Das Zukunftsbild des Propheten Jona

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Aus dem Zweimonatsheft für gläubige Schriftforscher:
"Das prophetische Wort"
Begründet von Professor E. F. Ströter


Herausgegeben von Heinrich Schaedel
Maranatha-Verlag, Klosterlausnitz i. Thür.
XIX. Jahrgang 1928

Siehe weitere Abschriften
Weitere Referate: Die 12 kleinen Propheten

Das Zukunftsbild des Propheten Jona

Von Heinrich Schaedel

Zeitliche Einordnung des Propheten Jona

Jona ist eigentlich der älteste der Propheten, von denen uns Bücher erhalten worden sind. Wir lesen in 2Kö 14:25: „Er (Jerobeam II.) stellt die Grenze Israels wieder her von der Gegend um Hamath an bis an den großen Steppensee des Toten Meeres, der Verheißung entsprechend, die der Herr, der Gott Israels, durch seinen Knecht, den Propheten Jona, den Sohn Amitais aus Gath-Hepher, gegeben hatte.“ Jona lebte also um das Jahr 690 vor Christo, das ist etwa 40 Jahre vor Jesaja. Es ist aber möglich, dass er Amos und Hosea noch gekannt hat. Man kann darum Jona als den eigentlichen Nachfolger des Propheten Elisa betrachten, von dem er vielleicht ein Schüler gewesen ist. Jonas Sprüche und Reden aus jener Zeit sind uns aber nicht erhalten geblieben, sondern, wie bei Elia und Elisa die Taten in der Schrift beschrieben sind, so werden uns auch von Jona besondere Taten und Lebensführungen mitgeteilt. Sein Büchlein hat viel Kritik über sich ergehen lassen müssen. Die Wissenschft betrachtet sein Buch als eine Vereinigung von Allegorie und Sage. Doch geht aus obiger Stelle klar hervor, dass Jona eine historische Persönlichkeit war. Wenn auch das Buch Jona nicht von ihm selbst geschrieben worden wäre, sondern ein späterer Gottesmann hätte uns die Erlebnisse und Erfahrungen des Jona aufgezeichnet, so sehen wir doch sehr deutlich den Finger des Heiligen Geistes.

Das Zeichen Jona

Von großer Bedeutung ist es jedenfalls, dass der Herr Jesus den Propheten Jona als ein Vorbild für seinen Tod und seine Auferstehung anführt (Mt 12:40). Damit ist jedenfalls die Autorität und Echtheit dieses Buches anerkannt. So sagt der Herr auch (Lk 11:30), dass Jona ein Zeichen wurde für die Einwohner von Ninive, ebenso wie der Menschensohn für Israel ein Zeichen war. Damit ist jedenfalls die Wichtigkeit unseres Propheten festgestellt. Der Prophet ist in seinem Leben und seinen Taten auch ein Zeichen für zukünftige Dinge die Gott wirken wird; das soll uns hier hauptsächlich in dieser Arbeit beschäftigen.

Der Inhalt des Buches Jona ist ja wohl besser bekannt, als wie der irgend eines anderen Propheten. Aber trotzdem scheinen viele Bibelleser nicht die großen Lektionen zu verstehen, die uns dieser Prophet durch sein Leben und seine Taten geben soll. Jona ist jedenfalls nicht ein launischer, widerspenstiger und gedankenloser Mensch gewesen, sondern ein Mann Gottes, der willig sich selbst opfern wollte, um damit sein Volk zu retten. Er wusste, dass Assyrien eine Zuchtrute Gottes für Israel war. Nun hatte er gerade seinem Volk eine Wiederherstellung der alten Grenzen verheißen und unter Jerobeam II. war das durchgeführt worden. Er sah aber auch die Gottlosigkeit in Israel und wusste als Prophet, dass das kein gutes Ende nehmen werde. Da bekommt er den Auftrag Ninive Buße zu predigen. Wenn der Herr Buße predigen lässt, dann hat er Gedanken des Friedens mit den Menschen. Das alles war dem Propheten sehr wohl bekannt, und darum flieht er vor Gott und will in das ferne Spanien reisen. Denn wenn er nicht Gottes Botschaft nach Ninive bringt, dann wird Gott die Assyrer ihrer Sünde wegen untergehen lassen, und dadurch wird sein Volk gerettet werden. Die ganze Erfahrung dieses Propheten ist aber als Vorbild zukünftiger Dinge und Ereignisse zu bewerten, worauf wir hier hinweisen wollen.

