Das Zukunftsbild des Propheten Amos

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Aus dem Zweimonatsheft für gläubige Schriftforscher:
"Das prophetische Wort"
Begründet von Professor E. F. Ströter

Herausgegeben von Heinrich Schaedel
Maranatha-Verlag, Klosterlausnitz i. Thür.
XIX. Jahrgang 1928

Siehe weitere Abschriften
Weitere Referate: Die 12 kleinen Propheten

Das Zukunftsbild des Propheten Amos

von E. S e l l e , Chemnitz

Amos der Gerichtsbote

Der Prophet Amos gehört unstreitig mit Hosea zu den ältesten schriftstellerischen Propheten. Seine Wirksamkeit fällt in die zweite Glanzperiode des Nordreiches, die Jerobeam II. (782-74) heraufgeführt hatte. Ein schlichter Hirte aus Thekoa. Derb, gerade und klar ist seine Sprache. Man vermisst die weichen Töne eines Hosea und Jeremia. Seine göttliche Berufung steht ihm unzweifelhaft fest (Am 3:3-8). In seiner Eigenschaft als Prophet kennt er keine Furcht. Unerschrocken steht er dem schwelgerischen Volke mit seinem Fürsten und seinen Oberen gegenüber, den Gräuel des eigenen Volkes, wie die der Nachbarländer blitzartig aufzudecken und schonungslos an den Pranger zu stellen. Widerstände, wie sie in Am 7:10-17 ihm begegnen, werden von ihm mit Fluch und Verderben beantwortet (Am 7:16.17). So höre denn nun Jahwes Wort: Du sagst: „du sollst nicht prophezeien wider Israel und nicht reden wider das Haus Isaak - -„ darum spricht Jahwe also: „dein Weib wird zur Hure in der Stadt, deine Söhne und Töchter werden durchs Schwert fallen, und dein Land wird mit der Messschnur verteilt werden, du selbst aber wirst auf unreinem Boden sterben, und Israel wird fortwandern müssen aus seinem Lande.“

Amos konnte gewiss so reden als einer der seinen Gott wahrhaft erlebt hatte (Am 3:7ff), das gab ihm innere Überlegenheit über seine Umgebung, und zugleich ein sicheres Urteil über den Wert der Ereignisse um ihn herum. Das Auftreten des Propheten wirkte wie der unheilverkündende Donner vor der Entladung des Gewitters. Mitten in das Wohlleben, die Sicherheit, den Reichtum und die Macht der verwilderten Großen schlägt das Gerichtswort des Amos. Mit angehaltenem Atem und mit leuchtenden Augen mögen die Festfeiernden dem Propheten gelauscht haben, als er von dem Untergang der Nachbarvölker redete. Lauter Jubel mag seine Worte begleitet haben; sprach er doch aus, was in den Herzen seiner Volksgenossen schon lange wider ihre Bedränger gelodert hatte. Aber gar bald änderten sich die Gesichtszüge seiner Lauscher. Noch einmal öffnete er seinen Mund, und nun prasselten seine Strafworte wie Hagelkörner über die entsetzten Hörer nieder. Auch über Israel wird der rächenden Arm Jehovas kommen und das entartete Israel an seine Vergehen erinnern. Man wähnt einen Linksradikalen vor sich zu haben, der den unteren Volksschichten das Wort redet und zetert über Üppigkeit und raffinierte Verschwendung der Oberen, über Unzucht und Befleckung, die ihresgleichen so leicht nicht hatte (Am 4:1; Am 5:1.2; Am 6:3ff) Kein Wunder, wenn sich Amazia, der Priester von Bethel zuerst gestraft sieht, und den unerschrockenen Mahner und Gerichtsboten über die Grenze abschieben will.

Das Maß der Sünden ist voll (Am 4:6-13; Am 8:2). Alle Mahnungen der Propheten wurden für nichts geachtet (Am 5:4). Die „drei oder vier Frevel“, die jedem vor die Schranke Geforderten vorgehalten werden, sind nur eine kleine Auslese aus der Fülle der Verunreinigungen. Der Herr des Lebens ward von niemandem gesucht. Und Israel, das den „Tag des Herrn! herbeisehnte (Am 5:18), ahnte nicht, dass dieser Tag für dieses Volk Finsternis bedeutete, und nicht Licht (Am 5:18.20). Und, o, wie hatte der Herr des Himmels sich es angelegen sein lassen, sein Volk auf rechte Wege zu leiten (Am 4:6-11) Hunger, Dürre, teure Zeit, Pestilenz, wundersame Errettung etlicher, die wie ein Brand aus dem Feuer gerissen wurden. Alles, um Israels willen, dennoch keine Umkehr und wahre Herzensbuße. So klingt denn in über 8 Kapiteln der entbrannte Zorn Jahwes in die Ohren der Aufhorchenden. Da ist kein Aufhalten, kein Entrinnen, da ist eitel fressend Feuer vor dem Herrn her, und Amos ist der Bote, der es verkündet. Da, am Ende des Buches ertönen etliche Worte, die fast wie ein Anhängsel wirken, ja es ist auch eins, aber ein herrliches Angebinde, welches der treue Gott seinem Volke mit ins Gericht gab.

