Der größte Prophet mit der weitesten Schau (B)

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Abschrift der Sammlung: Prophetische Traktate - Band 1
von Friedrich Malessa 1895-1981

Mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann
Als Abschrift dort noch erhältlich.

Siehe weitere Abschriften

Inhaltsverzeichnis Band 1
Inhaltsverzeichnis Band 2

24. Der größte Prophet mit der weitesten Schau (B)

Im vorigen Traktat (A) haben wir die paulinische Heilsdarstellung festgestellt: Durch die Ekklesia (Herauswahl) erhält der Christus seine Heilands-Fülle, um dann als der Fülle-Christus das äonenumfassende Heil zu vollführen. Zu diesen umfassenden Heilsvollführungen ist die Vervollständigung des Christus durch seinen „Leib“ erforderlich. „...welche da ist sein Leib, nämlich die Fülle des, der alles in allen erfüllet“ (Eph 1:23). - Es geht in der gegenwärtigen Zeit um das Pläroma (Fülle) des Christus!

Der Körper des Anti-Christus

Zu beachten ist aber, dass zu gleicher Zeit und im gleichen Raum auch der Anti-Christ sein Pläroma erreicht. Das ist eine Tatsache, die viel zu wenig beachtet wird. Und das zum Schaden derer, die auf der Seite des Fülle-Christus stehen sollen und wollen. Beachten wir den Vorgang: Wenn der Heilsträger seine letzte Verkörperung erlangt, dann wird zu gleicher Zeit auch der Unheilsträger seine Verkörperung empfangen. Das Füllemaß des Christus (durch die Entrückung), bietet die Möglichkeit zum Füllemaß des Anti-Christus. Diesem hochwichtigen Vorgang werden wir hier unsere Aufmerksamkeit zuwenden müssen.

Paulus ist es, der das aufzuweisen hat: „Lasset euch von niemand verführen in keinerlei Weise; denn er (der Tag Christi mit seinem Christus) kommt nicht, es sei denn, dass zuvor der Abfall komme, und offenbar werde der Mensch der Sünde, das Kind des Verderbens, der da ist der Widersacher und sich selbst überhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott. Gedenket ihr nicht daran, dass ich euch solches sagte, da ich noch bei euch war? Und was es noch aufhält, wisset ihr, nur das, der es jetzt aufhält (Körper Christi), muss hinweggetan werden; und alsdann wird der Boshaftige offenbar werden...“ (2Thes 2:3.13). Zwei Vorgänge sind hier zur beachten:

Der Abfall

1. Er ist die fundamentale Voraussetzung für den „Menschen der Sünde“. Denn der Ab-Fall ist gleichzeitig ein Zu-Fall. Aus dem Abfall erwächst der Körper des Antichristen: Antichristentum!

Der Abfall ist selbstverständlich nur unter den Christen, richtiger gesagt unter den Gläubigen zu suchen. Abfallen kann nur der Dabeiseiende. Wer kein Christi ist, der kann nicht abfallen, weil er in der Gottferne ist. Wie bedeutsam ist die Tatsache, dass das Christentum der Wachstumsbogen des Antichristen ist. Im Raume des Christentums ersteht das Antichristentum. So wie der Fülle-Christus durch die Glieder seines Leibes „wächst zu seiner Selbstbesserung“ (Eph 4:16), so wächst zu gleicher Zeit und im gleichen Raum der Körper des Anti-Christen. - Aus dem Ab-Fall und Zu-Fall ersteht der „Mensch der Sünde“.

Kein anderer als Paulus weist mit solcher Deutlichkeit auf das Werden des Antichristen hin, und zeigt seine Werdegeschichte in der Kirchengeschichte. Wiewohl auch Johannes diesen Hinweis bringt (1Jo 2:18ff.), so ist doch die Klarlegung dieses Vorganges bei Paulus am gründlichsten. Nochmals gesagt: In der Kirchengeschichte liegt der Wuchs des Körpers Christi; aber auch der Wuchs des Körpers des Antichristen. Wer das beachtet, weiß die Vorgänge Säkularisierung, Symbolisierung, Mythologisierung usw. anders zu bewerten.

