλογισμός dia–logismós (Erwägung). Von +1260 διαλογίζομαι dia–logízomai (erwägen). Wörtlich: „Durch- oder Übererwägung“
  3. +1252 διακρίνω dia–kríno (beurteilen). Bestehend aus +1223 διά diá (durch, wegen, auseinander) und +2919 κρίνω kríno (urteilen). Wörtlich: Durchurteilen, Auseinanderurteilen.

Welcher Zweifel?

Ob ein Zweifel gesund oder schädlich ist, hängt von der Frage ab, in welchem Bereich wir Zweifel haben? Zweifeln wir daran, ...

- ... ob es Gott gibt?
- ... ob der Glaube an Jesus Christus auch wirklich der Glaube ist, der ins ewige Leben führt?
- ... ob Gott alles „im Griff hat“?
- ... ob Gott es wirklich gut mit uns meint?
- ... ob für Gott wirklich alles möglich ist?
- ... ob Gott wirklich die Liebe ist?
- ... ob wir den Glauben auch wirklich richtig leben?
- ... ob wir die richtige Einstellung haben?
- ... ob wir auf dem richtigen Weg sind oder ob wir vielleicht sogar Verführte sind?

Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob wir an der Existenz Gottes, an Seinem liebenden Handeln zweifeln oder ob wir an unserer eigenen Sichtweise zweifeln.

Das Zweifeln an der Allmacht Gottes

Das Zweifeln am Handeln Gottes hängt letztlich mit dem Maß des Glaubens zusammen. Das wird auch aus folgender Begebenheit deutlich:

  • Mt 14:22-33 - Und sogleich nötigte er die Jünger, in das Boot zu steigen und ihm an das jenseitige Ufer vorauszufahren, bis er die Volksmengen entlassen habe. 23 Und als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er für sich allein auf den Berg, um zu beten. Als es aber Abend geworden, war er dort allein. 24 Das Boot aber war schon mitten auf dem See7 und litt Not von den Wellen, denn der Wind war ihnen entgegen. 25 Aber in der vierten Nachtwache8 kam er zu ihnen, indem er auf dem See einherging. 26 Und als die Jünger ihn auf dem See einhergehen sahen, wurden sie bestürzt und sprachen: Es ist ein Gespenst! Und sie schrien vor Furcht. 27 Sogleich aber redete Jesus zu ihnen und sprach: Seid guten Mutes! Ich bin es. Fürchtet euch nicht! 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen! 29 Er aber sprach: Komm! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, fürchtete er sich; und als er anfing zu sinken, schrie er und sprach: Herr, rette mich! 31 Sogleich aber streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und spricht zu ihm: Kleingläubiger, warum zweifeltest du? 32 Und als sie in das Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die aber in dem Boot waren, warfen sich vor ihm nieder und sprachen: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn!

Hier zeigt sich, dass der Zweifel der Petrus, mit seinem Kleinglauben zusammenhängt. Aber warum kam es zu diesem Kleinglauben? Der unterbrochene Blick auf Jesus führt zu diesem „sinkenden“ Kleinglauben! Das Auge war nicht mehr „einfältig“ auf den Herrn, sondern auch auf die Wellen gerichtet. In Mt 6:22 erwähnt Jesus das „einfältige Auge“ und meint damit, ein Auge, das ungeteilt auf das Licht gerichtet ist.

Der mangelnde Glaube an das mächtige Wirken Gottes, als Er Seinen Sohn aus den Toten auferweckte, bewirkte auch einen Zweifel:

  • Mt 28:16-18 - Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa, an den Berg, wohin Jesus sie bestellt hatte. 17 Und als sie ihn sahen, warfen sie sich vor ihm nieder; einige aber zweifelten. 18 Und Jesus trat zu ihnen und redete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.

Das Zweifeln an seinen eigenen Sichtweisen

Menschen, die von sich selbst völlig überzeugt sind und keine Zweifel an ihrer eigenen Sichtweise haben, haben einen großen Glauben in Bezug auf sich selbst und nicht in Bezug auf Gott. Dabei handelt es sich nicht um den biblischen Glauben, sondern über ein Selbstvertrauen. In den Sprüchen lesen wir etwas Ähnliches:

  • Spr 26:12 - Siehst du einen Mann, der in seinen Augen weise ist - für einen Toren gibt es mehr Hoffnung als für ihn.