Hunger nach Brot

Das erste Wort steht in Am 8:11.12: „Wisset wohl, es werden Tage kommen“ - so lautet der Ausspruch Gottes, des Herrn -, „da will ich Hunger ins Land senden, nicht einen Hunger nach Brot und nicht einen Durst nach Wasser, sondern danach, die Worte des Herrn zu hören. Da werden sie dann von Meer zu Meer wanken, und von Norden bis zum Osten umherschweifen, um das Wort es Herrn zu suchen, und werden es doch nicht finden.“ Eitel Gericht Gottes, was hier gesagt ist, eitel Laufen um Nichts, aber ein Hunger nach dem lebendigen Wort, der in dem bisher Gesuchten nur den Hunger vermehrt. Das verschmähte Wort des Herrn, in Jesus in die Erscheinung getreten, wurde denn auch tatsächlich von dem hungernden und durstigen Volk nicht erkannt und - verworfen. Wie hungrig lagerte es in der Wüste um Jesus her (Joh 6; Mt 15:38), das irdische Brot hatte es aus der Hand des „Brotes vom Himmel gekommen“ angenommen, und als er sich selbst darbot, räumte Israel den Platz. Wie durstig sah Jesus das verschmachtete Volk dort im herrlichen Tempel (Joh 7:37), aber alle Einladungen wurden überhört und nicht beachtet. Bei allem Gottesgericht bleibt doch in der Seele dieses Volkes das unstillbare Verlangen nach dieser Gottesspeise. „Herr, gib uns dies Brot allezeit!“ (Joh 6:34)! Israel hat viel gebeten, ohne zu wissen, was es bat. Da hat der heilige Geist auch schon in die Herzen der noch Ungeborenen Worte gelegt, die später mal wundersame Erhörung finden sollen. Ja, auch dieses Verlangen soll gestillt werden, wenn das Volk am Verschmachten sein wird. (Joh 6:5.6). Als nun Jesus sich dort umschaute und eine große Volksmenge zu sich kommen sah, sagte er zu Philippus: „Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese zu essen haben?“ So fragte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen, denn er wusste wohl, was er tun wollte! Einstweilen läuft Israel von Ort zu Ort, seufzt und schreit, sucht und findet nicht. Ein Bild des Erbarmens. Da „verschmachten schöne Mädchen und junge Männer, und noch ist kein rettender Arm, der dem Verderben steuert.

Das andere Wort steht in Am 9:11: „An jenem Tage will ich die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten und ihre Risse vermauern, will ihre Trümmer wieder aufrichten und sie neu erstehen lassen, wie sie in den Tagen der Vorzeit gewesen ist, damit sie in Besitz nehmen, was von Edom noch übrig ist, und alle Heidenvölker, die jemals zu meinem Herrschaftsgebiet gehört haben“, - so lautet er Ausspruch es Herrn, der solches auch vollführt. Die Zeit, welche hier angegeben wird, weist wohl hin auf den Tag, wo die Heiden vollzählig in die Gemeinde Gottes eingegangen sind. (Röm 11:25), alsdann wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht (Jes 59:20.21): „Aus Zion wird der Erlöser kommen; er wird Jakob von dem gottlosen Volke freimachen; und darinnen wird sich mein Bund mit ihnen zeigen, wenn ich ihre Sünden wegnehme" (Jes 26; Jes 27). Der Erlöser ist kein anderer als der, dem der Vater alles in die Hände gelegt hat, dass er es hinausführe. Was er tun wird, wenn dieser Tag angebrochen sein? Die Antwort lautet: „Er wird wieder aufrichten, neu erstehen lassen, so, wie es vor Zeiten gewesen ist.“ Damit wird zugleich kund, dass wir es hier mit einem Hinweis auf das Friedensreich zu tun haben, wovon viele Propheten in den lieblichsten Schilderungen geredet haben. Eine Heilszeit, die da ansetzt, wo der Riss einstens entstanden ist. Unser Gott ist ob solcher Rettung nicht verlegen. Er selbst bürgt für die Hinausführung seiner gegebenen Worte (Am 9:15).