Offenbarwerden des Antichristen

2. Zum Offenbarwerden des Antichristen muss das „ihn Aufhaltende hinweggetan werden“. Solange die Ekklesia hier ist, kann der Boshaftige mit seiner verkappten Bosheit, die in Lammesart (Offb 13:11) und in Engelsgestalt sein wird (2Kor 11:14), nicht offenbar werden. Die „Aufhaltenden“ halten eben auf. Wenn sie aber hinweggetan sein werden, alsdann kann der Boshafte unbehindert seinen „Geschäften“ nachgehen. Und alle Welt wird „glauben der Lüge“ (2Thes 2:11). Somit hat die Entrückung eine doppelte Bedeutung:

a) sie bezweckt die Vollausgestaltung des Christus am Preisrichterstuhl;
b) sie ermöglicht die Vollausgestaltung des Antichristen, indem sie ihm das „Aufhaltende“ nimmt.

So hat Paulus auch hinsichtlich des Antichristen ein hervorragendes Wort zu sagen. Freilich betrifft diese seine Schau nur die Gemeindezeit. Was sich in der Gemeindezeit mit dem Antichristen tut, das ist sein Aufklärungsauftrag. Was über die Gemeindezeit hinausgeht, ist nicht mehr seine Sache. Darüber hat er nur zu sagen: „....der es jetzt aufhält, muss hinweggetan werden; und alsdann wird der Boshafte offenbar werden, welchen der Herr umbringen wird mit dem Geist seines Mundes, und durch die Erscheinung seiner Zukunft ihm ein Ende machen“ (2Thes 2:7.8). Das ist der paulinische Totalblick über den Antichristenkörper nach der Entrückung des Christuskörpers. Paulus zeigt an, dass nach der Entrückung der Ekklesia der Antichrist ganz real (nicht sinnbildlich) offenbar wird, und dass er dann ganz real umgebracht wird durch die Erscheinung des Fülle-Christus. Das ist also der paulinische Überblick des Antichristenkörpers im Blickfeld des Christuskörpers.

Der Einblick in die Zeit des geoffenbarten Antichristen, d.h. die genaue Darlegung aller Geschehnisse mit dem Antichristen und durch den Antichristen, ist nicht mehr Auftrag des Paulus, sondern des Sehers Johannes. „Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll; und er hat sie gedeutet und gesandt seinen Engeln zu seinem Knecht Johannes“ (Offb 1:1).

Höllenfahrt der satanischen Mächte

Zur Zeit der „Himmelfahrt“ der Gemeinde Jesu Christi ereignet sich die „Höllenfahrt“ der satanischen Mächte, die bis dahin noch „in der Luft herrschen“. Sie werden aus ihren bisherigen Wohngebieten hinausgeworfen zwecks Konzentration in dieser Welt. Denn da ersteht das Pläroma des Antichristen. Wie der Fülle-Christus durch die „Himmelfahrt“ seines Körpers, so muss durch die „Höllenfahrt“ der satanischen Geister der Fülle-Antichristus offenbar werden. Wie geht das vor sich?

„Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen; und der Drache stritt und seine Engel, und siegten nicht, auch ward ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel. Und es ward rausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführet, und ward geworfen auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen. Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden, und die Macht seines Christus, weil der Verkläger unserer Brüder verworfen ist, der sie verklagte Tag und Nacht vor Gott. Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses, und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod. Darum freuet euch, ihr Himmel, und die darin wohnen (= die Ekklesia). Weh denen, die auf Erden wohnen und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab, und hat einen großen Zorn, und weiß, dass er wenig Zeit hat. Und da der Drache sah, dass er verworfen war auf die Erde, verfolgte er das Weib, die das Knäblein geboren hatte. Und es wurden dem Weibe zwei Flügel gegeben wie eines großen Adlers, dass sie in die Wüste flöge an ihren Ort, da sie ernähret würde eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit (= dreieinhalb Jahre) vor dem Angesicht der Schlange. Und die Schlange schoss nach dem Weibe aus ihrem Munde ein Wasser wie einen Strom, dass er sie ersäufte. Aber die Erde half dem Weibe, und tat ihren Mund auf, und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Munde schoss. Und der Drache ward zornig über das Weib, und ging hin zu streiten mit den übrigen von ihrem Samen, die da Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu Christi“ (Offb 12:7-17).