Die Hauptlektion im Buch Jona ist nicht, dass Gott sich über die Kinder und die Tiere erbarmt (Jon 4:11), obwohl das auch wichtig ist, sondern dass die Anschläge der Menschen die Pläne unseres Gottes nicht verhindern können. Das, was Gott gesagt hat, wird auch in Erfüllung gehen. Dadurch erhält eben das Buch Jona eine besondere Würde und Wichtigkeit. Rein äußerlich betrachtet ist das Buch Jona eines der Meisterwerke in der ganzen Literatur der Welt, von dem alle Schriftsteller viel lernen können. Auf knappstem Raum werden hier mustergültige Schilderungen mit lebendiger Dramatik geboten. Die Schilderung des Sturmes und die Vorgänge auf dem Schiff sind so lebendig dargestellt, dass man alles gleichsam miterlebt. Ebenso die anderen Beschreibungen. Das Fischwunder hat ja Veranlassung gegeben zur Kritik und zu Spott. Wir können unserem Gott, der die Welt erschaffen hat, doch dieses kleine Wunder zutrauen, den Propheten etwa 30 Stunden im Bauche des Fisches zu erhalten. Da man vielfach die tieferen Wahrheiten der Schrift nicht erkennt, bleibt man in oberflächlicher Weise an solchen Dingen hängen, und glaubt nicht darüber wegkommen zu können. Wenden wir und darum dem tieferen Sinn unseres Buches zu.

Der Sinn des Buches Jona

Die besondere Lebensführung und Erfahrung des Propheten Jona, wie wir sie in diesem kleinen Buch haben, zeigen uns die Geschichte des Volkes Israel in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In Jona wird abgeschattet Israels Ungehorsam, seine zeitweilige Verwerfung und endliche Wiederherstellung. Jona ist nicht nur ein Vorbild auf Christus, sondern auch auf das ganze Israel.

Da beachten wir zuerst die Berufung Jonas. Jehova beruft den Propheten, um der großen Stadt Ninive zu predigen und ihr Gottes Wort zu bringen. Damit sehen wir doch sofort die große Aufgabe Israels in der Vorsehung Gottes, nämlich der Missionar Gottes in der Völkerwelt zu sein. So steht geschrieben:

  • Jes 43:21: „Dies Volk habe ich mir zugerichtet; es soll meinen Ruhm erzählen."

Schon Abraham war es von Gott zugesichert worden, dass in seinem Samen alle Völker gesegnet werden sollten. „Das Heil kommt von den Juden“, das meint nicht nur, dass aus Israel der Herr Jesus geboren wurde, sondern auch, dass Israel der Welt die Bibel gegeben hat und die Aufgabe hatte, den Willen Gottes unter den Völkern kundzumachen. Haben wir das erkannt, dann steht uns doch auch das Wort unbeweglich fest:

  • Röm 11:29: „Unwiderruflich sind die Gnadengaben und Berufung Gottes."

Jona ist aber ungehorsam. Er flieht vor Gott und führt nicht den Missionsauftrag aus, sondern geht an Bord eines Handelsschiffes, das nach Europa fährt, also in der entgegengesetzten Richtung von dem Ort, wo Gott ihn haben will. Das ist doch ein sehr deutliches Bild von Israels Verhalten. Als sein Messias kam und Israel erlösen wollte, damit es seinen gottgewollten Beruf unter den Völkern antreten könnte, da wollte dieses Volk nicht eingehen auf die Gedanken Gottes. Israel ist ein abtrünniges Volk geworden und nimmt jetzt die Stellung eines Handelsvolkes ein, das mehr Interesse hat an den Handelsschiffen der Welt, als an seinem Beruf als Missionsvolk. Ungehorsam des göttlichen Auftrags wie Jona, ist es jetzt ein Fluch unter den Völkern geworden anstatt ein Segen.