Das dritte Wort finden wir in Am 9:14: „Da will ich das Geschick meines Volkes Israel wenden, dass sie die verwüsteten Städte wieder aufbauen und darin wohnen, dass sie Weinberge pflanzen und den Wein davon trinken, dass sie Gärten anlegen und deren Früchte genießen (Am 9:15). Da will ich sie denn in ihr Land fest einpflanzen, und sie sollen nicht wieder ausgerissen werden aus ihrem Lande, das ich ihnen gegeben habe: - der Herr, dein Gott, hat es verheißen.“ Wieder ist`s derselbe Retter, der die Vollmacht hat, des Volkes Geschick zu wenden. Alles Gericht hat der Vater dem Sohne übergeben (Joh 5:22). Wenn das Gericht sich an diesem sündigen Geschlecht ausgetobt haben wird, dann bricht der Tag der gnädigen Heimsuchung an. Gott verstößt nicht ewiglich! (Kla 3:31). Der Fluch wandelt sich nun in herrlichen Segen, der bleibende Früchte zeitigt.

Weissagungen über Israel

Köstliche Worte redet er Mund Jehovas durch seinen Propheten (Am 9:8.9): „Wisset wohl, die Augen Gottes, des Herrn sind wider das sündige Königreich gerichtet, dass ich es von der Oberfläche der Erde vertilge. Doch will ich das Haus Jakobs nicht gänzlich vertilgen“, - so lautet der Ausspruch des Herrn -; „Nein ich will Befehl erteilen und das Haus Israel unter allen Heidenvölkern schütteln, wie Getreide in einem Sieb geschüttelt wird, ohne, dass ein Körnlein zur Erde fällt.“ Hierher gehören Worte wie: „Die Güte des Herrn ist, dass wir noch nicht gar aus sind“. (Kla 3:22). Oder: „Wie man von einer Traube sagt, solange noch Saft sich in ihr findet: „verderbe sie nicht, denn es ist ein Segen darin“, so will ich es auch halten um meiner Knechte willen, dass ich es nicht ganz verderbe. Darum will ich aus Jakob einen Nahwuchs hervorgehen lassen, und aus Juda einen Besitzer meiner Berge, damit meine Auserwählten das Land zum Besitz erhalten, und meine Knechte daselbst wohnen. Da soll dann die Saron-Ebene zu einer Trift für Schafherden werden und das Tal Achor zum Lagerplatz der Rinder für mein Volk, soviele ihrer mich gesucht haben (Jes 65:8-10).“

Bei allem Gericht, bei aller Sichtung hält der ewig Treue seine Hand über die „Körnlein“, damit keins zur Erde falle, die Spreu aber verfällt schonungslos dem Feuer des Herrn, der wie ein fressendes Feuer ist. Und der, welcher die Tenne fegt, ist kein anderer als der Messias selbst (Mt 3:12). Alle Heidenvölker haben bei dieser Sichtung mithelfen müssen, und sie haben es gar gründlich besorgt. Was David einst für sich erbat: „Herr, lass mich nicht in der Menschen Hände fallen!“ das wurde seinen Nachkommen nicht so leichten Kaufs erspart. Der Schmelzer sitzt noch am Feuer, um mit dem Bild des Propheten Maleachi zu reden, und schmilzt und läutert, auf dass dies Volk dem Herrn Opfergaben in rechter Weise darbringe, und diese Opfergaben Judas und Jerusalems dem Herrn wiederum wohlgefällig seien, wie in den Tagen der Vorzeit, und wie in längst vergangen Jahren (Mal 3:3.4). Köstliches Wort! Nicht ein Körnlein soll zur Erde fallen! Es kennt der Herr die Seinen, und hat sie stets gekannt, die Großen mit den Kleinen in jedem Volk und Land. Er lässt sie nicht verderben, er führt sie aus und ein, im Leben und im Sterben sind sie und bleiben sein!