Das ist ein gewaltiger Einblick in die Fülle-Zeit des Antichristen. Aber auch dieser Einblick ist nur ein Teil-Blick, und zwar hinsichtlich des „Weibes“, das in die Wüste entflieht und daselbst von Gott ernährt wird tausendzweihundert und sechzig Tage (= dreieinhalb Jahre, Offb 12:6). Das ist schon die Mitte des antichristlichen Füllegeschehens (die Mitte der Jahrwoche). Der Anfang der Jahrwoche hat einen anderen Charakter.

die Hure und das Tier

Zu Beginn der Jahrwoche ist nicht gleich die Verfolgung des „Weibes“ im Gange, sondern eine „Liebäugelung“ in ausgeprägtester Weise. Die „Hure reitet auf dem Tier“. Er geht nicht gegen, sondern mit Israel. Er wird mit den „vielen“ einen Bund machen für eine Jahrwoche (Dan 9:27). Triumphaler Bund! Und da geht’s in folgender Weise: „...der sich überhebt über alles, das Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott“ (2Thes 2:4). Mit dieser feingeistigen und durchaus religiösen Haltung will er alle Menschen gewinnen. Und es wird ihm gelingen. Johannes weiß diesbezüglich zu sagen: - „Und der große Drache gab ihm (Tier aus dem Völkermeer) seine große Kraft und seinen Stuhl und große Macht“ (Offb 13:2).

Diese satanische Christenwerbung und Christenschulung wird um so dringlicher, weil zu gleicher Zeit - am Anfang der Jahrwoche - zwei Zeugen auftreten und auch „werben“. Ihre Werbung ist ganz gewaltig. Man lese Offb 11:4-6. In kürzester Zeit haben sie berückende Erfolge. Man denke an die 144 000, an das Sonnenweib usw. Als Engel des Lichts tritt der Antichrist in der gesamten Menschheit auf; wie ein Lamm wird er sich erweisen Aber das Resultat wird bald offenbar: „Lamm“ gegen Lamm!

Wer ist dem Tier gleich?

Zu großartig wird die Zeugenbewegung sein. Dagegen muss eiligst etwas geschehen. Was denn? „Und ich sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund; und seine tödliche Wunde ward heil. Und der ganze Erdboden verwunderte sich des Tieres. Und beteten den Drachen an, der dem Tiere die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich? und wer kann mit ihm kriegen?“ (Offb 13:3.4). Todes-Wunde, Heilung, was sind das für Geschehnisse? Das sind nicht Gotteseingriffe. Gott würde zwar das Tier totschlagen, aber nicht „heilen“, d. h. auferstehen lassen. Das ist Satanswerk! Die Bewegung hat das „Tier aus dem Völkermeer“ nicht genügend unter Kontrolle gehalten. Ein anderes Tier muss her, nämlich das „Tier aus dem Abgrund“, das keine völkischen Bindungen und Rücksichten hat: „Und wenn sie ihr Zeugnis geendet haben (mitten in der Jahrwoche), so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen einen Streit halten und wird sie überwinden und wird sie töten“ (Offb 11:7). Dieses „geheilte“ Tier tut den Mund auf zur offenen Gotteslästerung, wendet sich offen gegen Gott, gegen den Himmel, gegen die Hütte, gegen die Heiligen, schließlich gegen das Lamm (Offb 13:5-7.17.14). Und was sagt dazu die ganze Menschheit? „Wer ist dem Tier gleich? Und wer kann mit ihm kriegen?“ (Offb 13:4) - Wohlgemerkt, ab der Mitte der Jahrwoche geht es nicht mehr mit Israel, sondern gegen Israel, weil auch das Kultur-Israel für die Zeugenvorgänge schuldig erklärt wird. Jetzt wird die bisher glorreiche Reiterin „zerfleischt“ (Offb 17:16).