Die Heimsuchung Gottes

Aber die Heimsuchung Gottes kam bald über Jona. Ein gewaltiger Sturm bricht los, und die wilden Wogen des zornigen Meeres erheben sich. Alles wendet sich gegen ihn, denn er ist Gott ungehorsam gewesen. Auch dieses Bild lässt in Bezug auf seine Bedeutung an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Nach dem Westen ist Israel gezogen nach seinen schweren Heimsuchungen in Palästina. Unheil über Unheil, Sturm über Sturm ist über das Judenvolk hereingebrochen,seitdem es auf dem Völkermeer umher schwimmt als Fremdkörper. Wo immer ein Jude hinkommt, da gibt es Unruhe und Bewegung. Wer Israels Geschichte der letzten zweitausend Jahre kennt, der weiß, welche furchtbaren Stürme bis in unsere moderne Zeit über dasselbe hinweg gegangen sind. Dabei ist es auch trefflich gekennzeichnet, dass der Jude Jona in seiner Kabine liegt und schläft. So ist Israel noch nicht aufgewacht, trotz der entsetzlichen Gerichte. Als der Kapitän des Schiffes ihn zur Rede stellt, sagt er:

  • Jon 1:9: „Ich bin ein Hebräer und verehre den Herrn, den Gott des Himmels, der das Meer und das feste Land geschaffen hat."

Eigentümlich ist doch die Tatsache, dass die Juden trotz ihres Abfalls sich als Verehrer des wahren Gottes, des Schöpfer Himmels und der Erde, bekennen. Das Gericht muss aber an Jona vollzogen werden. Er wird hineingeworfen in die wütenden Wellen. Es ist das wieder typisch für die Verwerfung Israels in diesem Zeitalter. Die heidnischen Männer auf dem Schiff sind erstaunt, dass das Meer ruhig wird, nachdem Jona hinabgeworfen worden ist. Sie fürchten sich und beten den wahren Gott Jehova an. Ist das nicht auch eine merkwürdige Illustration zu dem Wort Röm 11:11: „Aus ihrem Fall ist den Heiden das Heil widerfahren.“

Noch deutlicher aber redet der Herr hier im Vorbild. Ein großer Fisch, den Gott zubereitet hatte, verschlingt den Jona. Drei Tage und Nächte wird er hier im Leibe des Fisches lebendig begraben aber er stirbt nicht. Wir stehen da ganz offenbar vor einem göttlichen Wunder. So ist Israel in der Völkerwelt lebendig begraben. National ist der Jude tot und begraben unter den anderen Völkern, und doch lebt er. Der Fisch kann eben den Jona nicht verdauen. Eben so wenig kann der Völkerfisch den Juden verdauen bis auf unsere Tage. Er liegt den Völkern zwar schwer im Magen und verursacht ihnen allerlei Magenbeschwerden und Unbehagen, aber assimilieren können sie ihn nicht. Die Völker werden auch nicht zur Ruhe kommen, solange sie den unbekehrten Juden in sich haben.

Jonas Buße

Jona kommt aber in seinem Grabe zur Buße. Er rief zu Gott. Er sehnt sich zurück zum Tempel in Jerusalem. Der Schluss seines Gebetes heißt:

  • Jon 2:10: „Die Rettung steht beim Herrn.“

Man lese nur einmal das Bußgebet Jonas im Blick auf ganz Israel, wenn es sich zurücksehnen wird nach Jerusalem und sich beugt vor Jehova. Dieses Heimweh nach Palästina ist ja wohl heute schon stark geworden im Judenvolk. Ehe es aber zu der rechten nationalen Buße Israels kommt nach der Schrift, muss die große Trübsal die auch in dem Leiden Jonas auf dem Meer und im Fisch abgeschattet ist, über dieses Land hereinbrechen.

  • Jon 2:11: „Hierauf gebot der Herr dem Fische, und dieser spie Jona ans Land aus."

Das ist ja das große Thema so vieler Propheten: „Der Israel zerstreut hat, wird es auch sammeln.“ Von dieser Rückkehr Israel wird ja so oft in der Schrift geredet. Nur muss man sich wundern, dass da so viele Christen immer noch Fragezeichen setzen, nachdem Gott doch so deutlich und klar geredet hat. Wir lernen aber auch hier, dass alle menschlichen Bestrebungen, auch die im Zionismus, noch wenig Bedeutung haben, solange der Herr nicht dem Völkerfisch gebietet, den Juden nach Palästina auszuspeien.