Wiederaufrichtung der Hütte Davids

In Am 9:11 verheißt der Herr die Wiederaufrichtung der zerfallenen Hütte Davids. Die erste Aufrichtung der „Hütte Davids“ hatte schon viel Schwierigkeiten zu bestehen; lange musste er sein Regiment mit dem Schattenkönig Isboset teilen, zuvor er schon als Gekrönter unter Saul wie ein Verbannter sich drücken, und selbst, als er der Alleinherrscher war, suchte sein eigener Sohn Absalom ihm den Stuhl streitig zu machen. Die Thronfolge war zwar gesichert und hielt etliche Jahrzehnte an, dann aber zerfiel die Hütte Davids und zerbröckelte, so dass heute kein Stein auf dem anderen mehr liegt. Dennoch! Ja, dennoch verheißt der Herr seinem Getreuen die Wiederaufrichtung seiner Hütte, und ein Besserer soll seinen Stuhl besetzen (Jes 16:5): „Dann wird der Thron durch Liebe befestigt sein, und auf ihm wird sitzen in Zuverlässigkeit im Zelte Davids ein Richter, der sich der Rechtspflege annimmt und auf Gerechtigkeit bedacht ist.“ (Lk 1:31-33): „Siehe, du wirst guter Hoffnung werden und einen Sohn bekommen, dem du den Namen Jesus geben sollst; derselbe wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden; Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs in Ewigkeit herrschen, und sein Königtum wird kein Ende haben.“ Und als die Apostel und Ältesten zum ersten Konzil in Jerusalem versammelt waren, um Ordnung zu bringen in die damaligen verwickelten Gemeindeverhältnisse, da führte der Heilige Geist Jakobus auf diese Weissagung des Amos, dass während der Sichtung Israels Gott angenommen hat, ein Volk aus den Heiden zu seinem Namen und d a n a c h wird er die Hütte Davids wieder aufrichten (Apg 15:13-17).

Die Hütte Davids hängt eng mit der Gotteszentrale Jerusalem zusammen. Jerusalem war der Mittelpunkt der weltlichen und der geistlichen Macht. Diese Machtvollkommenheit soll Jerusalem wieder erhalten, wenn die Tage der Sichtung vorüber sein werden. Dort wird der rechte Mann nach dem Herzen Gottes die Regierung aufrichten und das Szepter führen nach Recht und Gerechtigkeit. Darauf hinaus laufen auch die Erwartungen Israels. Jeden Morgen erhebt der orthodoxe Jude in jedem Volk und unter jedem Himmel, wo er sich auch immer befinden mag auf Erden, seine Hände zu dem Gebet: „Hilf uns, o Gott unseres Heils, und sammle uns und befreie uns von den Nationen! O, baue Jerusalem, die heilige Stadt, bald in unseren Tagen! Gepriesen seist du, o Herr!“ In unseren Tagen merken wir bereits etwas von der gottgewollten Anbahnung. Das Land ist frei vom Halbmond. Die Sehnsucht des Volkes geht ungehindert nach Zion. Gewiss, noch geht es ganz menschlich zu bei allen Versuchen, das Land sich zu eigen zu machen; dennoch dürfen wir glauben, dass die Tage der Drangsal für Israel gezählt sind. Juda und Israel sind beim Propheten zumeist in eins gedacht, wie ja auch Gott nicht anders sein Volk ansieht.

Beginnt der Herr sich seines Volkes anzunehmen, dann kommen auch Heilszeiten für die Nationen. Zuerst gedenkt der Herr des Brudervolkes Edom Am 9:12. Im ersten Kapitel wird Edom, wie andere Völker, um dreier oder vier Frevel willen dem Feuer Gottes ausgesetzt. Da gab es für das Brudervolk erst recht keine Schonung, weil es die Hand wider den Bruder erhoben hatte. Nun aber, da der Mund des Propheten im Namen Gottes Wiederaufrichtungsgedanken aussprechen muss, wird auch der Verschonten in Edom in Gnaden gedacht. Dann sollen auch alle Heidenvölker von diesem gesegneten Israel in Besitz genommen werden, nicht zu ihrem Verderben, sondern als Mitgesegnete um Israels willen in den folgenden Zeiten der Erquickung. Immer bleibt der göttliche Gedanke maßgebend: erst Israel, dann die anderen! Das Los des erstgeborenen Bruders ist mitbestimmend für das Wohl der Nachgeborenen. Man vergleiche damit Stellen der Schrift wie: Jer 31:9-14; Sach 12:10; [Sach 14:21]; Jes 42:1-7; Jes 61; Jes 66:10-13; Jes 66:18-23; Röm 11:11-36. So lautet der Ausspruch des Herrn, der solches auch vollführt!