Hier ist die endgültige Auswirkung der konzentrierten „Mächte, die in der Luft herrschen“. Sie sind mit ihrer Machtfülle nicht mehr da, sondern hier. Jetzt zeigt sich das wirkliche Pläroma des Anti-Christen. Hier sind nicht nur „Luftmächte“ konzentriert, sondern auch satanische Kräfte und Fähigkeiten, die sich in faszinierenden Zeichen und Wundern in nie dagewesener Weise kundtun: „Und tut große Zeichen, dass es auch machet Feuer vom Himmel fallen vor den Menschen... Und es ward ihm gegeben, dass es dem Bilde des Tieres den Geist gab, dass des Tieres Bild redete und machte, dass, welche nicht des Tieres Bild anbeten, getötet würden“ (Offb 13:13.15). Hier tritt auch das „zweite Tier“ (falscher Prophet) auf. Der ist hier, aber auch nur hier, nötig. Hier ist auch die gesamte Menschheit in einem Bann, der nicht zu beschreiben ist. Man überlege, was das bedeutet, wenn die ganze Welt bei aller offensichtlichen Macht- und Kampfanwendung gegen Gott und Christus zu dem hinreißenden Bekenntnis kommt: Wer ist dem Tier gleich? Wer kann mit ihm kriegen?

Krieg gegen das Lamm

Was Wunder, dass dann die geschlossene Welt gegen das Lamm in den Krieg zieht. Der Hass gegen das himmlische Lamm ist derart groß, dass ein offener Kampf nicht nur gewagt, sondern auch als unbedingt notwendig angesehen wird. Und wenn das Risiko dieses Kampfes hundertprozentig ist, so wird man den Kampf doch aufnehmen. Eine unbeschreibliche Verblendung. - Man darf wohl annehmen, dass die gesamte Menschheit wohl wissen wird, gegen wen sie kämpft.

Das Pläroma des Antichristen ist aber nur von kurzer Dauer. Wohl sind es sieben Jahre. - Sogar die heilige Zahl sieben ist ihm eigen. - Aber es sind nur sieben Jahre. Sie sind allerdings derart ereignisreich, dass sie nicht ergründet werden können. Die Andeutungen der Apokalypse über die sieben Jahre sind zwar gewaltig, und doch so knapp und gedrungen, dass unser Verständnis dafür nicht ausreicht. Klar wird’s uns nur, dass die sieben Jahre eine Zweiteilung haben: Die erste Hälfte unter der Herrschaft des Völkermeer-Tieres in volksgebundener und triumphaler Weise, die zweite Hälfte unter der unvorstellbaren Herrschaft des Abgrund-Tieres in katastrophaler Weise. Beide Male eine Konzentration in erschreckender Weise:

a) in der Menschheit feingeistig und religiös,
b) mit der Menschheit drachenmäßig und höchst brutal.

Und das alles durch die Konzentration der „Mächte der Luft“, die da haben eine „Höllenfahrt“ zuerst zur Erde, schließlich eine „Höllenfahrt“ in den „feurigen Pfuhl“ (Offb 19:17-21). Paulus sagt mit dem Totalblick: „...welchen der Herr umbringen wird mit dem Geist seines Mundes. (2Thes 2:8).

Paulus ist’s, der auch für den Antichristen den klarsten Blick hat. Denn er zeigt nicht nur sein Offenbarwerden, sondern auch sein ganzes Werden. Das letztere geht gerade uns an, weil wir (die Christen) das Erstehen des Antichristen ermöglichen. Wir sind es, die für das Werden des Antichristen verantwortlich sind. Ist uns das bewusst?

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25. Der größte Prophet mit der weitesten Schau (C)