Der hier erwähnte Mann hat überhaupt keine Selbstzweifel, sondern er ist total von sich überzeugt. Hier geht es überhaupt nicht um den großen biblischen Glauben, sondern viel mehr um eine Selbstüberschätzung. Der Glaubende erwartet alles von Gott und von sich selbst gar nichts! Wenn Paulus sich selbst nicht beurteilen konnte (1Kor 4:3), dann zeigt das auch, dass das Urteil über sich selbst nicht zuverlässig ist und das beinhaltet auch einen gewissen Zweifel, ob das Urteil Gottes über ihn dasselbe ist, wie sein eigenes.

Der richtige Umgang mit dem Zweifel

Wenn wir den biblischen Glauben hätten, dann könnten wir laut Aussage von Jesus Bäume und Berge versetzen und müssten diesbezüglich auch keine Zweifel mehr haben:

  • Mt 21:21 - Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht allein das mit dem Feigenbaum Geschehene tun, sondern wenn ihr auch zu diesem Berg sagen werdet: Hebe dich empor und wirf dich ins Meer!, so wird es geschehen.
  • Mk 11:23 - Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berg sagen wird: Hebe dich empor und wirf dich ins Meer!, und nicht zweifeln wird in seinem Herzen, sondern glauben, dass geschieht, was er sagt, dem wird es werden.

Was aber ist ein biblischer Glaube?

Nachdem Petrus über den See ging und er für seinen Kleinglauben von Jesus getadelt wurde, lesen wir in der Bibel nie mehr, dass er oder andere wieder einen solchen Versuch unternommen hätten. Diese Tatsache ist sehr aufschlussreich! Petrus hat dies nicht deshalb nie mehr getan, weil sein Glaube bis an sein Lebensende zu schwach gewesen wäre, sondern weil ihn Jesus nie mehr dazu aufgefordert hat. Es fehlte der Auftrag Jesu dazu.
Der biblische Glaube ist nicht einfach ein Zauberwerkzeug, mit dem man irgendwelche Wunder nach eigenem Gutdünken ausführen könnte, sondern er beinhaltet ein Handeln im Auftrag Gottes! Wenn ich vom Herrn den Auftrag bekomme, einen Toten zu erwecken, dann werde ich das auch können.
Es stellt sich also immer die Frage, ob wir einen Auftrag vom Herrn Jesus Christus haben oder nicht! Darum sagt Jesus ja auch:

  • Joh 14:14 - Wenn ihr mich etwas bitten werdet in meinem Namen, so werde ich es tun.

Ich kann nur dann in Seinem Namen etwas bitten, wenn ich von Ihm den Auftrag dazu bekommen habe!

Wie erkenne ich den Auftrag Gottes?

Die Aufträge Gottes erkenne ich dann, wenn ich eine Sensibilität für das Wirken des Geistes entwickelt habe. Dabei spielt das Verlangen nach einer innigen Liebesgemeinschaft mit dem Herrn eine ganz wesentliche Rolle. Das Hören auf das Wort Gottes, das Gehorchen und das Stille-werden im Gebet wird dann immer mehr zu einem ganz großen Bedürfnis, anstatt zu einer mühsamen Pflicht! Je mehr die vertrauensvolle Liebesbeziehung zum Herrn wächst, desto mehr sucht man nur noch die Ehre Gottes und desto mehr entwickelt sich auch eine Sensibilität für das Wirken des Geistes Gottes. In diesem Zustand kann man dann die Aufträge Gottes immer besser erkennen.
Georg Müller, der Gründer der Waisenhäuser in Bristol, verbrachte viel Zeit mit Bibelstudium und Gebet. Sein Glaube und sein Vertrauen wuchs dadurch immer mehr und er lernte vollmächtig zu beten! Seine Lebensgeschichte findet man hier!