Das tausendjährige Friedensreich

Mancherlei Gemeinsames hat Amos mit Joel, so auch, wenn er auf die Schilderung des tausendjährigen Friedensreiches zu sprechen kommt (Am 9:13-15; Joe 4:18). Das Land, das einstens berühmt war wegen seiner Fruchtbarkeit, war wegen der Gottlosigkeit zur Wüste geworden. Früh- und Spätregen hörten auf, Heuschrecken und Brand fraßen, was noch wuchs auf dürrem Sand. Fluch Gottes ist sichtbar geworden in Misswuchs und Disteln. Dieser Zustand des Verfluchtseins soll aber wieder von diesem Lande genommen werden, wenn Gott die Zeit der Heimsuchung übersehen haben wird. Wo Gottes Güte hin scheint, da wird es lebendig auch in der trockenen Wüste. Zwiefältiges will Gott in seinem herzlichen Erbarmen dem heimgekommenen Sohn zuteil werden lassen. Gott will sich mit seinem Sohne freuen auch in diesem Stück, dass er die Erde wieder fruchtbar sein lässt, dass sie geben, was sie zu geben imstande ist auf Gottes Geheiß. Paradiesische Herrlichkeit atmet der ganze Bericht, so kurz er an Inhalt auch ist. Viel, viel breiter ist ja bekanntlich Jesaja, wenn er diese Tage schildert (Jes 11; Jes 35; Jes 61. usw.) Auch hier ist Gott sich immer gleich geblieben. Sobald er seines Volkes in Gnaden gedenkt, da fließen die Brunnen der Erde, da werden die Weiden dick voll Korn, da füllen sich die Kammern und Scheunen, da blüht es auf mitten im Winter.

Der irdische Segen ist Israel gegeben. Und Jakobs Nachkommen haben Glück, wo immer sie hingreifen. Die in Aussicht stehenden Tage für Israel werden alles Bisherige weit übertreffen. Zugleich sollen sein Schneiden und Pflügen, Keltern und Säen. Überfluss ist das Kennzeichen jener Zeit. Der verwüstete Weinberg Israels soll wieder gebaut sein, er soll wetteifern mit dem natürlichen Weinberg, und Überfluss soll beide zieren. Die langen Jahre des Gefängnisses haben den innewohnenden Segen ferngehalten. Jetzt bricht es durch mit Gewalt, und die Folge davon ist, weitreichender Segen. Die langjährige Disharmonie muss nun der Harmonie Platz machen, und das Resultat solcher Tat wird Lobgesang sein. Die Worte des Sehers Bileam finden hier ihr Echo wieder: „Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen Israel! Wie Täler die sich weithin dehnen, wie Gärten an einem Strom, wie Aloebäume, die der Herr gepflanzt hat, wie Zedern am Wasser. Aus seinen Eimern fließt Wasser, und seine Saat ist reichlich getränkt. Sein König ist mächtiger als Agag, und sein Königtum steigt stolz empor. Gott, der es aus Ägypten geführt, hat Hörner, wie die eines Wildochsen. Er frisst die ihm feindlichen Völker und zermalmt ihre Gebeine und zerschmettert sie mit seinen Pfeilen. Er hat sich hingestreckt, liegt da, wie ein Leu und wie eine Löwin: wer darf sie aufstöbern? Wer dich segnet, der ist gesegnet, und wer dir flucht, der ist verflucht.“ (4Mo 5-9).

Ein gesegnetes Volk

Die Aufgabe dieses Volkes war, im höheren Sinne der Segensspender der Nationen zu sein. Nun, da sich das gewendet hat, hat Gott auch die Aufgabe zur Gabe gesellt. Bauen, Bewohnen, Pflanzen, Arbeiten, Genießen. Mitten unter Gesegneten soll es das gesegnete Volk sein! Eine Aufgabe, wie es die gegenwärtige Gemeine im höheren Sinn auch hat. Göttliche Parallelen! Und das alles - im gelobten Land! Dort hat Gott, der Herr den Sitz seines Regimentes hin verlegt. Von dort aus ergeht der Segensstrom über die Erde. Dort fängt der Erlösten Jubel am ersten an! Derselbe wird sich von dort aus über den ganzen Erdball verpflanzen. Die Enden der Erde sollen widerhallen vom Getümmel in der Stadt Gottes Jahwes! O, wie wenig Worte genügen doch, um all dem Jammer vergangener Tage ein Ende zu bereiten!