Jonas Auferstehung

Jona feiert im heiligen Land eine Auferstehung.

  • Jon 2:10: „Ich aber will mit Dank dir opfern, meine Gelübde will ich bezahlen."

So hatte Jona nach Ps 50. gesprochen. Wie bereits sein Bußgebet im Leib des Fisches sich auf verschiedene Psalmworte gründet, so wird er auch jetzt, nachdem er wieder im heiligen Land war, sich auf das Wort Gottes besonnen haben. Wie wird doch das Wort Paulis so klar: Röm 11:15: „Was wird ihre Annahme anderes sein als Leben von den Toten? Da kommt das Wort des Herrn zweimal zu Jona mit dem Auftrag, Ninive das Gericht Gottes zu verkündigen. Beim ersten Kommen des Herrn ist Israel nicht auf seinen Auftrag eingegangen, aber beim zweiten Kommen wird das Volk bereit sein, seinen großen Missionsruf unter den Völkern anzutreten und der Menschheit Gottes Wort zu verkündigen, wie es bisher in der Geschichte noch nicht der Fall war. Wahrlich, das ist doch eine klare und verständliche Bildersprache, die Gott hier redet. Jona ist nun willig und folgt der Weisung des Herrn.

  • Jon 3:3: „Da machte Jona sich auf und begab sich nach Ninive, wie der Herr ihm geboten hatte."

Noch etwas ist hier deutlich abgeschattet. Es ist wohl das einzige Mal in der Weltgeschichte, dass ein ganzes Volk Buße getan hat. Die ganze Stadt wird von einer durchgreifenden Erweckung heimgesucht. Die Massen werden zur Buße geführt. In dem Zeitalter zwischen dem ersten und zweiten Kommen des Herrn haben wir nichts Derartiges zu erwarten. Es handelt sich hier nur um die Buße und Bekehrung der einzelnen Menschen. Wenn aber der abgefallene, gestrafte und von Gott wiederhergestellte Israel seinen großen Missionsberuf antreten wird, dann wird es zu einer Massenbewegung, zu einer Völkerbekehrung kommen.

Die menschlichen Züge, die im vierten Kapitel unseres Propheten noch erzählt werden über den Verdruss Jonas, ändern an dem Gesamtbild weiter nichts. Jona erzählt das alles noch ganz schonungslos, jedenfalls als Warnung für sein Volk. Es ist ja alles erst Schattenbild, noch nicht reale Wirklichkeit. Jona ist noch nicht im Vollbesitz der Geisteskräfte, wie sie der Herr seinem wiedergeborenen Volk Israel geben wird. Aber klare Unterweisungen im Vorbild gibt hier der Her jedem gläubigen Bibelleser. Es ist uns zur Lehre geschrieben.

Ich bin am Schluss. Die Frage sei nur noch gestellt: Sind diese Gedanken in das Wort Gottes, wie wir sie im Propheten Jona haben, hinein getragen? Viele moderne Schriftausleger werden das sagen. Wenn der Herr Jesus selbst, wie wir es vorhin sagten, den Jona als Zeichen hingestellt hat, sollten wir da nicht ein Recht haben, ein wenig darüber nachzudenken, was dieses Zeichen im Lichte der ganzen Schrift zu bedeuten hat? Die ganzen Züge des Lebens und der Führungen des Propheten Jona stimmen fast bis in alle Einzelheiten überein mit den Aussagen der Schrift über Israels Zukunft und große Aufgabe unter den Völkern. Das sind einfache Gedanken Gottes, die doch sicherlich nicht schwer zu verstehen sind, man muss sich nur ein wenig Erleuchtung vom Heiligen Geist schenken lassen. Wie köstlich und lebendig wird uns doch Gottes Wort, wenn man es im kindlichen Glauben und Gehorsam hinnimmt und es sich selbst durch Vergleich mit dem ganzen Plan Gottes erklären lässt.