Zum Schluss verheißt derselbe Mund dem Volke einen festen Ort, aus dem es keine Verpflanzung mehr gibt. Verpflanzungen hat Israel allerlei hinter sich. Assyrien, Babel, Weltreiche. Endlich krönt das Werk den Meister. Der so viel bearbeitete „Feigenbaum“, oder auch „Ölbaum“ hat Wurzel gefasst. Kein anderer hat das Verdienst des Wurzelns als Gott der Herr selbst (Jer 24:6; Jer 32:41). Und der Boden ihres Wurzelns ist das heilige Land. Gottes Gaben und Berufung mögen ihn auch hierin nicht gereuen. Kein Volk ist so bodenständig wie Israel! Jedes andere Land ist fremder Boden und kann nur zur Verkrüppelung dienen, Kanaan allein ist imstande, diesem Volk Gestalt und Schönheit zu verleihen. Die Entwicklungsfähigkeit dieses Volkes ist gar nicht auszudenken. Es kam schon heilige Furcht einen Pharao an, als er der mächtigen Triebkraft dieses Volkes gewahr wurde, wieviel mehr, wenn aller Fluch sich in Segen gewandelt, und alles Gefängnis in Freude sich verkehrt hat! Es ist daher ganz selbstverständlich, wenn in Israel der Drang nach Zion nicht erlischt. Jeder Deutsche kann schließlich seine Heimat fern ab seines Kirchleins aufschlagen und weiter gedeihen. Israel kann das nicht! Der Schrei nach den ewigen Bergen ist zu tief in die Volksseele gebrannt. „Vergesse ich dein, Jerusalem, so verdorre mir die rechte Hand! Die Zunge bleibe mir am Gaumen kleben, wenn ich dein nicht gedenke, wenn ich Jerusalem nicht setze über alles, was mir Freude macht.“ (Ps 137:5-6).

Israel bekommt nach den Worten des Amos das Land wieder von Gott. Danach teilt Gott aus unter den Völkern und Nationen. Er weist ihnen Grenzen und Wohnungen an. Und was von dieser hohen Warte aus gesprochen und verteilt wird, daran kann weder Freund noch Feind rütteln. Gott rief einstens den Feinden, dass sie Israel vertrieben und das verödete Land mit Beschlag belegten. Gott hat aber auch Macht, alle jetzigen Einwohner zu verjagen, damit sein Volk wieder zu Ehren gelange Hes 36!: „Du aber, Menschensohn, sprich über das Bergland folgende Weissagung aus: „Ihr Berge Israels, vernehmet das Wort des Herrn! So hat Gott, der Herr, gesprochen.“ - - Weil der Feind über euch ausgerufen hat: „Haha! die ewigen Höhen sind nun unser Eigentum geworden!“ - - darum sprich folgende Weissagungen aus: so hat Gott, der Herr gesprochen: „Darum, ja, eben darum, weil man von allen Seiten über euch hergefallen ist,d und gieriges Verlangen nach euch getragen hat, so dass ihr in den Besitz der noch übrig gebliebenen Heidenvölker gekommen seid: darum, ihr Berge Israels, vernehmet das Wort des Herrn! usw.“ Gott lässt seine Ehre keinem Heiden und keinem Götzen! Darauf darf Israel bauen und trauen. Wir aber nehmen denselben Gott auch für uns. Seine Verheißungen sind dort wie hier: Ja und Amen!

Die Tage, wann dieses alles in Erfüllung gehen wird, stehen meines Erachtens vor der Tür. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass der Herr sein gefangenes Volk erlösen wird. Wir aber stehen dabei und jauchzen: „Glück zu! Volk Israel! Deine Erlösung bringt Erlösung den Vielen. Bist du erst geboren, dann werden dem Hern Kinder geboren werden wie Sand am Meer und wie Tau aus der Morgenröte.“ Bis dahin aber halten wir an mit Flehen: „Erlöse Herr dein Volk aus allen Nöten, vollführe dein Werk, Herr, in aller Kürze.“ Und mit Paulus lasst uns tiefen Schmerz und unaufhörliches Leid im Herzen tragen, wenn wir der Brüder gedenken, welchen die Annahme zum Gottesvolk und die Herrlichkeit, die Bündnisse und die Gesetzgebung, der Gottesdienst und die Verheißungen gehören, denen die Erzväter gehören und aus deren Mitte der Messias leiblich hervorgegangen ist! Gepriesen sei Gott, der über alles ist, in Ewigkeit!